kamarasow - Man stolpert nicht über Berge, sondern über Maulwurfshügel

  • Wie weit siehst du dich schon beim Saufen?

    Hm. Die "was wäre wenn"-Szenarios spielt man ab und an durch. Und ich stimme dir zu: Es beginnt im Kopf. Dort entscheidet man sich.

    Topema : Ich bleib dran. Heute, ausgeruht und ausgeschlafen, nach einem guten Kaffee am Morgen, im Sonnenschein auf der Terrasse sitzend und nun zum PC gehend, ist der Saufdruck bei Null. Die Gedanken von Freitag quasi nicht nachvollziehbar. Diese Schwankungen kennt ihr sicher. Bei mir ist das auf die mentale Belastung des Arbeits- und Familienalltags zurückzuführen. Im Grunde weiß ich was zu tun ist. Muss auf mich acht geben, es nicht zu übertreiben. Ruhephasen einbauen. Nicht zu viel von mir zu verlangen. Wenn man etwas nicht schafft, dann ist das eben so. Ist euch mal auf dem Arbeitsweg aufgefallen, dass fast >90% mit dem Fahrrad wie auf der Jagd sind. Alle sind von einer uunsichtbaren Kraft getrieben schnell von A nach B zu kommen. So eine blöde gesellschaftliche Angewohnheit.

    Hallo Thalia,

    schön dich zu lesen. Zugegeben, hier habe ich seit einem Jahr gar nicht mehr reingeschaut. Was vielleicht ein Fehler ist. Zu deiner Frage, ob ich meinen Strang nochmal von Anfang an gelesen habe: Nicht aktuell. Vor einem Jahr glaube. Es las sich fast so, als ob es ein anderer Mensch geschrieben hätte. Teilweise aber genau das Gegenteil: Sehr tiefe und schwierige emotionale Momente des eigenen Lebens. Es ist schwer, das häufig zu lesen.

    5ter Teil? Ich habe mal kurz das Buch zur Hand genommen. Das wäre bei mir im Buch der Epilog. Das schaffste :mrgreen:. Du schreibst "schaffen", weil es dich gelangweilt hat? In der Art eines Durchhaltens?

    Im Moment lese ich diverse Bücher von Hawkings. Da gehen bei mir alle Lämpchen im Gehirn an. Vielleicht hätte ich Astrophysik studieren sollen. Wahrscheinlich bin ich dafür aber nicht intelligent genug.

    Einige Bücher seit der Trockenheit:

    - Dostojewski habe ich nahezu alle Romane und Erzählungen gelesen

    - Tolstoi "Meine Beichte", "Der Tod des Iwan Illitsch" ("Krieg und Frieden" hatte ich schon vor dem Alkohol als Student durch)

    - Stanisic "Der Fallensteller", "Wie der Soldat das Grammofon repariert", "Herkunft" (Das fand ich besonders gut), "Vor dem Fest"

    - Kafka "Der Prozess", "Die Verwandlung" --> Zu beklemmend, zu düster, um mehr von ihm zu lesen.

    - Juli Zeh "Über Menschen", "Corpus delicti - Ein Prozess"

    - Balsac "von Edelfedern, Phrasendreschern und Schmierfinken". --> Balsac las sich zu abgehoben. Quasi ein einziges gefrustetes Schubladendenken. Wollte von ihm und seiner "menschlichen Komödie" eigentlich mehr lesen. Das hat mir erstmal die Laune verdorben.

    - Kleineres: Kleist "Der zerbrochene Krug", Büchner "Dantons Tod"

    - geplant sind: Juli Zeh "Unter Menschen", Tolstoi mehr (z.B. "Anna Karenina"), weitere Literaturklassiker

    Gruß

    Karamasow

  • Ich bleib dran. Heute, ausgeruht und ausgeschlafen

    Schön zu lesen....fühlte sich für mich nach einer bevorstehenden Kurzschlusshandlung mit Ansage an.

    Vielleicht bin ich ja hier der jüngste wieder Trockene mit 14 Monaten und habe den Absturz, nach 10 Jahren Abstinenz, mit allen Details noch zu gut in Erinnerung. Saufdruck verspüre ich nicht....aber genau das lässt mich achtsam/wach bleiben....nach meinen Erfahrungen.

    Aber immer wieder: Schön, dass es dieses Forum gibt und Du so offen den Saufdruck, eine nicht nur scheinbar immer wieder kehrende Gefahr, schilderst. Entnehme dem viel und signalisiere meinem "Monster" immer deutlicher: OK, die letzte Runde ging an dich aber jetzt nehme ich Trainerstunden....hier im Forum und weiteren Institutionen.

    Schönen Sonntag

    Thomas

  • Hallo Karamasow,

    Anna Karenina habe ich vor vielen Jahren mal gelesen, ebenso wie Krieg und Frieden.

    An Dostojewski hatte mich mich bisher noch nicht herangetastet, aber nachdem ich neulich im Theater eine tolle Inszenierung von „Der Idiot“ gesehen hatte, habe ich mir das Hörbuch der Brüder heruntergeladen. Es ist ja schon sehr wortreich, daher mein „das schaffe ich auch noch“, aber ich finde es auch spannend und faszinierend.

    „Unter Leuten“ hat mir sehr gut gefallen.

    Ich habe (natürlich?) auch immer mal wieder Momente, zum Glück nicht oft, da will ich einfach „weg“, und da denke ich manchmal daran, dass ich in solcher Situation früher getrunken hätte. Das empfinde ich dann durchaus als hilfreichen Fingerzeig, dass ich mich um mich kümmern muss, damit diese „Schräglage“ kein Dauerzustand wird und das Trinken weiterhin keine Option ist.

    Dir einen guten Start in die Woche.

    Viele Grüße

    Thalia

  • Hallo Karamasow,

    Jetzt hast Du schon ein halbes Jahrzehnt geschafft. Glückwunsch.

    Die dämlichen Grüße vom Suchtgedächtnis kommen zwar noch ab- und an, jedoch in immer größeren Abständen. Wenn man das auf dem Schirm hat, ist das schon die halbe Miete, um den "Gruß" ins Leere laufen zu lassen.

    Gruß

    Carl Friedrich

  • Hallo zusammen,

    mich gibts noch und ich trinke nichts. Es sind fast 7 Jahre. Der Saufdruck ist nicht komplett weg, nur sehr in den Hintergrund gerückt und meldet sich sporadisch in den typisch arbeitsbedingten Stresssituationen, die man zum Anlass nahm, um früher zu trinken. Etwas rennen zu gehen hilft mir. Nur für mich selbst, ohne Wettkampf und kleine Strecken. Das beruhigt Körper und Geist.

    Letztes Jahr im Frühjahr habe ich ein Glas Gintonic getrunken, was in allgemein guter Stimmung auf dem Betriebsausflug angeboten wurde. Das war ein Fehler. Ich hätte einfach nein sagen können. Betriebsausflüge sind grundsätzlich sehr gefährlich. Gruppendynamik, Gesellschaftsdruck, Stimmungslage. Die besten Lösungen sind wohl eine Krankschreibung, 'Terminüberschneidungen' oder ein zeitiges Verschwinden von der Feier, wenn es absehbar ist, dass es nur in eine Richtung gehen wird (wie fast immer eigentlich). Letzteres war bisher meine Wahl. Aufmerksam bleiben. Das Suchtgedächtnis schläft nicht.

    Beste Grüße

    Karamasow

  • mich gibts noch und ich trinke nichts. Es sind fast 7 Jahre.

    im Text weiter

    Letztes Jahr im Frühjahr habe ich ein Glas Gintonic getrunken, was in allgemein guter Stimmung auf dem Betriebsausflug angeboten wurde. Das war ein Fehler.

    Ist ein klassischer Rückfall. Gut, dass du die Kurve wieder bekommen hast, aber da gibt es nichts zu beschönigen. Nix, 7 Jahren.

    War es wirklich die Gruppendynamik oder wolltest du nur mal probieren, was es mit dir macht?

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo!

    Schade, dass Du einen Rückfall, den andere wegen der Kürze und geringen Umfangs eher als Vorfall bezeichnen, hattest. Gleichzeitig es es gut, dass Du ihn, wenn auch verspätet, hier mitteilst und Dich wohl wieder frei schwimmen konntest.

    War der Rückfall der Grund, weshalb Du Dich hier so rar gemacht hast?

    So eine Schilderung habe ich schon öfter gehört. Erst wird das eigene Training, von manchen auch Trockenarbeit genannt, vernachlässigt, dann wird eine alkoholträchtige Veranstaltung besucht und dort kommt es zum Rückfall.

    Hast Du Dich eigentlich jemals von dem Gedanken befreit, dass irgendwann doch noch mal was mit dem Stoff gehen kann?

    Was machst Du jetzt anders, um Dich zu schützen?

    Ich weiß, Fragen über Fragen, die m.E. ihren Sinn haben.

    Gruß

    Carl Friedrich

  • Hallo Hartmut,

    hm, ich könnte es nicht zweifelsfrei beantworten. Vielleicht von beidem etwas.

    Hallo Carl Friedrich,

    der Rückfall war nicht der Grund. Eher kein Interesse an dem Thema. Im Grunde wie du schreibst: Vernachlässigung und dann Risikosituation.

    Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, da gibt es keine Gedanken dazu. Davon befreit würde ich mich auch nicht bezeichnen. Ist man von diesen Gedanken als Alkoholiker überhaupt jemals befreit?

    Ich mache nichts anderes. Habe noch den gleichen fordernden Job.

    Gruß

  • Davon befreit würde ich mich auch nicht bezeichnen. Ist man von diesen Gedanken als Alkoholiker überhaupt jemals befreit?

    Wenn der Gedanke, irgendwann ginge doch noch mal was mit dem Stoff, aufkommen sollte, wäre es gut, ihn sogleich in seine Schranken zu verweisen. Mir gab ein erfahrener Suchtmediziner am Ende meiner Therapie mit auf den Weg: "Der erste Schritt in Richtung Rückfall wird gemacht, wenn sich nicht mehr regelmäßig mit dem Thema befasst wird."

    Der Richtigkeit dieser These bin ich vielfach begegnet.

    Bring Dich doch einfach regelmäßig hier ein, dann verlierst Du das Thema auch nicht aus den Augen. Allein schon mit dem Aufrufen dieser Seite wird Dir das Thema vor Augen gehalten.

    Mir hat es geholfen, die Abstinenz mit sportlichem Training zu vergleichen. Wenn ich nicht "trainiere", ist die Kondition ruck zuck weg.

  • Hallo Karamasow,

    schön, von dir zu hören. Ich freue mich, dass du trotz deines Rückfalls seither wieder abstinent lebst.

    Bei mir hat es geholfen, dass ich wirklich Abstand genommen habe, von solchen Situationen, wie du sie schilderst. Dadurch entstand auch in meinem Kopf Abstand, und ich habe zum Glück kein Trinkverlangen mehr.

    Bleib dran.

    Viele Grüße

    Thalia

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