Schratte - Vorstellung Schratte

  • Gibt es vielleicht auch Betroffene, die nicht solange gewartet haben und es erfolgreich früher angegangen sind?

    Hallo Schratte, ich finde es spannend, dass DU das fragst, schließlich hast du selbst vor 4 (?) Jahren beschlossen, dass täglich 4 Bier nicht ok sind und einfach damit aufgehört... Womöglich haben alle, die aggressiv/ablehnend/ abwiegelnd auf besorgte Ansprache reagieren, selbst schon erkannt, dass etwas nicht stimmt und wie du versucht haben, einfach aufzuhlren es aber nicht schaffen und mittendrin sind im Strudel aus aufhören wollen-es nicht schaffen-schlechtem Gewissen-es sich schön reden...

    Daher ist meine Vermutung, dass die meisten Betroffenen ablehnend/aggressiv reagieren werden... Die meisten die hier als Alkoholiker schreiben, stützen meine Vermutung... Ein "du, ich hab Sorge um dich" wirkt nicht...

    Ich habe den Verdacht, dass mein Schwiegervater Alkoholiker ist, er trinkt auch seit Jahren täglich Bier. Als er letztens bei uns zu Besuch war, habe ich entdeckt, dass er heimlich auch Schnaps trinkt... Das hat mich und meinen Mann so besorgt, dass wir ihn angesprochen und für zukünftige Besuche verboten zaben, unser Kind im Auto herum zu fahren. Auf die vorsichtige Ansprache, warum er heimlich Schnaps trinkt hieß es, das wäre doch normal, es sei doch Urlaub und das heimliche musste ja sein, da er das Gefühl hatte er müsste bei uns betteln wenn er Schnaps trinken möchte...

  • das wäre doch normal,

    Ihm beizubringen, dass das eben NICHT normal ist, dürfte sehr, sehr schwierig werden.

    Es ist leider dieser Sprung, den der Schwiegervater machen müsste und den auch meine Frau noch machen muss: weg von dem Trinken anscheinend ohne jedes Problembewusstsein zum Eingeständnis, dass es eben DOCH ein Problem ist.

    Das stört die Ruhe und unterminiert die scheinbar vorhandene Sorglosigkeit - das will keiner hören. Und wenn sich im Hinterkopf schon ein ganz ganz klitzekleines schlechtes Gewissen versteckt eingenistet hat, umso schlimmer. Sich aktiv mit einem schlechten Gewissen herumschlagen will niemand.

    LG, Schratte

  • Es ist sicher richtig, ein erstes Gespräch mit einer Alkoholikerin nicht mit Vorwürfen zu beginnen. Empfohlen wird immer, mit der Schilderung der eigenen Befindlichkeit in "ich"-Sätzen an das Thema heranzugehen, also beispielsweise: "ich mache mir Sorgen um Deinen Alkoholkonsum". Man will ja die Gesprächsathmospäre intakt halten und keine Trotzreaktionen hervorrufen.

    Aber irgendwann komme ich wohl nicht herum, die Dinge beim Namen zu nennen. Also: "Du trinkst 1Flasche Wein plus drei, vier Halbliterdosen Bier täglich. Das heißt, Du legst Dich mit mehr als 2,5 Promille in 's Bett. Da braucht es keinen Alkoholikertest mehr - das ist voll betrunken, Tag für Tag. Wir sollten schnellstens etwas unternehmen, um da wieder herauszukommen."

    Das ist jetzt sehr, sehr verkürzt dargestellt. Dahinter steht aber meine Ansicht, dass ich es meiner Frau letztlich nicht ersparen kann, sich mit Fakten und Zahlen konfrontiert zu sehen - mit der Wahrheit eben.

    LG, Schratte

  • Hallo Schratte, die direkte Ansage denke ich wird nichts bringen, hat es bei mir auch nicht, ich habe das alles nicht wahrgenommen, bis zum großen Knall. Mein Vater hat als Beispiel 3 Schachteln Zigaretten am Tag geraucht, erst als der erste Infarkt da war, hat er die Zigaretten im Rettungswagen weggeworfen und nie wieder geraucht. Anscheinend benötigen viele, wie ich auch, einschneidene Erlebnisse.

  • Anscheinend benötigen viele, wie ich auch, einschneidene Erlebnisse.

    Ich hoffe, dass es vielleicht auch ohne schreckliche, dramatische und in ihren Folgen oft unumkehrbare Ereignisse geht. Es laufen ja viele trockene Alkoholiker herum und vielleicht reichte bei einigen auch das mulmige Gefühl, das in die Gewissheit mündete, dass etwas nicht stimmt, aus.

    Oder ist das eine nur naive Hoffnung?

    LG, Schratte

  • Hallo, ich muss leider auch sagen, erst als es eskaliert ist, mit Backpfeife, Polizei und er ist ausgezogen, habe ich realisiert was los ist, leider zu spät. Ich muss wie in einer Alkoholblase gewesen sein und das drumherum nicht wahrgenommen haben.

  • Oder ist das eine nur naive Hoffnung?

    Leider ist auch meine Erfahrung, dass Gespräche nicht reichen. Und in meinem Fall auch nicht mal die Trennung.

    Herausfinden wirst du es aber nur, wenn du das Gespräch führst. Aufzählen, wie viel sie trinkt...das würde ich lassen. Oder was erhoffst du dir davon? Ich habe ähnliche Mengen getrunken. Ich wusste, dass es zu viel ist. Aber aufgehört habe ich erst, als ich selbst die Einsicht hatte.

    Es geht ja darum, dass es dich stört und du dir Sorgen machst. Da ist die Trinkmenge erstmal egal.

    Es wird nicht besser, warum nicht den Schritt wagen?

    Alles was man über das Leben lernen kann, ist in 3 Worte zu fassen: es geht weiter.

  • hallo

    Ich wünsche dir den Mut aktiv zu werden. Du schreibst, das du dir einen Ruck geben musst. So ist es.

    Durch abwarten und abwägen wird es für dich und für Sie nicht besser.

    Für euch beide wird es schlimmer.

    Fass dir ein Herz und geh es an.

    Liebe Grüße Bolle

    Der Weg ist das Ziel(Konfuzius)

  • Sprech doch einfach mit ihr, anstatt Mutmaßungen anzustellen, Schratte.

    Danach weißt Du mehr...

    Wovor hast Du denn so schlimme Angst?

    Davor, Konsequenzen zu ziehen im Falle der Uneinsichtigkeit?

    Meiner Meinung ist es auch völlig egal, WIE man jemanden drauf anspricht, weil wahrscheinlich sowieso alles erstmal abgewiegelt und verharmlost wird, oder zum "Gegenangriff" ausgeholt wird.

    Da kannst Du lieb reden, auch schreien und betteln, oder auch weinen oder drohen...ein nasser Alkoholiker, der trinken will, wird das tun. Unabhängig davon, ob oder in welcher Art Du das Problem ansprichst.

    Hier sind so viele Co's, die ihren Alkie in allen erdenklichen Formen auf das Alkohol-Problem angesprochen haben. Leider fast immer erfolglos.

    Solange das Problem vom Alkoholiker selbst nicht gesehen wird, ist das alles vergebliche Liebesmüh...

    Spreche Deine Frau drauf an, beobachte ihre Reaktion, vielleicht ist sie selbst auch schon unzufrieden mit ihrer Sauferei? Auch nasse Alkoholiker wissen, was die Stunde diesbezüglich geschlagen hat. Die Frage ist nur, ob sie auch was gegen ihre Sucht tun wollen?

    LG Sunshine

  • Oder ist das eine nur naive Hoffnung?

    Bei meinem Mann war es völlig egal, auf welche Weise ich die Gespräche begonnen habe. Ich hab echt alles versucht - mit Ich-Botschaften, im Guten, im Bösen, mit 1 Mio stundenlang durchdachten Argumenten, mit Vorwürfen, mit Sorge. Ich hätte das genauso gut der Wand erzählen können. Nicht einmal ein Polizeieinsatz, Trennung und die bitterlichen Tränen unserer Kinder haben etwas gebracht. Keine Einsicht!

    Versuch es! Weiter zu schweigen und alles zu schlucken bringt gewiss keinen Erfolg!

  • Oder ist das eine nur naive Hoffnung?

    Ja.

    Einsicht setzt Bewusstsein voraus. Wenn man die Augen vor der Realität verschließt, wird schnell aus der Wahrheit eine Lüge und aus der Lüge die Wahrheit.

    Hast du es einmal mit einem Brief versucht? Die direkte, persönliche Konfrontation vermieden.

  • ...und Schratte...ich denke, das es bei Frauen vielleicht auch etwas einfacher ist, die Alkoholsucht zu stoppen. Weil sie schneller bereit sind, Hilfe anzunehmen.

    Männer denken oft, sie müssten es ganz allein schaffen, die Sauferei sein zu lassen, so als "starke Kerle".

    Leider dachte ich auch so, mir war zu dem Zeitpunkt gar nicht klar, das ich da nicht mehr allein raus komme. Ich fühlte mich als Versagerin.

    Aber ab dem Zeitpunkt, wo ich wirklich Hilfe bekam, habe ich sie auch bedingungslos angenommen.

    Das fällt Frauen vielleicht etwas leichter?

    Als Tipp kann ich Dir vielleicht noch raten, jemand Außenstehenden mit einzubeziehen, wenn ein Gespräch unter 4 Augen nix bringt.

    Es ist außerdem für einen CO sehr wichtig, das Schweigen zu brechen.

    Ich erzähle Dir mal eine Situation von mir: Mein Unterabteilungsleiter bat mich mal in meiner "Sauf-Endzeit" zu einem Gespräch. Er hatte natürlich bemerkt, das ich morgens immer spät kam und ich denke, er hats auch gerochen, das ich getrunken hatte.

    Er fragte mich, ob ich private Probleme habe, ob es mir nicht gut geht?

    In dem Moment hätte ich fast mein gesamtes Kartenhaus zusammen brechen lassen, habe mich aber dann doch nicht getraut.

    Später habe ich das bereut, es hätte mir wohl weitere qualvolle Saufzeit erspart, weil er mir Hilfe angeboten hätte.

    Was ich erst nach meiner Entgiftung ca. 1 Jahr später erfuhr...bei einem weiteren Gespräch, mein Chef wusste dann auch was los ist...erzählte er mir, das er längst wusste, das ich alkoholkrank geworden bin, da er das ganze Elend mit seinem eigenen Bruder erlebt hat. Leider schaffte er es nicht, trocken zu werden. Da hatte auch die gesamte Familie unter dem Gesaufe zu leiden inkl. mehrerer Entzüge und LZT.

    Unsere Krankheit ist leider keine seltene Krankheit, beinahe jede Familie ist irgendwie betroffen! Ob als Selbstbetroffener oder Angehöriger...

    Es gibt keinen Grund, sich dafür zu schämen, in die Suchtspirale geraten zu sein, aber nichts dagegen zu tun, das ist schlimm...und zwar für ALLE Beteiligten!

    Vielleicht kannst Du das Deiner Frau auch so sagen?

    Die Scham wird trotzdem groß sein...aber zu begreifen, das man tatsächlich KRANK geworden ist, kann auch erleichternd sein.

    LG Sunshine

  • Hi,

    mir selbst war schon länger klar, daß ich damit aufhören muss, mir ging es ja auch körperlich immer schlechter. Ich hab jede Nacht gebrochen... Die Gespräche/Streits mit meinem Mann und danach mit meinem Arzt (mein Mann kam mit), haben mir beim Schluss machen aber letztendlich geholfen.

    Im Prinzip war ich mir meiner Krankheit bewusst, aber genauso überzeugt war ich, daß ich es niemals schaffen werde, aufzuhören.

    Ich bin ihm immer noch unendlich dankbar. Den Kampf kämpfte ich allein, aber ihn im Rücken zu haben, war wichtig.

    Das ist meine Erfahrung.

    LG

  • Keine Einsicht!

    Saphira :

    1. Hatte er bestritten, Alkoholiker zu sein und deswegen auch keinen Handlungsbedarf zu haben?

    2. Oder war er suchtbedingt nur nicht in der Lage, trotz vorhandener Krankheitseinsicht etwas zu ändern?

    3. Oder hatte er Krankheitseinsicht, hätte etwas ändern können, weigerte sich aber?

    LG, Schratte

  • Saphira :

    1. Hatte er bestritten, Alkoholiker zu sein und deswegen auch keinen Handlungsbedarf zu haben?

    Er hat kein Problem! Er ist völlig gesund, aber ich gehöre dringend in die Psychiatrie (seiner Meinung nach). Er leidet auch an Depressionen. Das sieht er manchmal ein, manchmal nicht...je nachdem wie er es gerade braucht. Will er arm sein, dann hat er Depressionen, an denen selbstverständlich ich Schuld bin. Will er unbedingt gesund sein, dann hatte er noch nie Depressionen.

    Was zuerst da war - Alk oder Depressionen - kann ich nicht beurteilen.

    2. Oder war er suchtbedingt nur nicht in der Lage, trotz vorhandener Krankheitseinsicht etwas zu ändern?

    Es gab hin und wieder kurze Mini-Einsichten und leere Versprechungen sich behandeln zu lassen. Wohl aber eher, um mich bei Laune zu halten. Die letzte Einsichtsphase ist schon länger her, ich würde sagen, nachdem härtere Getränke eine größere Rolle zu spielen begonnen haben, gab es eigentlich eher keine Einsicht mehr.

    3. Oder hatte er Krankheitseinsicht, hätte etwas ändern können, weigerte sich aber?

    nur Pseudo-Einsicht schätze ich. Inzwischen hat er sich mir ggü schon so tief in die Sch... geritten, dass eine mögliche Einsicht immer schwieriger und schmerzhafter vor allem für ihn wird. Das müsste er erst mal aushalten zu sehen, was er seiner Frau u seinen Kindern angetan hat.

    Er könnte sich noch immer jeden Tag dazu entscheiden etwas zu ändern - zumindest für sich selbst und unsere Kinder. Tut er aber nicht!

  • Ja, so in etwa...

    Ich dachte, ich schaff es in diesem Leben nicht mehr, dieses ohne Alkohol bestreiten zu können, so abhängig war ich..körperlich und psychisch. Ich konnte mir ein Leben ohne Alkohol überhaupt nicht vorstellen..er drehte sich ja ALLES um ihn. Ich trank schon morgens, nach dem Aufstehen, bevor ich den Kindern das Schulbrot gemacht habe..

    und ich hatte panische Angst, den Entzug nicht zu überleben.

  • Ja, so in etwa...

    So unterschiedlich kann`s sein …

    Ich trank einfach, machte mir überhaupt keine Gedanken darüber, ich litt nicht (nüchtern vielleicht), wollte nicht aufhören und begriff auch gar nicht, daß ich völlig daneben war. Für mich, verhielt ich mich normal. War es eine Psychose oder nur Größenwahn? Ich wollte mich betäuben, freiwillig.

    Ich hatte keine Krankeneinsicht. Ich hatte irgendwann die Nase voll, von mir, ich hatte keine Angst krank zu werden oder zu sterben.

    Ich wollte (einfach) nicht mehr trinken.

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