Lanananana - Auf dem Weg zurück zu mir

  • War gerade selbst überrascht, wie viel Zeit vergangen ist seit meinem letzten Eintrag. Es ist ruhiger gewesen in den vergangenen Monaten und das hat mir so unglaublich gut getan. Ja, ich war sehr viel alleine. Aber ich hatte es in der Hand, das beste aus meiner Zeit zu machen. Und das ist mir echt oft gelungen.

    Vor einer Woche kam sie dann - die große Prüfung: Mein Ex hat mir geschrieben, ob wir einen Kaffee trinken gehen können - er würde sich darüber sehr freuen. Und kurz war ich echt aufgewühlt, beinahe weich und hab mich gefragt, wie ich "richtig" reagiere. Ja, im ersten Moment habe ich tatsächlich genau darüber nachgedacht.

    Altes Denken - ich will ja grundsätzlich niemanden verletzen. Ihn auf jeden Fall unterstützen. Fair sein. Helfen. Ein guter Mensch etcpp. Unterschwellig war da sicher auch die Hoffnung, dass er die vergangenen Monate genutzt hat, um an sich bzw. seiner Sucht zu arbeiten. Aber schnell hat sich "das neue Denken" gemeldet: kein falsches Mitleiden! Keine falsche Hoffnung! Bei mir bleiben!! Was wäre denn eigentlich jetzt gut für mich?

    Und tatsächlich ist mir so die für mich wichtigste Frage eingefallen und die habe ich gestellt: "Trinkst Du noch?" Und leider ... bzw. zum Glück hat sich dann die Aufregung in mir schnell wieder gelegt. Sein "ja" hat mir deutlich den Weg gewiesen. Wir haben uns nicht getroffen und ich hab mich auch nicht weiter auf einen Dialog eingelassen.

    Es ist traurig und wirklich nicht zu verstehen, dass er sich selbst zerstört, dass der Alkohol ihn so dominiert, obwohl er schon seit Jahren sagt, dass er aufhören will ... aber er ist immer noch nicht so weit und ich kann das nicht stoppen!

    Es ist mir gelungen bei mir zu bleiben und darüber bin ich wirklich unglaublich froh!

  • Liebe Lanananana,

    Habe heute dein Thema von Anfang an gelesen.

    Ja, Du hast wunderbar reagiert.

    Es ist traurig und wirklich nicht zu verstehen, dass er sich selbst zerstört, dass der Alkohol ihn so dominiert, obwohl er schon seit Jahren sagt, dass er aufhören will ... aber er ist immer noch nicht so weit und ich kann das nicht stoppen!

    Nein , Du kannst das nicht stoppen, Du kannst nicht helfen.

    Ich bin sowohl als auch, also Alkoholikerin und auch EKA.

    Und - auch ich habe vor 9 Jahren eine Entwöhnungsreha - erst mal mit dem Erfolg einer 1,5 jährigen Abstinenz gemacht.

    Und dann habe ich - wissend, absichtlich selbstzerstörerisch - nach mehreren, für mich fast nicht aushaltbaren Konflikten - wieder zur Flasche gegriffen.

    Und in diesem Zustand des Trinkens, Trinkpäuschen, Trinken, Trinkpäuschen…..bin ich bis vor 13 Tagen verharrt.

    Und ich w i l l beenden.

    Ein Ultimatum , Konsequenzen o. ä. von „ außen“ waren nicht der Auslöser.

    Ich selbst kann mich so nicht mehr ertragen.


    Manchmal zeigt sich der Weg erst wenn man anfängt ihn zu gehen

    (Paulo Coetho)

    Wir können den Wind nicht ändern, aber die Segel anders setzen

    (Aristoteles)

  • Ich finde das ganz große klasse, dass Du da so konsequent reagiert hast. Du hast die einzige Frage gestellt, die relevant ist. Super, dass Du bei Dir geblieben bist. Du kannst nichts tun, der Ball ist bei ihm.

    Und wer weiß, ob nicht eh schon zu viel vorgefallen ist, so dass ein „Nein ich trinke nicht“ Euch auch nicht weitergebracht hätte.

    Aber die Frage musst Du Dir ja eh nicht stellen.

    LG Cadda

  • Ich lese noch super regelmässig hier - auch wenn ich seit einiger Zeit selbst nicht mehr so viele Einträge verfasst habe. Denn ich bin in den vergangenen Monaten tatsächlich zur Ruhe gekommen! Und ich dachte, vielleicht macht es jemandem Mut, der noch mitten in der Verstrickung mit dem Süchtigen steckt, wenn ich das mit euch teile.

    Denn auch ich hab mich sehr (!) schwer getan, mich zu trennen und war anfangs sooooo traurig, dass ich dachte, ich komm nie mehr auf die Beine und kann nie wieder unbeschwert lachen. Aber das ist nicht so: Im Gegenteil! Natürlich denke ich noch immer an meinen Ex-Freund - auch an die schönen Momente, die wir miteinander hatten (gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit), an die Träume, die Hoffnungen und die tiefe Liebe. Aber die Ruhe, die in mein Leben durch die Trennung Einzug gehalten hat, ist sooooo heilsam und wohltuend, dass ich sagen kann, ich bin inzwischen wieder in meiner Mitte angekommen und manchmal sogar richtig zufrieden und glücklich.

    Was mich mit dem Abstand, den ich in den vergangenen Monaten gewonnen habe, wirklich betroffen macht, sind die Opfer die die Co-Abhängigen jeden Tag bringen, weil sie denken, sie müssen dem Süchtigen helfen, weil sie offenbar meinen, dass sie kein Recht auf ihr eigenes Leben haben, weil sie sich beschuldigen und beschimpfen lassen etcpp. Ich erinner mit noch gut, wie ich mich selbst verrannt hatte in dem Wunsch, ihn zu retten. Wie niedrig mein Selbstwertgefühl war, wie ich irgendwann einfach nicht mehr konnte, wie erschöpft ich war, wie dunkel und sinnlos mir alles erschien.

    Und hab ich ihn durch meinen Einsatz gerettet? Nein! Aber ich habe mich darüber verloren. Das Auf und Ab an der Seite eines nassen Alkoholikers macht einen nämlich absolut fix und fertig!!! Und genau das ist der Punkt. Wir entscheiden selbst, an der Seite des Süchtigen zu bleiben. In der irrigen Annahme, dass wir ihn sonst im Stich lassen - und dabei lassen wir uns selbst im Stich.

    Vor drei Wochen bekam ich eine SMS von meinem EX-Freund: "Ich bin auf Entzug. Ich hoffe, es geht Dir gut." Früher hätte ich geglaubt, ich muss ihn unbedingt bestärken und sofort antworten, wie erleichtert ich bin und wie viel Kraft ich ihm wünsche ... Und dann hätte womöglich alles wieder von vorne angefangen ... Heute kann ich bei mir bleiben. Zum Glück!

    Ich würde mich natürlich trotzdem unendlich für ihn freuen, wenn er es nach all den Jahren endlich schafft - aber ich habe keine Lust mehr eine weitere Runde auf diesem schrecklichen Karussell zu drehen. Wenn er wirklich aufhören will, wird er es auch ohne meine Motivation/Rückmeldung packen. Und wenn es nur ein Versuch war, mich wieder an den Haken zu bekommen, habe ich - ein Segen - nicht danach geschnappt. Ich bin gespannt, was die Zukunft bringt, aber ich hoffe, ich werde mich nie mehr selbst verlieren. (Und sonst erinnert mich bitte daran!) Und das wünsche ich euch auch! Ihr seid wertvoll. Lasst euch nicht beschimpfen, benutzen, beschuldigen, fertig machen ... und rettet Euch selbst, anstatt euch aufzuopfern für jemanden, der nicht gerettet werden will.

  • Oh Lanananana,

    Deine Zeilen machen mir wirklich gerade unendlich Mut! Ich bin ja gerade an dem Punkt angekommen, zu akzeptieren, dass ich loslassen muss.

    Ich hab mich in kürzester Zeit so abhängig gemacht, dass ich mich komplett selbst verloren habe.

    Allein durch meine Anmeldung hier und die Erfahrungen von Euch allen, hab ich viel über mich gelernt. In 2 Wochen hat sich meine Denkstruktur so verändert und ich hab einiges für mich schon angeleiert. Es tut irre weh, ich heule verdammt viel, aber ich lass das jetzt einfach zu, gebe mich für einige Momente dem Schmerz völlig hin und danach bin ich wieder klar und kann weitermachen.

    Danke, dass du uns an deinem Fortschritt teilhaben lässt.

    Ich wünsche dir weiter so bei dir zu sein und hoffe, dass ich nicht allzulange brauche, auch bald dahin zu kommen.

    Nochmal: Danke!

  • Wie toll das klingt, liebe Lanananana,

    ich freue mich wirklich sehr für dich.

    Ich denke, es ist genau wie für den Alkoholiker eine Art der Kapitulation. Sich einzugestehen, dass man der Situation gegenüber machtlos ist.

    Meine Kapitulation gegenüber dem Alkohol, war jedenfalls meine Rettung.

    Bleib weiter auf deinem Kurs und nimm dein Leben selber in die Hand.

    Du kannst sehr stolz auf dich sein, dass du diesen mutigen Schritt gegangen bist und zurück in ein selbstbestimmtes Leben gefunden hast. <3

  • Noch ein kleiner Zusatz,

    es wird ja immer wieder versucht einen Alkoholiker darauf hinzuweisen, dass er ein Problem hat. Es wird versucht Hilfe zugeben, überzustülpen und Pläne zu schmieden, was er tut, oder was er tun „müsste“ Es werden Emotionen daruntergemischt, was erstmal auch „Wirkung“ zeigt. Bis die Realität die Hoffnung wieder einholt. Hoffnung ist das Arschloch bei Suchtkranken.

    Aber viel wichtiger ist nicht, dass es der Alkoholiker schafft, sondern dass der, die Hilfe gibt, selbst merkt, dass er zum Spielball der Sucht geworden ist. Das die Sucht plötzlich ihn erreicht hat. Er selbst n die Sucht-Co Falle getappt ist.

    Davon hast du dich lösen können. Da bist du auf dem Weg der Heilung für dich, für dein Leben, trotz aller Emotionen. Weiter so. Hast alles richtig gemacht.

    Co Anteile werden dich wahrscheinlich auch immer wieder mal begleiten, werden aufflammen, denn das legt sich nicht ab wie ein Mantel. Aber du hast das richtige Rüstzeug dazu, es zu erkennen.

    Danke für deine Erfolgspost.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Guten Morgen Lana….

    Dein Beitrag ist großartig. Zum Einen, weil er vielen helfen wird, motiviert nach vorne zu schauen und zum Anderen, weil ich mich für Dich persönlich sehr freue!!

    Mir ging es damals auch so. Der Liebeskummer ließ mit der Zeit nach und ich wurde immer ruhiger und ausgeglichener. Natürlich lag das auch daran, dass ich selbst nicht mehr trank.

    Aber es lag auch daran, dass ich nicht mehr mit meinem Ex zusammen war und vor allem kein Kontakt mehr hatte. Keine Gedanken mehr wie:

    „Geht es ihm gut? Verschläft er gerade, weil ich ihn nicht wecke? Fährt er mit Restalkohol? Vergisst er Geburtstage? Nimmt er seine Tabletten? Geht er zum Arzt? Wie viel hat er getrunken? Kann ich ihm helfen? Kann ich ihn überzeugen, aufzuhören?“

    Kein Verlangen mehr:

    „Ich muss es bei den Freunden richtig stellen, dass es nicht stimmt, was er über mich behauptet“.

    Keine Angst mehr:

    „Was ist wenn ich WhatsApp öffne? Sind da wieder Beleidigungen? Ruft er meine Familie an um verdrehte Tatsachen zu erzählen?“

    Einfach Ruhe!!!!

    Bei Dir Lana, werden es vielleicht andere Dinge gewesen sein, die ein Zusammenleben unerträglich gemacht haben. Bei Anderen wird es auch anders gewesen sein, vielleicht schlimmer oder weniger schlimm.

    Fakt ist aber, dass es unerträglich genug war, um sich in diesem Forum anzumelden.

    Deshalb kann Ich nur raten, Abstand zu nehmen vom Alkoholiker.

    es wird ja immer wieder versucht einen Alkoholiker darauf hinzuweisen, dass er ein Problem hat. Es wird versucht Hilfe zugeben, überzustülpen und Pläne zu schmieden, was er tut, oder was er tun „müsste“ Es werden Emotionen daruntergemischt, was erstmal auch „Wirkung“ zeigt. Bis die Realität die Hoffnung wieder einholt. Hoffnung ist das Arschloch bei Suchtkranken.

    Genau so ist es!!! Auf den Punkt gebracht.

    Hoffnung ist das Arschloch bei Suchtkranken.

    Ruhe und Abstand sind die Helden :)


    LG Cadda

  • Liebe Lana,

    habe nun auch alle Beiträge von dir durch und es macht Mut. Auch wenn heute mein Mutflämmchen nur klein flackert.

    Zuviel Panik ist noch da: soll ich ihn informieren über meinen wachsenden Entschluss (er merkt es eh irgendwie und bemüht sich umso mehr im Tun, aber trinkt umso mehr). Wie kann ichs schaffen alles "technisch" zu stemmen.... finanziell, 2 Hunde, etc. Dann versuche ich wieder durchzuatmen und mir zu sagen: fang an zu schauen wie es gehen kann, aber grüble nicht den ganzen Tag. Bin also voll im Karussell.

    Umso tröstender ist deine Geschichte!

  • fang an zu schauen wie es gehen kann, aber grüble nicht den ganzen Tag.

    Das ist ein wirklich guter Plan! In dem Moment, wo du einen ersten kleinen Schritt tust, wird es einfacher. Und nein, Du musst ihn nicht informieren. Ich nehme an, dass Du ihm bereits oft gesagt hast, was Dich belastet ... Jetzt geht es nur um Dich. Du musst für Dich herausfinden, was deine Ziele sind, deine Standards - unabhängig von ihm. Was musst Du ändern, dass es Dir wieder richtig gut tut? Ich wünsche Dir ganz viel Kraft und Mut auf dem Weg zurück zu Dir!

  • Auch wenn es sich mit Kind schwieriger gestaltet so finde ich es gerade mit Kind umso wichtiger zu handeln.

    Ohne Kind bin ich nur für mich selbst entscheiden, wie weit ich meine persönliche Schmerzgrenze ausreize.

    Ein Kind kann für sich noch nicht einschätzen, dass es Schaden nehmen könnte.

  • "Bei mir war das komplett anders."

    Vielleicht war das der Grund, warum du nicht zum Alkoholiker wurdest?

    Ich hatte wohl günstige Bedingungen, immer wieder trinkendes Umfeld + den Wunsch dazugehören zu wollen, können.

    Dazu ein gut antrainierter Verdängungsmechanismus, der sich mit steigendem Konsum perfektionierte.

    Sich Schwäche einzugestehen, nicht wiederstehen zu können, süchtig sein, hatte ich nie gelernt.

    Stark sein, die Fassade erhalten, das lernte ich.

  • Ich habe meinen Ex-Freund im Supermarkt getroffen. Ich war gerade versunken in eine Zutatenliste, da sagt jemand neben mir „Hallo“. Er sah schlimm aus. Aufgedunsen, nicht besonders gepflegt. Und natürlich hängt er noch immer an der Flasche. Der für mich ehemals so unfassbar wunderschöne Mann - ein Schatten seiner selbst. Nach zahlreichen Entzügen und abgebrochenen und durchgezogenen Langzeittherapien - immernoch ohne Halt und Ziel. Es ist wirklich sehr schwer zu verstehen.

    Er hat mich gefragt, wie es mir so geht. Ich wusste plötzlich nicht, was ich antworten soll. Bis eben gut? Bin ok? Jetzt wo ich Dich so sehe, nicht mehr so gut? Der Austausch war kurz. Er hat angefangen von Seelenverwandtschaft, die wir doch haben und an die er noch immer glaubt … Ich hab gesagt, ich verstehe nicht, warum er sein Leben so zerstört und dass ich den Scheiss-Alk und seine Sauferei nicht mehr ertrage. Wir sind dann einfach wieder auseinandergegangen. Die gute Nachricht an mich selbst ist - ich hatte kein Herzklopfen - nicht das Gefühl ich möchte sofort zurück. Im Gegenteil - ich bin froh, dass ich das alles nicht mehr täglich an der Hacke hab. Aber ich bin schon ziemlich traurig seitdem. Es lässt mich nicht kalt ihn so zu sehen. Ich hätte ihm so gewünscht, dass er es packt. Dass er kämpft. Und mir, dass ich endlich irgendwo ankomme. Endlich gesehen und geliebt werde. Dass unsere (meine?) Träume wahr werden. Es überrascht mich, dass die Welle der Traurigkeit so stark ist. Aber ich weiß, dass sich meine Gefühle wieder beruhigen werden. Ich hatte so wundervolle Monate mit mir allein. Es ist einfach gerade so wie es ist.

  • Ich finde auch, dass die Schuldfrage niemandem nutzt. Ich habe echt nen ziemlichen Knacks wegbekommen zu Hause - aber was hilft es mir, dort den Fokus hin zu verlagern

    ich komme mal zu dir da war ich noch nicht oder doch? :mrgreen: :saint:

    War das nicht erst ein laufender Prozess oder hattest du es von Anfang an so gehandhabt?

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Mein ganzes Leben ist ein laufender Prozess :D Ja, anfangs wusste ich gar nicht, was mit mir los ist. Dann war ich auch wütend - dann traurig - über den Missbrauch und den Mangel, den ich erlitten habe und nun hab ich kapiert, dass es zum Glück meine Möglichkeit/Chance ist, (Eigen-) Verantwortung zu übernehmen! Den Fokus auf Selbstwert, eigene Grenzen und eigene Werte zu setzen hilft mir als EKA und Co mehr als zurückzublicken und Schuldige zu suchen und anderen in einer ähnlichen Situation Vorwürfe zu machen. Und diesen Gedanken wollte ich teilen: dass wir nicht alle gleich selbstreflexiv und stark sind ... und dass wir uns und das Hier und Jetzt ändern können - die Vergangenheit aber nicht.

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