kamarasow - Man stolpert nicht über Berge, sondern über Maulwurfshügel

  • Hallo zusammen,

    ich verbinde nasses Denken mit sucht orientiertes Denken. Wenn mich Suchtdruck überkommt und ich mir Gedanken mache das nun ein Glas Alkohol die Lösung wäre ist für mich genauso ein nasses Denken sowie auch, wenn ich mir im Vorfeld ausmale, dass mir ein nasses Umfeld nichts ausmacht. Ein Nichtalkoholiker kennt das ja nicht. Ob der eine das als negativ oder positiv einordnet ist seine Sache.

    Es ist wohl der heutigen Zeit geschuldet, jedes Wort auseinanderzunehmen, es zu dramatisieren oder etwas Schlechtes dran zu finden, ohne sich ansatzweise zu überlegen, dass es auch was Gutes bedeuten kann.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo!
    Da möchte ich unbedingt etwas schreiben:
    Für mich gibt es beim nassen Denken noch eine andere Dimension, die erstmal gar nichts damit zu tun hat, ob ich an Alkohol denke oder nicht.
    Wenn ich mich klein mache z.B.. Wenn ich mich dabei ertappe, dass ich in die Ich-armes-Schwein-Rolle verfalle. Oder wenn ich merke, dass ich mich von allen zurückziehe. Oder nur den Gedanken habe, dies zu tun. Das ist für mich persönlich nasses Denken. Denn als ich trank, war das so. Und die armes-Schwein-Rolle verführt gerade dazu zu trinken, weil ich ja eh ein armes Schwein bin. Nun hab ich aber gelernt, dass ich entscheide, in welcher Rolle ich bin. Ich allein bin es, die entscheidet, ob sie wieder die Ärmel hochkrempelt und weitermacht.
    Deshalb ist für mich ein Gedanke wie: aus mir wird ja eh nichts oder mich mag halt doch keiner ein nasser Gedanke und ein Alarmzeichen. Und tatsächlich: wenn so ein Gedanke mal kommt, kann es auch sein, dass ich mich auch an die Flasche Wein erinnere.
    Solche Gedanken kommen und zu denken, die dürfen nie wieder kommen, ist für mich illusorisch. Denn sie haben mich mein Leben lang geprägt. Aber: ich nehme sie bewusst wahr und kann entscheiden, ob ich Ihnen Raum gebe oder nicht. Das ist für mich entscheidend.
    Viele Grüße
    Calida

  • Guten Morgen Calida,
    ich denke mit nassem Gedanken ist nicht der "armes Schwein" - Gedanke (oder ähnliches) gemeint, sondern die gedankliche Schlussfolgerung zur Flasche zu greifen. Jeder von uns wird seine Gründe haben, weshalb man trank. Das Entscheidende für uns ist, andere Lösungen/Maßnahmen für die entsprechenden Trink-Situationen zu finden.
    Ich war ein Entspannungstrinker nach einem anstrengenden Tag. Heute sind die Tage genauso anstrengend, mit dem Unterschied, dass ich es schaffe, andere Entspannungsmöglichkeiten zu nutzen. Das muss man erstmal lernen. Zur Flasche zu greifen war einfach.

    Grüße
    Karamasow

  • Hallo Kamarasow,

    Zitat

    Ich war ein Entspannungstrinker nach einem anstrengenden Tag.

    hilft es dir dich zu katalogisieren warum du gesoffen hast?

    nun mag es immer Gründe gegeben haben warum ich gesoffen habe aber war nicht der alleinige Grund die Sucht? Nun bin ich ja schon ein paar Tage trocken und jeder Gedanke der aufkommt und mich zum Saufen bringen könnte, breche ich auf die Sucht herunter. Damit habe ich alle Türchen geschlossen.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Hartmut,

    Zitat

    hilft es dir dich zu katalogisieren warum du gesoffen hast?


    Im Grunde ist die Katalogisierung eigentlich zu plump, aber sie vereinfacht die Erklärung für Außenstehende. Es hilft etwas, sich selbst zu verstehen und weshalb man überhaupt mit trinken anfing.
    Zu deinem Gedankengang, dass doch die Sucht der Grund fürs Trinken sei: Nun, dies gilt nicht für die Anfangsphase, als man noch nicht süchtig war. Für spätere Alkoholikerphasen stimme ich dir zu. Selbstbelügende Gründe fürs Trinken fand man dann ja ohne Probleme. Gern wurde auch der Umstand aufgegriffen, dass der heutige Tag doch ganz schön anstrengend war. Aber das waren keine Gedanken meines Ichs, sondern des Suff-Ichs.

    Den Punkt des Suff-Ichs (aka Suchtgedächtnis) würde ich gern nochmal aufgreifen. Heute, also nach über 2 Jahren Abstinenz, fällt es mir immer noch schwer, Sachverhalte zweifelsfrei zu bewerten. Damit meine ich nicht Probleme auf Arbeit, sondern persönliche Belange. Bevor ich Entscheidungen treffe, fahre ich meistens gedankliche Extrarunden und muss mindestens einmal drüber schlafen. Warum? Ich erwische mich dabei, wie ich im Verlaufe eines Tages den gleichen Sachverhalt unterschiedlich bewerte. Ich vertraue meinen Rückschlüssen nicht. Quatscht da das Suff-Ich rein? Das Haupthirn hat mir schon zu viele Lügen aufgetischt, warum soll es diesmal stimmen? Ich glaube vor dem Suff war ich nicht so unentschlossen und wankelmütig. Ein Gedanke und zack die Entscheidung. Das geht nicht mehr. Oder war ich schon immer so und der Suff hat die Erinnerung umgeschrieben? Fragen über Fragen :D. Nuja, im Grunde ist es auch nicht so wichtig. Vielleicht hat aber jemand ähnliche Erfahrungen machen müssen.

    Grüße
    Karamasow

  • Das Leben wird ja nicht sorgenfrei, wenn man nicht mehr trinkt, ...

    Aber erheblich sorgenfreier wird es, denke ich mal.

    Ich dachte immer, dass ich gesoffen habe weil ich Sorgen hatte.

    Nee, erst hab ich mit dem Saufen angefangen und dann kamen die meisten Sorgen.

    Sachen, die für mich in Saufzeiten unlösbare Probleme waren, sind jetzt nur noch lächerlich und kein Problem mehr.

  • Hallo Karamasow,

    Zitat von „Karamasow“

    Heute, also nach über 2 Jahren Abstinenz, fällt es mir immer noch schwer, Sachverhalte zweifelsfrei zu bewerten. Damit meine ich nicht Probleme auf Arbeit, sondern persönliche Belange. Bevor ich Entscheidungen treffe, fahre ich meistens gedankliche Extrarunden und muss mindestens einmal drüber schlafen. Warum? Ich erwische mich dabei, wie ich im Verlaufe eines Tages den gleichen Sachverhalt unterschiedlich bewerte. Ich vertraue meinen Rückschlüssen nicht.

    Ich kenne das. Diese Extrarunden habe ich, denke ich, schon immer gedreht, auch vor der Trinkerei, aber ich hab es mir nicht so bewusst gemacht, war nicht so achtsam (mir selbst gegenüber aufmerksam) wie heute.
    Ich sag mir heute, dass es zwar oft nervig ist, so ambivalent zu sein, aber andererseits auch eine Stärke sein kann, wenn ich dadurch zum Beispiel nicht so schnell Urteile fälle und offener bleibe für die Welt außerhalb meiner selbst.

    Viele Grüße!

    Thalia

  • Hallo Forum,
    hier mal ein paar offene Zeilen von mir. Seit ca. 2,5 Jahren trinke ich keinen Alkohol. Bin ich stabil? Hm, um ehrlich zu sein, nein. Ich glaube, ernsthaft 100% stabil ist man erst, wenn man tot ist. Bis dahin sitzt die Sucht immer im Nacken. Manchmal spielt sich bei mir noch der Sehnsuchtsgedanke des Berauschtseins in den Vordergrund. Manchmal läuft mir bei visuellen oder gedanklichen Bildern die Spucke in den Mund. Das setze ich dann aus oder gehe dem aus den Weg. Manchmal kreiselt der Gedanke noch etwas, aber die Zeit ist stets mein Freund.
    Im Sportverein gehe ich nicht jedem Alkohol aus dem Weg. Das gesellschaftliche Zusammensein nach dem Sport benötige ich für die innere Zufriedenheit. Es ist ein Risiko, dass ich eingehen muss, um innerlich nicht zu verkümmern. So auch bei Pokerabenden. Wenn ca. 50% der Anwesenden Bier trinken (was mich nicht so sehr triggert wie Wein), dann ist es so. Ich schlürfe gut gekühlte Cola. Falls jetzt bei einigen Lesern, die reflexartigen Gefahrenzonen im Gehirn anspringen, dann sage ich: Ja, ich weiß. Ohne Gesellschaft ist aber auch keine Option. Das Risiko trage ich.

    Vor einigen Monaten war eines meiner Hauptthemen Gelassenheit zu erreichen. Das funktioniert mittlerweile meistens. Ich muss aber aufpassen, dass es nicht in Gleichgültigkeit abdriftet. Aber vielleicht ist es genau der Preis den man zahlen muss.

    Die Werke von Dostojewski habe ich nun fast alle durch. Kennt ihr das, wenn man ein Buch gekauft hat und es sich voller Vorfreude, wie einen kleinen Schatz, neben das Bett legt? Das Lesen erfüllt mich. Überhaupt, Freude am Leben ist irgendwie ein Hauptthema geworden. Menschen, die ständig über etwas lamentieren - über ihre Situation, über zu wenig Geld, zu wenig dies und das -, werden im Inneren selbst zu einem Miesepeter. Alt werden ist keine Schande. Aber alt und griesgrämig zu sein, das ist Scheiße. Das sage ich als 39jähriger. Da muss meine lebensfrohe Mitte-50er Kollegin immer grinsen. Wie vermutlich so mancher Leser.

    Soweit erstmal von mir.

    Sonnige Grüße

  • Im Sportverein gehe ich nicht jedem Alkohol aus dem Weg. Das gesellschaftliche Zusammensein nach dem Sport benötige ich für die innere Zufriedenheit. Es ist ein Risiko, dass ich eingehen muss, um innerlich nicht zu verkümmern. So auch bei Pokerabenden. Wenn ca. 50% der Anwesenden Bier trinken (was mich nicht so sehr triggert wie Wein), dann ist es so. Ich schlürfe gut gekühlte Cola. Falls jetzt bei einigen Lesern, die reflexartigen Gefahrenzonen im Gehirn anspringen, dann sage ich: Ja, ich weiß. Ohne Gesellschaft ist aber auch keine Option. Das Risiko trage ich.

    Hallo Karamasow!

    Ich sehe da kein Problem. Du bist 2 1/2 Jahre abstinent. Da hat sich ein gehörige Portion Festigkeit und Erfahrung eingestellt, auf die Du bauen kannst.

    Das ist halt der Unterschied zu frisch Abstinenten, die schon nach wenigen Tagen oder Wochen meinen, dem Alkohol hinterher rennen zu müssen und sofort "pampig" reagieren, wenn man sie auf ihr riskantes Verhalten hinweist.

    Auch ich musste es erlernen, mich in einem Umfeld zu bewegen, in dem Alkohol präsent ist und in meiner Nähe konsumiert wird. Nur überfordert das den Anfänger und das sind wir beide nicht mehr.

    Also, weiterhin alles Gute wünscht
    Carl Friedrich

  • Hallo,

    Ein ausgebrochener Tiger läuft gerade parallel neben mir.
    Warum sollte ich nun ausweichen ?
    Ich bin kein Anfänger mehr.
    Ich hatte doch schon ein paar Jahre eine Katze !

    Die Antwort der eintreffenden Zooleitung:
    Ich sehe da kein Problem.
    Da hat sich ein gehörige Portion Festigkeit und Erfahrung eingestellt, auf die Du bauen kannst.

    Gruß Nobby

  • Hallo,

    Zitat

    Bin ich stabil? Hm, um ehrlich zu sein, nein. Ich glaube, ernsthaft 100% stabil ist man erst, wenn man tot ist. Bis dahin sitzt die Sucht immer im Nacken. Manchmal spielt sich bei mir noch der Sehnsuchtsgedanke des Berauschtseins in den Vordergrund. Manchmal läuft mir bei visuellen oder gedanklichen Bildern die Spucke in den Mund.

    Kenne ich auch von den Anfangsmonate . Aber nach 2, 5 Jahren sowas noch zu erleben ist mir ( bisher)fremd. Jedoch läufst du ja dem Alkohol auch hinterher und setzt dich bewusst, in einem Alkohol trinkenden Umfeld aus. Dann wundert es mich nicht.

    Zitat

    Das gesellschaftliche Zusammensein nach dem Sport benötige ich für die innere Zufriedenheit.

    das widerspricht sich mit deiner ersten Post. Nun habe ich mir eben gerade, weil ich ein sehr geselliger Mensch bin , eben ein weitestgehend trockenes Umfeld aufgebaut. Es funktioniert . Ich bin weit weg von Suchtgedanken.

    Schön das du es wenigstens so schreibst wie du es machst.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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  • Hallo Ihr,
    Festigkeit und Erfahrung schön und gut. Ich trau dem Frieden aber nicht.

    Hartmut, ich renne dem Alkohol nicht hinterher. Er ist leider in der Gesellschaft fest verankert. Du schreibst ja auch, dass bei dir ein "weitestgehend" trockenes Umfeld aufgebaut wurde. Ich behaupte, richtig asketisch alkoholfrei schafft man nur, wenn man nicht vor die Haustür tritt.
    Den Hinweis auf den Widerspruch versteh ich noch nicht. Wo siehst du einen?

    Kamarasow

  • Hallo ,

    der Widerspruch.

    Zitat

    Manchmal spielt sich bei mir noch der Sehnsuchtsgedanke des Berauschtseins in den Vordergrund. Manchmal läuft mir bei visuellen oder gedanklichen Bildern die Spucke in den Mund.

    dann

    Zitat


    Das gesellschaftliche Zusammensein nach dem Sport benötige ich für die innere Zufriedenheit.

    da du deine innere Zufriedenheit nur dann findest, wenn du dich mit Menschen zusammensetzt die dabei auch trinken. Meinst du nicht das gerade deine aufflammende Suchtgedanken erst dadurch verstärkt werden?

    Zitat

    Hartmut, ich renne dem Alkohol nicht hinterher. Er ist leider in der Gesellschaft fest verankert.

    Fest verankert sehe ich den Alkohol nicht. Es gibt ihn, mehr nicht. Ist es nicht eher das Bild der "Verankerung" das sich bei dir im Kopf festgesetzt hat und deswegen daran festhallst, um im Vornherein schon zu sagen, das es gar nicht andere geht ? Setzt du dir da nicht selbst eine Grenze ?

    Wenn mir jemand sagt, es geht nicht anders, sind es ja seine Grenzen, aber nicht meine.

    Gruß Hartmut

    Gruß Hartmut

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  • Guten Morgen,
    ok. Das meintest du. Ich sehe es als unangenehme, risikobehaftete Zwickmühle. Gut möglich, dass mich das Suchtgedächtnis deshalb mit den Suchtgedanken bestraft.
    Zum Thema "sich selbst eine Grenze setzen": Ich denke, ich verstehe was du sagen willst, bin aber nicht sicher, ob das hier passt. Es gibt Menschen die trinken regelmäßig, Menschen die trinken ab und zu und Menschen die trinken selten oder gar nicht. Das sind Tatsachen in der Gesellschaft. Betreibt man Mannschaftssport in einem Verein, dann trifft man genau diese Kategorien. Wo setze ich mir da selbst Grenzen? Hattest du vor Augen, dass man beispielsweise mit dem Mannschaftssport auch aufhören könnte? Ja, das wäre eine Lösung. Aber nicht meine. Nur durch den Sport bin ich dort wo ich bin.

    Kamarasow

  • Hallo kamarasow,

    „Es gibt Menschen die trinken regelmäßig, Menschen die trinken ab und zu und Menschen die trinken selten oder gar nicht. Das sind Tatsachen in der Gesellschaft. Betreibt man Mannschaftssport in einem Verein, dann trifft man genau diese Kategorien. Wo setze ich mir da selbst Grenzen? Hattest du vor Augen, dass man beispielsweise mit dem Mannschaftssport auch aufhören könnte? Ja, das wäre eine Lösung. Aber nicht meine. Nur durch den Sport bin ich dort wo ich bin „

    Mein Arbeitskollegen treffen sich gemeinsam zum Grillen. Dort wird mehr oder weniger gebechert.
    Ich habe mich bei vielen Bekannten sehr früh geoutet. So vermied ich viele unnötige Diskussionen.
    Mannschaftssport ist Mannschaftssport. Aber warum sollte ich als alkoholkranker Mensch danach am „ Trinkgelage“ teilnehmen. Das gehört nicht mehr zum Mannschaftssport.

    Obwohl ich nicht mit meinen Arbeitskollegen zum Trinken mitgehe, haben wir ein sehr gutes Arbeitsverhältnis. Die meisten verstehen meine Haltung auch nach 8 trockenen Jahren sehr gut.
    Ich bin heute Dankbar und ein bisschen Stolz solche Entscheidungen wieder ohne Zwang treffen zu können.

    Gruß Nobby :wink:

  • Hallo Nobby,
    das ist kein Trinkgelage, sondern in erster Linie eine Art Ausschwitzen nebst Gelapp. Der eine hat ein Bier dabei, der andere Wasser, ein nächster ein isotonisches Getränk. Frag mich aber nicht nach Prozenten.
    Bei den Arbeitskollegen, die nur saufen wollen, nehme ich mich selbstredend raus.

    Kamarasow

  • Hallo Kamarasow,

    dann hatte ich das, nach dem Mannschaftssport, anders verstanden.
    Wenn dich bei dem „ Ausschwitzen“ nix triggert ist es doch in Ordnung.
    Wenn du halt andere Gefühle bekommst, solltest du den Ort halt verlassen.
    Aber das brauche ich dir nach 2,5 Jahren wohl nicht mehr zu schreiben. :)
    Schönes Wochenende
    Nobby :wink:

  • Hallo Forum,
    bei mir gibt es nichts neues. Der Alkohol rückt fast vollständig in den Hintergrund. Die Themen des Alltags bestimmen meinen Tag. Und die sind äußerst umfänglich.

    Am Anfang der Abstinenz konnte ich nichts mit dem Begriff der Kapitulation anfangen. Ich verstand es nicht, weil aus meiner Sicht das Nichttrinken doch ein Auflehnen gegen die Sucht war. Also eher ein Kampf. Weshalb daher kapitulieren? Später irgendwann, vestand ich, dass mit Kapitulation eine Einsicht gemeint ist, dass der Alkohol immer gegen dich siegen wird. In etwa: "Jaja, du - Alkohol - bist stärker und ich schwach. Ich werde keine Kontrolle über dich haben.". Jetzt nach vielen Monaten, glaube ich, den Begriff der Kapitulation erst richtig zu fühlen. Bildlich gesprochen ist es ein vorbeigehen an einer Statue. Man nickt sich zu, hat aber kein Interesse die Statue zu verrücken oder gar auf ihr zu reiten. Denn egal wie man es anstellt, man würde verlieren. Die Statue hingegen ist da und wird da immer stehen. Soll sie doch. Ich werde an ihr vorbeilaufen.

    Worauf ich mit dem vorherigen Absatz hinaus wollte ist, dass das Verständnis über eine Sache am Anfang unlogisch erscheint, später aber logisch verstanden werden kann und am Ende sogar verstanden und als "richtig" gefühlt werden kann. Im Nachhinein betracht erstreckt sich diese Feststellung nicht nur auf den Begriff der Kapitulation. Ich finde, dass es gut unsere psychische Erkrankung widerspiegelt.

    Viele Grüße
    Karamasow

  • Hallo Forum,
    bevor ich begann, diesen Beitrag zu schreiben,überlegte ich, wie lange ich nun abstinent sei. Ich stellte fest, dass ich nichteinmal die Monate mehr zähle. 977 Tage sagt ein Online-Rechner. Hm. Bedeutet das etwas? Für mich ja, denn ich trinke 977 Tage kein gehirnzerstörendes Nervengift. Neulich beim Griechen rückte sich beim Anblick und Geruch eines Ouzos das Suchtgedächtnis derart in den Vordergrund, als ob ich nie abstinent gewesen wäre. Und es war nur ein ganz kleiner mechanischer Unterschied, den Ouzo wegzuschieben oder an den Mund zu führen. Leute, passt auf euch auf. Geht dem euch triggernden Zeug aus dem Weg.

    Insgesamt habe ich mit vielen Dingen meinen Frieden machen können. Früher regte es mich innerlich auf, wenn die Gesellschaft den Alkohol glorifizierte. Fragen wie: "Zählst du Alkohol zu Drogen?" ernsthaft gestellt werden. Oder Aussagen wie "Ich nehme keine Drogen, trinke aber regelmäßig Alkohol" medial verbreitet werden und allgemein akzeptiert sind. Mittlerweile habe ich dafür ein inneres Schulterzucken übrig. Meine einzige Aufgabe zum Thema Alkohol ist, meinen Kindern den Alkohol zu entglorifizieren und darauf zu hoffen, dass sie nicht den gleichen Fehler wie ich machen. Die Anderen können saufen und tun was sie wollen, solange sie mich in Frieden lassen. Ich werde nicht den Moral- und Gesundheitsapostel spielen.

    Traurig anzusehen ist, wie sich die Rentner-Eltern beim Thema Alkohol gehen lassen. Es wird nicht übermäßig gesoffen, man hat alles im Griff, jedoch ist der Konsum zu viel. Man muss nicht mehr auf Arbeit, die Kinder stehen mit beiden Beinen im Leben und die Rente ist so, dass man 2x in den Urlaub fahren kann. Manche würden sagen, sie genießen eben ihr Restleben, das sie noch haben. Ich stellte mir die Frage hier schonmal im Thread: Werde ich im Alter trinken? Das kann ich nachwievor nicht beantworten. Bin ich neidisch? Fragt sich das mein Suchtzentrum? Hm.

    Vielleicht helfen dem einen oder anderen meine Beiträge, seine Gedanken einzuordnen.

    Kamarasow

  • Hallo Karamasow!

    Es ist sehr schön, dass bei dir alles gut läuft.

    Was machst Du dir groß Gedanken über saufende Rentner? Stehst Du vor dem Eintritt in die Rente und hast die Befürchtung, dich könnte es wieder erwischen?

    Warum solltest Du im Alter wieder saufen? Wichtig ist mir, dass man sich Beschäftigungen sucht, die einen ausfüllen. Ich werde mich wahrscheinlich an der Uni als Gasthörer immatrikulieren. Nur mal so als Anregung.

    Gruß
    Carl Friedrich

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