Siri - Ein EKA sein – neu und ungewohnt

  • Hallo Ihr Lieben,

    meine Mutter ist am frühen Morgen unserer Abreise leider wieder einmal schwer gestürzt und ins KH gekommen. Nach einem Tag Beobachtung wurde sie zum Glück wieder entlassen. Das hat unsere Rückreise überschattet. Sie ist nun bereits 3 Mal in 6 Wochen so schwer gestürzt, dass sie ärztliche Versorgung benötigt hat. Obwohl sie das selbst durchaus besorgt, zieht sie das Alleinewohnen weiterhin vor.

    Ich bewerte es nicht mehr, sondern werde einfach weiterhin meine Linie fahren und ihr Wohnheim-Plätze anbieten, sofern es sie denn geben sollte. Ob sie diese annimmt oder nicht, ist ihre Sache.

    Es ist hart, mitanzusehen, dass sie diesen schweren Weg nimmt. Sie fühlt sich allein, das merke ich ihr beim Telefonieren an. Zugleich nimmt es mich nicht mehr so sehr mit. Da meine Mutter versucht ihre eigene Schwäche zu überspielen, indem sie mir am Telefon Vorwürfe macht, fällt die Distanz nicht allzu schwer. Es ist gut, dass ich nun anders als in meiner Kindheit verstehe, mit welchen Mechanismen meine Mutter mich klein gehalten hat, um in allen Situationen nur ja immer die Oberhand und vermeintlich die Kontrolle zu behalten, und dass diese Mechanismen nicht mehr wirken. Dennoch ist es traurig, das so klar vor Augen zu haben. Dieses blöde und dumme Verhalten war für mich sehr schädlich. Und nun, wo es das nicht mehr ist, führt es zur völligen Isolation meiner Mutter. Denn ich kann und will mich nicht selbst verraten und beende dann immer konsequent das Gespräch, ohne dass ich mich aufrege oder ihr Vorwürfe mache, aber doch sehr bestimmt und unmittelbar.

    Ich vermisse den Strand und das Meer, aber heute habe ich die erste Nacht wieder durchgeschlafen. Der Nerv, der mich seit Monaten in den Wahnsinnn treibt, hat wohl endlich klein bei gegeben und tut nun kaum noch weh! Gleichzeitig bin ich unendlich müde und erschöpft, obwohl (oder vielleicht gerade weil?) sich die gruselige Versteifung und die Verspannungen langsam zu lösen beginnen.

    Es geht nun wohl endlich aufwärts und ich trete somit aus dem IAS-Club ab sofort wieder aus! :)

    Stattdessen werde ich mich bei einem Aquafit-Kurs anmelden. Das hat eine sehr hilfreiche persönliche fachärztliche Beratung bei meiner Krankenkasse als Option ergeben und wird, wenn alles gut geht, sogar von der Kasse über sehr lange Zeit unterstützt. Die wirklich hervorragende und detaillierte Beratung hat mich davor bewahrt, mich im Dschungel der IGEL - Leistungen zu verirren und alle Optionen dargelegt, die die gesetzliche Versorgung bereitstellt und wie man sie bekommt. Ich war sehr positiv überrascht und kann nur empfehlen, das kassenärztliche Beratungsangebot in Anspruch zu nehmen, wenn man nicht mehr weiter weiss mit einer Erkrankung.

    LG Siri

  • Schön, dass es Dir besser geht, Siri. Auch, wenn der Urlaub vorüber ist. Nach dem Urlaub ist vor dem Urlaub.;):thumbup:

    Und zwischendrin sorgst Du gut mit Aquafit für Dich! Super!

    Und nun, wo es das nicht mehr ist, führt es zur völligen Isolation meiner Mutter.

    Der Isolation kann sie entgehen, wenn sie in ein betreutes Wohnen zieht. Dann hat sie Gesellschaft.

    Gut, dass Dir das so deutlich bewusst ist!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • An deiner Stelle würde ich deiner Mutter auch gar keine Heimplätze mehr anbieten. Ich meine, sie hat ja klar gesagt was sie möchte und was sie nicht möchte.

    Wenn sie mal danach fragt, kannst du ja wieder aktiv werden. Aber vorauseilend ist das nicht nötig.

  • Liebe Sare,

    ich verstehe Deine Sicht, aber ich habe meine Mutter ja bereits mit ihrem EInverständnis bei verschiedenen Heimen angemeldet und werde es so durchziehen wie geplant. Es ist für mich am einfachsten und wenigsten aufreibend, einfach den einmal gefassten Plan durchzuziehen.

    So klar ist es zudem nicht, dass meine Mutter einen Umzug generell ablehnt. Meine Mutter ist nicht mehr in der Lage ihre Situation richtig einzuschätzen. Sie überblickt ihre Situation nicht mehr und ich bin auch rechtlich verpflichtet Vorsorge zu treffen. Es wäre natürlich auch persönlich für mich eine große Entlastung sie in einem Pflegeheim versorgt zu wissen, auch wenn sie dort ebenso stürzen könnte. Ich hoffe einfach, dass sie bis zur Heimaufnahme nicht schwer verunglückt.

    Je öfter sie im KH oder beim Unfallarzt vorstellig wird, desto eher kann ich beim Betreuungsgericht eine Heimeinweisung erwirken. Diesen Weg werde ich gehen bzw. werde jetzt die Hausärztin bitten, das zu übernehmen, sobald es rechtlich aufgrund ihrer kognitiven und sonstigen Einschränkungen möglich ist. Die Diagnosen, die im KH erstellt wurden, helfen die Weichen hierfür zu stellen. Ich selber kriege die Arztberichte nicht, doch die Hausärztin erhält sie und hatte mir ja versprochen die Heimeinweisung zu erwirken, sobald es möglich ist.

    LG Siri

  • Und ich kann dir jetzt schon sagen, dass deine Mutter alle deine Bemühungen ablehnen wird und du dich dann wieder schlecht fühlst.....wenn die Hausärztin dir das versprochen hat, umso besser. Dann lass sie doch machen und zieh dich da raus. Deine Mutter wird dann in das Heim kommen, das einen freien Platz hat und gut ist. Deshalb bist du keine schlechte Tochter, es ist ihre Entscheidung.

  • Liebe Sare,

    dass das wahrscheinlich so sein wird, sehe ich auch. Ich rechne damit. Deshalb fühle ich mich nicht schlechter oder besser. Wenn ich ihr die eingehenden Heimplätze nicht anbieten würde, würde ich meine eigenen bisherigen Bemühungen selbst unterminieren. Darin sehe ich keinerlei Sinn. Eine Planänderung würde mich mehr Kraft kosten, da sowas ja Überlegung/mentale Energie kostet. Die Umsetzung werde ich aber weitgehend delegieren, das werde ich mir alles nicht antun.

    Die Vorwürfe meiner Mutter perlen an mir ab. Traurig daran macht mich nicht, was sie mir vorwirft, sondern dass solche Strategien, mich kleinzuhalten und von meinen Plänen abzubringen, früher so lange gefruchtet haben und ich diese falschen Bilder von mir selbst internalisiert habe. Das hat mich im Leben oft davon abgehalten, mich durchzusetzen. Es ist gut, das jetzt so genau anzusehen und zu durchschauen, wie diese Mechanismen funktionieren, an welchen Punkten sie bei mir ansetzen und welche Funktion sie für meine Mutter erfüllen sollen. Meine Mutter ist ja nicht die einzige Person auf der Welt, die Strategien anwendet, um andere kleinzuhalten und in ihrem Sinne zu manipulieren. Tatsächlich ist so etwas ja weit verbreitet. Menschen (ich auch) sind keine :saint:.

    Ich verspüre aber auch keine Rachegelüste nach dem Motto Soll-sie-doch-schauen-wie-sie-zurecht-kommt. Ich weiss ja, dass sie nicht ohne Hilfe zurecht kommt und werde das Erforderliche machen/veranlassen, aber auch nicht mehr als das.

    LG Siri

  • Hallo liebes Forum!

    Ein kurzes Update von mir.

    Mir geht es gesundheitlich viel besser. Endlich kann die Physiotherapie beginnen. Nach Monaten kann ich nun auch wieder meist durchschlafen ohne vor Schmerzen alle paar Stunden zu erwachen.

    :) Es geht bergauf! :) Die Sport-Reha fängt bald an und ich kann auch endlich wieder arbeiten :).

    Mit meiner Mutter komme ich viel besser zurecht. Ich habe akzeptiert, dass sie selbst trotz aller Schwierigkeiten und der vielen gefährlichen Stürze nicht in ein Pflegeheim will (nach Auskunft der Pflegerin, mir gegenüber äussert sie das nicht). Angemeldet habe ich sie ja in verschiedenen Heimen, doch werde ich dort nichts forcieren. Bei dem Mangel an Plätzen müsste man eigentlich die Dringlichkeit wiederholt anmelden, um tatsächlich berücksichtigt zu werden. Das werde ich aber erst tun, wenn mich meine Mutter explizit darum bittet.

    Mein Mann hat verschiedene Heime mit ihr zusammen angeschaut, so dass sie nun eine konkrete Vorstellung hat. Es tut mir gut zu wissen, dass wir nun alles getan haben und es nun bei ihr liegt, wie es weitergeht. Die Ärztin wird eingreifen, wenn es aus medizinischer Sicht zu Hause nicht mehr zu verantworten ist.

    Auch die regelmäßigen Telefonate nehmen mich nicht mehr so mit. Ich kann mich mittlerweile gut abgrenzen.

    Als sie vom letzten Sturz so erzählt hat als wäre er gerade eben erst passiert, war ich aber doch sehr alarmiert. Es hat gedauert zu bemerken, dass sie ja von der Vergangenheit erzählt. Zum Glück ist es einigermaßen glimpflich verlaufen. So schwer zu stürzen muss aber diesmal traumatisch für sie gewesen sein. Diese Verzweiflung zu spüren, tut weh. Ich versuche sie dann zu trösten und zu beruhigen, was auch funktioniert. Ich denke, dass meine Mutter tief im Innern weiß, dass sie sich in einer lebensgefährlichen Situation befindet.

    Es ist gut für mich zu spüren, dass mein eigenes Leben weitergeht und ich nicht mit ihr untergehen muss. Das gibt mir Kraft und Zuversicht.

    Ich habe das tiefe Bedürfnis sie zu sehen und habe beschlossen, zu Ostern zu ihr zu fahren.

    Liebe Grüße Siri

  • Hey Siri, es freut mich zu lesen, dass es dir gut geht.

    Da steckt viel Klarheit in deinen Zeilen, als hättest du aufgeräumt und nun fühlt es sie freier und leichter an.

    Ich habe das tiefe Bedürfnis sie zu sehen und habe beschlossen, zu Ostern zu ihr zu fahren.

    Das fühlt sich für mich irgendwie aufregend an, ist vielleicht eher meins als deins, weil ich selbst ja meilenweit entfernt davon bin meine Mutter sehen zu wolle. Aber vielleicht ist es auch ein Gefühl, was du deinen kompletten Text ausgelöst wurde.

    Ich wünsche dir eine positive Begegnung mit deiner Mutter, irgendwie ist ja jedes gute Gefühl ein Schatz, den es zu hüten gilt.

    Und ich lächle heute bei deinem Beitrag und meiner Antwort darauf.

    Liebe Grüße, Lea

  • Hallo, Ihr Lieben,

    ich bin wieder zu Hause. Es war für mich wichtig, meine Mutter zu sehen. Es geht ihr zwar nicht gut, aber sie ist fitter als ich befürchtet hatte. Sie hat sich sehr über unseren Besuch gefreut, es genossen, nicht allein zu sein und bekocht zu werden.

    Ich habe beschlossen, das Negative nicht mehr auf mich zu beziehen. Das klappt gut. Zum Beispiel lobt meine Mutter das aufwendig gekochte Essen, schließt daran jedoch sofort eine hasserfüllte Tirade über zu klein geschnittenes Gemüse (Brei!) an, das mein Mann ihr beim letzten Mal serviert hätte, wo sie doch dann nichts schmecken würde. So ist es bei ganz vielen Dingen. Die kleinsten Unstimmigkeiten in Bezug auf ihre Bedürfnisse werden mit extremen Abwertungen und Tiraden kommentiert.

    Das entspricht wohl ihrer Persönlichkeit, denn es war strukturell schon immer so. Der einzige Unterschied ist, dass in solchen Situationen nun auch viel Verzweilfung aus ihr spricht. Aber vielleicht war das auch früher so. Vielleicht konnte ich es damals nur nicht wahrnehmen, weil ich die gegen mich gewandte Aggression damals nicht auf Distanz halten konnte und dem Drama vollkommen ausgeliefert war. Diesen Hass erneut zu erleben, den sie plötzlich hat, ist mittlerweile vor allem befremdlich für mich, auch wenn es mich als Erwachsene schockiert zu sehen, was ich als Kind aushalten musste.

    Die Abwertungen und emotionalen Ausbrüche wegen Nichtigkeiten sind so extrem, dass ich heute als Erwachsene gar nicht mehr umhin komme, es als völlig skurril zu sehen. Ich kann es jetzt mit einem gewissen emotionalen Abstand als Teil einer Unfähigkeit mit Emotionen und eigenen Bedürfnissen umzugehen verstehen, auch wenn es das nicht entschuldigt. Meine Mutter kann zum Beispiel um nichts bitten, sondern versucht über Abwertungen indirekt zu erreichen, dass die Dinge so gemacht werden wie sie das will. Das Muster zu erkennen, hilft mir dabei Distanz zu halten. Und es hilft mir bei der Einordnung meiner Kindheitserlebnisse. Das Negative, die Abwertungen, all das, was mir so viele Scham- und Schuldgefühle beschert hat, hatte in erster Linie mit ihrer Persönlichkeitsstruktur zu tun. Vieles entsprang dieser Unfähigkeit und dem dysfunktionalen jähzornigen Verhalten meiner Mutter. Jetzt an ihrem Lebensende hält dieses Verhalten sie leider vollkommen in für sie endlos sich wiederholenden Enttäuschungen gefangen und führt zu einer großen Verbitterung.

    Da meine Mutter ja erst am späten Nachmittag aufsteht, hatten wir die Tage dort für uns. Wir haben den Garten auf Vordermann gebracht, was uns selbst große Freude bereitet hat. Auch meine Mutter hat sich darüber gefreut.

    Dennoch ist es nach wie vor schwer damit umzugehen, dass es jeder Zeit ganz aus dem Ruder laufen kann, zumal meine Mutter nachts oft so viel trinkt, dass es zum Filmriss kommt (sie trinkt tatsächlich nun aus kleinen Gläsern, die sie aber, wie hier jemand einmal treffend kommentiert hat, nun öfter nachfüllt :S).

    Meine Mutter ist während unseres Aufenthaltes einmal gestürzt, zum Glück ohne Verletzung. Ich bin vom Rumpeln aufgewacht und habe ihr wie in meiner Kindheit wieder aufgeholfen. Am nächsten Morgen konnte sie sich nicht mehr erinnern.

    Wir haben eine Pflegerin gesprochen, die gestern kam. Das war ein sehr hilfreiches Gespräch. Sie hat berichtet, wie es so läuft mit der Pflege und betont, dass jederzeit eine extreme Verschlechterung eintreten könne, vor allem was die Demenz betrifft. Sie werden mich dann informieren. Die Pflege ist hervorragend und das gibt mir Sicherheit. Absolut professionell, sie sind klar in den Ansagen, aber zugewandt und verurteilen meine Mutter nicht.

    Mein Leben geht weiter und ich bin froh über den größer werdenden emotionalen Abstand zu meiner Mutter und ihrer Situation, auch wenn die Trauer dadurch nicht weg ist. Die Aufenthalte sind deshalb so anstrengend für mich, weil ich wie in der Kindheit angespannt bin...immer in Angst, ihr könnte etwas passieren. Zu Hause habe ich diese Anspannung nun zum Glück nicht mehr (das war nach dem Schock des ersten Wiedersehens nach sehr vielen Jahren so), aber wenn ich dort bin, ist es so extrem, dass ich unter Dauermigräne leide. Ich muss sehr gut haushalten mit meinen Kräften und kann es mir deshalb nicht allzu oft erlauben, dort hinzufahren.

    Heute ruhe ich mich aus, werkel ein wenig zu Hause herum und gehe noch in die Physiotherapie.

    Viele liebe Grüße Siri

  • Huhu Siri, ich hab Gänsehaut beim lesen, weil ich es so sehr nachfühlen kann, aus eigener Erinnerung.

    Gleichzeitig bin ich erleichtert darüber, sowas selbst nicht mehr tun zu müssen. Meine Kraft würde dafür nicht ausreichen und ich bin auch nicht mehr bereit sie zu investieren.

    Gleichzeitig freue ich mich über jedes Wort, das unterstreicht wie gut du deinen eigenen Weg findest und wie gut es im Moment für dich passt.

    Mein Respekt ist dir sicher!

    Liebe Grüße, Lea

  • Diesen Hass erneut zu erleben, den sie plötzlich hat, ist mittlerweile vor allem befremdlich für mich, auch wenn es mich als Erwachsene schockiert zu sehen, was ich als Kind aushalten musste.

    Es gibt Menschen, die sind von Grund auf unzufrieden, Siri.

    Nichts und niemand kann es ihnen recht machen. Sie sich selbst allerdings auch nicht.

    Gut, dass Du das erkannt hast und Dich distanzieren kannst. Jetzt warst Du wieder einmal vor Ort und kannst Dich erstmal wieder erholen.

    Welche Trauer meinst Du, Siri? Die Trauer darüber, dass sie sich zugrunde richtet mit ihrer Sauferei? Oder über Deine Kindheit, die so negativ beeinflusst wurde?

    Ich finde es gut, dass Du für Dich Grenzen ziehst und Dir das Elend nicht mehr so oft antust. Und gut ist auch, dass der Pflegedienst sie händeln kann und Du sie somit versorgt weißt. Das nimmt Dir eine Menge Druck!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Liebe Lea, liebe Elly,

    danke Euch sehr für Eure lieben Zeilen.

    @ Lea Ich finde es toll, dass Du so klar bist und Abstand hälst. Die Kraft, die man zur Verfügung hat, ist nicht unendlich, ebenso wenig die Zeit. Für mich ist diese Konfrontation noch wichtig, um die Mechanismen besser zu verstehen und zu sehen, dass ich heute ganz anders auf sie reagieren kann. All diese indirekten Wege meiner Mutter, um mich auf Kurs zu halten, die so schädlich für mich waren. Ich bin froh, für sie nicht mehr funktionieren zu müssen und mir ist es jetzt als ich bei ihr war auch viel besser gelungen, ihre impliziten Ansprüche zwar deutlich zu spüren, dann aber zu ignorieren, wenn ich das für richtig hielt – ganz ohne schlechtes Gewissen. Diese Erfahrung hilft mir auch in meinem eigenen jetzigen Leben, denn die Alarmglocken schrillen nun doch öfter, so dass ich auch da Grenzen ziehen, Ansprüche zurückweisen und mich selbst behaupten kann.

    Zu Deinem Nachhaken, Elly. Wenn ich genauer nachdenke, ist es vor allem die Trauer darüber, was war, wie mich das geprägt und welche Auswirkungen es bis heute für mich hat. Aber es ist auch merkwürdig zu sehen, dass meine Mutter sich mit diesem Verhalten selbst so sehr schädigt. Das macht mich schon auch traurig. Das hat nicht nur mit dem Alkohol zu tun, sondern sehr viel auch mit der Persönlichkeit meiner Mutter. Da merke ich deutlich, dass es Grenzen des Nachvollziehens und Verstehens gibt.

    LG Siri

  • Das hat nicht nur mit dem Alkohol zu tun, sondern sehr viel auch mit der Persönlichkeit meiner Mutter. Da merke ich deutlich, dass es Grenzen des Nachvollziehens und Verstehens gibt.

    Genau so habe ich das bei meiner Mutter empfunden, Siri.

    Sie hätte so viele Möglichkeiten gehabt, ihr Leben nochmal zu ändern, aber ich glaube, das liegt auch mit an der Generation. Sie war völlig auf meinen Vater und mich fixiert. Und da gab es nicht viel anderes für sie. Ich habe das bedauert, aber es war ihr Leben.

    Genauso wie es das Leben Deiner Mutter ist, wir als Kinder können da nichts tun. Vor kurzem hatte ich erst ein Gespräch, dass sich zum Ende alles umgekehrt hat. Ich war plötzlich die Erwachsene und meine Mutter die Bedürftige. Aber das konnte ich nicht leisten und habe mich zurückgezogen, um mich zu schützen. Genauso wie Du es jetzt auch tust.

    Sie sind erwachsen und für ihr Leben selbst verantwortlich. Natürlich wenn eine Pflege notwendig wird, ist das wieder etwas anderes, aber das hast Du ja getan, dass für sie gesorgt wird. Und von jemand Außenstehenden ist es einfacher damit umzugehen. Du hast auf jeden Fall die richtige Entscheidung getroffen!

    Und Du hast Dich verändert, Du weißt, dass es für Dich wichtig ist, dass Du Deine Rückzugsmöglichkeit hast.

    Wir alle haben eine Kindheit, die uns geprägt hat, aber es kommt darauf an, wie wir jetzt in der Gegenwart damit umgehen. Die Vergangenheit können wir nicht mehr ändern!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Rückblickend kann ich sagen, dass „Einsamkeit“ und „Bedürftigkeit“ mir die stärksten Druckmittel meiner Mutter waren, um mich in ihren Fängen fest zu halten.

    Beides setze ich in Anführungszeichen, denn ich bin heute nicht mehr sicher was echt und was extra für mich erschaffen wurde.

    Liebe Grüße, Lea

    Das ziehe ich mal in meinen Faden hinüber. Danke Dir Lea für diese Gedanken!

    Genau so ist es auch bei meiner Mutter. Das Schlimme ist, dass wenn jemand permanent auf diese Weise unterwegs ist, dann auch nicht mehr gut eingeschätzt werden kann, wann eine Situation wirklich kritisch ist.

    Zur Zeit klagt meine Mutter häufig über gesundheitliche Schwierigkeiten. Auf Nachfrage kann sie diese dann aber nicht gut artikulieren und im nächsten Moment spielt sie dann alles wieder herunter. Ich werde nicht schlau aus ihr. Sie bat mich vor kurzem einen MRT Termin für den Kopf auszumachen. Das organisiere ich natürlich sofort für sie. Es besorgt mich auch. Im Hinterkopf habe ich aber zugleich, dass sie dies alles nur machen könnte, um zu demonstrieren, dass sie sich um ihre gesundheitlichen Belange durchaus kümmert. Das wurde von der Hausärztin nämlich vor nicht allzu langer Zeit hinterfragt.

    Das Ganze ist wirklich schwierig. Ich nehme die Klagen in dem Sinne ernst, dass ich natürlich allen Bitten um Arztbesuchsorganisation und Bringdienst, Medikamente-Besorgung etc. nachkomme. Zugleich aber versuche ich mich nicht verrückt machen zu lassen von all dem und habe im Hinterkopf, dass sie immer schon einen guten Sinn für Inszenierungen hatte.

    Das Verrückte ist, dass ich als kleines Kind von jemandem ein Bilderbuch geschenkt bekommen habe, das genau diese Thematik beleuchtet: ein kleines Schweinchen, das immer fürchterlich klagt und dramatisiert und in dem Moment, wo wirklich etwas Schlimmes passiert, deshalb keine Hilfe mehr bekommt. Ich habe mir damals viele Gedanken darüber gemacht und fand die Geschichte ganz schlimm, wollte keinesfalls so sein wie das Schweinchen. Seit ich wieder Kontakt zu meiner Mutter habe, muss ich immer wieder an das Kinderbuch denken. Es hat sich also tief eingeprägt. Das ist die Sorte Kinderbuch, die ich niemals irgendeinem kleinen Menschen schenken würde, hat ja was von schwarzer Pädagogik. Merkwürdigerweise hilft es mir aber heute dabei, mich nicht vereinnahmen zu lassen.

    Viele liebe Grüße Siri

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