Veränderung nach Alkohol - abstinent leben

  • hallo chrissyta,

    ich bin davon ja ralativ stark betroffen.

    bei mir fing es mit freizeitgestaltung an und hört mit weltanschauung nicht auf.

    meine denkweise hat sich völlig gedreht, früher konnte es nicht laut und voll genug sein, heute mag ich eher die ruhigen töne. das ist aber eher ein bauchgefühl, als erarbeitet.

    als ich noch getrunken habe hat es mich auch nicht interessiert ob hier oder dort eine bombe explodiert, solange es nicht in meiner kneipe war.
    heute sehe ich das mit anderen augen. auch das verhältnis zwischen mann und frau ist verändert, heute mag ich eher selbstbewußte frauen. früher fand ich gut wenn sie die klappe halten. sorry ist aber so.

    der enge tunnelblick in bezug auf meine umwelt hat sich verändert.

    passt gut auf euch auf.

    liebe grüße

    schorni

  • Hallo chrissyta,
    sehr interessante Thematik!
    Deine Frage richtet sich an alle, die schon seit längerer Zeit abstinent leben....was ist für Dich "länger" ?
    Liebe Grüße
    Tabaluga

    Ich weiß nicht, wohin Gott mich führt,
    aber ich weiß, dass er mich führt.
    G.Fock

  • Liebe Chrissyta!
    Nun habe ich zwar „schon“ ein drittel von einem Jahr trocken hinter mich gebracht, aber bis zum ersten „Geburtstag“ dauert es noch ein wenig....
    Da Du geschrieben hast, dass ich meine Gedanken einbringen kann, werde ich das tun, weil mich Deine Frage nicht mehr los lässt und gerade im Moment sehr beschäftigt.
    Warum fühle und bin ich so anders geworden, seit dem ich nicht mehr trinke...
    Ich denke, dass ich mich weniger verändert habe, weil ich nicht mehr trinke, sondern mich eher mehr und mehr verändert habe, als ich angefangen habe zu trinken!
    Der Alkohol hat mir die Achtung vor mir genommen, mein Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein abgenommen, schleichend, ganz leise, ohne dass ich es bemerkt habe....
    Und da es doch relativ lange gedauert hat, bis ich diese Veränderung bemerkt habe, es ebenso lange gedauert hat, bis ich mir das eingestehen konnte und es dann noch mal gedauert hat, bis ich trotz der Spirale nach unten handlungsfähig genug war, endlich etwas zu tun, habe ich eine Menge negativer Erfahrungen sammeln können, auf die ich nicht stolz bin und auf die ich hätte verzichten können...aber genau diese Erfahrungen ermöglichen es mir vielleicht heute, mein Denken zu ändern.

    Die Veränderungen, die ich und auch andere an mir bemerken, sehe ich gar nicht so sehr nur die Abstinenz vom Alkohol bezogen. Wenn ich keine Alkoholikerin wäre, hätte ich es wahrscheinlich geschafft, die Veränderungen, das Reifen und Erwachsen werden, das Loslösen vom Elternhaus (emotional), das Setzen von Grenzen und die Planung und Zielsetzung für mein Leben früher geschehen zu lassen.
    Ich konnte es nicht, weil meine Sucht, Krankheit oder wie wir es auch immer nennen mögen, alle klugen Gedanken und Energien auf sich gezogen hat...betäubt, des Lebens müde und unfähig zu leben.
    Für mich war es nur noch ein dahin vegetieren und funktionieren.
    Und seit dem ich keinen Alkohol mehr trinke, ist so viel Platz für andere Dinge in meinem Kopf, und genau das bringt die Veränderung bei mir.
    Ich kann in die Zukunft schauen und Pläne machen, ich kann Gelerntes umsetzten, ich setzte Grenzen....und das ist für mich Neuland und spannend, auch ein wenig beängstigend.
    Ich kauere nicht mehr in einer dunklen Ecke, passiv, sondern strecke mich und gehe los, werde aktiv, auch gegen Angriffe wehre ich mich...und was der Alkohol nun nicht mehr schafft, weil ich keinen mehr trinke, soll auch kein anderer Mensch mit mir machen können.
    Und genau das gefällt meinen Mitmenschen oft nicht!
    Ich habe früher immer gemacht und getan, hab mich rumschubsen lassen...ohne „Nebel“ in meinem Kopf bin ich wachsam für meine Gefühle und Empfindungen, ich merke, was mit mir ist und in dem Moment, wo ich sonst zum „Vernebler“ gegriffen habe und still wurde, mache ich heute den Mund auf!
    Und das ist es, denke ich, was die Menschen um mich herum merken, oftmals leider nicht positiv weil für sie von Nachteil!
    Aber mir geht es sehr gut damit, ist zwar anstrengend und kräftezehrend, auch unbequem und unangenehm, aber für mein Wohlbefinden überlebenswichtig.

    Und Therapie ist für mich, an mir zu arbeiten. Die eigentliche „Therapie“ ist das, was in mir geschieht. Meine Therapeutin kann keine Veränderung bei mir bewirken, wenn ich nicht mit arbeite. Sie gibt Denkanstöße und Erklärungen, „Klick“ machen muss es bei mir. Sie zeigt mir, dass es auch andere „Blickrichtungen“ gibt, es nicht nur schwarz-weiß im Leben gibt sondern unendlich viele Grauschattierungen, sie hilft mir dabei, mich anzunehmen, meine Stärken und Schwächen zu erkennen und anzunehmen. Sie hilft mir, mich zu „sortieren“ und meinen anfangs leisen Gefühlsäußerungen und Empfindungen eine „Berechtigung“ zu geben, mir die Erlaubnis geben zu dürfen, so zu fühlen wie ich fühle und so zu denken wie ich denke. Und genau hier Sicherheit zu bekommen und lauter und bestimmter...und dann gibt es keinen Grund mehr, etwas vernebeln, ertränken oder wegspülen zu wollen!
    Und genau das ist für mich der Punkt, warum diese große Veränderung stattfinden kann, wenn ich nicht mehr trinke – ich werde frei, so zu sein, wie ich mich haben möchte!

    OH! Ist lang geworden, ich hoffe, nicht allzu sehr abgeschweift zu sein vom Thema... :oops:
    Tat grad gut, Deiner Frage nach zu gehen und ich mich rein zu horchen. :wink:
    Nun hast Du mir mit Deiner Frage geholfen....geholfen, indem ich die Veränderungen, die zu Zeit bei mir geschehen, positiv zu sehen und die Angst vor den Veränderungen wieder auf ein „normales“ Maß zurück zu fahren!
    Liebe Grüße
    Tabaluga

    Ich weiß nicht, wohin Gott mich führt,
    aber ich weiß, dass er mich führt.
    G.Fock

  • Hallo Tabaluge,
    vieles, was Du geschrieben hast, kann ich voll unterschreiben.

    Ich hab mich früher auch oft in meinem Job rumschubsen lassen, wollte ja nicht unangenehm auffallen, hab nie was gesagt. Heut sieht das vollkommen anders aus, ich sag, was mir nicht passt. Neulich musste ich zu meinem Chef und mich für eine verbockte Sahce verantworten. Ich erklärte ihm, warum es so schief gelaufen ist und an was es in unserer Abteilung krankt und was mir schon lange nicht mehr passt. Danach hab ich das Büro leicht angesäuert verlassen. Ich dachte: Au weia, die nächste Gehaltserhöhung kannste dir abschreiben...Nach ein paar Tagen mußte ich wieder zu ihm rein...Er meinte dann, er hätte sich überlegt, was ich gesagt habe und würde ein paar Abläufe innerhalb der Abteilung ändern...ups! Und dann meinte er, ich wäre doch so eine oberschlaue Birne und haarscharfe Analytikerin, dann könne ich zu einer Besprechung gehen, zu der er nicht könne und dort erklären, warum wir einige Abläufe ändern würden. Also wurde ich nicht mal degradiert, sondern durfte ihn vertreten. Oder wollte der etwa nur seinen Job auf mich abwälzen??? :shock:
    Wehe...ich als "Oberschlaue Birne" werde das aber noch herausfinden.

    Manchmal lohnt es sich also auch, mal frech zu werden. Allerdings muss ich dazu sagen, das ich in einer sehr großen Firma arbeite, in einer kleinen Firma wäre das sicher nicht möglich gewesen...

    Die Lilly

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