MeaCulpa Es läßt mich einfach nicht los..

  • Hallo zusammen,

    ich bin 44 Jahre alt, männlich und habe schon über ganz viele Jahre ein Suchtproblem. Aufgewachsen in der Großstadt spielte Anfang der 90er Alkohol keine Rolle. Wir belächelten die "Alten" die sich auf Volksfesten betrunken und sich tlw. im Suff völlig daneben benommen haben.

    Wir waren die "Coolen" und "Gechillten", rauchten Gras, zogen Lines, nahmen XTC und gingen zum Techno Sound der 90er auf jede Menge Parties, sei es Love Parade oder diverse Clubs in diversen anderen Großstädten.

    Hin und wieder kam ein Bier oder ein Whiskey dazu, doch wie gesagt, damals war Alkohol nicht "das" Thema. Andere Mittel waren viel berauschender und interessanter. Irgendwann veränderte sich alles, es ging nicht mehr um die Menschen, oder um die Musik, es ging nur noch um den Rausch. Nach einer bösen Bruchlandung, konnte ich nach Beendigung meiner Haftzeit eine stationäre Drogentherapie machen. Ebenfalls konnte ich meinen Führerschein wieder erhalten, ein Umzug weg aus der Großstadt aufs Land machte den Neuanfang perfekt.

    Und was fällt mir ein, um neue Leute kennenzulernen ? Ein Bier zu trinken und Samstag Abend um den Rathausplatz eine Runde drehen, schauen und evtl. mit den Menschen dort ins Gespräch kommen. Das hat auch einwandfrei geklappt, die neu kennengelernte Gruppe nahm mich direkt mit in die örtliche Disco, und der Abend endete im Vollrausch.

    Das war der Beginn meiner "Alkohol-Karriere" vor ca. 15 Jahren. Ich muss dazu sagen, das ich seit der Therapie keinerlei BTM zu mir genommen habe, und ich auch keinerlei Ambitionen in diese Richtung habe. Ich bin umgesattelt, und habe Zugriff auf legalen Stoff :(

    Trotz meines Alkoholproblem, habe ich es immer geschafft, meinen Alltag zu meistern. Haus gekauft, Geheiratet (kurz vor der Scheidung), und eine wunderbare Tochter gezeugt. Auch meinen Beruf erledige ich bis dato ohne Auffälligkeiten zuverlässig.

    Nur leider ist es so, das ich den Alkohol nicht im Griff habe. 8 von 10 Sauf Sessions verlaufen grundsätzlich im Vollrausch, und 2 von 10 in einem komatiösen Zustand, in denen ich Dinge tue, an die ich mich hinterher überhaupt nicht erinnern kann. Und mich meistens furchtbar dafür schäme und wenn ich alleine bin, auch weinen muss.

    Ich hatte vor wenigen Tagen ein ganz schlimmes Erlebnis, über das ich hier (noch) nicht reden möchte. Ich kann nur sagen, dass ich unfassbar viel Glück hatte, und nichts passiert ist.

    All die Jahre habe ich mir den Suff immer schön geredet, und vor allem auch eingeredet, ich habe es im Griff. Aber ich habe überhaupt nichts im Griff.

    Es ist leider in den letzten Monaten soviel Mist mit mir passiert, und die Entwicklung zum Koma Säufer tlw. über mehrere Tage wird immer schlimmer.

    Es kann nur einen Weg geben, und der heißt lebenslange Abstinenz.

    Ich hoffe, ich bin stark genug, und ich hoffe, das ich mit Euch reden kann.

    Danke für Eure Aufmerksamkeit.

  • Hallo und willkommen MeaCulpa,

    das ist ja ganz oft so, dass ehemals Drogenabhängige alkoholabhängig werden. Du schreibst es ja selbst, im Grunde bist du von illegalen Drogen auf die legale Droge Alkohol umgestiegen.

    Du hast eine Drogentherapie gemacht also weißt du sicher auch, dass du zuerst einen ( in diesem Fall jetzt) Alkoholentzug, eine Entgiftung machen solltest. Warst du inzwischen bei einem Arzt um das zu klären? Das ist sehr wichtig. Reden bzw schreiben kannst du gerne mit uns, zuerst mal hier im Vorstellungsbereich. Für eine Freischaltung für die Selbsthilfegruppe im offenen Bereich ist uns wichtig dass du entgiften bist, abstinent leben möchtest und dich halt als Alkoholiker siehst.

    Lieber Gruß

    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Hallo Aurora,

    danke Dir für Deine Antwort. Das ist nicht böse gemeint, aber wozu benötige ich eine Entgiftung ? Für mein Verständnis, benötigt man eine Entgiftung bei entsprechenden Symptomen. Sprich Körperlicher Entzug, Kälte-/Hitzewelle etc.

    Damals hatte die Zeit der Inhaftierung ausgereicht als Entgiftungszeit- ohne jegliche therapeutische oder medizinische Maßnahmen.

    Mir geht es körperlich gesehen gut, ich habe keinerlei Anzeichen. Meinem Kopf geht es von nüchternem Tag zu Tag besser.

    Viele Grüße

  • Hallo MeaCulpa,

    willkommen hier im Forum

    danke Dir für Deine Antwort. Das ist nicht böse gemeint, aber wozu benötige ich eine Entgiftung ? Für mein Verständnis, benötigt man eine Entgiftung bei entsprechenden Symptomen. Sprich Körperlicher Entzug, Kälte-/Hitzewelle etc.

    Weil jede Entgiftung anders sein kann und die Symptome sich nicht immer vorher anmelden, sondern auch plötzlich auftreten können. Deswegen beginnt auch ein gerader Weg aus der Sucht, mit einem Gang zum Arzt um es mit ihm es zu besprechen. Weiß ein Arzt von Deinen Suchtproblem?

    Eigendiagnosen sind da der schlechteste Weg.

    Wann hast Du das letzte Mal was getrunken?

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Ok, das kann ich nachvollziehen. Ich habe in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag das Letzte mal getrunken. Also 4 Tage nüchtern.

    Nein, mit (m)einem Arzt habe ich noch nicht gesprochen. Jedoch ist meine Krankenakte kein unbeschriebenes Blatt. Auch war ich früher in einer SHG in meiner Nähe-die Gespräche haben sehr gut getan. Jedoch aufgrund meines Schichtdienstes, der keine Regelmäßigkeit aufweist, ist das Forum für mich das besser geeignete Mittel.

    Viele Grüße

  • Nein, mit (m)einem Arzt habe ich noch nicht gesprochen.

    Das solltest schnellstens nachholen, nach 4 Tagen bist du noch mitten im Entzug.

    Jedoch aufgrund meines Schichtdienstes, der keine Regelmäßigkeit aufweist, ist das Forum für mich das besser geeignete Mittel.

    Das ist das Gute an unserer SHG . Die ist 24 Stunden geöffnet.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Ihr lieben Menschen da draussen,

    Heute ist Tag Nr. 13 an dem ich nüchtern bin, und ich spüre eine unglaubliche Verwandlung. Selten, das ich mich so kraftvoll, energiegeladen und voller Positivität gefühlt habe. Ich habe das Gefühl, ich könnte Bäume ausreißen, so gut geht es mir. Ich schlafe wunderbar und bereite mich auf einen Volkslauf im Oktober vor, und habe mir so, ein schönes Ziel gesteckt. Ich habe in den letzten Tagen so viele Dinge erledigt, die ich immer vor mir hergeschoben habe.

    Ich bin total stolz auf mich, denn irgendetwas ist anders als sonst. Ich habe das Gefühl, es hat in meinem Kopf Klick gemacht, und ich habe ein Portal gefunden, das ich so in der Form noch nicht hatte. In meinen nüchternen Phasen kam öfter der Gedanke, ..ach laß doch die Sauferei. Aber es hat nicht lange gedauert, und ich habe diese Gedanken über Bord geworfen. Diesmal ist es anders, es fühlt sich anders an. Wie eine Entscheidung, die ich lange aufgeschoben, nun aber endlich durchziehen will.

    Ich habe viel nachgedacht, und auch viel gelesen in den letzten Tagen. Neben Alkoholismus hat mich besonders Eure Empfehlung über das Thema Entgiftung beschäftigt. Und ich habe für mich entschieden, nicht zum Hausarzt zu gehen. Denn es fehlt mir das Vertrauen zu ihm, und das ich mich mit meiner Geschichte aufgehoben fühle.

    Ich wohne in einem kleinen Dorf, wo quasi jeder jeden kennt. Der Senior Arzt war ein ein toller Mensch, sehr einfühlsam, emphatisch und auf Augenhöhe. Mittlerweile hat der Junior die Praxis übernommen, und ihm fehlen diese drei genannten Eigenschaften.

    Fachlich ist er sicherlich in Ordnung. Jedoch habe ich seine Dienste sehr selten in Anspruch genommen. Ich bin so gut wie nie kank, und mit einem wirklich robusten Körper ausgestattet, der mir bisher fast nie Probleme bereitete.

    Und jetzt zu einem neuen Arzt gehen mit meiner Geschichte ? Auch da brauche ich Zeit und Vertrauen um mich zu öffnen.

    Nächste Woche muß ich routinemäßig zu unserem Betriebsarzt. Da werden alle meine Werte gecheckt, und natürlich auch nach Substanzen und Alkohol überprüft. Gefühlsmäßig weiss ich, das ich stabil bin. Und nach dem Termin habe ich das Ergebnis schwarz auf weiss.

    Habt eine gute Zeit, ich werde weiter berichten.

  • Hallo Mea culpa

    Folgendes betrifft nicht nur dich.

    nun bin ich schon ein paar Jahre im Forum und trocken und wunderer mich immer wieder, welche Energie darauf verschwendet wird, um Gründe zu nennen, "nicht zu einem Arzt wegen der Entgiftung gehen zu müssen" Da nimmt man lieber in Kauf daran zu verrecken, weil man sich schämt.

    Ich frage mich auch wo war der Scham jahrelang besoffen herumzulaufen. Das haben doch auch die meisten mitbekommen, sogar die Ärzte, die man dann meidet.

    Nun zu dir. Ja die Anfangseuphorie und der Tatendrang, den "man" in sich spürt, ist nichts Unbekanntes und „man“ sollte es nicht auf die leichte Schulter nehmen. Warum, da können wir uns im offenen Bereich mal austauschen

    Ich habe dafür deine Bewerbung erhalten und schalte dich demnächst frei.

    Ich verschieb dann deinen Vorstellungsthread in den zuständigen Bereich.

    Ist das Ok?

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Vielen Dank nochmals für die Freischaltung.

    Mein Nickname bezieht sich auf meinen letzten Absturz, für den ich mich wahnsinnig schuldig fühle. Ich habe nicht nur mein Leben, sondern auch das Leben meiner kleinen Tochter, sowie das Leben anderer aufs Spiel gesetzt.

    Ich hatte einfach nur mehr Glück als Verstand, das da nichts weiteres passiert ist. Und dieses Erlebnis hat mich, als ich wieder nüchtern war zutiefst erschüttert, und ich habe fast 4 Tage gebraucht, um mich wieder stabil zu fühlen.

  • Hallo MeaCulpa,

    ich habe ein ähnliche Lebensgeschichte hinter mir wie Du. Illegale Drogen habe ich vor langer Zeit aufgegeben, die sind deshalb hier für mich auch kein Thema, geblieben sind Zigaretten und König Alkohol, wie ich ihn manchmal nenne. Bin jetzt 52 Tage nüchtern, vorgestern war also ein Mini-Jubiläum.

    Daß Du Dich energiegeladen und zum Bäume-Ausreißen fühlst, freut mich, und ich gönne es Dir natürlich von Herzen, aber laß mich aus Erfahrung sagen, daß das leider auch wieder vergeht. Mir ging es vor einigen Wochen nämlich ganz genauso, da war ich für zwei, drei Tage absolut manisch im positiven Sinne und einfach höllisch gut gelaunt. Das kann wohl in der ersten Phase der Nüchternheit so kommen. Also, laß Dich nicht entmutigen, wenn dieses Hoch wieder verfliegt.

    Es ist gut, sich schuldig zu fühlen, wo es angemessen ist, damit zeigst Du Verantwortung. Aber paß auf, daß Du Dich nicht selbst zu sehr runtermachst, denn dann winkt ja wieder der Freund Alkohol, der hat gute Tips, wie man das alles am besten schnell wieder vergessen kann ... Alkoholismus ist eine Krankheit. Wir sind Kranke und keine Kriminellen.

    Ansonsten viel Erfolg und alles Gute,

    Hanseat

  • Hallo Hanseat,

    Deine Story hat mich sehr berührt. Du hast einen wirklich eloquenten, sehr lebendigen Schreib-Stil, und dementsprechend schätze ich Dich auch als Mensch so ein. Beim Lesen habe ich mich dann immer wieder gefragt, wie konnte Dir das passieren. Und irgendwie habe ich mich auch in den Zeilen wieder gefunden, und fragte mich selber : Wie konnte mir das passieren ?

    In jedem Falle tut es gut, sich auszutauschen. Meinen Glückwunsch zu 52 Tage nüchtern. Echt, das ist wirklich gut !!

    Du hast Recht, dieses Hoch verfliegt schnell, es ist im Moment eine Phase in der ich mich wirklich stark fühle. Bin ich alleine, dann weiß ich auch ganz genau, wie ich meine Zeit sinnvoll nutzen kann. ich habe viele Hobbies, Interessen und Jobs, die erledigt werden wollen. Langeweile gibt es nicht in meinem Leben - solange ich allein bin...Alleine sein, ist manchmal sehr schön. Aber dauerhaft alleine, ist auch nicht mein Ding.

    Mein Problem ist, das ich ein absoluter Gesellschaftstrinker bin. Bin ich alleine, empfinde ich den Rauschzustand als störend. Denn er beruhigt mich in keinster Weise, sondern putscht mich auf, läßt mich hochfahren. Ich habe ein unglaubliches Redebedürfnis und Bedürfnis nach sozialer Nähe, wenn ich besoffen bin. Bin ich alleine brauche ich keinen Alkohol, sondern fühle mich wohl in meiner Haut, ich mache viel Sport, bereite mich aktuell auf ein Laufevent in Deiner Heimatstadt vor, das mir Sicherheit und ein Ziel gibt.

    Die grosse Gefahr sehe ich in meinem Freundeskreis, da ganz viele am saufen sind. Vor allem mein bester Freund, den ich seit über 13 Jahren an meiner Seite habe. Er ist der klassische Pegeltrinker, jeden Tag am trinken. Er weiss ganz genau, wann, wo und wieviel er trinken kann.

    Er ist gesellschaftlich perfekt integriert, verheiratet, Kind, Beruf. Und kaum einer weiß, das er so ein „Feier-Schwein“ ist-abgesehen von dem „Freundeskreis“. Selbst seine Frau kriegt nur die Spitze vom Eisberg mit, da er es zudem schafft, wie ein nüchterner Mensch zu agieren, obwohl er auf Zündung ist. Selbst bei einer Polizeikontrolle neulich haben sie ihn ohne weiteres weiterfahren lassen, obwohl er schon 3x Vodka E-Döschen intus hatte.

    Passt die Gelegenheit, ist schon morgens um 7 das erste Bier offen.

    Und mit so einem Mensch, wird nüchtern sein ganz schwierig. Ich grenze mich im Augenblick von ihm ab, habe ihm auch schon von meinen 3 krassen Stories erzählt, und eben auch von letzterer und das ich krank bin. Er zeigt Verständnis, aber wirklich helfen kann er mir natürlich nicht. Vor allem, weil er meine Probleme einfach nicht verstehen kann.




    Einmal editiert, zuletzt von MeaCulpa (15. September 2021 um 17:57) aus folgendem Grund: Ausdruck

  • Ich habe auch einen guten Freund, der leider sehr viel trinkt, wenn auch lange nicht soviel wie dieser Spiegeltrinker, von dem Du erzählst. Ich habe ihn in den letzten Monaten gar nicht mehr gesehen und suche da im Moment nicht unbedingt den Kontakt. Ich halte mich lieber an Menschen, die wenig trinken. Menschen, die gar nichts trinken, kenne ich leider auch nicht. Eigentlich halte ich alle meine Freunde für mehr oder weniger gefährdet: abends zum Feierabend saufen sie alle. Im Sportverein: gleiche Kiste, in der WhatsApp-Gruppe dreht sich alles nur ums Saufen und manchmal noch um Sport. Privat mit Leuten aus der Firma treffen? Kann ich auch vergessen, die wollen dann alle gesellig saufen.

    Ich kapsel mich deshalb gerade etwas von allem ab. Zum Glück bin ich ein Mensch, der eigentlich sogar ganz gerne allein ist. Und wenn ich wirklich mal jemanden sehen will, dann bekomme ich das schon hin. Heute habe ich zum Beispiel auch einen Freund getroffen. Wir haben gemeinsam einen Milchkaffee getrunken.

    Zu Spiegeltrinkern fällt mir noch ein, da habe ich auch mal so einen kennengelernt, der war dauerbesoffen und hat dabei kein Stück gelallt. Er stank nur meilenweit nach Wodka, wobei er glaubte, man riecht den Wodka nicht, wenn man dazu Kaugummi kaut. Absolute Fehleinschätzung! Aber zu dem hätte ich mich auch bedenkenlos ins Auto gesetzt. Diese Leute trinken, um irgendwie normal zu bleiben. Ich bin nicht so, ich bin der Typ Exzeßtrinker. Dieser Spiegeltrinker war auch höchst funktional und hat sein Leben, soweit ich das sehen konnte, geregelt bekommen, aber naja, was soll daran erstrebenswert sein, den ganzen Tag und schon morgens vor dem Frühstück Schnaps zu trinken?

    Bei der Gelegenheit kann ich noch was Positives vermelden: ich habe mich gründlich durchchecken lassen, und meine Leberwerte sind absolut einwandfrei. Ein Wunder.

  • Bei der Gelegenheit kann ich noch was Positives vermelden: ich habe mich gründlich durchchecken lassen, und meine Leberwerte sind absolut einwandfrei. Ein Wunder.

    Ausgezeichnet ! Der Grundstein für ein hoffentlich längeres, erfülltes Leben !

    Meine ärztliche Untersuchung findet nächste Woche statt, und ich gehe stark davon aus, dass bei mir ebenfalls alles gut ist. Vom Trinktyp geht es mir 100% genauso wie Dir. Ich brauche keinen Alkohol um zu funktionieren, aber wenn die erste Flasche angesetzt ist, gibt es kein halten mehr. Eine unfassbare Gier nach mehr erfasst mich, und ständig die Angst, nicht genug zu bekommen bzw. hoffentlich ist noch genug Stoff da.

    Früher hat eine Flasche Vodka am Abend gereicht. Mittlerweile müssen mindestens 2 Flaschen da stehen und dann geht das in den nächsten Tag über : Aufstehen nach dem Suff, und der erste Gedanke ist mehr. Ich will wieder den Zustand von gestern.

    Über die Jahre hat sich das immer weiter entwickelt, und wird sich weiter entwickeln, wenn ich es nicht stoppe.

    Und ich bin mir sicher, dass es meinem besten Freund, von dem ich schrieb auch irgendwann packt.

    Von daher ist dies absolut nicht erstrebenswert.

    Es ist so, wenn ich dauerhaft nüchtern bleiben will, muss ich "ausfegen". Auch wenn es weh tut auf viele Menschen zu verzichten, die man im Laufe der Zeit wirklich gern gewonnen hat.

    Stichwort : Milchkaffee. Im Einzelnen werde ich die Freunde ansprechen, treffen auf z.Bsp. einen Milchkaffee und versuchen mit Ihnen über meine Krankheit zu sprechen. Diejenigen, die Verständnis zeigen, können bleiben, und die, die es nicht können, müssen in Zukunft aus meinem Leben draussen bleiben.

    Irgendwie macht mich die Vorstellung traurig, aber anders geht es nicht.

    Ich wünsche Dir und allen anderen Ausgeglichenheit, Stabilität und innere Ruhe.

  • Hallo Mea Culpa und auch Hanseat,

    haben (oder hatten) wir ihn alle? Diesen Spiegeltrinker-Kumpel? :roll::mrgreen:

    Ich kann Euch sagen, dass ich mit sehr vielen saufenden Menschen "befreundet" war. Ich bin - als ich aufhörte zu trinken - auch nicht mit dem Zeigefinger losgelaufen und habe sortiert, nach dem Motto "Du bleibst, Du musst gehen". Ich habe beobachtet. Die Anderen und mich selbst und es hat sich dann mit der Zeit einfach entwickelt.

    Bei den Menschen, mit denen ich wirklich nur zusammen getroffen bin, weil wir gesoffen haben, da ging es automatisch auseinander. Wir haben es einfach auslaufen lassen. Ich hab nicht mehr getrunken, das Interesse war von der anderen Seite weg und von meiner sowieso.

    Dann gibt es da wirkliche Freundschaften, wo trotzdem relativ oft Alkohol konsumiert wird. Hier bei uns auf dem Dorf gehört es leider zur Gesellschaft oftmals einfach dazu. Dennoch sind da Freunde bei oder auch gute Bekannte, die ich auch unabhängig von den damaligen Sauf-Treffen mag. Mit denen ich gern rede, die ich gern mal treffe. Hier habe ich nicht komplett aussortiert. Es hat sich einfach die Ebene der Freundschaft oder Bekanntschaft geändert. Wo ich früher am Wochenende abends hingefahren bin, um mit ein paar Leuten zusammen zu sitzen, zu reden und dabei zu trinken, da halte ich einfach jetzt in der Woche tags über mal an oder telefoniere.

    Dann habe ich noch wenige ganz enge Freunde beibehalten. Die trinken ab und zu was, aber selten. Wenn sie sich mit mir treffen, dann trinken wir einfach Kaffee oder Cola und fertig. Ganz selten, aber wenn ich Lust drauf habe, fahre ich auch mal zu einer Feier, wo ich weiß, dass am Wochenende abends was getrunken werden könnte. Aber um mich herum wissen dann auch alle, dass ich trockene Alkoholikerin bin und mich würde nie einer nerven, dass ich doch auch trinken soll. Ich hab es auch am Anfang gemacht, weil ich da diesen Schutz durch meine Offenheit hatte. Im Nachhinein betrachtet, würde ich das aber vermutlich lieber lassen in der ersten Zeit.

    Zum Spiegeltrinker-Kumpel... So einen habe ich auch und zwar seit fast 25 Jahren. Wir haben schon so viele Feiern zusammen erlebt, aber nicht nur das, sondern er hat auch oft bei mir zu Hause angehalten und wir haben Stunden geklönt. Natürlich hat das besonders viel Spaß gemacht, nebenbei noch was zu trinken. Nun ist es ja so, dass ich vor vier Jahren aufgehört habe und bei ihm hab ich echt Sorge gehabt. Ich wusste, er ist abhängig. Aber ich wusste auch, er ist nicht nur mein Sauf-Kumpel. Er ist mir wichtig, ich mag ihn, ich kann ihm vertrauen. Ich habe ihm gesagt, dass ich nichts mehr trinken werde. Als er mich dann ernst nahm, war ich gespannt, was passiert. Ob er noch lang kommt, wenn ich nicht mehr mit ihm trinke. Ich hätte in Kauf genommen, dass diese Freundschaft zu Ende geht, weil mir meine Trockenheit wichtiger war. Aber diese Freundschaft ist nicht zu Ende. Er kommt mich immer noch regelmäßig besuchen. Er bleibt nicht mehr so lang wie damals. Wir klönen ca. eine Stunde und dann geht jeder wieder seinen Weg. Aber ich weiß, er kommt wieder :) Nicht so oft, aber er macht es. Früher hat er bei jeder Gelegenheit angehalten, wenn er Bock hatte, was in Gesellschaft zu trinken. Heute hält er an, wenn er mal wieder mit mir reden und lachen möchte.

    Das ist ein Beispiel dafür, dass hier die Freundschaft nicht aufgehört hat. Aber die Ebene hat sich verändert und das ist auch gut so.

    Man bekommt mit der Zeit schon mit, wem man wichtig ist und wem nur die Gesellschaft wegen des Saufens wichtig war. Und man bekommt auch anderes herum mit, wer einem eigentlich immer wichtig war oder wen man selbst nur dafür benutzt hat, um mal jemanden zum Saufen zu haben.

    So oder so lohnt es sich, mit dem Trinken aufzuhören. Es ergeben sich neue Dinge. Man macht andere Dinge. Das kommt nicht von heute auf morgen, aber mit der Zeit verändert sich automatisch das Umfeld oder eben die Ebene der Bekanntschaften oder Freundschaften.

    LG Cadda

  • Hey Cadda und alle anderen,

    ich habe heute Abend hoffentlich die Gelegenheit mit meinem besten Freund zu sprechen. Und ihm zu sagen, dass ich eine Entscheidung für mein Leben getroffen habe. Und das ich mir sehr wünschen würde, wenn unsere Freundschaft das aushält.

    Im Laufe der Jahre haben sich einige "Freunde" angesammelt, bei denen ich mich nüchtern frage, warum verbringe ich eigentlich Zeit mit dieser Person ? Denn diese Menschen tun mir nicht gut, ziehen mich mit ihren Problemen und Sorgen runter, und bringen mich von meiner Linie weg.

    Ich bin auch sicher, das einige dieser "Freunde" es nicht verstehen werden, wenn ich mit ihnen über meine Problematik spreche.

    Schlicht und ergreifend, weil der geistige Hintergrund oder das Verständnis für meine Krankheit irgendwo fehlt.

    Es ist schon sehr richtig, das man besoffen Zeit mit Menschen verbringt, die sozial unter einem angesiedelt sind. Erstaunlicherweise habe ich mich bei solchen Menschen sehr wohl gefühlt.

    Und da beginnt mein "ausfegen". Ich denke da insbesondere an eine Person, meine letzte Beziehung. Es war eine wilde Beziehung, wo der Alkohol natürlich eine ganz wichtige Rolle gespielt hat. Am Anfang hat sie mich quasi auf einen Thron gesetzt, mich fast vergöttert und geliebt. Sie wurde im Vollrausch schwanger von mir, und trank ab dem Augenblick nicht mehr. Was mich natürlich nicht hinderte weiter zu machen.

    Nachdem dann aber bei mir 2-3 Abstürze mit Filmriss kamen, hat sie mich nüchtern mit anderen Augen gesehen. Dazu kam noch, das ich das Kind auf gar keinen Fall wollte, und es begann sich alles ins Gegenteil zu verwandeln. Sie behandelte mich schlecht, wertete mich ab, nutzte mich aus.

    Verlangte Dinge für sie zu tun, und ich tat es. Aus Schuldgefühl aufgrund der Abstürze, als auch Verantwortlicher für das ungeborene Kind.

    Nach etlichen quälenden Wochen hatte sie sich zum Glück gegen das Kind entschieden, denn sie wollte mich nicht als Vater für das Kind haben. Nachdem der Schwangerschaftsabbruch durchgeführt wurde, normalisierte sich das Verhältnis zwischen uns ein wenig. Sie versucht zwischenzeitlich immer wieder Kontakt aufzunehmen, aber ich kann nicht vergessen, wie sie mich behandelt hat in der schwangeren Zeit.

    Mittlerweile ist sie natürlich wieder am trinken, feiert sich und das Leben, und ist nach wie vor der Meinung, das sie mich benutzen kann.

    Und das lasse ich nicht zu, denn ich schulde ihr nichts mehr. Wir sind quitt, und es ist besser das jeder seinen Weg geht - Getrennt voneinander.

    Sie ist übrigens Teil der Clique, also von den "Freunden", bei denen ich schauen muss, ob es in Zukunft funktioniert.

    Gestern habe ich mich mit meinen Eltern über die Entscheidung nicht mehr zu trinken unterhalten, und beide finden das ausgesprochen gut, und haben mir jegliche Unterstützung zugesagt. Das war ein sehr schönes Gefühl.

  • Meine Freunde wissen wie gesagt alle, daß ich Alki bin, und da ist keiner dabei, der mich schief anguckt, wenn ich nichts trinken will. Ganz im Gegenteil, alle bestärken mich und finden es gut, wenn ich die Finger vom Bier lasse. So Zechkumpanen habe ich schon lange nicht mehr -- ich habe ja die letzten Jahre eigentlich nur noch alleine gesoffen.

    MeaCulpa, wenn Saufbekanntschaften, "Freundschaften" würde ich das gar nicht nennen, mal enden, dann ist es gewiß nicht schade drum. Echte Freunde respektieren es und helfen Dir dabei, wenn Du nichts trinken willst.

    Liebe Grüße,

    Hanseat

  • Du bist auf jeden Fall schon ein ganzes Stück weiter wie ich, denn ich habe mich noch nicht wirklich "ge-outet". Das möchte ich aber in den nächsten Tagen und Wochen nachholen, und mit den Menschen sprechen, die mir nahe stehen, und irgendwas bedeuten.

    Ich bin mir sicher, das viele das verstehen bzw. respektieren. Jedoch hatte ich gestern das Gespräch mit meinem besten Freund, und es war eigentlich für mich gesehen, eine einzige pleite.

    Ursprünglich wollte besagter Freund vor der Feier einer guten Bekannten bei mir reinschauen, und sich persönlich mit mir unterhalten. Gerne hätte ich ihm gesagt, wie es mir geht, warum ich das tue und das ich mir wünsche, das unsere Freundschaft das aushält.

    Leider hat sich dann mein Freund nur vormittags telefonisch gemeldet, während sein Auto in der Waschstrasse war. Er meinte, das er abends nicht die Zeit dafür hätte, wir das aber am Telefon besprechen können.

    Ich habe ihm dann gesagt, das ich nicht mehr kann und will. Ich bin Alkoholkrank, und es gibt nur diesen einen Weg für mich. Er meinte, das es grundsätzlich gut ist, diesen Weg zu gehen. Aber er glaubt nicht daran, das ich es schaffe.

    Er meinte, das hätte er schon mal von mir gehört, und ich erklärte ihm, das die Dinge sich verändert haben (wegen meinem Kind z.Bsp.). Weiter sprach er sich aus, das es sehr gut ist, nicht zu trinken, wenn mein Kind da ist. Doch wenn ich Zeit habe, und nicht arbeiten muss, wäre es doch nicht so schlimm mal wieder einen zu heben.

    Für mich war dieses Gespräch eine Enttäuschung, weil ich eingesehen habe, das er überhaupt nichts kapiert hat von dem, was ich ihm eigentlich gesagt habe. Es schmerzt und es ist wirklich traurig, aber auf kurz oder lange werde ich mich von ihm distanzieren (müssen).

  • Hallo MeaCulpa,

    er hat Angst, Dich als Saufpartner zu verlieren oder denkt, es würde Dir besser gehen, wenn er Dir einredet, dass alles nicht so schlimm ist.

    Ich find es mal vom Ergebnis unabhängig super, dass Du den A… in der Hose hattest, das zu sagen.

    Du hast es ihm gesagt. Wie es sich nun entwickelt, wirst Du mit der Zeit sehen.

    LG Cadda

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