Wann ist man co-abhängig?

  • Hallo Ihr Lieben,

    ich habe schon einige eurer Beiträge gelesen und auch selbst den einen oder anderen geschrieben. Bin trotzdem neu hier und habe noch viele Fragen.
    Ich hoffe ihr könnt mir ein wenig weiter helfen.

    Was bedeutet co-abhängig? Wann ist man co-abhängig?

    Ist meine Schwiegermutter co-abhängig, weil sie mit meinem Schwiegervater zusammen lebt, obwohl sein Bierkonsum (inzwischen zusätzlich auch ca. 1/2 Fl Whisky oder ähnliches täglich zu 50 l Bier in 14 Tagen bis 3 Wochen) stetig steigt und er immer agressiver im Umgang mit anderen wird?
    Komischerweise kann er sich zusammen reißen, wenn ein guter Freund von ihm da ist. Zumindest behauptet entsprechender Freund dieses. Aber ein anderer langjähriger Freund der Familie hat letztens auch gesagt, dass es kaum mehr möglich ist mit Schwiegervater eine konstruktive Diskussion zu führen. Es artet schnell in einem Streitgespäch aus, wenn man eine andere Meinung hat als Schwiegervater.
    Schwiegermutter sitzt dann nur daneben und sagt gar nichts mehr, wenn Schwiegervater anfängt agressiv zu werden. Sie will wenigstens ein bisschen Harmonie im Haus bewahren.
    Sonst hat sie auch zu vermitteln, wenn Probleme aufgetaucht sind - was eigentlich bei mehr als 90 % unserer Besuche dort (ca. alle 14 Tage bis 3 Wochen, da 180 km entfernt wohnen) passiert. Aber beim letzten heftigen Wutausbruch von Schwiegervater, der zu einem Nervenzusammenbruch meinerseits führte, hat sie zu mir nur gesagt: "hör doch auf zu heulen!".

    Ich hab Angst, dass sie überhaupt nicht mehr sieht, wie schlimm es um ihren Mann steht, da finanzielle Sorgen und die Pflege ihrer Schwiegermutter sie zu sehr vereinnahmen. Sie hat anscheinend auch gar keine Kraft mal etwas in seine Richtung zu sagen. Sie schiebt seine Gereiztheit und Vergesslichkeit und Verdrehtheit (heute so gesagt, morgen so) auf das schlechter werdende Wetter und seine schmerzenden Knochen und die Geldsorgen und das schäbige Verhalten der Tochter ihnen gegenüber.
    Aber sind das nicht eigentlich alles reine Schutzbehauptungen?

    Ich kenne diese Familie jetzt seit über 3 Jahren. Ein Jahr und 4 Monate bin ich verheiratet und merke, dass seit über einem Jahr die Gesamtstimmung in diesem Hause dort immer schlechter wird aber sich alle bemühen eine gewisse Fassade aufrecht zu erhalten. Mein Schwiegervater sagt: "Ich bin Alkoholiker: Na und?!" und nimmt damit jeglicher vernünftigen Argumentation in Richtung weniger oder gar nichts trinken den Wind aus den Segeln.
    Es gibt immer häufiger eskalierende Situationen, die an mir oder meinem Mann festgemacht werden. Von wegen ich könne ja nicht akzeptieren, dass mein Schwiegervater "der King" in seinem eigenen Haus ist und wäre selbstherrlich und ignorant und mein Mann wäre ja seinem Vater viel zu ähnlich, dass sie deshalb ständig aneinander rasseln würden. Wenn mein Mann aber von seinem Vater offensichtlich übergangen wird und dieser das nicht einsehen will, sondern die Probleme anfängt auch noch auf beginnendes Alzheimer (noch nicht diagnostiziert, aber seine Mutter hat Alzheimer und muss deshalb rund um die Uhr betreut werden) zu schieben, dann ist es klar, dass es ab und an richtig knallt zwischen den beiden.

    Mein Mann hat Schwiegervater dann gefragt ob dieser den Alk nicht für 14 Tage weglassen könnte. Kam die Antwort: "Könnte ich schon, will ich aber nicht!".

    Sind wir vielleicht in gewisser Weise auch co-abhängig, weil wir uns so tyrannisieren lassen?

    Ich bin zur Zeit mit dieser Situation total überfordert. Mein Mann will sich von seinem Vater distanzieren, ruft auch seit unserem Urlaub dort nicht mehr an. Das finde ich einerseits (nachdem ich darüber hier sehr viel gelesen habe) sehr gut, andererseits tut es mir sehr leid für seine Mutter, die sehr lieb ist und es nicht verdient hat, dass man sie damit auch schneidet.

    Kann man denn gar nichts tun?

    Mein Mann hat seit 1,5 Jahren erfolgreich mit dem Rauchen aufgehört. Ich möchte auch gerne, schaffe es bei diesem Stress im Moment aber nicht. Im Gegenteil. Statt sonst einer guten halben Schachtel pro Tag rauche ich seit unserem Urlaub (14 Tage her) eine gute ganze Schachtel pro Tag.
    Bin ich denn auch schon co-abhängig, wenn mich das Ganze so fertig macht?

    Vielen Dank vorab schonmal für eure Antworten.

    LG
    Janny

    Leben ist das, was passiert,
    wenn wir eifrig dabei sind
    andere Pläne zu machen.
    (John Lennon)

  • Hallo janny1479,

    Dein Problem scheint Dich wirklich ernsthaft zu belasten?

    Ja, es dauert schon paar Jahre, ehe man richtig in die Verhältnisse der Schwiegereltern reinschauen kann, so oft wird vieles vertuscht und kommt dann nur stückchenweise zum Vorschein.

    Du hattest einen Nervenzusammenbruch? Oder hast Du Deinen Gefühlen nur mal freien Lauf gelassen und über Deine Wut und Verzweiflung richtig geheult?

    Ich wollte als junge Frau auch die Schwiegermutter vor ihrem Mann retten, weil sie so duldsam war. Aber das kann man nicht. Jeder kann sich nur selbst retten. Du wirst es in Gesprächen selbst gemerkt haben, daß beide sich gar nicht ändern wollen, sie sind schon eine Symbiose eingegangen, in der sie sich sicher fühlen. Den Kreislauf wirst Du nicht durchbrechen, sage Deiner Schwiegermutter ruhig Deine Meinung dazu, aber akzeptiere auch ihre. Es ist ihr Leben und Du bist ja nicht mit ihnen verheiratet.

    Und wenn Dir der Besuch bei den Schwiegereltern so schadet, dann sage es den Schwiegereltern, daß es Dir nicht gut tut, sie zu sehen. Von manchen Menschen kann man sich nur distanzieren, wenn Du immer wieder hingehst und etwas tun willst, was beide gar nicht wünschen, dann kann es zu Co-Abhängigkeit führen. Es gibt Dinge, die kann man nicht ändern. Aber Du kannst Deine Meinung, Deine Einstellung zu den Schwiegereltern ändern. Und zu manchem muß man einfach Abstand gewinnen.
    LG Leguan

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!