Matsu. Eine Angehörige stellt sich vor

  • Hallo an alle im Forum,

    ich freue mich, dieses Forum gefunden zu haben und möchte mich kurz vorstellen, nachdem ich in den letzten Tagen hier schon einige Stunden lesend verbracht und unglaublich viele hilfreiche Informationen gefunden habe.

    Ganz nebenbei: Aurora‘s Geschichte hat mich derartig gepackt und berührt, dass ich kaum unterbrechen konnte.

    Was für eine Lebensgeschichte! Herzlichen Dank für die Einblicke und mein tiefempfundenes Mitgefühl zu ihrem Verlust.

    Zur eigenen knapp gehaltenen Situation: ich bin „nur“ die Schwester eines Alkoholabhängigen. Mein Bruder steckt in tiefer Abhängigkeit fest, wobei die Substanzabhängigkeit nur die halbe Geschichte ist. Er ist außerdem schwer kaufsüchtig.

    Die Leidtragenden sind in vollem Umfang unsere greisen Eltern, die - ohne den Begriff zu kennen - sich den Stiefel der Co-Abhängigen angezogen haben und vergeblich versuchen, das Lebenschaos meines Bruders aufzuräumen.

    Mein Bruder ist alleinstehend und wird über kurz oder lang von Sozialhilfe abhängig sein, wenn er den Absprung nicht schafft.

    Trotz Krankheitseinsicht fehlt ihm der Wille, ein trockenes Leben zu führen. In seinen nüchternen Phasen hat er „natürlich alles im Griff“. In der Realität läßt er alles schleifen. Er wird gehätschelt und bekocht, alle Unannehmlichkeiten werden elternseits beseitigt, Behördenangelegenheiten, Krankmeldungen etc. übernommen.

    Der Begriff „Drehtürpatient“, den ich hier im Forum gefunden habe, trifft es gut. Entgiftungen im Dutzend und abgebrochene Langzeittherapie sprechen eine eindeutige Sprache.

    Mein Mitgefühl gilt unseren Eltern, die in ihren letzten Lebensjahren keinen unbeschwerten Tag mehr haben.

    Inzwischen sind wir uns familiär ziemlich einig, dass die Zukunft meines Bruders bestenfalls in einer betreuten Einrichtung liegen könnte, da es bald niemanden mehr gibt, der ihm seine Angelegenheiten regelt.

    Zu diesem Zweck würde ich mich zum gegebenen Zeitpunkt gerne im geschlossenen Bereich mit euch austauschen.

    Ein Angehörigengespräch mit der Caritas, welches meine Mutter im letzten Jahr fest vorhatte, ist leider bis zum heutigen Tag pandemiebedingt nie zustandegekommen.

    Es grüßt

    Matsu

  • Hallo Matsu,

    herzlich willkommen in unserem Forum.

    Für Eltern ist es sehr schwer, mit süchtigen Kindern umzugehen. Für ihre Kinder geben viele alles, nur leider ohne Erfolg.

    So schlimmes sich auch anhört, dein Bruder muß die Konsequenzen seines Tuns spüren.

    Auch du solltest aufpassen, nicht in den Strudel mit hinein gezogen zu werden, denn auch du kannst deinem Bruder leider nicht helfen.

    Eine Suchterkrankung geht an keinem Familienmitglied spurlos vorbei, nicht umsonst heißt es : Alkoholismus ist eine Familienkrankheit.

    Ihr solltet versuchen an euch zu denken, und der Vorschlag fürs betreute wohnen ist gut, und würde euch eine große Last nehmen.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Danke, Morgenrot, für deine Begrüßung.

    Für mich ist die Situation glasklar, aber auch bei meinen Eltern stirbt die Hoffnung zuletzt. Jede Trinkpause ist ein neuer Hoffnungsschimmer, und ich kann es ihnen nicht verdenken.

    Sie sind mit der Situation überfordert und haben keinerlei Einblicke in das Thema Alkoholsucht, weil sie damit nie zu tun hatten. Sie denken halt, dass es eine Frage des guten Willens wäre. Inzwischen setzt sich aber auch bei ihnen die Erkenntnis durch, dass die familiäre Unterstützung allein nicht ausreicht. Was sie nicht sehen wollen, ist, dass ihre Unterstützung eher kontraproduktiv ist.

    Bei den Überlegungen zu einer Unterbringung stehen wir noch ganz am Anfang und es wird viel zu klären geben.

    LG Matsu

  • Hallo Matsu,

    wir haben deine Bewerbung erhalten und du wirst demnächst freigeschaltet. Wir verschieben dann deinen Thread in diesen neuen Bereich.

    Ist das Ok für dich?

    Gruß Hartmut

    ------------------

    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo und willkommen Matsu,

    Ganz nebenbei: Aurora‘s Geschichte hat mich derartig gepackt und berührt, dass ich kaum unterbrechen konnte.

    Was für eine Lebensgeschichte! Herzlichen Dank für die Einblicke

    Es freut mich echt riesig, wenn meine Geschichte jemandem Mut machen kann.

    Es ist gut, dass ihr euch jetzt mit dem ganzen Thema auseinandersetzt und Wege sucht. Deine Eltern werden es wahrscheinlich nicht mehr wirklich schaffen, aus ihrer Rolle raus zu kommen. Wie Morgenrot ja auch schon schrieb ist es für Eltern nochmal eine andere Nummer, wenn das erwachsene Kind in einer Abhängigkeit steckt. Ich hoffe, sie können zwischendurch mal luftholen...

    Liebe Grüße

    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Auch von mir ein herzliches Willkommen!

    Es freut mich echt riesig, wenn meine Geschichte jemandem Mut machen kann.

    Darf ich vielleicht mal ganz doof dazwischen fragen, wie ich z.B deine Geschichte Aurora gezielt suchen könnte? Nach dem Hinweis hier, hätte ich die nämlich auch gerne gelesen, hab sie aber nicht gefunden.

    Sonnige Grüße, auch wenn es hier gerade total ungemütlich grau und regnerisch ist.

    Lea

  • Hallo Lea!

    Hier ist Auroras Geschichte:

    Aurora

    LG Marie


    Du gehst auf:

    Erste Schritte für Angehörige und Co Abhängige

    dann runterscrollen und da gibt es viele Berichte zum Lesen

    Wer nichts ändern will für den ist die Opferrolle die beste Strategie!

  • hallo Matsu,

    erst mal willkommen

    ist schon erstaunlich, wie die Schicksale sich gleichen....

    was meinst du mit Unterbringung? so lange wie dein Bruder nicht selber will, ist es schwer ihn in einer Einrichtung unterzubringen....du hast ja geschrieben, dass er krankheitseinsichtig ist...um ihm zu helfen bzw deiner Familie würde ich versuchen bei seiner nächsten Entgiftung, mich mit dem Sozialdienst vom Krankenhaus in Verbindung zu setzen....dein Bruder muss aber mit dem Kontakt einverstanden sein...es gibt die Möglichkeit eine amtliche Betreuung anzuregen, die sich dann um einige Bereiche kümmern können zb Papiere, Geld und auch Aufenthaltsrecht....dann sind seine Probleme offiziell nicht mehr eure...aber er muss es halt auch wollen...ev. merkt er ja auch was er euch da antut, wenn er nüchtern ist

    ich wünsche dir und deiner Familie viel Kraft

    Lieben Gruß

    mexico

  • Hallo Aurora, Lea und mexico, danke für eure Zeilen und euer Willkommen!

    mexico : Ja, so etwas wie eine amtliche Betreuung ist angedacht und muß jetzt mal intensiver durchgesprochen werden, auch im Hinblick auf die Kosten für eine etwaige Unterbringung in einer betreuten Einrichtung.

    Daher ist dein Hinweis mit dem Sozialdienst gut, daran hatte ich noch gar nicht gedacht.

    Allerdings stehen wir auch erst am Anfang mit dieser Überlegung und ich bin nicht sicher, ob unsere Eltern das jetzt schon durchziehen werden. Ich halte das eher früher als später für unausweichlich, spätestens wenn sie nicht mehr in der Lage sind, hinter meinem Bruder her zu räumen oder er Schlimmeres anstellt als bisher schon.

    Aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt und mit jeder Entgiftung hoffen sie auf ein Wunder. Und ob die Krankheitseinsicht meines Bruders dann tatsächlich so weit reicht, einer Unterbringung zuzustimmen, wage ich zu bezweifeln.

    Das wird uns wohl noch einiges an Kraft und Nerven kosten.

    Liebe Grüße

    Matsu

  • hallo Matsu,

    wenn eine Betreuung angeregt wird, sehen es die Behörden gerne, wenn ein Angehöriger die Betreuung übernimmt....das würde ich mir aber schwer überlegen, denn das ändert ja nichts an der Situation, außer dass dein Bruder sauer wird und sich von der Familie bevormundet fühlt (was er ja auch werden soll)...ich glaube so kommt man dann gar nicht mehr an ihn ran...und unter Zwang ist Sucht auch schwer zu lösen... die rechtliche Lage ist da wirklich kompliziert, denn selbst wenn man jemanden nach Betreuungsgesetz unterbringen will, muss das ein Richter bestätigen...und die tun das nur bei Gefahr um Laib und Leben...ist glaube ich wirklich nicht einfach.....vielleicht dauert es ja halt so lange, wie es dauert

    weiter viel Kraft

    Lieben Gruß

    mexico

  • Hallo mexico,

    da hast du natürlich in allen Punkten recht. Und irgendwie habe ich das Gefühl, dass erst etwas Schlimmes passieren muss, bevor eine Betreuung unausweichlich wird.

    Die Übernahme der Betreuung durch (einen) Familienangehörige(n) wäre sogar die bevorzugte Variante, allein um eventuell spätere erbrechtliche Auseinandersetzungen nicht durch einen Außenstehenden abwickeln lassen zu müssen.

    Der Interessenskonflikt ist da natürlich vorprogrammiert...

    Aber mal anders gefragt: angenommen, mein Bruder würde wohnungslos (weil rausgeschmissen) und sozialhilfeabhängig. Wer wäre denn dann verantwortlich, wenn sich aus der Familie niemand mehr zuständig fühlt? Vermutlich erstmal das Sozialamt mit Beschaffung einer Wohnstätte etc..

    Wenn sich dann aber noch herausstellt, dass er selbst mit seinen Alltagsangelegenheiten total überfordert ist und Verwahrlosung droht, was passiert dann?

    Würde dann nicht „von Amtswegen“ Antrag auf Betreuung gestellt werden?

    Dies sind momentan für mich erstmal nur worst-case-Szenarien und noch nicht aktuell.

    Könnte aber theoretisch bald der Fall sein, aber natürlich kann es auch ganz anders kommen. In solchen Situationen gehen einem viele Dinge durch den Kopf...

    Danke für dein Interesse und deine Überlegungen.

    Liebe Grüße

    Matsu

  • hallo Matsu,

    es gibt einfach viele Möglichkeiten, was passieren kann, aber es wird so oder so die nächste Entgiftung kommen...da würde ich das dann zusammen mit dem Sozialdienst und deinem Bruder besprechen, was für ihn und was für euch geht....denn, er muß ja auch damit einverstanden sein...und ihr müsst wissen, ob ihr den Berg von Verantwortung tragen wollt

    Aber mal anders gefragt: angenommen, mein Bruder würde wohnungslos (weil rausgeschmissen) und sozialhilfeabhängig. Wer wäre denn dann verantwortlich, wenn sich aus der Familie niemand mehr zuständig fühlt?

    es ist dann nur dein Bruder verantwortlich(wie jetzt eigentlich auch)...mir wurde mal gesagt, jeder hat das Recht obdachlos zu sein...oder auch das Recht sich tot zu saufen..,.bitte nicht wörtlich nehmen...

    wenn er aber einen amtl. Betreuer hat, müsste der sich um die Angelegenheiten kümmern für die er zuständig ist...da kann auch vom Gericht ein Außenstehender amtl. Betreuer benannt werden....

    ob das jetzt was mit dem Erbrecht zu tun hat weiß ich nicht...der Betreuer handelt bzw sollte im Interesse deines Bruder handeln

    Lieben Gruß

    mexico

  • Liebe Sunny,

    wo ich bin, das ist relativ einfach zu sagen: ich stehe zwischen meinem schwer abhängigen Bruder und meinen co-abhängigen Eltern und schwanke emotional zwischen Wut, Abscheu, Mitleid und schlechten Gewissen. Ich habe meinen Bruder bereits abgeschrieben, sehe meine Eltern aber an der Situation zerbrechen, was mir am meisten zusetzt.

    Mich selbst halte ich für emotional stabil und auch mit der entsprechenden Distanz ausgestattet, hänge aber im Familienverbund natürlich voll mit drin, vor allem bei den Überlegungen einer Zukunftsgestaltung unter pessimistischen Erwartungen.

    Ich habe ein gutes eigenes Leben, das für mich an erster Stelle steht und mir Kraft gibt, und versuche jetzt, möglichst viele Informationen zum Thema Sucht und auch den Perspektiven eines Lebens mit derselben zu finden (für alle Beteiligten).

    Liebe Grüße

    Matsu

  • das finde ich sehr gut, informationen zu sammeln ist immer von Vorteil, und erleichtert ein wenig

    Jetzt hab ich es auch verstanden, wo du bist :*.

    Schlechtes Gewissen sollte dich nun wirklich nicht plagen! Du bist nicht verantwortlich dafür!

    Fühl dich gedrückt<3

  • Vielleicht hilft die folgende Infos????

    Dein Bruder ist arbeitslos, nehne ich an. Dann ist das Arbeitsamt zuständig, die regeln dann unter anderem auch durch ärztlichen Untersuchungen, ob er dort weiter bleibt oder nicht. Je nach deren Entscheidung.

    Andernfalls er ist schon beim Sozialamt, sind die zuständig.

    Ein amtlich bestellte Betreuer erfolgt über das zuständige Amtsgericht .

    Dort gibt es zwei Abteilungen., einmal die reine Betreuung, passiert aber erst wenn dein Bruder für geschäftsunfähig bzw. beschränkt geschäftsfähig erklärt wird, die regeln alles weitere .

    Es gibt die zweite Abteilung, das Nachlassgericht, die sind jedoch nicht zuständig für die Betreuung der Person, sondern rund um den Nachlass (Erbe). Es ist nicht so zu verstehen, das jetzt, das Nachlassgericht alles klärt. Wenn du da Infos möchtest kann ich es dir ausführlicher erklären.

    Gib einfach kurz eine Rückmeldung .

    ;)

  • Hallo Sunny,

    herzlichen Dank für deine Infos. Die geben mir schon einmal einen Überblick bezüglich der Zuständigkeiten und auch der Möglichkeiten.

    Der Erbfall ist ja zum Glück noch nicht eingetreten. Bei ihm steht jetzt wieder eine Therapie an, und das heißt erstmal für uns nur Aufschub der Entscheidungen bzw. Verschnaufpause für die Familie. Elternseits will natürlich auch niemand dieses heiße Eisen anpacken, bis zu dem Punkt, wo es unausweichlich wird. Schaun mer mal ...

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