Ja nu, Dating hat sich mit den Zähnen ohnehin erstmal erledigt :
So, da ich nun für heute auch auf Arbeit freigestellt bin, kann ich gleich mal ein bisschen Gedanken sortieren: Für mich ist es demnächst Zeit wieder in den öffentlichen Raum zu treten. Die Vorstellung, man könne wie früher als Künstler einfach nur seine Werke produzieren und dann Abseits des Verkaufs keinen Publikumskontakt haben, ist ziemlich überholt in dem Sinne, dass sich das kaum noch jemand leisten kann, und es auch nicht mehr nötig ist.
Früher habe ich es im Bereich Werbung in sozialen Medien mit "einfach nur ich selbst sein" probiert. Das kann mal funktionieren und auch recht symphatisch wirken, aber da fehlt zum einen schnell der rote Faden und zum anderen wird der Kontakt zum Publikum dabei etwas zu eng. Tatsächlich braucht man so etwas wie eine Kunstfigur um wieder auf den Boden der Tatsachen kommen zu können. Ich weiß nicht mehr, woher ich das Zitat habe, aber die Frau eines berühmten Wissenschaftlers soll auf seine Ambitionen mal sinngemäß geantwortet haben: "Das kannst du alles machen, aber vorher isst du deine Suppe auf."
Meine Suppe ist noch nicht ganz ausgelöffelt, wie mir jetzt die Zahnschmerzen überdeutlich demonstriert haben, diese sind allerdings körperlich zumindest gefühlt die letzten Überbleibsel massiver Verwahrlosung, während der Rest schon wieder sehr gut in Schwung gekommen ist.
Was mir nun vorschwebt, ist zwar das Thema Alkoholverzicht bewusst in meinen medialen Auftritt einzubauen, jedoch nicht die eigene Suchterkrankung in den Vordergrund zu stellen, denn die ist dann irgendwo doch auch Privatsache. Ich weiß, dass einige das anders handhaben und tatsächlich sich selbst als geläuterte "EX-Trinker" verkaufen, aber die kommen dann auch selten weiter als bis zu eben genau dieser Thematik.
Bei meiner Suche nach irgendeiner Quelle, die mir eine gute Grundlage für eine sinnvolle Abstinenztheorie liefern könnte, bin ich tatsächlich gestern Abend noch erfolgreich gewesen und zwar bei Doktor Med. Gustav von Bunge, bzw. allgemein in der Geschichte der Anti-Alkohol und Abstinenzbewegung, die doch etwas weiter zurückreicht, als ich Naivling angenommen habe. Das hat sein eigenes Thema verdient, hier nur mal ein paar Zitate aus "die Alkoholfrage" (1886, Bunge):
Zitat"Niemals aber wird ein Mensch durch geistige Getränke geistreich. Dieses so verbreitete Vorurteil beruht auf einer Selbsttäuschung; es ist gleichfalls nur ein Symptom der beginnenden Hirnlähmung: in dem Masse, als die Selbstkritik sinkt, steigt die Selbstgefälligkeit."
"Es ist ein festgewurzelter Glaube, dass der Alkohol den Müden stärke zu neuer Leistung und Anstrengung. Das Müdigkeitsgefühl ist das Sicherheitsventil an unserer Maschine. Wer das Müdigkeitsgefühl betäubt, um weiterzuarbeiten, gleicht dem, der gewaltsam das Ventil verschliesst, um die Maschine überheizen zu können."
Da ist schon sehr viel von dem vorhanden, was wir heute noch wissen und achten. Ich möchte jedoch noch einmal betonen, dass diese Worte nicht von einem trockenen Alkoholiker stammen, sondern von jemand, der aus wissenschaftlichen sowie moralischen Gründen die komplette Abstinenz der Bevölkerung zum Teil der Staatsräson machen wollte, denn:
Zitat"Wer aber an kein Narkotikum gewöhnt ist, wird auch durch kein Narkotikum leistungsfähiger."
Und was jetzt kommt finde ich hochinteressant:
Zitat"Besser als durch alle wissenschaftlichen Deduktionen wird die völlige Nutzlosigkeit, ja Schädlichkeit auch der mässigsten Alkoholdosen bewiesen durch die tausendfachen Massenexperimente, welche bei der Verpflegung der Heere gemacht worden sind und welche bereits festgestellt haben, dass die Soldaten in Kriegs und Friedenszeiten, in allen Klimaten, bei Hitze, Regen und Kälte alle Strapazen der angestrengtesten Märsche am besten ertragen, wenn man ihnen vollständig alle alkoholischen Getränke entzieht."
Ich denke das ist die Art von Informationen, die man überzeugten und seriösen Menschen heute noch liefern kann, ohne auf Ablehnung zu stoßen und die vor allem auch etwas: "mit ihnen macht". Angesichts der heutigen Krisenzeiten käme mir das Wiederaufleben von Abstinenzbewegungen aller Art im übrigen auch ausgesprochen vernünftig vor, warum also nicht einfach selbst einen Anfang machen?