Ruhrpott69 - Die Seele einer Coabhängigen leidet

  • Vor vielen Jahren, mit 40, bin ich die Frau eines trockenen Alkoholikers geworden. Zu dem Zeitpunkt hatten wir einen 2 jährigen gemeinsamen Sohn.

    Mein Mann hat von Anfang an mit offenen Karten gespielt.

    Hat mir erzählt, dass er viele Jahre getrunken hat, aber durch Therapie und Selbsthilfegruppe trocken geworden ist.

    Er hat mir viele Katastrophen und Tiefschläge aus seinem Leben erzählt. Und in diesem Jahr wäre er 29 trockener Alkoholiker.

    Wir erlebten viele positive Dinge zusammen, litten gemeinsam bei großen gesundheitlichen Problemen.

    Im Mai diesen Jahres wurde mein Mann von einem Schulfreund beim Alkoholkauf gesehen und unser Sohn (15 Jahre) darauf angesprochen. Für ihn brach eine Welt zusammen, ich ahnte es schon lange.

    Wir redeten ganz in Ruhe mit meinem Mann, er „gestand“, dass er schon über einem Jahr heimlich trinke.

    Er entschloss sich zu einer ambulanten Reha und besucht seit Juni eine Selbsthilfegruppe. Auf die Zusage zur Reha wartet er noch.

    Allerdings trinkt er weiter täglich heimlich (Wodka), streitet es allerdings ab. Fast als ist er wirklich davon überzeugt nicht zu trinken…

    Es ist aber definitiv so. Flaschen im Handschuhfach, tägliches Halten an der Tankstelle und noch andere Beweise…

    Was mir weh tut ist nicht, dass er trinkt.

    Meine/Unsere Unterstützung hätte er.

    Aber mein Mann lügt und hintergeht. Auch hat er unserem Sohn ins Gesicht gelogen.

    Unserem Sohn ist sein Vater mittlerweile egal (also er sagt es, aber unser Sohn ist sehr sensibel). Heute sagte er. „Na und, dann zieht der eben aus, kommt damit nicht klar, trinkt mehr und krepiert. Dann stehen wir wenigstens finanziell besser da.

    Es tut so verdammt weh sein eigenes Kind so reden zu hören.

    Ich fühle mich verantwortlich, dass mein Mann wieder trinkt.

    Ich frage mich oft warum er mir sich nicht anvertraut hat.

    Ich merke, dass ich immer ofter sehr traurig bin und weine sehr viel.

    Ich möchte meinem Mann und uns als Familie helfen, bin aber machtlos.

    Entschuldigung, dass aus einer Vorstellung ein Gejammer geworden ist.

    Ich möchte in diesem Forum lesen und auch sehr gerne aufrichtige Ratschläge bekommen, ich wünsche mir, dass meine Gedanken angestoßen werden und vielleicht zu einem gut überlegten Handeln führen.

  • Hallo Ruhrpott, ich begrüße dich in unserer Selbsthilfegruppe.

    Zuerst mal, ganz wichtig, dass er trinkt ist NICHT deine Schuld. Du hast keine Verantwortung dafür. Es war sein ureigenster Entschluss, wieder anzufangen.

    Deine Verzweiflung verstehe ich sehr gut. Ich bin selbst mit einem trockenen Alkoholiker verheiratet, wir sind seit 15 Jahren zusammen. Für mich würde erstmal die Welt untergehen, sollte er rückfällig werden. Du jammerst nicht, du bist unendlich verletzt, traurig, enttäuscht.

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Mit diesem Link kannst du dich bewerben. Du wirst dann für den Austausch freigeschaltet. Dein Thema findest du dann im Bereich für Angehörige. Ein Austausch kann dir helfen, erstmal alles zu sortieren. Ich kann mir vorstellen, das in deinem Kopf gerade alles durcheinanderpurzelt.

    Die Reaktion deines Sohnes drückt, glaube ich, auch sehr viel Schmerz, Enttäuschung und Angst aus. Alkoholismus ist eine Familienerkrankung und betrifft nicht nur den Alkoholiker selbst sondern auch sein Umfeld.

    Liebe Grüße Aurora

    Willst du etwas wissen, so frage einen Erfahrenen und keinen Gelehrten.


    chinesische Weisheit

  • Hallo Ruhrpott,

    herzlich Willkommen hier bei uns.

    Der Austausch mit den anderen wird dir sicher gut tun.

    Jammern muß doch auch manchmal sein... Wenn sich dadurch die Gefühle und Gedanken sortieren, dann kommen auf einmal gangbare Wege zum Vorschein. Die Gruppe ist da, hier kannst du dir Rückmeldungen holen für deine Schritte daheim.

    LG, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo Ruhrpott.

    Ich habe dich für die offenen Bereiche freigeschaltet und Dein Thema direkt dorthin verschoben.

    Du kannst jetzt überall schreiben aber bitte in den ersten 4 Wochen nicht bei den neuen Usern im Vorstellungsbereich.

    Ich wünsche Dir einen guten Austausch:-)

    LG Cadda

  • Hallo Ruhrpott,

    danke für Deinen Bericht. Es berührt mich jedes Mal wieder, wenn ich die Texte der Co-Abhängigen lese bzw. der Angehörigen. Jedes Mal wieder wird mir dann schmerzlich bewusst, was auch ich meinem Umfeld angetan habe.

    Du beschreibst die Situation mit Eurem Sohn, welche mir sehr nahe geht. Auch mein Erzeuger war und ist, bis heute, schwer alkoholabhängig. Hat Dein Mann denn das Gespräch mit seinem Sohn gesucht? Da er "erst" wieder seit einem Jahr trinkt, war das in der Beziehung zwischen den beiden bis dahin kein Thema, nehme ich an? Kennt Dein Sohn die Geschichte seines Papas? Wenn die beiden bis anhin ein gutes Verhältnis hatten, wäre es so schade, wenn die Beziehung nun daran zerbrechen würde. Ich weiß aber nicht, ob es denn zwischen den beiden aufgrund des Alkohols Vorfälle gab.

    Die Beziehung zu meinem Erzeuger besteht seit ein paar Jahren nicht mehr, da ich mich auch immer verantwortlich fühlte und ihn immer versucht habe, da raus zu holen. Ich bin jedoch kläglich gescheitert. Zudem ist er sehr ambivalent in seinem Verhalten, war seit je her nie fassbar und aggressiv wenn betrunken. Umso schwerer ist es nun, sich von dem lähmenden Gefühl zu lösen, dass ich nun in seine Fußstapfen getreten bin.

    Hast Du denn deinen Mann mit den Beweisen konfrontiert und belügt er dich dann weiterhin? Hält er seine Therapie aufrecht? Und denkst Du, du hast die Kraft, bis zur Reha durchzuhalten?

    Liebe Grüße und viel Kraft,

    Elraine

  • Hallo Ruhrpott69,

    schön das Du da bist.

    Ich Denke die Lügen und das Abstreiten gehören zur Sucht.

    Ich bin die Tochter eines Alkoholikers und mein Vater hat mir so oft ins Gesicht gelogen...selbst als er besoffen im Sessel gegessen ist, hat er gesagt er hat nichts getrunken.

    Ich kann nicht nachvollziehen das Du dich verantwortlich fühlst das er wieder trinkt? Wieso? Du hast keine Schuld...

    Ich kann nachvollziehen wie Du dich fühlst man ist machtlos kann überhaupt nichts tun...

  • Hallo, ja es ist ein Teufelskreis. Offensichtlich ist es Scham, dass sie es nicht zugeben und es sich nicht selbst eingestehen. Ich habe für mich gedacht, dass sie nicht lügen sondern ihre eigene Wahrheit haben. Mein Mann trank jahrelang jeden Tag ein oder 2 Bier zum Essen. 2019 bekam er einen neuen Chef und es funktionierte nicht mehr. Anfangs dachte ich Burnout. Dann kam Corono 2020 Ängste entstanden. Es wurde viel geweint. Er nahm nur leider keine Hilfe an. Meine Töchter baten ihn Hilfe zu nehmen. Er war verbissen und sehr ernst. 2021 trennten seine Fa. sich von ihm. Ich konnte das Zittern an seiner Hand nicht deuten, dachte dass es die Nerven seien. Mit dem Jobverlust viel er in ein tiefes Loch und fing offensichtlich viel zu trinken an. Ich bekam es nicht mit, da ich arbeiten ging. Verdächtig war nur dass er in der Früh Jause kaufen ging und viel schlief. Er war unberechenbar und aggressiv. 2022 kam er mit Gelbsucht und Wasseransammlung ins Spital. Er währte sich lange. Ich konnte neben ihm nicht mehr schlafen, weil ich Angst hatte dass er keine Luft mehr bekam. Er unterschrieb einen Revers. Er war danach ca. 2 Monate trocken. Hund wurde krank. Er trank dann heimlich. Ich war dann ständig krank. Ich ging zur Beratung suchtkranker Angehörige. Im Sommer gestand ich ihm dass ich so nicht weitermachen konnte. Wir holten uns einen Hund unter der Bedingungen dass er keinen Alkohol trank. Ich stellte ihm die Option ich oder Alkohol. Vielleicht hätte ich ihm mehr Liebe geben sollen. Anfang diesen Jahres schrieb ich ihm dass ich nicht nach Hause komme. Er rief unsere Tochter an und drohte wieder einmal mit dem Umbringen. Die Tochter rief die Polizei und wiesen ihn in die geschlossene Anstalt. Es war für ihn die Hölle. Er sagte immer, nimm mich wie ich bin. Nach ein paar Tagen sagte er allem zu Entwöhnun, Therapie, um rauszukommen. Einen Termin nahmen wir gemeinsam wahr, dann sagte er allem ab. Das war seine letzte Chance. Ich verließ ihn, konnte nicht mehr. Er warf mir böswilligies Verlassen vor also musste ich zu Gericht gehen. Inzwischen redete er sich ein dass er eine Freundin hat und ich solle meine restlichen Sachen holen. Ich wollte daraufhin nur die Scheidung. Korsaken Syndrom. Alkohol Demenz stellten sie Anfang des Jahres fest. Er war ein anderer Mensch. Anfang Juli fand ihn meine Tochter, kaum ansprechbar. 1 Woche Intensiv. Leber und Nierenversagen. Tiefgelb. Am 12.7 verstarb er.

  • Es ist schwer den sucht kranken Menschen zu vertrauen. Kränkung, Schmerz, Trauer.

    Hat man das selbst verdient? Ohnmächtig.

    Man kann ihn Wahrheit nichts tun. Was ist richtig und falsch.

    Man macht sich zu viele Gedanken und Sorgen.

    Ich hatte gehofft mit dem Auszug etwas zu erreichen. Offensichtlich zu spät. Wann wäre der richtige Zeitpunkt gewesen.

    Ich versuche es hinter mir zu lassen, obwohl ich natürlich wieder Schuldgefühle habe.

  • Hallo Ruhrpott.

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    Ich wünsche Dir einen guten Austausch:-)

    LG Cadda

  • Hallo Ruhrpott,

    Du kannst unter die Felder der Zitate klicken und dort schreiben.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Lieben Dank Elraine für deinen Beitrag.

    Was unseren Sohn angeht.

    Unser Sohn kennt die Geschichte seines Vaters vollständig.

    Mein Mann war immer ein „echter Vater“.

    Mit fortschreitender Pubertät wurde es schwieriger.

    Mein Mann -habe ich den Eindruck- ist stellenweise eifersüchtig auf mich, weil ich einen viel besseren Draht zu unserem Sohn habe, er mir auch 15 immer noch (fast) bedingungslos vertraut.

    Unser Sohn hat in den letzten Wochen und Monaten mit mir unendlich viele Gespräche über meinen Mann / seinen Vater geführt. Er muss ja erst mal lernen damit umzugehen. Gerade weil jetzt ja auch für ihn die ersten Partys durchaus auch mit Alkohol anfangen.

    Er selber muss mit dem Thema Alkohol umgehen lernen.

    Das stellt auch mich vor eine schwierige Aufgabe aktuell.

    Und ja. Die Beziehung der beiden ist meiner Meinung nach am Rückfall und dem damit verbundenen Lügen gegenüber unserem Sohn zerbrochen.

    Was die Beweise gegen meinen Mann angeht.

    Ja ich habe ihn damit konfrontiert.

    Aber wirklich nicht böse.

    Ich habe ihm gesagt, dass es für mich nicht schlimm ist, dass er einen Rückfall hatte. Dass wir das gemeinsam mit weiterer Hilfe schaffen können.. dass das schlimme für mich die Lügerei ist, die das Vertrauen bei mir immer mehr zu Nichte macht. Und ich habe ihn gebeten jetzt einfach nur mal die Wahrheit mir gegenüber aus zu sprechen, damit wir zusammen weiter machen können.

    Er hat NICHTS zugegeben.

    Auf den Fotos die ich ihm gezeigt habe steckt er sich seine in der Tankstelle gekauften Zigaretten in die Jackentasche aber doch nicht die Wodkaflaschen (2x 0,2 l). Die standen zufällig auf der verkaufstheke…. So seine Aussage.

    Und es war nur ein Beweis den ich habe…..

    Weiteres habe ich mir gespart.

    Klar, wird mein Mann die ambulante Reha antreten sobald er sie bewilligt bekommen hat.

    Mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass er es auch da schafft weiter zu trinken.

    Er ist 2 x in der Woche dort (1 x Gruppe, 1 x Einzelgespräch) Atemalkoholkontrolle und Test durch Bluabnahme nur stichprobenartig. Eine Entgiftung braucht meine Mann nicht (seine Aussage) weil er ja nichts mehr trinkt seit dem er von seiner Familie „erwischt“ worden ist…

    Du beschreibst die Situation mit Eurem Sohn, welche mir sehr nahe geht. Auch mein Erzeuger war und ist, bis heute, schwer alkoholabhängig. Hat Dein Mann denn das Gespräch mit seinem Sohn gesucht? Da er "erst" wieder seit einem Jahr trinkt, war das in der Beziehung zwischen den beiden bis dahin kein Thema, nehme ich an? Kennt Dein Sohn die Geschichte seines Papas? Wenn die beiden bis anhin ein gutes Verhältnis hatten, wäre es so schade, wenn die Beziehung nun daran zerbrechen würde. Ich weiß aber nicht, ob es denn zwischen den beiden aufgrund des Alkohols Vorfälle gab.

    Hast Du denn deinen Mann mit den Beweisen konfrontiert und belügt er dich dann weiterhin? Hält er seine Therapie aufrecht? Und denkst Du, du hast die Kraft, bis zur Reha durchzuhalten?

    Liebe Grüße und viel Kraft,

    Elraine

  • Hallo Ruhrpott.

    Ich habe dich für die offenen Bereiche freigeschaltet und Dein Thema direkt dorthin verschoben.

    Du kannst jetzt überall schreiben aber bitte in den ersten 4 Wochen nicht bei den neuen Usern im Vorstellungsbereich.

    Ich wünsche Dir einen guten Austausch:-)

    LG Cadda

  • Hallo Luna18,

    nun.. als ich meinen Mann kennenlernte und er mir seine Alkoholvergangenheit erzählte, ich dann schwanger war, sagte ich in einem Gespräch einmal, dass ich mir nicht vorstellen könnte eine Beziehung mit einem abhängigen Menschen zu führen. Gleich welche Abhängigkeit.

    Nach dieser Aussage ist dann bei uns in der Beziehung ganz viel passiert was das Vertrauen gegenseitig immer größer werden ließ.

    Diese Aussage von mir ist zum jetzigen Zeitpunkt gute 15 Jahre her.

    Diese Aussage war eine Aussage die getroffen wurde als unsere Beziehung noch nicht viele Erfahrungen gemacht hat und auch längst noch nicht gefestigt und zusammengewachsen war.

    Und diese Aussage hält mein Mann mir heute vor.

    Er hat Angst gehabt auf mich von sich aus zuzugehen als er das erste mal wieder getrunken hatte, weil ich ja keine Beziehung mit einem Suchtkranken will. Deshalb fühle ich mich verdummt schuldig, dass er wieder voll in der Abhängigkeit steckt und ich unserem Sohn seinen Vater genommen habe.

    Wie geschrieben. Zu dem Zeit Punkt unserer jungen Beziehung wäre es tatsächlich so gewesen.

    Mit dem was wir dann aber in den Jahre der Beziehung zusammen er- und durchlebt haben hat sich meine Einstellung zu der vor vielen Jahren getätigten Aussage verändert. Unsere Ehe ist für mich viel mehr als Ehe (gewesen). Freundschaft, Kumpel, Eltern, Bettpartner, Freizeitpartner…

  • Er hat Angst gehabt auf mich von sich aus zuzugehen als er das erste mal wieder getrunken hatte, weil ich ja keine Beziehung mit einem Suchtkranken will. Deshalb fühle ich mich verdummt schuldig, dass er wieder voll in der Abhängigkeit steckt und ich unserem Sohn seinen Vater genommen habe.

    Verdrehte Welt. Wenn er nicht angefangen hätte zu saufen, egal ob heimlich oder nicht, dann würde er nicht seine Ehe aufs Spiel setzen.

    Er säuft. Du nicht.

    Du stehst nicht auf Säufer.

    Wieso verdrehst du dich dermaßen, daß plötzlich du dich schuldig (verantwortlich?) fühlst?

    Er säuft. Und sein Sohn ist ihm weniger Wert als seine Sauferei.

    Liebe Grüße, Linde

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Hallo Ruhrpott,

    schön von Dir zu lesen. Ich kenne die Situation, wenn ein Elternteil sich "benachteiligt" fühlt, wobei es bei uns so war, das ich zeitweiße ein sehr enges Verhältnis zu meinem Papa hatte und die Mama sich manchmal wie das dritte Rad am Wagen gefühlt hat. Ein Stück weit ist das aber auch, gerade in diesem Alter, wohl auch normal und entwicklungstechnisch so bedingt. Hat Euer Sohn denn auch mit seinem Papa über die Situation deines Mannes geredet? Wie reagiert dein Mann dann auf Deinen Sohn?

    Das mit dem Leugnen kommt auch mir bekannt vor, ich war in meiner schlimmen Phase ähnlich. Obwohl ich schon ordentlich getrunken habe, bin ich vor meinem Partner oder meiner Mama gesessen und habe steif und fest behauptet, nichts getrunken zu haben. Das habe ich aber nicht aus bösem Willen getan, sondern weil die Scham in dem Moment schon so groß war, das ich es einfach nicht geschafft habe.

    Vielleicht ist die Reha eine Chance für ihn, ich mache ebenfalls die ambulante Variante, war niemals (außer im Rahmen der ambulanten Therapie) bei einer Entgiftung. Diese passiert aber normalerweise in der Reha ohnehin. Man wird ihm dort schon auf die Schliche kommen, wenn er weiter trinkt. Und vielleicht öffnet es ihm dort die Augen, diese Chance besteht. Vor allem auch durch den Austausch mit anderen, betroffenen Menschen. Mir hat das sehr geholfen und auch viel Druck genommen.

    Ich bin manchmal etwas betrübt, wenn ich hier lese. Es wird sehr schnell geraten, eine Partnerschaft zu beenden. Das finde ich schade. Mir ist sehr wohl bewusst, das es den Punkt gibt, an dem man aufgeben muss und nichts mehr ausrichten kann. Diese Erfahrung habe ich leider bei meinem Erzeuger machen müssen. Aber es gibt eben auch die andere Seite. Ich bin unendlich dankbar für meinen Partner, welcher an meiner Seite steht. Seit Anfang an. Das Leben besteht nicht nur aus Hochs und so gut wie jeder Mensch trägt seinen Rucksack mit sich. Eine wirklich tiefe Partnerschaft, in der man viel mit einander erlebt, wie Du es auch beschreibst, gibt man vielleicht nicht so schnell auf. Und er war es auch, der mir die Augen wirklich geöffnet hat, als er sagte: Ich weiß nicht, wie lange ich das noch schaffe. Das war ein Wendepunkt bei mir.

    Du musst Dich keinesfalls schuldig fühlen, es ist immer die eigene Entscheidung. Du sagst aber, er hat Angst, auf Dich zuzugehen, weil Du damals gesagt hast, Du kannst Dir keine Beziehung mit einem suchtkranken Menschen vorstellen. Vielleicht sagst Du ihm, dass er dieser Mensch ja nicht sein oder bleiben muss. Und seine Angst, Dich und Eure Ehe zu verlieren (was wohl hinter dieser Aussage steckt) eher dann berechtigt ist, wenn er nichts ändert. Und er hat es ja schon einmal geschafft. Vielleicht erinnert ihr euch gemeinsam an die guten Zeiten, das aufgebaute Vertrauen. Sag ihm ganz offen, was in dir vor geht und dass du aber den Weg mit ihm gehen würdest (wenn Du das denn kannst und willst).

    Wie ist denn die Situation aktuell bei Euch zuhause?
    So viel zu meinen Gedanken dazu.

    Ich wünsche Dir weiterhin Kraft und freue mich, wieder von Dir zu lesen.

    Elraine

  • Liebe Ruhrpott, ich möchte mal kurz auf Elraines Beitrag eingehen, weil es meiner Meinung nach so nicht ganz richtig ist, was sie schreibt. Ich hoffe, es ist für dich in Ordnung.

    Es wird sehr schnell geraten, eine Partnerschaft zu beenden.

    Hallo Elraine, ich habe nicht den Eindruck, dass zur Beendigung der Partnerschaft geraten wird. Es wird meiner Meinung nach dazu geraten, als Co wieder auf sich zu schauen, den Fokus vom Partner zu nehmen und seine eigenen Bedürfnisse und Wünsche wieder wahr zu nehmen. Das kann als Trennung interpretiert werden, muss es aber nicht zwangsläufig. Für mich war die räumliche Trennung in sofern wichtig, dass mir eine Abgrenzung im häuslichen Umfeld nicht gelungen wäre. Meine Strategien bis dahin hatten nicht funktioniert, ich war unglücklich und hatte das Gefühl zu verschwinden. Es musste etwas anders werden, das hieß, ich musste mich verändern, damit ich mich in meinem Leben wieder wohl fühlen konnte. Ich hab deinen Faden bisher nicht gelesen, Elraine, vielleicht ist dein Partner nicht co-abhängig. Ich gehe mal davon aus, dass du für dich trocken werden willst und dein Partner daher an deiner Seite ist. Wenn aber bei dem trinkenden Partner keinerlei Einsicht zu erkennen ist, sollte sich der andere trotzdem aufopfern und sein Leben hinten an stellen (was ja Merkmale der Co-Abhängigkeit sind), damit der Trinkende es komfortabel hat?

    Liebe Ruhrpott, es ist dein gutes Recht zu sagen, dass du mit einem abhängigen Partner nicht zusammen leben möchtest. Ich finde es sehr fair von dir, dass zu kommunizieren, denn darauf konnte dein Mann sich einstellen.

    Ich wünsche dir für deinen Weg viel Kraft und Geduld

    sonnige Grüße

    Lütte

    "In dem Moment, wo Du eine Entscheidung triffst, formt sich dein Schicksal"

    Einmal editiert, zuletzt von lütte69 (29. August 2023 um 08:58)

  • Hallo Lütte,

    das kam vielleicht ein wenig hart rüber und nein, ich bin keineswegs der Meinung, man soll ich bis hin zur Selbstaufgabe hin aufopfern. Daher habe ich ja auch an Ruhrpott geschrieben, dass sie ganz offen sagen soll, was in ihr vor geht und das er sie verlieren wird, wenn er nicht bereit ist, etwas zu ändern. Und wie Du vielleicht auch gelesen hast, habe ich diese Erfahrung schon selbst hinter mir. Ich habe kaum Erinnerungen an meinen Erzeuger, in nüchternem Zustand. Und ich habe sehr sehr viele Jahre versucht, ihn von der Trinkerrei weg zu bekommen. Erfolglos.

    Es kam mir einfach so vor beim lesen und war meine Wahrnehmung. Mein Partner (wie vermutlich jeder, nur nicht in der gleichen Art) hat mit Sicherheit auch Anzeichen einer Co-Abhängigkeit gezeigt und ich habe eine ganze Weile gebraucht, um mir mein Problem einzugestehen und etwas zu ändern. Und er war nicht immer nur der, der mir "Komfort beim Trinken" ermöglicht hat. Dennoch hat er mich nicht aufgegeben, auch in den sehr krassen und schwierigen Phasen. Wie lange man das aber kann und vor allem will, das ist jedem selbst überlassen. Und es bedarf immer ein sehr genaues Hineinfühlen in sich selbst, um seine Grenzen abstecken zu können.

    Liebe Grüße,
    Elraine

  • Hallo Ruhrpott,

    Auch finde man muss schon differenzieren ob ein Partner nach fünfzehn Jahren einen Rückfall hat oder die ganze Zeit trinkt und nicht bereit ist was zu ändern.

    Schlimm ist jetzt das er die ganze Zeit trinkt und auch heimlich.

    Aber wenn er in die ambulante Reha kommt wird er merken daß er das dort nicht weiter machen kann.

    Ich kann nachvollziehen wenn man schon so lange zusammen ist das man dann nicht alles über Bort werfen kann und offensichtlich überwiegen die guten Erinnerungen die du mit ihm hast.

    Ich habe dummerweise auch immer noch nach Gründen gesucht warum er gerade wieder trinkt. Mein Vater brauchte keine er hat einfach gesoffen...deshalb darf man sich auch nicht verantwortlich fühlen.

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