Julia - Ich werde gerade wach

  • Liebe Julia,


    du kannst zurecht stolz auf dich sein. Vor allem, dass du bei eurem Gespräch ruhig und standhaft geblieben bist, ist sehr gut. Denn du hast ihm damit gezeigt, dass du es ernst meinst.


    Seine Reaktionen, Heulen, Abwerten, sich Rausreden, das habe ich fast genauso erlebt damals. Es gehört einfach dazu. Und zu wissen dass es so ist, erleichtert es irgendwie auch. Denn bei mir war es so, dass ich mich nicht mehr so schuldig und schlecht gefühlt habe.


    Liebe Grüße Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit


  • Hallo Julia,


    Ich finde dass du dich hier nicht rechtfertigen musst. Nur du alleine kennst DEINE Kinder und ich denke du kannst recht gut einschätzen was du zu ihnen sagst und was du zum Schutze weg lässt. Sie wissen jetzt, dass sie mit dir über Ihre Empfindungen und Gefühle über dieses Thema sprechen können, Klasse!!!


    Ich finde deinen Mut stark, du hast es angesprochen und somit den ersten Schritt in die richtige Richtung gewagt.


    Dass du in der letzte Woche mit den Gedanken durcheinander warst, kann ich sehr gut nachvollziehen, ging mir im übrigen ganz genauso.


    Du darfst auch stolz auf dich sein.


    👍👌

  • Hallo Julia,


    gerade habe ich Deine Geschichte gelesen. Du hast den Stein ins Rollen gebracht auf allen Seiten. Bei wem Du das zuerst getan hast, finde ich nicht so wichtig. Du hast zeitnah alles auf den Tisch gehauen, von daher find ich es gut.


    Die Wahrnehmungen der Kinder bestätigen, das schafft Vertrauen und eine gute Basis für ein gutes Verhältnis.


    Du reflektierst Dich gut, ich denke, da liegt eine Veränderung vor Dir!


    LG Cadda

  • Mir ging es hier im Forum am Anfang auch so, dass ich bei den ersten Antworten, wie ich es empfand etwas in die Mangel genommen wurde. Ich verstehe aber jetzt, dass es wahrscheinlich zb als EKA hart ist von der "anderen Seite " zu lesen und da vielleicht auch Alarmglocken eher klingeln und böse Erinnerungen wach werden. Gerade wenn Kinder im Spiel sind. Und die Warnungen sind gerechtfertigt. Aber ich verstehe dich auch. Man vermutet ja auch nur zuerst dass er betrunken fahren könnte. Man ahnt es, will es nicht wahrhaben und bekommt immer gesagt das stimme ja gar nicht. Bis dann der Punkt kommt wo man es akzeptieren muss und total geschockt ist, dass man die ganze Zeit richtig lag. Das ist ein Prozess. Rechtfertigen musst du dich dafür nicht. Du hast schon eine Menge bewegt.

  • Hallo,

    nach dem Gespräch mit meinem Mann, seinen Schuldzuweisungen mir gegenüber usw. (ich hatte ja berichtet) war für ihn am nächsten Tag wieder alles wie immer. Er ignoriert einfach alles was ich gesagt habe. Zwischendurch trinkt er mal weniger, aber genau kann ich es nicht sagen, weil ich gerade daran arbeite ihn nicht ständig zu kontrollieren. Ich will raus aus der Co-Abhängigkeit. Aber es ist schwer. Es kommt da immer wieder der Zweifel an der eigenen Wahrnehmung. Er verhält sich unauffällig, riecht nicht nach Alkohol. Das er trinkt ist mir aber bewusst und ich habe immer wieder das Gefühl ich muss es mir beweisen, weil ich es nicht sehe, rieche...., aber ich kämpfe gegen dieses Verlangen nach Kontrolle. Ich muss zugeben, es klappt noch nicht immer, aber ich werde immer stärker. Ich weiß nicht wann er trinkt. Nur am Abend oder auch tagsüber? Aber das ist ja im Prinzip egal. Er trinkt und das ist Fakt.


    Er möchte jetzt sogar einen Sommerurlaub planen, obwohl ich ihm gesagt habe, dass ich nicht mit ihm in den Urlaub fahre, weil es mir zu anstregend ist immer auf seine Launen Rücksicht zu nehmen, bzw. immer darauf warten zu müssen, dass sich seine Laune von jetzt auf gleich ändert. Ich muss das wohl nochmal konkreter ansprechen. Nicht nur seine Launen erwähnen, sondern auch seien Alkoholkonsum.


    Da ich nicht sicher weiß, ob er trinkt und trotzdem nochmal Auto fährt (das war ja auch ein Thema), vermeide ich es ja, dass meine Kinder mit ihm Auto fahren. Im normalen Alltag ist er eh nicht mit ihnen unterwegs, aber jetzt hatte er ja Urlaub. Es gab jetzt den Fall, dass er mit meinem jüngeren Sohn zu meinem Schwager, ca. 1 Stunde entfernt, fahren wollte. Ich habe versucht es zu vermeiden ohne weitere Personen darin zu verwickeln, aber leider ist mir das nicht gelungen. Ich habe also mit meiner Schwägerin gesprochen, da sie selbst schon Erfahrungen mit einem Alkoholiker in einer früheren Beziehung gemacht hat. Sie hat mich ohne viele Worte verstanden. Sie hat dann auch meinen Schwager informiert, welcher ziemlich geschockt war aber ich glaube, dass er denkt das ich übertreibe. Ist so ein Gefühl. Er sagte, dass er bei seinem Bruder noch nie irgendwas bemerkt hat. Eigentlich wollte ich meinen Schwager nicht einweihen, da wir nicht gerade ein super Verhältnis haben und er auch nicht so eine vertraute Beziehung zu meinem Mann hat, aber hier ging es mir um die Sicherheit meiner Familie. Außerdem arbeite ich gerade daran, mich aus der Co-Abhängigkeit zu lösen und da würde der engere Familienkreis so und so irgendwann etwas mitbekommen. - und schon fange ich an mich wieder für mein Verhalten zu rechtfertigen -. Leider hat die ganze Familie meines Mannes schon seit Jahren mitbekommen, dass er ständig schlechte Laune hat. Leider hat ihn nie jemand gefragt, was mit ihm los ist und ob sie ihm helfen können.


    Ich lese weiterhin viel hier im Forum und das gibt mir Kraft. Wenn ich diese Berichte lese und nicht selber in einer Co-Abhängigkeit stecken würde, würde ich so manch einem Menschen - mir selber übrigens auch - sagen, dass er sich doch lösen soll und fragen worauf diese Person denn noch wartet. Wenn es doch nur so einfach wäre....... Schritt für Schritt.

  • Achso....der Vollständigkeit halber....


    Letztendlich bin ich unter einem Vorwand mit zu meinem Schwager gefahren und konnte mich auf diesem Weg lange mit meiner Schwägerin über die Situation unterhalten. Mit meinem Mann in diesem Moment über die Fahrt zu diskutieren, wäre nicht möglich gewesen, ohne das mein Jüngster das voll mitbekommen hätte. Und die ständigen Wiederholungen bringen ja auch nichts.


    Mein Schwager wird erst ein Gespräch mit seinem Bruder suchen, wenn er vorher mit mir gesprochen hat. Das ist auch gut so denke ich. Ich bin ja gerade erst dabei mich zu öffnen und mich dem ganzen entgegenzustellen.

  • Hallo, ich habe lange nichts geschrieben, weil sich nicht viel getan hatte. Ich informiere mich weiter nach meinen Möglichkeiten bzgl. einer eventuellen Trennung. Wie ich schon vor einiger Zeit geschrieben habe, möchte ich auf alles vorbereitet sein.


    Vatertag hatte er einen kompletten Absturz. So habe ich ihn noch nie gesehen. Er konnte nicht mehr laufen, ist ständig gefallen, war kaum ansprechbar, hat geflucht und im nächsten Moment bitterlich geweint. Er wollte mit mir reden, aber ich habe ihn abgewiesen und ihm gesagt, dass ich nicht in diesem Zustand mit ihm rede. Er saß einfach nur da, kaum ansprechbar und hates nicht geschafft aufzustehen und ins Bett zu gehen. Ich alleine hätte nicht geschafft ihn zu stützen und habe unseren besten Freund zur Hilfe geholt, welcher sich dann leider auch noch von meinem Mann beschimpfen lassen musste. Wir haben es geschafft ihn ins Bett zu schaffen und er hat die ganze Nacht durchgeschlafen. Ich war fix und fertig. Unser Freund war sehr geschockt, weil er sich das Ausmaß nicht so vorgestellt hatte.


    Gestern kam mein Mann auf mich zu. Er hat sich zum ersten Mal entschuldigt und war anscheinend von seinem eigenen Absturz geschockt. Er konnte sich auch nicht mehr an alles erinnern.


    Ich habe zum ersten Mal seit sooooo langer Zeit gemerkt, dass er aufnahmefähig ist und wir haben geredet. Es war ein sehr langes Gespräch und es flossen bei ihm und auch bei mir Tränen. Wir haben sehr offen geredet und es hat so gut getan. Ich habe alles auf dem Tisch gebracht ohne böse zu werden, weil ich ja wollte, dass er weiter zuhört. Ich habe ihm erklärt wie wir uns fühlen und unter seinem Konsum und den damit verbundenen Launen usw. leiden. Er hat zum ersten Mal so richtig über seine Gefühle gesprochen und auch zugegeben, dass er ein Alkoholproblem hat.

    Ich habe ihn gefragt, ob er beschreiben kann wie es angefangen hat, dass er zur Flasche gegriffen hat und er erklärte mir, dass er das Gefühl hatte, dass er etwas braucht das er nur für sich hat. Zeit in der er runterfahren kann, bevor er nach Hause kommt. Nach dem Stress auf der Arbeit und den ganzen Sorgen die er im Kopf hat, braucht er einen Moment nur für sich und dann, bevor er zu Hause ist, hält er irgendwo an und trinkt.

    Ich weiß nicht, ob ich seine Worte hier wiedergeben kann so das sie verständlich sind.


    Ich könnte noch ganz viel schreiben.


    Durch die vielen Berichte die ich hier schon gelesen habe, habe ich viel gelernt bzw. lerne noch. Ich bin weiterhin vorsichtig.


    Es ist jetzt so, dass er vom Alkohol weg möchte. Er möchte uns nicht verlieren usw. (Ich kenne solche Aussagen schon aus euren Berichten) Er weiß aber überhaupt nicht wie er es angehen soll. Wo er anfangen soll.


    Da es unser erstes richtiges ruhiges klärendes Gespräch war und er das erste Mal so richtig zugehört hat, werde ich ihn auf den ersten Schritten begleiten. Mir ist klar dass nur er etwas ändern kann und er es für sich und nicht für andere tun muss, daher rede ich hier eher davon ihn bei der Suche nach Anlaufstellen (Arzt usw.) zu helfen. Ich habe ihm deutlich gemacht, dass er nicht unendlich viele Chancen bekommt, weil ich auch auf mich aufpassen muss und nicht mit ihm untergehen werde. Das der Weg sehr schwer werden wird, wissen wir beide. Ich weiß auch, dass es sich nicht von jetzt auf gleich ändert. Er hat so viel aus seiner Vergangenheit aufzuarbeiten und riesige Angst vor der Zukunft, das alles wird hart.


    Es hört sich vielleicht blöd an, aber ich glaube diesen Absturz hat er gebraucht um zu erkennen wo er gelandet ist. Dieser schlimme Absturz hat auch dazu beigetragen, dass wir endlich ein gutes Gespräch hatten, für welches er vorher nie ein offenes Ohr hatte. Er hat ha immer alles abgeblockt usw.


    Es ist vielleicht für manche eine ganz schreckliche Aussage, aber ich muss zugeben, dass ich seinen Absturz und diesen Anblick auch gebraucht habe. Ich hatte vor Augen, was ich nicht will. Bisher hatte ich ja blöderweise immer an meiner Wahrnehmung gezweifelt, aber dieser Tag hat mir gezeigt, dass mit meiner Wahrnehmung alles okay ist und daher konnte ich bei unserem Gespräch auch so selbstsicher reden. Ich fühle mich befreit. Ich habe auch das Gefühl mich jetzt leichter trennen zu können falls es nötig sein sollte, weil ich ihm sagen konnte wie es uns geht und dadurch nicht mehr dieses schlimme Gefühl habe, etwas noch nicht erledigt zu haben.


    Liebe Grüße,

    Julia

  • Hallo Julia,


    ich kann gut verstehen, wie dich dieses offene Gespräch erleichtert.

    Jetzt ist es an ihm, dass er auch zeigt, dass er es ernst meint.

    Hilfreich dabei ist z.B.eine Suchtberatungsstelle und ein Gespräch beim (Haus-) Arzt. Wegen einer körperlichen Entgiftung. So als erste Schritte.


    Es ist gut, dass du ihn unterstützen möchtest! Dabei ist es aber ganz wichtig, ihm nicht alles abzunehmen. Es ist für seinen Weg sehr wichtig, dass er alleine Verantwortung für sich übernimmt. Du kannst ihm sagen, dass Suchtberatungsstellen sehr hilfreich sind, dass eine begleitete Entgiftung lebenswichtig ist.


    Und dann lässt du los und siehst, was er macht. Er kann alleine Termine, ein Anruft bei der Suchtberatung und so machen. DAS solltest du ihm nicht abnehmen. Denn er ist erwachsen und handlungsfähig. Er kann googlen, sich informieren, wie alle das können, die Hilfe brauchen.


    Ich drück die Daumen, dass es sein Wendepunkt war, was passiert ist.


    Liebe Grüße

    Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit


  • Zitat

    Er weiß aber überhaupt nicht wie er es angehen soll. Wo er anfangen soll.

    Hallo Julia,

    er kann einfach zu seinem Hausarzt gehen und sagen, was Sache ist: Er ist Alkoholiker, er braucht eine Entgiftung und was gibt es für Nachsorgemöglichkeiten... Alles andere findet sich dann.


    Nimm ihm nix ab. Er ist schon groß.

    Außerdem merkst du dann, ob es nur Absichtserklärungen waren oder ob er tatsächlich etwas tut.

    Viele liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Guten Morgen,


    vielen Dank für eure Antworten.


    Glücklicherweise bin ich schon einen Moment in diesem Forum und habe das über den kalten Entzug gelesen. Ich habe meinem Mann auch gleich bei unserem Gespräch gesagt, dass er ohne ärztliche Begleitung nicht einfach den kompletten Alkohol für einen Entzug absetzen darf.


    Ob unser Hausarzt der richtige für solche Angelegenheiten ist, weiß ich nicht. Aber er wird schon eine Stelle finden an welche er sich wenden kann.


    Linde66 und Aurora ich verstehe euren Rat ihm nichts abzunehmen und ich werde den Rat befolgen. Ich hoffe ich schaffe es auch und mein allgemeines Helfersyndrom kann ich in diesem Fall unterdrücken. Ich verstehe, dass ich ihm und auch mir keinen Gefallen tue diese Aufgaben abzunehmen.


    Ich hoffe auch, dass dieser eine Vorfall etwas verändert. Ich habe hier schon viel gelesen und weiß, dass ich meine Euphorie in Schacht halten sollte.


    Noch eine Frage... wie ich meinen Mann kenne, wird er wohl eher nach einer Online SG schauen, als zu einem Treffen zu gehen. Zumindest am Anfang. Ich möchte nicht, dass er auf dieses Forum stösst, weil ich hier schreibe und noch weiter schreiben möchte. Daher wollte ich ihm gerne wenigstens eine Online SG vorschlagen damit er nicht suchen muss und am Ende noch auf diese hier stösst. Ich habe gesehen, dass es noch andere online Gruppen gibt.

    Was meint ihr dazu?


    Liebe Grüße,

    Julia

  • hallo Julia,


    das ist deine Gruppe und da sollte er auch nicht mit dazukommen. Da hast du vollkommen recht.

    Du mußt ihm aber auch nicht anderes vorschlagen, eine Selbsthilfegruppe findet er auch ohne dich, über Ärzte, Suchtberatungen usw.

    Was machst wenn "deine Empfehlungen" nichts bewirken? Es kann da bei uns Angehörigen ganz schnell passieren, dass wir uns wieder Schuhe anziehen, die nicht passen.


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Schlag ihm doch einfach mal Meetings im online Format vor. Einige shg's bieten dies seit corona an und sind auch dabei geblieben.

    Dann sucht er vielleicht schon mal ganz anders im Netz als wenn er sich auf ein forum konzentriert.


    Edit: gibt es übrigens auch im e-mail Format. Da kann man ei fach entweder nur lesen oder auch ab a und an über sich schreiben.

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