Bettina Mustermann - Mann hat bei Freunden absoluten Kontrollverlust

  • Hallo zusammen,

    Ich bin Bettina und möchte mich hier einmal vorstellen und hier im Forum einen Austausch für mich als Angehörige, da ich davon ausgehe, dass das Alkoholproblem wohl lebenslang Thema sein wird. (Mein Mann und ich haben einen 1,5 Jahre alten Sohn - da werden wir immer verbunden sein, er kümmert sich toll um ihn)

    Als wir uns kennengelernt haben, haben wir beide gern getrunken. Allerdings kam es bei meinem Mann immer häufiger vor, dass er bei Partys komplett abgestürzt ist. Blackout, kotzen, nächster Tag im Bett und der geplante Ausflug wurde abgesagt etc. Ich habe damals schon gesagt das ich das nicht will und er hat versucht nicht komplett zu eskalieren. Nach einer Party war er dann so betrunken dass sein ganzes Schlafzimmer voll Erbrochenem war. Ich habe an dem Abend/Nacht auf ihn aufgepasst aber nichts weggewischt. Am Morgen dann das Gespräch das ich so keine Zukunft sehe, das ich bedenken habe er ist abhängig. Er hat dann 1 Jahr nichts getrunken, weil er so erschrocken war, wie seine Wohnung aussah.

    Als er nach 1 Jahr wieder zu trinken begann war ich nicht begeistert (ich hab kein Problem für ihn ohne Alkohol zu leben), aber dachte er muss es wissen und vielleicht klappt es ja auch. Corona kam dann auch und wenig Möglichkeiten zum Feiern. Teilweise hat es auch gut funktioniert, wenn er nur begrenzte Zeit mit seinen Freunden unterwegs war und mit dem Auto heimgefahren ist. Da ging Beispiel 1 Radler, obwohl alle anderen gesoffen haben. Sobald aber etwas länger gefeiert wurde und er ohne Auto da war, wurden aus geplanten 2 Bier doch wieder 4 und ein Schnaps und ein llallender Mann der sich gefeiert hat, dass er nicht komplett abgestürzt ist. Dann ist unser Sohn geboren und sein Fokus lag mehr auf Baby statt Partys.

    Vor 6 Wochen war er auf einem Junggesellenabschied übers Wochenende und ich sah das als erste richtige Probe an. Ich habe erst jetzt herausgefunden, dass er wieder einen übelsten Absturz hatte, einfach alles in sich reingekippt hat weil er nicht stoppen konnte. Wieder alles voll von Erbrochenem und Blackout. Seine Freunde haben ihm nur ins Bett geholfen und nochmal das Laken gewechselt und ihn allein gelassen trotz Alkoholvergiftung. Er hatte Angst, es mir zu sagen. Erst hat er mich angelogen wie es war und ich hab Wochen später per Zufall die richtigen Fragen gestellt und er hat dann gleich alles erzählt. Für mich war sofort klar - Beratung oder ich bin weg.

    Generelle Einsicht besteht, er trinkt jetzt wieder nix und er war letzte Woche bei einer Gruppensitzung der anonymen Alkoholiker und hat für diese Woche ein Beratungsgespräch. Mir fällt ein riesen Stein vom Herzen, dass er sich Hilfe holt. Allerdings fällt es mir doch schwer, mich abzugrenzen. Er muss als Trauzeuge einen Junggesellenabschied planen, seine Freunde wollen ein Wochenende in Großbritannien mit Whiskeyverkostung und Saufspielen planen. Mein Mann will unbedingt mit weil er Trauzeuge ist. Da dreht sich mir leider gleich wieder der Magen um... Der Freundeskreis trinkt sehr viel, paar davon täglich - und unter 5 Bier verlässt keiner die Wirtschaft unter der Woche. Die Treffen der Freunde gibt's nur mit viel Alkohol. Wer Spezi trinkt mit dem wird nicht angestoßen. Meinem Mann sind seine Freunde extrem wichtig, er kennt sie seit dem Gymi. Ich sage zwar nix aber ich kann meinem Mann bei den Freunden auch nicht viel Spaß wünschen und mich für ihn freuen, wenn er was mit denen macht. Da überwiegt ein schlechtes Gefühl, weil 99% der Abstürze in dem Kreis passiert sind und die immer trinken wenn sie sich treffen.

    Wie schafft ihr es als Angehörige, das Thema dem Partner zu überlassen und sich da gesund abzugrenzen? Ich weiß rationell natürlich, dass nur er sich ändern kann. Trotzdem sorge ich mich und es beschäftigt mich. Ablenkung habe ich- Vollzeitjob, Hobbies und Kleinkind. Trotzdem gibt's immer wieder Momente, bei denen ich mich schlecht fühle - wenn er zum JGA Planungstreffen geht beispielsweise. Habt ihr Tipps?


    Liebe Grüße, Bettina

    Einmal editiert, zuletzt von Bettina Mustermann (13. November 2023 um 13:36)

  • Hallo Bettina,

    willkommen bei uns in der Selbsthilfegruppe!

    Leider ist es so, dass sich viele Geschichten der Angehörigen bei uns im Forum ähneln. Der Alkoholkonsum wird im Laufe der Zeit immer mehr. Ich weiß, wovon ich schreibe.

    Dein Mann hat, sobald er Alkohol trinkt, einen Kontrollverlust. Deswegen ist es im Grunde ein gutes Zeichen, dass er zu einer Selbsthilfegruppe geht. Vielleicht wird ihm da mit der Teilnahme einiges klar.

    Aber solange er sich im gleichen Freundeskreis bewegt und dort weiter fröhlich gefeiert wird, sehe ich es eher so, dass alles beim Alten bleibt.

    Du kannst im Grunde nichts tun, nur dafür sorgen, dass es Dir und Eurem Kind besser geht.

    Möchtest Du Dich im offenen Bereich mit den anderen Angehörigen austauschen?

    Hier ist der Bewerbungslink für Dich:

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Anklicken und kurz etwas dazu schreiben.

    Wir werden Dich dann freischalten und Dein Thema zu "Erste Schritte für Angehörige"
    verschieben.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo Bettina,

    Du bist jetzt für die offenen Bereiche freigeschaltet.

    Und Du kannst überall schreiben, jedoch bitte nicht die ersten 4 Wochen bei den
    neuen Teilnehmern im Vorstellungsbereich.

    Ich wünsche Dir einen guten und hilfreichen Austausch.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Liebe Bettina,

    ich habe gerade deinen Fall gelesen und bin so wütend und erschrocken, was der Alkohol so mit einer kleinen Familie und dir macht. Ich kann das zu 100% nachvollziehen. Gut ist schonmal von dir, dass du sein Erbrochenes nicht weggemacht hast. Das habe ich bei meiner Frau anfangs noch gemacht, weil ich es nicht mehr riechen und sehen konnte, bis meine Frau den Vollrausch ausgeschlafen hatte. Dann hatte ich Fotos gemacht, die bezweifelt wurden, nicht um zu demütigen, sondern um es zu reflektieren und besprechen. Nutze aber auch nicht viel. :(

    Ich persönlich denke, dass du deinem Mann ein Ultimatum ohne wenn und aber stellen musst, schon eurem Sohn zuliebe. Entweder er verzichtet auf den Junggesellenabschied und eure Familie ist ihm wichtiger, oder du ziehst mit deinem lieben Sohn aus. Alternativ muss er die Bleibe verlassen. Je früher, desto besser. Wenn er keine Einsicht hat, ist das sein Problem.

  • Hallo Bettina, willkommen in unserer Runde.

    Schade das du dich mit diesem Thema beschäftigen musst.

    In deiner Geschichte finde ich mich wieder. So fing unsere Geschichte auch an.

    Er war jung, alle um uns herum tranken und ich sah darin erst mal kein großes Problem. Ich fand es nicht schön und wollte immer dagegenwirken. Aber im Großen und Ganzen war es der Anfang einer/meiner Geschichte.

    Keiner kann wissen wie deine/eure Geschichte weiter geht. Ultimatum würde ich nur aussprechen wenn du dann auch Konsequent bist. Ansonsten ist das nur heiße Luft.

    Ich würde ihn jetzt das Vertrauen schenken, mit im Reden und klare Abmachungen besprechen. Wenn du versuchst ihn zu kontrollieren, ihn in eine Richtung zu bewegen bist du auf dem Besten Weg Coabhängig zu werden. Darum würde ich dir davon abraten.

    Komm erst mal an, lese dich in den verschiedenen Bereichen ein und schau was sich für dich richtig und gut anfühlt.

    Lieb Grüße P.

    Liebe Grüße Petra

  • Hi Berni,

    Er hat jetzt 4 Jahre keinen Totalausfall gehabt - allerdings glaube ich das es nur daran lag, dass es keine Möglichkeiten gab bei der er übernachtet hat, Corona, Baby etc. bzw. ni länger mit seinen Freunden unterwegs war. Wenn er Auto fährt, ging es gut mit nur ein Bier und wieder pünktlich heim. Aber auch da gab es Abende sobald er nicht gefahren ist, wo er lallend nach Hause gekommen ist, weil "er es doch nicht so ernst genommen hat"

    Er ist gerade in Elternzeit und kümmert sich um unseren Sohn - das macht er auch toll. Nachdem er seinen letzten Absturz (vor 6 Wochen) gebeichtet hat, war auch meine erste Idee ich fahre sofort mit Kind weg - aber ich arbeite schon wieder und mein Mann macht die Kita-Eingewöhnung. Noch ist er zuverlässig und funktioniert wieder im Alltag. Richtig hnieeftig und Alltagskritisch war es, als wir vor Jahren zusammen feiern waren. Dann ein Jahr Trockenheit und nun geht's wieder los...

    Heute war er wieder in der Gruppensitzung und hat wohl zum ersten Mal kapiert, dass er tatsächlich Alkoholproblem hat. Diese Woche hat er auch noch seine erste Einzelberatung.

    Das ich ihm den JGA verbiete ist für mein Gefühl doch auch eine krumme Lösung - dann bin ich der Kontrolleur und sage ihm, was er machen darf und was nicht? Ich dachte das ist schlecht weil ich dann VerantVerantwortung für seine Sucht übernehme? Ich wünsche mir, dass die Einsicht von ihm selbst kommt, dass die Veranstaltung keinen Sinn macht. Ob er Trauzeuge ist oder nicht. Zum Glück ist die Sauferei erst im April und ich hoffe bis dahin, dass er schon weiter in seiner Therapie gekommen ist. Und klar - sollte er da nicht mehr hingehen oder jetzt wieder trinken bin ich weg. Wäre aber spannend zu wissen ob so ein "du gehst da nicht hin" okay ist oder nicht. Er will ja dahin ohne Alkohol zu trinken und den anderen dann beim Saufen zuschauen. Ich denke aber nicht, dass das klappt.

  • Sowas habe ich auch immer gedacht und gehofft. Dann könnte ich aber mit Mitte 50 immer noch an den Klapperstorch und Weihnachtsmann glauben, so dämlich und traurig das klingt. Ich denke es geht um dein Kleinkind, da finde ich Lügerei und 'Verarsche' ein absolutes No-Go. Klar könntest du den JGA verbieten, meiner Meinung nach, denn als verantwortungsvoller Familienvater müssen die Prioritäten im Leben andere sein als wenn man ledig und lose ist und überwiegend nur Partys in der Freizeit favorisiert.

  • Hallo Bettina,

    wie soll das dann weitergehen. Von "verbieten" halte ich wenig. Er ist ein erwachsener Mann. Klar kannst du mit ihm reden und darum bitten, aber das müsstest du ja dann bei jeder Feier machen. Das kann nicht die wirkliche Lösung sein.

    Du musst für dich wissen welchen Weg du gehen möchtest. Abmachungen kann man sicher treffen, aber was passiert wenn die nicht eingehalten werden? Darüber muss man reden und das ganze im Zweifel auch durchziehen.


    LG

  • Genau, verbieten bringt nichts.....du musst ihm vertrauen.

    Berni , ich verstehe deinen Aussage gut....auch ich denke, wäre ich doch gleich beim ersten oder zweiten mal gegangen. ABER ohne einen Versuch, eine Chance, einfach alles aufgeben finde ich auch nicht DEN richtigen Weg. Klar, im Nachhinein ist man immer schlauer. Bettinas Mann geht seine ersten Schritte und diese Chance kann man ihm geben wenn man dazu bereit ist.

    Liebe Bettina, wie Mollyfisch sagt, du musst deinen Weg gehen. Wichtig für dich ist erst einmal nicht in die Coabhängigkeit zu geraten. Das ist deine Aufgabe.

    Liebe Grüße Petra

  • Hi Petra,

    ja genau das Thema "nicht in Abhängigkeit geraten" und gehen, wenn es "zu viel" wird, finde ich einen sehr schmalen Grat. Deswegen auch die Anmeldung im Forum. Andere Meinungen hören, Perspektiven von außen und gern auch kritische Fragen. Ich weiß ganz genau, dass ich gehen werde, wenn er dem Alkohol weiter Raum gibt. Leider habe ich keine Glaskugel, wo es hingeht. Aber jetzt zu gehen wo er Therapie beantragt und fände ich auch nicht richtig. Ich kenne die Statistiken, wie viele es nicht schaffen, aber was wenn er es jetzt schafft mit Hilfe?

    Und ich weiß auch, er ist gedanklich echt noch am Anfang des Prozesses. Er geht gern zu den Gruppentreffen der Suchtberatung hin. Er hat auch noch viele bereichernde Interessen/Hobbys/intakte Familie etc., die ihm wichtig sind außerhalb seiner Saufkumpel-Bubble.

  • Hey Bettina,

    super von dir, das du dich angemeldet hast.

    Du hast ja schon Rückmeldungen bekommen, dass verbieten nichts bringen wird. Ich kann mich da nur anschließen.

    So wie ich das herauslese, möchtest du ihm eine Chance geben. Das liegt wohl an dir alleine, ob du das kannst und willst.

    Wenn du die Kraft hast, warum nicht? Wichtig ist aus meiner Sicht, dass du bei dir bleibst und das abgegrenzt betrachtest. Eben, dass du nicht in eine Co-Abhängigkeit gerätst. Es ist seins. Wenn er tatsächlich Einsicht zeigt und seine Schritte in die richtige Richtung lenkt, kann ich verstehen, dass du ihn in der Phase nicht im Stich lassen magst. Aber er alleine ist dafür verantwortlich.

    Du solltest aus meiner Sicht allerdings für dich einiges definieren. Bspw., wie lange du noch Geduld hast, bis er tatsächlich beginnt abstinent zu leben. Oder eben, das nur Abstinenz zählt, du dich nicht auf kontrollieres Trinken einlässt, sollte er mit der Idee um die Ecke kommen. Oder, wie gehst du mit einem Rückfall um, wenn es so sein sollte.

    Es ist gut, sich über diese Sachen vorher Gedanken zu machen. Im Nachhinein ist das schwierig und schwammig. Man läuft Gefahr, seine Linie zu verlieren und sich auch beschwatzen zu lassen.

    Viele Grüße

    Volka

  • Hallo Bettina, letztendlich musst DU entscheiden. Hier im Forum sind Leute mit ähnlichen Problemen, viel Erfahrungen, Ideen etc. DU entscheidest aber für deine Situation, Familie und den weiteren Weg für DICH. LG

  • Ich kenne die Statistiken, wie viele es nicht schaffen, aber was wenn er es jetzt schafft mit Hilfe?

    Hallo Bettina,

    ja das ist schwierig. Natürlich hofft man das er es schafft. Aber wie oft wurde man eben auch schon enttäuscht. Eine Therapie bringt ja nur etwas wenn die Einsicht und der Wille da ist wirklich dauerhaft nichts mehr zu trinken

    Nach meiner Trennung ist mein Ex erstmal richtig abgestürzt. Am Ende war Job, Führerschein und Ehefrau weg. Das war schwer für mich und ich habe mir das große Vorwürfe gemacht. Hätte ich ihm vielleicht die Auto-Schlüssel doch wegnehmen sollen und und und. Aber andererseits denke ich das erst dadurch bei ihm das Umdenken stattfand.

    Bis jetzt ist er trocken und ja manchmal denke ich auch warum nicht ein Jahr früher, dann hätte ich mich wohl nicht getrennt.

    Ich glaube trotz aller Zweifel und Trauer die ich bis heute durchlebt habe das es für uns beide so besser war. Wir haben uns beide nicht mehr gut getan.


    LG

  • ja, aber genau das ist es ja - hättest du dich nicht getrennt, würde er höchst wahrscheinlich immer noch saufen!!

    Ja wahrscheinlich wäre es so gelaufen, auch wenn man nicht wahrhaben möchte das man Teil des Problems ist. Denn als Co hält man ja für den Abhängigen die ganze Maschinerie am Laufen. Und ohne den Abhängigen hätte der Co niemanden zum Umsorgen. Das muss man aber erstmal für sich verstehen.


    LG

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