Rückfallrisiko von Langzeit-Trockenen

  • Hallo,

    ich bin seit 2011 Forumsmitglied, in den letzten Jahren jedoch schreibinaktiv. Im März werde ich 12 Jahre trocken sein.

    Der Vorstellungsbeitrag Skylar hat mich nachdenklich gemacht, da er nach über 20 Jahre Trockenheit rückfällig wurde.

    Ich würde gerne die Thematik mit Langzeittrockenen (über 8-10 Jahren) diskutieren. Da diese sicher vorwiegend im geschützten Bereich sind (wo auch mein altes Tagebuch ist), habe ich dort um Wiederaufnahme nachgesucht.

    Bis dahin schreibe ich hier.

    LG Carl57

  • Servus Carl

    willkommen zurück. in den letzten Jahren schlugen immer wieder rückfällige Langzeittrockene auf.

    Der Hauptgrund kurz und knapp begann mit einem Verhaltensrückfall. Das fing mit der Vernachlässigung der Trockenarbeit und das Einschleichen einer trügerischen Sicherheit an.

    Mit den Jahren ist auch das Beschäftigen mit dem Thema ermüdend und spielte eine "Ich habe es jetzt kapiert" Mentalität vor. Einige griffen dann in Gesellschaft explizit zu 0,0 % Getränke und der Rest nahm seinen Lauf.

    Was zuletzt auch immer wieder Langzeittrocknen ins Forum trieb, ist das Unterschätzen der Emotionen im Zusammenspiel mit der Sucht.

    Ich denke, du wirst hier auch einige treffen, die es aus erster Hand und vor allem aus Erfahrung heraus erzählen können.

    Ich bin so wie du bisher ohne Rückfall. Deswegen nur eine Zusammenfassung

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Hallo Seeblick,

    keinesfalls wollte ich jemanden aus der Diskussion ausschliessen. Es sollte nur mit meiner Situation vergleichbar sein. Mehrere Jahrre trocken und das Gefühl einer gefestigten Abstinenz wären ok.

    Ein Rückfall ist für mich, auch im Gedankenspiel mit verschiedenen Gründen, schwer vorstellbar geworden.

    LG Carl57

  • Hallo Carl,

    ich trinke jetzt seit 13 Jahren nicht mehr und ich kann diesen Satz von Dir komplett unterstreichen

    Ein Rückfall ist für mich, auch im Gedankenspiel mit verschiedenen Gründen, schwer vorstellbar geworden.

    Als ich aufhörte zu trinken habe ich gehört, dass man besonders als LZT achtsam bleiben muss, da es eben auch zur trügerischen Sicherheit kommen kann . Ich habe mich in den letzten 7 Jahren überhaupt nicht mit meiner Sucht auseinandergesetzt. Einfach normal und gut gelebt. Seit 2 Wochen bin ich jetzt wieder im Forum - irgendeine innere Stimme hat damals wohl gut zugehört, weswegen es mich wieder hierhin gezogen hat. Einfach das Hirn wieder einnorden ....

    Ansonsten würde mich Hartmuts Gedanken dazu anschliessen.

    Viele Grüße Martha

    Achte auf deine Gedanken, sie sind der Anfang deiner Taten ...

  • .. ich frage mich, welches Ereignis einen Rückfall auslösen könnte. Eigentlich betreibe ich keine Trockenarbei, weil der Alkohol völlig aus meinen Gedanken verschwunden ist. Allerdings ist ein Sperre da: ich bilde mir nicht ein, immun geworden zu sein und werde deshalb auch zu "Testzwecken" bewusst keinen Trinkversuch machen.

    LG Carl57

  • Hättet Ihr mich vor 4 Wochen gefragt, ob ich auch nur einen Gedanken an einen Rückfall gehabt habe, dann hätte ich ganz entschieden mit NEIN geantwortet. Sicherlich läuft es bei mir zur Zeit absolut nicht rund, aber das tut es schon seit Monaten nicht mehr. Also warum (erst) jetzt der Rückfall? Warum überhaupt? Das ist die Frage, die ich mir selbst noch nicht wirklich beantworten kann. Kurzschluss, Kopf aus. Gar nicht mehr gedacht.

    Aber jetzt denke ich wieder, will wieder trocken sein und bleiben!

    LG Skylar

    nothing else matters

  • Ich habe bei allen Ereignissen, in jeder Situation und irgendwann zu jeder Uhrzeit getrunken, wenn es möglich war.

    Daher denke ich, ich hab alles an Ereignissen durch, auch sehr schlimme oder traurige.

    Am Ende ging es ja nicht mehr um die Belohnung oder die Bewältigung von Stress, Trauer oder Krisen, sondern nur noch ums Saufen des Saufens willens.

  • Hera Genauso ging es mir vor über 20 Jahren auch. Bei meinem Rückfall vor 2 Wochen war es all das komprimiert in 3 Tage. War schon krass. Bin ich froh, daß ich mich so schnell wieder an das Wesentliche das wieder Trocken werden erinnern konnte. Bevor es wieder so richtig eskaliert hat.

    LG Skylar

    nothing else matters

  • Danke Maerchenfee :)

    Ich hatte das Glück eines klaren Moments und dann auch direktdie Unterstützung meiner besten Freundin, die direkt ins Auto gesprungen und 150 km zu mir gefahren ist. Sie zusammen mit meiner Tochter haben mir über die ersten Stunden liebevoll aber konsequent hinweg geholfen. Wie sagten die beiden: Stunde für Stunde, Tag für Tag.

    Ich nehme jetzt alles an Hilfe an, die sich mir bietet. Und bin sowas von heilfroh dieses Forum gefunden zu haben. Nehme aus Euren Berichten, Reaktionen, Denkanstößen so viel mit

    LG Skylar

    nothing else matters

  • Hallo Skylar McIntyre : Ich finde es richtig gut, dass Du Dir hier Hilfe suchst. Und bereit bist, jede Hilfe anzunehmen. Das bezeichne ich immer als Demut.


    Danke Carl57 für die Erstellung dieses Fadens!

    Sylvester dieses Jahr habe ich im Urlaub mit der etwas schwierigen angeheirateten Sippe gefeiert. Das war ganz ok. Danach folgte aber noch eine Geburtstagseinladung. Dort wurde seitens der Familie viel getrunken. Ich bin dann nach dem Essen sehr schnell gegangen mit der Göttergattin. Das habe ich nicht ausgehalten: Die Sippe, die ich nicht besonders mag, der ungebremste Alkoholkonsum, was ich nicht wußte, dass die soviel saufen. Das alles hat mich echt getriggert.

    Zum Glück bin ich gleich aus der Situation raus. Wir sind zurück in die Ferienwohnung, haben mit unserer Katze ( ja, die war mit im Urlaub :love: ) auf dem Sofa gesessen und noch etwas Fernseh geguckt.

    Danach habe ich mir überlegt, ich melde mich hier wieder an.

    Auch nach vielen Jahren zufriedener Nüchternheit kann einem sowas passieren, einen triggern. Und dann muss man zuerst aus der Situation raus und sich danach Menschen suchen, mit denen man darüber reden/schreiben kann.

    Beste Grüße

    drybabe

    never give up

  • hallo drybabe,

    danke für die Beschreibung der Trigger-Situation. Ich vermute, dass mich die (stark) trinkende Gesellschaft eher abgestossen als getriggert hätte.

    Ich meine triggern in dem Sinne, evtl. schwach zu werden. Solange es einigermassen gesittet zu ging und mich niemand zum (alkohol)mittrinken animiert hätte, wäre ich wahrscheinlich nicht vorzeitig gegangen.

    Frage: wie sehr hast Du Dich gefährdet gefühlt?

    LG Carl57

  • Hallo Carl57

    Ich habe nicht wirklich verspürt, dass ich dort in Gefahr war, zu trinken. Aber es gab so kurze Momente, solche Flashbacks. Und da dachte ich nur: Raus hier!

    Das lag aber natürlich auch an der familiären Situation, in der ich mich nicht wohl gefühlt habe.

    Generell bin ich sehr vorsichtig, was Feiern angeht. Nach wie vor vermeide ich es, so gut es geht.

    Beste Grüße

    drybabe

    never give up

  • ich habe überlegt, ob eine Trigger-Situation einem Rückfall vorausgehen muss. Vermutlich ja. Aber selbst eine solche Triggersituation kann ich mir nicht (mehr) vorstellen. Wenn ich in Gesellschaft alkoholtrinkender Personen bin, triggert mich nichts. Ich denke dann zwar an meine Vergangenheit, aber eher mit Freude und Befriedigung, dass ich keinen Alkohol mehr trinken möchte (nicht darf!).

    LG Carl57

  • Ein Rückfall ist für mich, auch im Gedankenspiel mit verschiedenen Gründen, schwer vorstellbar geworden.

    Gedankenspiele sind eben das, was sie nur sind: Spiele

    Erst wenn man wirklich in einer Ausnahmesituation ist, eine solche habe ich vor 2 Wochen erlebt, kann man beurteilen, wie man wirklich reagieren wird.

    Wie ich reagiert habe. Ich habe sie durchstanden, ohne zum Alkohol zu greifen. Der erstens nicht greifbar war und von dem ich wusste, dass er alles nur noch verschlimmern würde.

    Ich habe die Situation, die Tage danach durchgestanden und überstanden. Mit dem klaren Bewusstsein, dass es nur ein schmaler Grat ist und bleibt für einen trockenen Alkoholiker.

    D.h. ich muss immer aufmerksam sein und gut auf mich aufpassen.

    Denn wenn man zu selbstsicher und selbstgerecht wird, kann es einem schnell den Boden unter den Füßen wegreißen und zum Glas greifen lassen.

    Auch aus diesem Grund bin ich hier, in unserer Selbsthilfegruppe, um mir bewusst zu machen, dass ich mir nie zu sicher sein darf und aufmerksam bleibe!

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Sich als Alkoholiker etwas vormachen hört nicht mit dem trocken werden auf. Es ist und bleibt immer ein Bestandteil der Krankheit. Ob ich trinken möchte oder darf, ist für mich unerheblich. Ich kann es nicht mehr. (im Sinne von kontrollieren)

    ich habe überlegt, ob eine Trigger-Situation einem Rückfall vorausgehen muss

    Trigger auf Deutsch heißt bekanntlich "auslösen" Die Sucht löst es aus. Und sie handelt nicht immer rational.

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

  • Moin

    Ein Rückfall ist kein Spiel, warum also Gedanken Spiele?

    Ich lebe über 15 Jahre, ausschließlich mit Hilfe dieses Forums, nüchtern und liebe mein Leben ohne Alkohol.

    Es ist jetzt 2 Jahre her, dass ich die schwere Krankheit meines Lebenspartners begleiten und seinen Tod verkraften musste.

    Täglich, wenn ich aus dem Krankenhaus kam, habe ich meine Gedanken, meine Ängste, Zweifel, Anspannung, Hoffnung, Enttäuschung, kurz alle Gefühle in meinem TB abgeladen, bin liebevoll von den Nutzern unterstützt und aufgefangen worden.

    Ich hatte Gelüste nach Schokoladentorte, ganz sicher keine nach Alkohol.

    Weshalb also solche Gedankenspiele? Ob ich bis ans Ende meiner Tage trocken bleibe, weiß ich erst, wenn ich tot bin. Und dann ist es mir egal.

    LG PB

    Es nützt nichts Jemandem eine Brücke zu bauen, der gar nicht auf die andere Seite will.

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