Hat es eigentlich jemand geschafft?

  • Ich habe mich schon durch etliche Threads durchgelesen, allerdings noch lange nicht durch alle, dazu fehlt mir einfach die Zeit. Falls es also schon einen Thread mit diesem thema gibt, bitte ich um Entschuldigung.

    Im Alkoholiker-Forum habe ich (erfreulicherweise!) doch von vielen Alkoholikern gelesen, die es "geschafft" haben trocken zu werden - für eine zum Zeitpunkt der jeweiligen Beiträge bereits mehr oder weniger lange Zeit. Für die allermeisten war es ein Neuanfang, also erst ganz weit unten sein bis sie endlich Hilfe annahmen und den Weg hinaus fanden.
    Für mich sieht es vorwiegend so aus, als ob ein (trockener) Neuanfang erst mit "neuem" Job, "neuen" Partnern (oder auch keinem Partner) gemacht werden konnte.

    Hier, bei den Co-Abhängigen, sieht es mir auch eher danach aus, daß die Befreiung erst mit dem endgültigen Verlassen des Alkoholabhängigen Partners eintrat.

    Nun meine Frage:
    Gibt es hier bei unter den Co-Abhängigen (oder ehemals Co-Abhängigen) auch Betroffenene, die es gemeinsam geschafft haben? Oder aber mit ihren jeweiligen Partnern wieder zusammengefunden haben, und jetzt ein einigermaßen "normales" Leben und Partnerschaft haben? (Ich weiß schon daß ein Alkoholiker immer einer bleibt, auch wenn er trocken ist).

    Kurz:
    Besteht für meine Beziehung eine reelle Chance, auch wenn ich sie jetzt auf Eis lege, um meinem Freund "Hilfe durch Nichthilfe" angedeihen zu lassen?

    Ich weiß schon, daß es hierfür kein Patentrezept und keine Wundermittel gibt, darum geht es auch gar nicht. Ich würde nur gerne wissen, ob das schon jemand geschafft hat und welche Chancen ich mir für unsere zukünftige Beziehung ausrechnen kann.

    Wenn nur ein einziger/eine einzige hier antwortet und sagt, ja wir waren ganz unten, aber wir haben es geschafft (er/sie hat es geschafft) und nun sind wir wieder glücklich, dann habe ich auch noch Hoffnung.

    Denn diese sitrbt ja bekanntlich zuletzt!

    Liebe Grüße
    simasu

  • Jepp! Kann ich Erdling ganz unterstreichen, was er da geschrieben hat.!

    Wir haben und FAST! getrennt, der Termin beim Anwalt war schon fast gemacht, da hat sich mein Mann nach 24 jahren endlich dazu entschlossen, trocken zu werden. Mit mir an der Seite.
    Er ist zu seiner SHG, hat mir eine Telnr. mitgebracht, die mir ganz viel Hilfe, Freundschaft, und überhaupt nur gutgetan hat.
    Unsere gemeinsame trockene Beziehung (ich trinke seitdem auch nichts mehr in seiner Nähe, oder wenn ich in seine Nähe komme) verlief auch sehr anstrengend. Anfangs dachte ich nur: Er trinkt nichts, alles wird gut.
    Der weite Weg dahin hat mich bis heute etliches gekostet, mir aber auch sehr viel gebracht, weil ich durch Therapie und das Forum hier mein eigenes Leben für mich ins Lot gebracht habe.
    Alleine hätte ich es nie geschafft.

    Natürlich sehe ich aber auch nicht mehr "blauäugig" in die Welt und weiss genau, dass sich unsere glückliche Zeit schnell ändern kann.
    Rückfälle sind immer drin. Aber für mich ist klar, dass ich mich dann trennen muss. Nie mehr mit einen nassen Mann leben.! Das kann ich nicht mehr. Will ich nicht mehr.

    Genug zum Denken für dich.
    Alles Gute auf deinem Weg, Gotti.

    Wende dein Gesicht der Sonne zu, dann fallen die Schatten hinter dich.

  • Hallo mathilda und Erdling,

    danke für Eure Antworten.

    Zitat

    Naja was soll ich sagen, das letzte Jahr war schon sehr hart, wir haben uns mehr als einmal richtig derbe gezofft und tränen sind auch reichlich geflossen und warscheinlich werden sie das auch in Zukunft noch.


    Dieses letzte harte Jahr ist, nehme ich an, das "trockene", oder?
    Ich scheue keinen Zoff (natürlich darf er nicht "derbe" werden, aber das würde ich auch bei einem Nicht-Alkoholiker nicht akzeptieren). Ich scheue ihn nicht, wenn er von der Art ist, der wie ein reinigendes Gewitter ist.

    Zitat

    Das wichtigste ist, das man Miteinander redet, wenn einem etwas gegen den Strich geht.


    Das gilt ja auch für "normale" Beziehungen, oder? Aber wahrscheinlich ist bei einem trockenen Alkoholiker und auch beim Co die Reizschwelle niedriger, nehme ich an.

    Zitat

    Ich finde, das größte Problem ist gestörte Vertrauensverhältniss.


    Ja, genau das ist wohl der Knackpunkt.

    Zitat

    Bei uns gibts noch einige Sachen aus der Vergangenheit, die auf die Seele drücken. Unter anderem auch Dinge die ich im suff gesagt oder getan habe, die kommen nach und nach alle langsam auf den Tisch und da muss man dann irgendwie mit umgehen.


    Das gab es bei uns bislang gottseidank nicht. Keine handgreiflichen und auch keine nennenswerten verbalen Ausrutscher gegen mich persönlich. Dahingehend sieht es jedenfalls gut aus für uns.

    Zitat

    Umgekehrt ist das genauso, auch der Co kann den trockene Alkoholiker zur Weisglut bringen.


    Hier wirds jetzt interessant für mich. Was wäre das zum Beispiel?
    Kontrollzwang? Misstrauen?

    Zitat

    Wenn man sich ehrlich liebt, dann kann man das durchstehen, wenn nicht, dann lässt man es besser.


    Drin liegt für mich auch nicht das Problem, das Problem wäre das Vertrauen, das erst wieder aufgebaut werden muß, wegen all der Märchen, die er mir aufgetischt hat (oder versucht hat aufzutischen, die meisten durchschaut man eh gleich und ärgert/kränkt sich darüber) um weiterhin Alkohol trinken zu können. Die andere, nüchterne Seite meines Freundes ist absolut vertrauenswürdig, da hatte ich nie das Gefühl, ihm nicht trauen zu können.

    Danke, daß Du Deine Erfahrungen geschildert hast, Erdling, sie haben mir Mut gemacht. Ich wünsche Dir von ganzem Herzen, daß es in Deiner Beziehung weiterhin bergauf geht! Aber mit Deiner Einstellung, die Du hier zeigst, werdet Ihr das sicher schaffen!!! Ich halt Dir die Daumen - und halt Du uns auf dem Laufenden, ja?

    Liebe Grüße
    simasu

  • Danke Gotti! Auch Deine Antwort hat mir Mut gemacht!
    Ich hoffe, daß ich irgendwann auch Positives berichten kann!

    Ich habe mich übrigens seit Donnerstag nicht mehr bei meinem Freund gemeldet, Er hat jetzt vorhin selbst angerufen, war nüchtern und hat mir erzählt, daß er heute im Garten einiges weitergebracht hat und morgen ein Therapiezentrum aufsuchen wird, für eine neue Beratung.

    Ich hab gesagt, daß ich das gut finde, weiter nichts.

    Er meinte, "hören wir uns später?"
    Ich sagte nur, "wenn du nüchtern bist dann kannst du anrufen".

    Es geht mir gut dabei, ich hoffe ich kann ihn dadurch auf den richtigen Weg lenken. Mehr kann ich nicht tun. Meine Reaktion war vielleicht nicht 100pro richtig, aber schon viel besser, als gleich wieder aufzuspringen, nur weil er jetzt einmal wieder nüchtern ist.

    Es geht mir echt gut bei dem Gedanken - vielleicht liegt es auch an Euren aufmunternden Antworten!

    Danke!
    simasu

  • Liebe simasu,

    mein Mann ist seit zwei Wochen von seiner LZT zurück.
    Vier Monate waren wir getrennt.
    Es tat uns beiden gut.
    Wir gehen behutsam miteinander um.
    Es gibt immer wieder Unsicherheiten, oder Ängste. Dann reden wir aber sehr offen miteinander, so bleibt nichts im Raum stehen.

    Ich bin ganz guter Dinge, kümmere mich meine Weiterentwicklung (meistens jedenfalls) und er tut das ebenso.

    So achten wir z.B. drauf, so wenig wie möglich in alte Muster zurückzufallen. Für ihn ist das wichtig, um nicht mehr in nasses Denken zu rutschen und für mich, um so wenig wie möglich in co-abhängiges Verhalten zu gleiten.
    Wir üben.

    Liebe Grüße

    Thelma

  • Hallo!

    Ich hatte mich vor 9 Jahren von meinem jetzigen Mann schon einmal getrennt, 3 Jahre später erst (!) wurde er nach seinem persönlichen Tiefpunkt trocken und einige Zeit später kamen wir wieder zusammen und er hatte einige trockene Jahre, bis er jetzt wieder rückfällig wurde.

    Er hat mir damals schon bewiesen, dass er ohne Alkohol ein anderer Mensch war und dass er unglaubliche Energie plötzlich hatte und alles aufholen wollte, was er verpasst hatte.
    Leider hat er aber keine SHG besucht, ich auch nicht, das war sicher nicht gut. Aber er schien es wirklich kapiert zu haben und hat auch sein Leben total umgestellt: viel Sport, viel Aktivität, sehr positive Lebenseinstellung usw.
    Allerdings waren doch bestimmte Muster zwischen uns nach wie vor manipulativ, aber das fällt mir erst jetzt so richtig auf, dass ich mich trotzdem zu sehr für ihn verbogen habe.

    Dass ich drei Jahre lang alleine war, hat mir gut getan. Das war eine gute Zeit und die Erinnerung daran hat mir jetzt in der ersten Phase der Trennung viel Kraft gegeben.

    Jetzt, nach diesem Rückfall, ist er wieder absolut unten.

    Ob es ein Fehler war, sich damals ein zweites Mal auf ihn einzulassen, das beantworte ich je nach Tagesstimmung anders.
    Sicher, es sieht jetzt so aus, dass es falsch war.
    Aber andererseits: Es war einfach so wunderbar damals, dass er es geschafft hatte, dass wir plötzlich wieder die Chance auf eine Zukunft hatten. Ich kann das immer noch so gut nachfühlen und Leben ist eben Leben und kein Strategiespiel.

    Ob ich ihn zu sehr kontrolliert habe, weiß ich auch nicht so genau. In meiner Wahrnehmung habe ich ihm eigentlich solange sehr vertraut, bis es tatsächlich besorgniserregende Fakten hab. Und ich weiß auch gar nicht genau, wie lange er schon vor seinem offiziellen Rückfall schon heimlich getrunken hat. Wahrscheinlich fing es doch schon relativ früh an, ich weiß es nicht. Insofern war mein Misstrauen bei manchen Aktionen (manchen Feierlichkeiten u.ä.) vielleicht begründet.
    Es ist uns jedenfalls nie gelungen, eine offene Gesprächsatmosphäre zum Thema Alkohol zu schaffen. Er wollte das Kapitel so schnell wie möglich hinter sich lassen und ich hab das dann irgendwann so akzeptiert. Solange es keinen Anlass gab, hab ich auch nicht mehr drüber nachgedacht. Ich konnte mir ab einem bestimmten Zeitpunkt auch nicht mehr wirklich vorstellen, dass er noch mal alles wegwirft.

    Liebe Grüße
    Doro

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