Erkenntnis der Manipulation

  • Hallo Jürgen,

    Ich habe nie gesagt das mein Mann der allerletzte A.... ist, hier im Forum nicht und auch sonst bei niemanden. Das ich die ganzen Jahre geblieben bin, ist dass ich den Mann ohne die Krankheit wieder haben wollte, ich wollte es nicht wahrhaben das das so enden könnte. Diese Krankheit hat ihn zerstürt und mich mit. Ich liebe den Mann immer noch, natürlich den, der nicht trinkt. Doch ich musste einsehen das ich ihn an den Alkohol verloren habe und nie wieder bekomme. Das ist so als ob er eine andere hätte, es ist schmerzhaft, doch die Gefühle kann man nicht einfach so abstellen, man kann nur warten und hoffen das sie mit der Zeit weniger werden und irgendwann verschwinden.
    Ansonsten schließe ich mich dem an was Speranza geschrieben hat.

    Lg Duza

  • Bin gerade auf diesem alten Thread gestoßen und finde es so spannend.

    Warum bin ich darauf gestoßen?

    Weil ich das Gefühl habe mit mir passiert gerade Ähnliches.

    Wer in meinem Thread gelesen hat wird wissen dass mein Partner depressiv ist und aktuell extremst versucht mir begreiflich zu machen dass er erst die Depression in den Griff kriegen muss bevor er das andere Thema angeht.

    Er wird sauer wenn ich ihm versuche zu erklären dass der Alkohol den inneren Schmerz nur verstärkt.

    Ich hätte keine Ahnung.

    Wenn er den inneren Schmerz aushalten müsste dann würde er sich wohlmöglich was antun usw.

    Es ist so krass…

  • Lotta das ist in der Tat ein spannendes Thema und diese Frage kann dein Schlüssel zum Ausstieg werden:

    Es geht mir um die Frage: Wie hängt bei Euch die Erkenntnis der Manipulation mit dem Ausweg aus der CoAbhängigkeit zusammen.

    Ich habe irgendwann nicht mehr die Fragen nach "seinen warum" gestellt (warum trinkt er, warum lügt er,...) sondern nach meinen: warum lasse ich mich manipulieren, warum lasse ich mich anlügen, warum bin ich in dieser Beziehung (Liebe ist kein Grund, um sich schlecht behandeln zu lassen).

    Kannst du diesen Blickwinkel einnehmen? Für mich hat sich damit die Tür in die Freiheit geöffnet.

    LG,

    Kintsugi

    Alles was man über das Leben lernen kann, ist in 3 Worte zu fassen: es geht weiter.

  • @Kintsugi:Ja,ich beschäftige mich tatsächlich aktuell mehr mit mir.

    Ihn vom Trinken abzuhalten versuche ich schon lange nicht mehr.

    Er sucht aber gerade die Gespräche mit mir.

    Das ist das Ding.

    Er ist in Therapie und meint ich wäre nach wie vor seine engste Bezugsperson.

    Allerdings will er mich ausschließlich als ‚Zuhörer‘

    Sage ich ihm meine Meinung, die ihm vielleicht nicht passt dreht er ab.

    Hab ihm gestern gesagt dann soll er mit der weißen Wand reden.

    Aber ich bin natürlich ‚die Böse‘

    Weil wie kann ich sowas sagen?

    Ihm geht es ja soooo schlecht und er arbeitet gerade seine Kindheit auf.

    Knicke dann schon immer ansatzweise ein aber merke auch dass ich nicht mehr kann.

    Vor fünf Tagen wollte er das mit den getrennten Wohnungen angehen und sagte er kümmert sich um eine Wohnung für sich.

    Gestern waren es wir zwei(meine Tochter und ich)die den Schritt gehen sollen.

    Wir finden aber im Stadtteil nichts.

    Dann meinte er dann müssten wir woanders hin.Er nimmt gerade null Rücksicht auf mich und die Kleine.

    Weil IHM geht es schlecht.

    Und ein Auszug seinerseits verschlimmert seinen Zustand,sagt er.

    Er kommt dann auch immer mit so Sachen um die Ecke wie ‚Dann kann ich direkt von der Brücke springen‘ usw.

  • Stichwort: Alkoholismus ist eine Krankheit. Dummerweise eine, deren Therapierung der Kranke in der Regel ablehnt, erstmal jedenfalls.
    Und Kranke können dann eben manchmal einfach nicht, was sie eigentlich müssten.

    Bloß dass man dann diese für die Kinder mitunter sehr schmerzhafte Pflichtverletzung noch mit Respekt würdigen soll, als sei es eben eine Frage des Lebensstils, find ich auch abwegig.

    Hallo Doro und alle,

    es ist immer noch ein wichtiges Thema!

    Ich bin EKA einer alleinerziehenden Mutter.

    Als ich es (mittlerweile im Studium weit weg von zuhause) immer klarer ablehnte, die Sucht meiner Mutter als Lebensstil zu akzeptieren und ihr das auch offen und unnachgiebig kommunizierte, musste ich einsehen, dass sie das nicht akzeptiert. Sie wurde immer abwertender. Ich habe deshalb zunächst den Kontakt extrem reduziert. Das führte aber nicht dazu, dass die Angriffe auf meine Person weniger wurden. Im Gegenteil. Als sie einen neuen Lebengefährten gefunden hatte, dachte ich zunächst es würde besser. Ich hatte mich über den neuen Partner für meine Mutter sehr gefreut. Er war ein sehr intelligenter Mensch mit vielen intellektuellen Interessen, mit dem auch ich mich sehr gerne austauschte. In den ersten Jahren hat das dazu geführt, dass der Kontakt wieder mehr wurde. Doch mit der Zeit wurden die Entwertungen und Angriffe, die meine Mutter auf mich lancierte, immer extremer. Ich habe den Kontakt deshalb über viele Jahre ganz abgebrochen und mir jegliche Kontaktaufnahme ausser in absoluten Notfällen verbeten. Ich war froh, dass der Partner da und meine Mutter nicht allein war.

    Dieser Notfall ist dann Anfang diesen Jahres eingetreten. Ich bin mittlerweile Mitte 50. Der Partner meiner Mutter kam wegen Krebs im Endstadium ins Krankenhaus. Ich bin zurück in meine Geburtsstadt, um meine immer noch alkoholabhängige und nun stark pflegebedürftige Mutter zwei Wochen zusammen mit meinem Ehemann zu versorgen. Solange sie ihren Partner hatte, hat sie mich weiter abgewertet und war voller Aggression, weshalb ich den Kontakt wieder reduziert hatte, als er wieder (nun selbst stark pflegebedürftig) aus dem KH kam. Der Pflegedienst etc war für beide organisiert und ich und mein Mann haben uns zurückgezogen.

    Alle 10-14 Tage habe ich in den Folgemonaten eine Art Kontrollanrufe gemacht, um den Zeitpunkt nicht zu verpassen, wenn der Partner stirbt. Dieser war co-abhängig und wollte tatsächlich meine Mutter sozusagen "mitnehmen". Auch die Hausärztin, bei der meine Mutter und er sind bzw war, hat mir sein Verhalten mit Co-Abhängigkeit erklärt. Dafür gab es sehr viele Indizien, es war gruselig. Zum Beispiel hat er den Hausnotrufknopf sabortiert. Meine Mutter hat die Pflege nach 1 Monat zudem für sich einfach wieder abbestellt. Obwohl er das ja nicht mehr schaffte und offiziell die Pflege übernommen hatte, meinte er, das sei für meine Mutter nicht nötig, er sei zudem nun der Pflegebedürftige. Die Pflege kam dann also nur noch für ihn ins Haus.

    Nach seinem Tod habe ich erfahren, dass er mich schlecht gemacht hat (so seine Tochter). Er hat wohl jahrelang die Abwertungen meiner Mutter und ihr Misstrauen gezielt verstärkt und das für sich auszunutzen versucht. Da ging es auch um ein kleines Vermögen, um das ich jetzt froh bin, denn damit kann ich nun die Pflege und eventuell das Pflegeheim für meine Mutter bezahlen, deren Rente wg früher Berufsunfähigkeit klein ist. Er wollte wohl eine Art "Rekompensation" für sich und seine Nachkommen nach all dem Leid, das meine Mutter ihm zugefügt hat.

    Meine Mutter ist nicht nur vom Alk, sondern war auch von ihrem Partner völlig abhängig. Und er wohl auch von ihr. Bevor er gestorben ist, hat er Dinge gemacht, die dazu geführt hätten, dass sie in seiner letzten Phase völlig die Orientierung verloren hätte. Ich bin sehr froh, das rechtzeitig bemerkt zu haben und dann, als er in die Finalphase kam, da war, um meine Mutter nicht ins Bodenlose fallen zu lassen, ohne jegliche Kontaktmöglichkeit nach aussen. So konnte ich Alarm schlagen und sowohl die Tochter des Partners wie auch die Behörden, die ich ja bereits zuvor Anfang des Jahres eingeschaltet hatte, informieren.

    Meine Mutter hat mir danach einmal gesagt, dass sie trotz aller Trauer nichts machen würde, um ihr Leben zu verkürzen (verrückt, dass ihr nicht klar ist, dass sie das mit dem Alk ja tut, aber das sieht sie nicht). Mir hat das gezeigt, dass es richtig war, was ich gemacht habe. So schwer es ist. Es ist eben nicht so, dass ich es "noch bereuen würde" wie mir der Partner meiner Mutter anfang des Jahres im Krankenhaus gedroht hatte, als er merkte, dass er die Kontrolle über meine Mutter verliert. Ich war froh, dass seine Tochter dieses Spiel nicht mitgespielt hat. Auch wenn sie selbst womöglich nicht aktiv eingegriffen hätte.

    So viel zur Frage von Opfer und Täter: das verschwimmt völlig in dieser Spirale aus Abhängigkeiten. Ich kann den Partner meiner Mutter nicht verurteilen. Allerdings hatte ich, als ich die Verstrickungen und seinen Part hierbei nach seinem Tod immer mehr durchschaute (meine Mutter hatte mich faktisch enterbt, was mir zunächst gar nicht klar war, weil ich es normal fand, dass ein Lebenspartner die Hälfte erben sollte. Aber andersherum war es eben nicht so), für kurze Zeit unbändigen Hass auf ihn, einen Hass, wie ich ihn nie zuvor verspürt habe. So gross war der, dass ich ihn hätte umbringen wollen! Zum Glück war er da ja bereits unter der Erde. Der Hass ist erstaunlicherweise nach einem Tag und einer schlaflosen Nacht wieder verschwunden. Ich glaube es war gut, diesen Hass zu spüren und bin froh, dass er schnell vorüberzog. Verurteilen kann ich den verstorbenen Partner meiner Mutter nicht, aber das stark idealisierte Bild, das ich zuvor von ihm hatte, hat ziemliche Kratzer bekommen.

    Auch das hat mir gezeigt, wie wichtig es ist, die eigenen Grenzen zu wahren und sich Hilfe zu holen bzw. im Notfall auch ganz zu gehen, schon um nicht selbst gegenüber der ja nun hilfsbedürftigen Person übergriffig zu werden. Zu Beginn meiner Vorsorgtätigkeiten habe ich deutlich gespürt, dass hier ein grosses Gefahrenpotenzial lauert. Ich könnte deshalb auch nie selbst die Pflege meiner Mutter übernehmen.

    Liebe Grüsse Siri

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