Lust for Life - Ich fange jetzt mal an zu leben

  • Prima! Wie geht es dir heute? Hast du es weiterhin geschafft trocken zu bleiben? Welche Hilfen hast du dir denn nun gesucht? Außer diesem Forum hab ich jetzt einen Antrag auf eine ambulante Reha gestellt, das erste Gespräch war super ich hab schon viel in dieser Richtung erlebt aber diesmal wurde ich sehr positiv überrascht.

  • So, da bin ich wieder. Erstmal das wichtigste Vorweg: Ich habe die Arztpraxis erreicht. Man hatte mir schon vorher gesagt, dass die Allgemeinmediziner recht ausgelastet sind, musste am nächsten Tag noch mal anrufen und habe die Bestätigung bekommen, dass man mich als Patient aufnimmt. Jetzt soll ich nächste Woche meine Krankenkassenkarte vorbeibringen, einen richtigen Termin habe ich leider immer noch nicht & ab Mittwoch ist die Praxis im Urlaub. Nervt, aber ich habe Zeit und Hauptsache ist, dass ich die ambulante Therapie überhaupt bekomme.

    Prima! Wie geht es dir heute? Hast du es weiterhin geschafft trocken zu bleiben? Welche Hilfen hast du dir denn nun gesucht?

    Ja, bin nach wie vor trocken. Hilfe neben der Suche nach einem Arzt zwecks Antragsstellung ist noch dieses Forum und dann ein Kollege von mir, der seit vier Jahren trocken ist und mit dem ich jederzeit reden kann, wenn etwas ist. Heute ist etwas seltsam, weil Abends eine wichtige Veröffentlichung von mir ansteht. Also da geht ein Song von mir live im Internet und ich bin nervös, fast wie vor einem Auftritt. Allerdings spüre ich seit gestern Abend ohnehin eine gewisse Grundvervosität, weshalb ich froh bin, dass morgen Sonntag ist, da ich mir diesen Tag dafür auserkoren habe um mich nur um mich selbst zu kümmern. In mich gehen, Sachen aufschreiben und verarbeiten, wandern gehen, solche Dinge.

    Die Arbeit mit den Pferden fehlt mir etwas, aber da läuft hier im Verein leider einiges schief und ich muss mir etwas neues suchen. Ist nicht mal eine Frage des Geldes, ich mag die körperlich schwere Arbeit beim füttern & beim ausmisten. Habe gestern stattdessen Bodenplatten im Garten verlegt, guter, ehrlicher Schweiß. War wirklich schön. Besuchen tue ich die Pferde hier dennoch hin und wieder, sonst würde mir wirklich was fehlen.

    Tough times don't last, tough people do

  • lass' ihn nicht zu lange da, mach' ihm klar, dass du nix mehr mit ihm zu tun haben willst (der wird eh immer mal wieder vorbei schaun) im Keller einsperren und ignorieren führt meist dazu, dass irgendwann eine Armee von Zombie-kobolden ausm Keller kommt wenn da kein Platz mehr ist ...

    Das glaube ich, deshalb habe ich mir die Sonntage dazu auserkoren, mich eingehender mit meiner Sucht zu beschäftigen. Ich versuche auch so jeden Tag wenigsten eine halbe Stunde zur Ruhe zu kommen. Das Problem hatte ich aber schon immer, unabhängig vom Alkohol, dass ich mir zu wenig Zeit für mich nehme und immer gehetzt bin. Der Alkohol hat das jedoch massiv verstärkt und zuletzt konnte ich eigentlich gar nichts mehr genießen, weil ich entweder am trinken war oder überlegt habe, wo die nächste Flasche herkommen soll.

    lass dich nicht abschrecken, Hartmut, und alle anderen meines es nur gut! auch wenn es sich manchmal etwas hart oder schroff anhört...

    Alles gut, ich lese hier ja schon länger mit, also auch bevor ich mich angemeldet habe und ich weiß die Beiträge von Hartmut zu schätzen, ich kriege im Moment einfach Dinge in den falschen Hals, aber dann gehe ich spazieren, denke nochmal genau drüber nach, was geschrieben worden ist und dann ist es auch wieder gut :)

    Tough times don't last, tough people do

  • So kleines Update: Komme gerade vom Arzt. Ich mag zwar weder Arzpraxen noch Krankenhäuser, aber gegen Ärzte habe ich nichts und dieser war auch sehr symphatisch. Dazu kurze Wartezeiten, super. Kein großes Geplänkel: Nur gesagt, dass ich Alkoholiker bin und eine ambulante Therapie möchte. Die Unterlagen bekommen, alles super. Abgeben kann ich sie erst am 01.09, wegen Urlaub in der Praxis, aber das halte ich durch.

    Sonntag angefangen eine Art Kurzgeschichte zu schreiben: Dialoge mit meinem personifiziertem Alkoholismus. Hat Überwindung gekostet, aber das Ergebniss gefällt mir und hat erstaunlich viele Emotionen freigesetzt. Werde das nun jeden Sonntag machen und evenutell mal etwas davon hier posten.

    Ansonsten: Alpträume, träume ich bin besoffen, wache auf und bin froh darüber nüchtern zu sein. Mein Unterbewusstsein ist was das angeht nicht gerade subtil. Muss es aber auch nicht sein. Starke Müdigkeit von Morgens bis Mittags, die erst gegen Abend nachlässt. Meide Menschen, wenn es mir zu viel wird und gehe weiter meiner Arbeit nach. Werde die Tage mal ein bisschen Musik im Park oder der Stadt spielen, möchte mal wieder Leute sehen, die dazu lächeln oder mir den erhobenen Daumen entgegen strecken, als wären wir bei Facebook. Ist nicht mal böse gemeint, einfach eine seltsame Angewohnheit des Publikums in der Öffentlichkeit heutzutage.

    Gedanken an Alkohol: Vorhanden, aber nicht bedrückend. Musikalische Stimmung: Düster, schwer, energetisch. Soundtrack: Vornehmlich Klassik, mein Gehirn hungert nach Input. Trocken verbrachte Tage: Siebzehn.

    Tough times don't last, tough people do

  • Super, dass Du beim Arzt warst und das mit der ambulanten Therapie angehst!

    Die Träume sind völlig normal. Liest man hier immer und immer wieder!! Ich hatte das auch ganz stark ausgeprägt und ziemlich lange. Aber das lässt nach….

    Bleib am Ball :)

    LG Cadda

  • Hallo LustforLife,

    habe gerade mal geguckt, ob ich dir schon geschrieben habe, und festgestellt, dass Nein. Also dann jetzt erst mein Willkommen an dich. Schön, dass du hier schreiben willst.

    Ich finde auch, dass Schreiben echt beim inneren Sortieren hilft. Du sagst ja auch, dass du nicht nur hier, sondern auch so für dich schreibst.

    Für mich ist das Schreiben immer ein Weg, meine Gedanken genauer wahrzunehmen und besser zu erkennen, was gerade so in mir los ist.

    Gerade auch dann, wenn ich ein Gegenüber, einen (oder mehrere) Leser habe, dann versuche ich noch mehr, wirklich auch das zu sagen (zu schreiben), was ich verstanden wissen will. Das hilft enorm, mir selber „auf die Schliche“ zu kommen.

    Als ich vor ein paar Jahren hier im Forum ankam, habe ich auch total viel hier gelesen, auch ältere Threads, und da habe ich auch ganz viel gefunden, das mir einen Spiegel vorgehalten hat. Das kann ich also auch sehr empfehlen.

    Ansonsten noch Gratulation zum heutigen Arztbesuch - ist ja sehr gut, dass dir die Praxis gleich sympathisch war.

    Wenn du in der Zeit bis zum 01.09. noch Bedarf an persönlichen Terminen hast: viele Suchtberatungsstelle bieten offene Sprechstunden an. Da kann man auch (so meine Erfahrung in der Vergangenheit, allerdings lange vor Corona) unproblematisch kurzfristig einen Gesprächstermin bekommen.

    Nimm dir einfach alles, was dir hilft. Machst du ja auch schon.

    Ich wünsch dir hier einen weiterhin hilfreichen Austausch und freue mich, dass du hier bist.

    Viele Grüße

    Thalia, trockene Alkoholikerin

  • Wenn du in der Zeit bis zum 01.09. noch Bedarf an persönlichen Terminen hast: viele Suchtberatungsstelle bieten offene Sprechstunden an. Da kann man auch (so meine Erfahrung in der Vergangenheit, allerdings lange vor Corona) unproblematisch kurzfristig einen Gesprächstermin bekommen.

    Hallo Thalia, Danke auch Dir für die freundliche Begrüßung. Ja, hier bei mir in der Gegend macht das die Arbeiterwohlfahrt, da werde ich im Laufe der nächsten Tage nochmal einen Termin vereinbaren. Es ist alles etwas komplizierter mit Corona, aber nicht weltbewegend, geht also.

    So, weiter im Text: Tag 22, wenn ich mich nicht verrechnet habe und mein Gehirn fühlt sich stellenweise immer noch an, wie durch den Mixer gedreht. Mir fallen Worte nicht ein: "Beifuß und Pastellfarben" waren so Kandidaten, nach denen ich die letzten Tage gesucht habe und das macht mich teilweise echt wütend, weil ich merke, was ich meinem Verstand angetan habe.

    Auch sonst fühlt sich hin und wieder alles an, als wäre da eine unsichtbare Nebelwand, die mich von der Realität trennt. Keine Ahnung, wie ich das besser umschreiben soll, aber manchmal denke ich, ich bin einfach nicht ganz anwesend. Ich kenne das von früher, als ich noch halbbesoffen vom vorigen Abend zur Arbeit bin und dort dann ausnüchtern musste. War die Hölle, dagegen ist das heute "in Ordnung", ich kann damit leben.

    Vorhin ca. drei Stunden mit dem Rad unterwegs gewesen. Zumindest meine Muskeln machen wieder was sie sollen, nachdem ich es die letzten Tage und Wochen langsam habe angehen lassen. Unbändige Freude darüber, kurze Yogaübung auf der Wiese und ein paar Liegestütz, einfach mal so. Allgemein unglaublich erfrischend mit dem Rad in die Pampa zu fahren und keine Menschen sehen zu müssen. Ich bin kein Misanthrop, aber dieses Gefühl von Ruhe und Geborgenheit in der Natur, ist mir sonst fremd.

    Jetzt angenehm müde, nachher noch meinen sonntäglichen Dialog abtippen, was zu essen kochen und vielleicht einen Film schauen oder lesen. Allgemeine Zufriedenheit und ach ja, meinen Supermarkt musste ich wechseln, weil die Platzierung von Alkohol in dem vorherigen doch etwas übertrieben ist. Im Moment sogar Bierdosen im Kassenbereich, nervt, aber gibt schlimmeres: Saufen zum Beispiel.

    Euch allen noch einen schönen Sonntagabend :)

    Tough times don't last, tough people do

  • Tag 35, mittlerweile kann ich das ganz gut abzählen, weil ich mir eine Bild mit Strichliste an die Wand geheftet habe. Anderweitig mitzählen tue ich nicht mehr: Langsam kehrt Normalität ein.

    Auf der Haben Seite bin ich nicht mehr ständig müde, sonder fühle mich voller Elan und Tatendrang. Auf der anderen Seite gehen mir immer wieder Gedanken durch den Kopf, was ich im Suff alles so angestellt habe. Dafür habe ich mir nun eine Liste erstellt auf der steht, was sich alles durch das nüchterne Leben verbessert hat, das rufe ich mir immer wieder in den Kopf, wenn ich doch mal Lust verspüre zur Flasche zu greifen.

    Die Lust auf Alkhol ist mal mehr, mal weniger präsent, häufig auch gar nicht, weil ich beschäftigt bin. Ich habe noch nicht darauf geachtet in welchen Situation die Sucht nach mir greift, werde ich mal machen und analysieren.

    Arbeitsmäßig geht es gut voran: Ich habe mehr Ideen im Kopf als ich umsetzen kann und mache mir einen vernünftigen Plan, den ich Tag für Tag abarbeiten werde. Auch im Bereich Pferdesport hat sich etwas getan, aber das würde alles zu weit führen.

    Morgen werde ich mit der AWO Suchtberatung telefonieren und dann ist es auch schon so weit, dass mein Arzt aus dem Urlaub kommt und ich den Antrag für die Entwöhnungstherapie einreichen kann. Mal schauen wie lange das dann noch dauert, aber es hat keine Eile: Ich fühle mich stabil.

    Tough times don't last, tough people do

  • So heute ist Tag 50, ein kleiner Meilenstein auf diesem Weg. Ich sage es gleich: Die letzten beiden Tage waren extrem anstrengend und ohne die Tipps aus dem Forum hätte ich aufgegeben und würde jetzt sternhagelvoll auf dem Sofa liegen und mich selbst bemitleiden.

    Was ich stattdessen getan habe war Wasser ohne Kohlensäure trinken und darauf warten, dass die Zahnschmerzen weggehen. Ja, ich hatte Zahnschmerzen und ich würde darum bitten, dass wir die Zahnarztbesuchsdiskussionen auf ein Minimum reduzieren können: Ich kenne meine Zahnschmerzen und sie gehen relativ zügig wieder weg, nur hatte ich sie bislang halt immer "weggesoffen" und das konnte dieses mal keine Option sein.

    Nervös war ich trotzdem, fahrig, neben der Spur. Gefühlt hatte sich auch mein Körper schon auf die nächste Saufattacke eingestellt, ich ertappte mich dabei Dinge zu tun, die ich sonst mit Alkohol in Verbindung tat: Sturztrunk vom Energydrink inklusive Kippe danach hat dann auch gereicht um den Energydrink zu entsorgen. Immerhin etwas...

    Kommen wir zum positiven: 50 Tage sind 50 Tage, noch keine 100, erst recht keine 500, aber ein solider Anfang. Ich war bei der Suchtberatung und dort wurde mir dann genauer erklärt, welche Angebote es in meiner Region überhaupt gibt: Die Wahl ist zwischen stationärer Therapie (drei Monate) und einigen Nachsorgeprogrammen, wie beispielsweise Psychologe und Gruppentherapie. Ich habe mich für die Gruppe entschieden, werde aber erst zugelassen, wenn ich noch drei Einzeltermine wahrgenommen habe, was ich ausgesprochen fair finde. Gruppen gibt es zwei, die etwas jüngere mit kombinierter Suchtproblematik und die reine Alkoholikergruppe. Ich habe mich für die Alkoholiker entschieden und hoffe, dass die Gruppe wenig Fluktuation bei Teilnehmern haben wird.

    Ansonsten hoffe ich auch, mich hier in dem Themen von anderen etwas mehr beteiligen zu können, aber ich habe im Moment einfach wenig schlaues zu sagen und bin noch viel mit mir selbst beschäftigt. Euch allen noch einen schönen Sonntag.

    Tough times don't last, tough people do

  • Hi LfL, ich bin heute bei Tag 49, wir haben also etwas gemeinsam. Bei mir kam auch gestern zum ersten Mal der Gedanke an Alkohol. Wochenende, Langeweile, innere Leere, ich bin essen gegangen, und plötzlich war der Gedanke da, ein Bier zu bestellen. Hab ich nicht gemacht, ich hab mir einfach immer wieder selbst vorgebetet, daß es nicht bei diesem einen Bier bleiben würde, und hej, außerdem will ich die 49 Tage jetzt nicht einfach so wegwerfen.

    Was letztendlich geholfen hat: essen. Ich hatte einfach Hunger. Eine Viertelstunde nach dem Essen war jeder Gedanke an Alk verflogen.

    Auf die nächsten 50 Tage!

  • aber ich habe im Moment einfach wenig schlaues zu sagen

    Hast du eben mit deiner Post getan.

    Du hast Saufdruck bekommen, weil du deine Zahnschmerzen nicht wegsaufen wolltest. Das Suchtgedächtnis hat etwas verlangt und du nicht nachgegeben. Gut gemacht. Nun ist es auch hilfreich in solchen Situationen anstatt Alkohol, mit etwas anderen die Schmerzen zu lindern.

    Sturztrunk vom Energydrink inklusive Kippe danach hat dann auch gereicht um den Energydrink zu entsorgen. Immerhin etwas...

    Alles richtig gemacht.

    Ach so, alles Gute zum 50. Tag.

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo!

    Was letztendlich geholfen hat: essen. Ich hatte einfach Hunger. Eine Viertelstunde nach dem Essen war jeder Gedanke an Alk verflogen.

    Hinter Suchtdruck stecken manchmal ganz profane Dinge wie Hunger oder Durst. Da knüpfe ich stets zuerst an.

    Ferner siehst Du, dass so ein blöder Druck nie lange andauert. Auf die Erfahrung kannst Du dich jetzt stützen.

  • Auf die nächsten 50 Tage!

    Hallo Hanseat, Danke für die netten Worte. Ich hatte vor ein paar Tagen auch mal in deinen Beiträgen gestöbert und da war sehr viel interessantes dabei. Genau wie du habe ich auch schon einige Rückschläge hinter mir, aber dieses Mal das Gefühl, dass irgend etwas "anders" ist. Tatsächlich habe ich auch viel an meinen Lebensumständen geändert, dennoch ist mir jetzt wieder bewusst geworden, dass das hier ein Marathon ist, kein Sprint und das man, egal wie gut man sich gerade fühlt, immer aufpassen sollte. Ich glaube alles, wirklich alles ist besser und auch einfacher, als sich selbst im Suff ertragen zu müssen :)

    Tough times don't last, tough people do

  • Tag 63: Gestern hatte ich meinen letzten Termin im Einzelgespräch und bin jetzt für die Gruppe zugelassen. Beginn ist nächste Woche Donnerstag. Meine Psychologin (ich kenne ihre genau Berufsbezeichnung nicht) hat mich freundschaftlich gewarnt und gesagt, dass viele niemals zu ihrem ersten Gruppentermin erscheinen. Ich habe da gestern viel drüber nachgedacht und werde es bis zum Termin wohl noch einige Male tun.

    Meine Anfangseuphorie wandelt sich nun in eine noch sehr dünne Schicht an Zuversicht. Ich glaube nicht, dass ich schon aus dem Gröbsten heraus bin, aber das viele nachdenken und in mich gehen hilft ungemein. Erstaunt stelle ich fest, dass sich unglaublich vieles verändert. Früher habe ich mir Sorgen gemacht, dass ich ohne Alk nicht mehr der Mensch sein kann, der ich mal war. Jetzt begreife ich, dass es darum überhaupt nicht geht, dass ich ein "neuer" oder zumindest ein etwas anderer Mensch sein werde und vor allem, dass das vollkommen in Ordnung ist :).

    Euch allen erstmal einen schönen Samstag

    Tough times don't last, tough people do

  • Hallo :)

    Ich „musste“ damals an Gruppentreffen teilnehmen, was ich gar nicht so toll fand. Aber es war Voraussetzung, um die ambulante Therapie inklusive Einzelgespräche zu bekommen.

    Letztendlich hab ich mich dann auf die wöchentlichen Treffen in der Gruppe viel mehr gefreut. Ich fand es total locker und hilfreich. Ich habe viel mitnehmen können für mich und fand die einzelnen Geschichten interessant!

    Man ist noch derselbe Mensch, aber ich freue mich über Veränderungen. Ich habe das Gefühl, dass ich ohne Alkohol endlich wieder ich selbst bin.

    Du bist auf einem guten Weg :)

    LG Cadda

  • Hallo LustforLife,

    Jetzt begreife ich, dass es darum überhaupt nicht geht, dass ich ein "neuer" oder zumindest ein etwas anderer Mensch sein werde und vor allem, dass das vollkommen in Ordnung ist :).

    Mir ging es auch eher wie dir. Ich wurde nicht „endlich wieder ich selbst“, wie Cadda schreibt, sondern endlich ich selbst. Damit meine ich, dass ich anders war/bin, als vorher, zum Glück, denn mein altes Ich war so gar nicht mit sich im Reinen. Und musste dann ja auch trinken.

    Ich wünsch dir einen guten Start in deine Gruppenarbeit. Kann echt sehr wertvoll sein, finde ich.

    Jetzt erstmal einen schönen trockenen Sonntag!

    Grüße,

    Thalia

  • Hallo nochmal,

    das Gefühl, dass ich "endlich wieder ich selbst" bin, seit dem ich nicht mehr trinke.... das habe ich, weil ich - bevor es mit meiner Alkoholsucht so richtig bergab ging - nicht unzufrieden mit meinem Charakter und meinen Eigenschaften war. Durch das Trinken habe ich mich sehr verändert und war einfach nicht mehr in der Lage, richtig zu funktionieren. Wenn ich nüchtern war, dann habe ich genau so vernünftig getickt, wie ich einfach innerlich war. Durch die Abstürze habe ich aber Dinge getan, die überhaupt nicht zu mir passten.

    Ein Beispiel: Als mein Kleiner seinen ersten Schultag hatte, da habe ich es gerade mal eben so geschafft, morgens aufzustehen, ihm seine Sachen zu packen, bei ihm zu sein und ihn zum Bus zu schicken. Er hat es vielleicht gar nicht als schlimm empfunden an dem Morgen, dass ich ihn an der Haustür verabschiedet habe. Mir bricht es jetzt beim Schreiben noch das Herz, weil ICH eigentlich nicht so bin. ICH bin und WAR auch damals schon so vom Charakter her, dass ich das Bedürfnis gehabt hätte, meinen Sohn zur Bushaltestelle zu bringen, um diesen ersten Schultag vernünftig, verantwortungsvoll und liebevoll über die Bühne zu bekommen. Es ging aber nicht. Ich war noch betrunken vom Vortag und ich habe mir dann schön geredet, dass er ja seinen großen Bruder dabei hat. Fanden einige sogar auch wirklich so. ICH aber nicht. Ich bin mir selbst nicht gerecht geworden.

    Seit dem ich nicht mehr saufe, sind solche Dinge für mich wieder machbar und dadurch habe ich das Gefühl, dass ich "endlich wieder ich selbst" sein kann.

    Das mal als Beispiel...

    LG Cadda

  • Tag 74: Morgen kommt mein Vater um meine Mutter zu besuchen, die hier bei mir in der Stadt wohnt. Ich hatte vor diesem Forum den Begriff Co-Abhängigkeit noch nie gehört, aber mein Vater ist Co-Abhängiger meiner alkoholkranken Mutter. Obwohl beide längst geschieden sind.

    Meine Mutter trinkt übrigens nur, weil der Stress auf Arbeit so groß ist. Die Ausrede hat wohl jeder schonmal gehört und mein Vater glaubt sie, weil er sie glauben möchte. Ich will hier gar nicht viel darüber schreiben, wie erdrückend es sein kann, in solchen Verhältnissen aufzuwachsen sondern mich eher versichern/bestärken darin, dass ich das richtige tue, wenn ich Morgen nicht zum Essen vorbeischaue.

    Ich würde meiner Mutter wünschen, dass sie eines Tages Einsicht zeigt, aber es kann im Moment in keinster Weise mein Problem sein, wie viel sie jeden Tag trinkt. Ich weiß, wie schnell ich wieder genau da landen kann, wo ich angefangen habe und da habe ich wirklich keine Lust drauf.

    Tough times don't last, tough people do

  • Hallo LustforLife,

    ich glaube, du machst es genau richtig, wenn du deinem neuen „trockenen“ Bauchgefühl vertraust und nichts machst, wobei du dich nicht gut fühlst. Kompromisse kann man später natürlich auch immer mal eingehen etc., aber gerade am Anfang war es für mich sehr wichtig, dass ich meine Bedürfnisse spüre und ernst nehme. Mein „Anfang“ dauerte auch ganz schön lange :-), und auch heute lasse ich lieber einmal mehr etwas aus, wenn es sich nicht „gut“ anfühlt, sondern wie eine Belastung.

    Hast du morgen deinen ersten Gruppenabend?

    Viele Grüße

    Thalia

Unserer Selbsthilfegruppe beitreten!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!