Carl Friedrich - Diesmal wird es klappen

  • Zitat von Carl Friedrich

    ... Weihnachten und Silvester. Auf beide Ereignisse bin ich vorbereitet. Alles wurde mehrfach gedanklich durchgespielt.

    Wie wird denn Weihnachten und Sylvester gedanklich durchgespielt - was Saufdruck oder so betrifft? Ich kann mir das nicht vorstellen.

    Ich würde mich "verrückt machen", wenn ich da im Voraus jede Situation - aber wirklich jede - gedanklich durchspielen sollte, in der ich mit Alk in Berührung kommen könnte. Da würde bei mir erst recht Saufdruck entstehen, weil mich angesichts der unzähligen nicht voraus zu berechnenden Situationen, eine geistige Ohnmacht und somit Hilflosigkeit befallen würde. :)

  • Man kann nicht jedes mögliche Detail im Voraus erkennen und durchspielen. Es geht um die Grundrichtung. Wann habe ich zuletzt an den Feiertagen begonnen? Wo wurde getrunken? Wie reagiere ich, wenn mir plötzlich jemand ein Glas in die Hand drückt?
    Wie kann ich mich schon bei Beginn der Tage anders verhalten, als zuletzt? Z.B. durch etwas Bewegung an der frischen Luft, prüfen, wann das Fitnesstudio geöffnet ist; keine Teilnahme an "förmlichen" Feiern; Feiertage in aller Ruhe und nicht im Trubel. Zum Feuerwerk in eine benachbarte Großstadt fahren.

    Womit ich schon wieder bei der bereits vielfach zitierten und gespeicherten Sauf-Software bin, die durch anderes Verhalten überschrieben werden muss.

    Die Tage selbst werden im Groben durchgeplant und anders strukturiert, als in den Vorjahren. Und den Rest lasse ich auf mich zukommen und versuche, mögliche Gefahren ins Leere laufen zu lassen.

    Das macht mich nicht nervös, sondern verschafft mir innerliche Stärke.

  • Hallo Carl-Friedrich,
    klingt grundsätzlich schon mal gut. :)

    Zitat

    Man kann nicht jedes mögliche Detail im Voraus erkennen und durchspielen.


    Nein, das kann man nicht. Mir ist es auch im ersten Jahr meiner Trockenheit passiert, das ich plötzlich mit einem Glas Sekt in der Hand dastand :shock:
    Ich war auf der Verabschiedung eines Arbeitskollegen, seine Abteilung war von unserer Firma ausgelagert worden.
    In der Firma gab und gibt es striktes Alkoholverbot.
    Da sie aber außerhalb arbeiteten, nahmen sie das nicht mehr besonders ernst.
    Ich habe nicht mit so einer Situation gerechnet und das war auch für mich nicht vorhersehbar.
    Ich habe das Glas so schnell wie möglich wieder irgendwo abgestellt.
    Es hat aber einiges mit mir gemacht.
    Als ich wieder an meinem Auto war, mußte ich mich erstmal hinsetzen und mich beruhigen, denn mich hatte das innerlich sehr aufgewühlt.
    Ich bin dann irgendwann innerlich immer noch etwas zitternd zurück in die Firma gefahren.
    Gut hat mir das auf keinen Fall getan und es war auch kein Beweis für Stärke oder sonstwas.
    Es war einfach nur Mist.

    Zitat


    Wie reagiere ich, wenn mir plötzlich jemand ein Glas in die Hand drückt?
    ...
    keine Teilnahme an "förmlichen" Feiern


    Wenn Du an bestimmten Feiern erst gar nicht teil nimmst, kommst Du ja auch nicht in Gefahr, das Dir jemand ein Glas mit Alk in die Hand drückt :wink:

    Zitat

    Zum Feuerwerk in eine benachbarte Großstadt fahren.


    Hier besteht evtl. "Nachbesserungsbedarf" :wink:
    Dazu einer meiner Erfahrungen:
    Mein Mann und ich sind vor 2 Jahren Silvester auf einen kleinen Berg gefahren, von dem man einen Großteil unserer Stadt überblicken kann.
    Ich wollte dort das Feuerwerk fotografieren, hatte alles dabei, fette Kamera samt Stativ.
    Dort angekommen sahen wir schon, das die Menschen dort geradezu hinpilgerten. :shock:
    Damit hatten wir überhaupt nicht gerechnet, es war dort starker Trubel und sehr viele Besucher rückten schon mit Bierdosen oder Sektpullen in der Hand an.
    Am Ende waren sicher um die 300 Leute da und der Alk floss in Strömen.
    Die Bilder hats mir auch noch vermasselt, denn durch die ganzen Böller war so eine starke Rauchentwicklung, das das Feuerwerk über der Stadt verschleiert war. :?:lol:
    Für einen erst kurz abstinent lebenden Menschen wäre das ganz sicher kein geeigneter Ort gewesen.

    Zitat

    Womit ich schon wieder bei der bereits vielfach zitierten und gespeicherten Sauf-Software bin, die durch anderes Verhalten überschrieben werden muss.


    Ja, und da habe ich bei Dir mitunter das Gefühl, das Du mit den nötigen Veränderungen noch nicht so gut klar kommst.
    Vielleicht irre ich mich aber auch, es ist so ein Bauchgefühl.
    Ich habe den Eindruck, Du möchtest möglich unauffällig trocken werden.
    Keiner soll wissen, das Du ein trockener Alkoholiker bist, weil Du negative Vorurteile befürchtest.
    Und wenn Du nun gravierende Veränderungen durchführst, würde das wahrscheinlich bemerkt werden und es könnte Fragen nach sich ziehen.
    Das willst Du aber nicht, also lieber versuchen, möglichst unauffällig trocken zu werden.
    Mh.
    Wie gesagt, ist nur son Bauchgefühl.

    Falls da was dran sein könnte, will ich Dir mal was von mir erzählen:
    Ich bin von Anfang an offen mit meiner Erkrankung umgegangen.
    Und ich habe bisher NOCH NIE spürbare Nachteile dadurch gehabt.
    Was Leute hinter meinen Rücken reden, weiß ich allerdings nicht.
    Aber das ist mir auch sowas von egal :P es interessiert mich einfach nicht.
    Ich habe keine Nachteile im Beruf gehabt, bis auf einmal eine kleine Unstimmigkeit durch Unwissenheit meines damaligen Chefs, die aber schnell behoben werden konnte.
    Auch in einem neuen Job gab es keinerlei Nachteile dadurch.
    Ebenso im privaten Bereich, auch da hatte ich keine Nachteile.
    Ganz im Gegenteil.
    Meine Freunde und Bekannte haben sich sehr gefreut, als ich trocken werden konnte.
    Einige mußte ich ausmisten, aber das waren nur wenige.
    Und ich habe viele neue Freunde dazu bekommen.
    Weil ich trocken an vielem wieder teilnehmen konnte und dadurch viele neue Leute kennenlernen konnte.
    Und meine Familie hat mich auch von Anfang an sehr unterstützt.

    Ich konnte mir auch nicht vorstellen, trocken lebend weiterhin rumzulavieren und rumzulügen.
    Das hatte ich oft genug getan, als ich noch gesoffen habe. Und das war etwas, worunter ich mit am meissten gelitten habe.
    Ich wollte lieber ehrlich sein, auch wenn mir das Nachteile eingebracht hätte, aber das ist nie der Fall gewesen.
    Ich bin froh, das ich mich so entschieden habe, denn das hat mir viel Aufwand erspart, denke ich.
    Denn Lügengebäude aufzubauen und auch intakt zu halten, IST aufwändig. Und dazu hatte ich überhaupt keinen Bock.
    Außerdem haben es meine Freunde verdient, das ich ehrlich zu ihnen bin.
    Ich erwarte ja auch das Gleiche von ihnen.
    Das nur mal so am Rande zu dem Thema :wink:

    LG Sunshine

  • Bezüglich des Feuerwerks gehe ich noch mal in mich. Da könnte was dran sein, dass eine saufende Horde um mich herum deplatziert ist. Danke für den Hinweis und die Schilderung einer vergleichbaren Szene.

    I.Ü. sehe ich keine Veranlassung meinen Umgang mit unserer Krankheit dahingehend zu ändern, eine große Vielzahl um mich herum einzuweihen. Das sehe ich so wie meine Therapeuten. Wen ich in Kenntnis setzte, entscheide ich immer noch selbst. Hätte ich eine andere lebensgefährliche Erkrankung würde ich damit sicherlich auch nicht hausieren gehen. Informiert sind genau diejenigen, die es was angeht. . Dass deren Anzahl sehr überschaubar ist, räume ich gerne ein. Und das hat nichts mit Lügen zu tun. Ich lüge niemanden an, ich muss aber auch nicht jedem gleich alles erzählen.

    Und das mit dem Glas in der Hand kann auch bei vermeintlich informierten Kreisen passieren. Entweder hat der "Eingeweihte" es vergessen oder es ist ihm augenblicklich nicht präsent oder man versucht womöglich meine Abstinenz zu testen oder die betreffende Person kennt nicht die Rückfallgefahr und den Kontrollverlust nicht, getreu der Devise: Jetzt ist er schon so lange trocken, also geheilt und wieder in der Lage "normal" zu trinken.

    Gruß Carl Friedrich

  • Bezüglich des Feuerwerks gehe ich noch mal in mich. Da könnte was dran sein, dass eine saufende Horde um mich herum deplatziert ist. Danke für den Hinweis und die Schilderung einer vergleichbaren Szene.

    I.Ü. sehe ich keine Veranlassung meinen Umgang mit unserer Krankheit dahingehend zu ändern, eine große Vielzahl um mich herum einzuweihen. Das sehe ich so wie meine Therapeuten. Wen ich in Kenntnis setzte, entscheide ich immer noch selbst. Hätte ich eine andere lebensgefährliche Erkrankung würde ich damit sicherlich auch nicht hausieren gehen. Informiert sind genau diejenigen, die es was angeht. Dass deren Anzahl sehr überschaubar ist, räume ich gerne ein. Und das hat nichts mit Lügen zu tun. Ich lüge niemanden an, ich muss aber auch nicht jedem gleich alles erzählen.

    Und das mit dem Glas in der Hand kann auch bei vermeintlich informierten Kreisen passieren. Entweder hat der "Eingeweihte" es vergessen oder es ist ihm augenblicklich nicht präsent oder man versucht womöglich meine Abstinenz zu testen oder die betreffende Person kennt nicht die Rückfallgefahr und den Kontrollverlust und meint: "Jetzt ist er schon so lange trocken, also geheilt und wieder in der Lage "normal" zu trinken."

    Gruß Carl Friedrich

  • Das ich offen mit meiner Erkrankung umgehe, bedeutet noch lange nicht, das ich damit hausieren gehe.
    Ebensowenig "erzähle ich jedem gleich alles".
    Das möchte ich hiermit klarstellen.

    Ich wünsche weiterhin alles Gute und vor allem Trockenheit.

    LG Sunshine

  • Heute ging es mir blendend. Weihnachtspakete für die Verwandtschaft im Ausland gepackt und auf dem Rad, ich war beladen wie ein Rikschafahrer, zur nächsten Paketstation gebracht. Dann noch ein schönes Ründchen gedreht und mir überlegt, dass ich in den letzten Jahren zu dieser Zeit viel Geld für teuren Wein und Brandy ausgegeben hatte. Das brachte mich auf die Idee, mal was besonders Gutes zu trinken zu erwerben. Einen Festtags-Darjeeling fürs Frühstück und einen besonders teuren Kaffee. Ich kann mich nicht entsinnen, mal 20€ für 250 Gramm Kaffee ausgegeben zu haben. Geduftet hat er famos. Morgen nach dem Frühstück wird er aufgebrüht. Ich bin zur alten Kaffeetradition des Aufgießens in einem Porzellanhalter zurückgekehrt. Und was sind schon 20€ im Vergleich zu den Preisen für Alkohol, wenn man vom Billigfusel mal absieht?

    Ich habe beschlossen, mir was zu gönnen und bewusst zu genießen. Früher habe ich morgens im verkaterten Zustand nicht mal den Unterschied zwischen einem einfachen Discounterkaffee und einem Premiumprodukt herausgeschmeckt, da mein Suchtgedächtnis auf Stoffzufuhr fixiert und der Gaumen vom Stoff irgendwie verätzt war. Da wäre ein guter Kaffee gewesen wie das sprichwörtliche "Perlen vor die Säue werfen".

    Ich kann nur jedem raten: "Gönnt Euch was und genießt es. Es sind die kleinen Momente, die einem den Alltag verschönern und das abstinente Leben stilvoll ergänzen.

  • Dann setze ich mal fort:

    Wir hatten vor Weihnachten einen Trauerfall im Familienkreis. Das Ende zeichnete sich bereits länger ab. Ich war in der ganzen Zeit einschließlich der Beisetzung heilfroh trocken zu sein und bilde mir ein, diese schwierige Zeit ordentlich gemeistert zu haben. Das wäre mir mit einem mehr oder weniger permanenten Alkoholpegel so klar nicht gelungen. Auch die regelmäßigen Besuche im Hospiz und der Anblick der dem nahen Tod geweihten Personen sowie die Freundlichkeit und Fürsorge des Pflegepersonals haben mich mental sehr berührt. Am meisten beeindruckte mich, wie gefasst die sterbenden Herrschaften waren. Diejenigen, mit denen ich mich unterhalten habe, waren augenscheinlich mit sich selbst im Reinen. Diese Unverkrampftheit färbte ab. Suchtdruck habe ich in der Zeit nicht verspürt.

    Jetzt habe ich auch das Weihnachtsfest schadlos, vor allem alkoholfrei, überstanden. War nicht so schwer. Manchmal hier und da leichte Gedanken an teuren Rotwein und Cognac, aber das war es schon. Genau davon bin ich ausgegangen, da das Zeug in den letzten Jahren im Dezember weit oben auf meiner Tagesordnung stand. Da verknüpft das "blöde" Suchtgedächtnis die Weihnachtszeit automatisch mit teurem Stoff.

    Jetzt noch Silvester planen. Angedacht ist, dass wir zunächst daheim gemeinsam kochen und am späteren Abend noch einen längeren Spaziergang machen. Daheim trifft sich die nicht auswärts aktive Nachbarschaft gegen Mitternacht auf der Straße, um sich zuzuprosten. Dem wollen wir im wahrsten Sinne des Wortes aus dem Weg gehen. Gegen 01.00 Uhr sind die wieder weg und wir wieder daheim.

    Ich werde Anfang des Jahres darauf zurückkommen.

  • Heute hatte ich ein interessantes Gespräch mit meinem Therapeuten. Da musste ich gleich an einige hier im Forum denken, die den Standpunkt vertreten, dass manche erst richtig tief im Schlamassel stecken müssen bis hin zur akuten Lebensgefahr, um überhaupt bereit zu sein, langfristig und nachhaltig trocken leben zu wollen und zu können.

    Mein Therapeut meinte, nachdem wir die möglichen Gefahren des kommenden Silvester thematisiert hatten, dass nach seiner langjährigen Einschätzung, diejenigen dauerhaft gute Chancen hätten, trocken zu bleiben, die nach der Papierform eine eher schlechte Ausgangslage hätten, wie Job weg, Familie weg, Führerschein weg, Gesundheit konkret gefährdet. Bei diesen Personen sei der Leidensdruck besonders hoch und sie seien, wenn es denn im Kopf endlich mal Klick gemacht hätte, ausreichend motiviert und sensibilisiert, nicht wieder in dieser Misere zu landen.

    Bei Personen wie mir, die noch voll beruflich, sozial und familiär integriert seien, wäre oft zu bemerken, dass es ihnen häufig an dem Willen mangele, für immer trocken zu bleiben. Sie nähmen es sich erst Mal vor, schaffen es eine gewisse Zeit z.B. 1 Jahr, um dann alles neu zu beurteilen. Das verleite sie womöglich dazu, sich für kuriert zu halten, womit ein Rückfall prädestiniert sei. Gerade aus diesem Grund sei es für Leute wie mich unbedingt erforderlich, sich nach Therapieende einer Selbsthilfegruppe anzuschließen, um sich fortlaufend die eigene Krankheit und den Nutzen der Trockenheit vor Augen zu halten, da der eigentliche Leidensdruck relativ niedrig sei.

  • Hallo Karsten!

    Genau an Dich musste ich heute auch direkt denken.

    Ich werde im neuen Jahr, wenn meine ambulante Therapie endet, neben dem Forum hier eine weitere SHG "Auge in Auge" suchen.

    Ich habe mal von einem Promi gelesen, der meinte, er nehme sich jeden Tag von neuem vor, trocken bleiben zu wollen. Das helfe ihm, da er sich täglich mit seinem Problem auseinandersetze und sich vor Augen halte.

    Ich vergleiche das mal mit dem regelmäßigen Training von Leistungssportlern. Auch denen reicht es nicht, alle paar Wochen mal ein Ründchen im Park zu traben.

    Ferner überlege ich, im neuen Jahr einen neuen Anlauf in Richtung Tagebuch in der Inneren zu starten. Mein erster Versuch war einfach zu früh für mich. Als Anfänger war ich noch zu sehr mit meiner Trockung befasst; die eigenen Gedanken bis hin zu gravierenden Stimmungsschwankungen waren noch zu sehr von der jahrelangen Vergiftung beeinflusst. Bis das Gift mal rausgespült ist, dass auch der Kopf wieder klarer denkt, das dauert halt.

    Gruß Carl Friedrich

  • Zeit, sich wieder mal hier zu melden:

    Der Rutsch ins neue Jahr war kein Ausrutscher, sondern lief ganz entspannt ab. So leicht hatte ich es mir im Vorfeld nicht vorgestellt. Kein Saufdruck, nur am Nachmittag des Silvestertages während einer Fahrradtour dachte ich an den Stoff. Warum? In den letzten heftigen Jahren wurde da "vorgeglüht". Also 3-4 kurz der Gedanke, jetzt ein Bierchen, das wär doch was.

    Aber die Gedanken wurden rasch verworfen.

    Abends gingen meine Frau und ich nach dem Essen in die Stadt und kamen an ein paar Kneipen vorbei. Mich hätten keine 10 Pferde rein bekommen. Ich verspürte keinerlei Verlangen. Das Feuerwerk schauten wir uns dann in der City an. Ich stieß mit einer 0,5l Flasche Wasser vom Discounter an und fragte mich, warum ich das nicht schon ein paar Jährchen früher so gemacht habe. Mir fehlte absolut nichts. Null Verlangen nach Alkohol. Zudem hatten wir uns einen Platz in der Nähe von ein paar türkischen Papas und ihren kleinen Kindern gesucht. Die Eltern stießen mit Cola an und waren mit dem Feuerwerk befasst.

    Einziges Erlebnis gegen 01.00 Uhr auf dem Heimweg. Ein junges Mädel um die 18 Jahre mit Freunden wollte an einem Gebüsch -nicht dahinter- ihre Notdurft verrichten, zog blank, kniete sich hin, fiel um und schaffte es wegen ihrer Alkoholisierung nicht mehr hoch. Ihre etwas nüchterneren Begleiter nahmen sich dann der Sache an und richteten zudem ihre Wäsche. Sachen gibts... Wäre die junge Dame ohne handlungsfähige Begleiter gewesen, hätte ich die 110 gewählt. Das wäre dann ein nettes Erwachen für sie und ihre Familie gewesen. Denn ansonsten machte die Gruppe eigentlich einen ordentlichen Eindruck, wie Gymnasiasten.

    Auch Neujahr und die letzten Tage verliefen absolut ruhig. Es macht sich jetzt deutlich bemerkbar, dass ich wesentlich gelassener geworden bin. Ein Zeichen des Fortschritts. Nur braucht alles seine Zeit. Dieses Stadium erreicht man sicherlich nicht in den ersten 3-4 Monaten der Trocknung, da dann das Hirn noch zu verseucht ist, so mein Eindruck von mir selbst.

    Ich werde weiter berichten, auch in der inneren Abteilung, da ich tatsächlich einen zweiten Tagebuchversuch gestartet habe.

    Gruß Carl Friedrich

  • Zeit mal wieder hier was zu schreiben:

    Heute auf den Tag genau 9 Monate trocken.

    Meine ambulante Therapie nähert sich dem Ende. Ich bin soweit, den nächsten Schritt zu tun. Mittlerweile überwiegen in meiner Gruppe diejenigen, die zeitlich deutlich nach mir begonnen haben. So ist auch ihre Sichtweise. Sie brauchen noch viel Zeit, um unsere Krankheit überhaupt zu erfassen und ihr Verhalten auf sie einzustimmen.

    Mir bringen ihre Ausführungen nichts mehr. Daher ist es folgerichtig, die Therapie auslaufen zu lassen, anstatt sie um 1/2 Jahr zu verlängern.

    Ich orientiere mich an meinen wiedergewonnen und neu erlernten Werten sowie den Erfahrungen von Langzeittrockenen.

    Ich werde allerdings die Tage mal die Fühler nach einer "realen" SHG neben dieser hier im Forum ausstrecken, einfach um da mal reinzuschnuppern. Vielleicht ist das ja was für mich.

    Ich kann gerade den Neuen hier nur raten, arbeitet geduldig an Eurem Ziel der Abstinenz. Behaltet Euch nicht irgendein Hintertürchen offen, irgendwann könnte man noch mal was trinken. Das wird nicht gelingen. So schön es im Leben ist, mehrere Optionen zu haben, bei unserer Krankheit haben wir nur die eine.

    Gruß Carl Friedrich

  • Danke sunshine. Ich fühle mich hier auch gut aufgehoben. Ich merke richtig, wie positiv sich hier viele Beiträge auf mein Denken und Handeln auswirken. In meiner ambulanten Therapie halte ich schon entsprechend unserer Grundbausteine dagegen, wenn so manch ein sonderbarer Vorschlag neuer Teilnehmer, zumeist von der MPU-Fraktion, kommt.

    Ich werde gleich mal mein Abo für die Innere verlängern und zwar direkt mal für 1 Jahr, nachdem ich zuvor immer quartalsweise vorgegangen bin. Auch das ein klares Indiz pro Forum.

    Gruß Carl Friedrich

  • Hallo Carl Friedrich,

    Glückwunsch zu 9 Monaten in Freiheit!

    Allerdings Vorsicht: Bei mir hat sich erst nach ca. zehn Monaten das Kopfkino
    bemerkbar gemacht. Seitdem "überfällt" es mich immer wieder. Manche Phasen
    finde ich echt anstrengend! Natürlich schnellt die Waage auf der positiven Seite
    der Abstinenz in die Höhe, aber mein Suchtgedächtnis gibt so schnell nicht auf...
    Alles Gute weiterhin auf deinem Weg!

    Seidenraupe

    Seidenraupe

  • Danke für den Tipp Seidenraupe. Ich weiß, man soll sich nie zu sicher sein.

    Und zu RS: Ist aber nicht abwertend gemeint, sondern nur wertneutral und feststellend hinsichtlich der entsprechenden Teilnehmer (ca. jeder zweite) meiner Therapiegruppe. Wodurch der nötige Schlüsselreiz ausgelöst wird, sich der Krankheit zu stellen, durch die Familie, Gesundheit, Arbeitgeber oder MPU ist letztlich gleich. Hauptsache, man macht etwas dagegen.

    Mit fiel nur auf -Achtung: nicht repräsentativ- dass sich die MPUler in meiner Gruppe schwerer tun, um zu so etwas wie Krankheitseinsicht zu gelangen. Das mag aber auch mit der jeweiligen individuellen Persönlichkeit zusammenhängen.

    Gruß Carl Friedrich

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