Iphiegenie - Umgang mit Unsicherheit und Labilität

  • Hallo Iphigenie,

    Aber mein Kopf hält mich da zurück. Irgendwie eine diffuse Angst, dass ich dann wieder trinken würde, wenn ich meine Lebensgeister anfache.

    Ich glaube zu wissen was Du da meinst. Ich versuche das mal aus meiner Warte zu beschreiben, evtl. trifft ja etwas davon zu bei Dir:

    Ich hatte damals ( und auch heute noch ab und zu ) das Gefühl keine positiven Erlebnisse oder Empfindungen verdient zu haben. Durch den Alkohol habe ich mir Euphorie verschafft, aber im Grunde genommen ging es mir dabei eher schlecht. Ein bekannter Zustand.

    Das hatte zur Folge, das ich mit (zuviel) positiven Emotionen nicht umgehen konnte. Ich habe das nie gelernt. Wohin also mit der Kraft und der gewonnenen Energie? Und habe ich diese ( glücklichen )Zustände überhaupt verdient ? ( ich kann nur von mir schreiben )

    Das passiert wohl, wenn schwere Depressionen mit Alkohol einhergehen und das Kind in mir stetig misshandelt wurde.

    Was passiert da? Ich habe plötzlich Kraft, Energie und Euphorie ( Lebensgeister angefacht ) und weiss garnicht wie mir geschieht. Um diese Hormonausschüttungen wieder in normale Bahnen zu lenken, hat mir das Teufelchen dann gleich mal den Alkohol vorgeschlagen zum runterkommen. Damit gehts mir dann garantiert wieder schlechter.

    Klingt ganz schön schräg, ich weiss.

    Das Problem lag also in der Psyche vergraben und ist demnach psychotherapeutisch angegangen worden.

    Das habe ich jetzt wirklich noch nie gehört. Je mehr ich meine Lebensgeister anfache, desto weiter bin ich vom Alkohol weg.

    Das stimmte bei mir z.B. nur bedingt. Heute hat die Trockenheit die Regie übernommen, es gibt genügend zum ausgleichen und mehr zulassen geht auch. Das dauerte aber bei mir.

    Das fiel mir nur spontan ein als ich Deinen Satz gelesen habe. Das mit dem unbegrenzten zulassen von "Lebensgeistern" ist so eine Sache. Ich muss da eine gewisse Balance halten. Wenn der Kessel überschwappt, muss etwas negatives her um das auszugleichen. Je nach dem wie lange diese alkoholischen ( und/oder sonstige )Unglückszustände angehalten haben, muss die andere Seite erstmal wieder erlernt werden.

    Klingt noch etwas schräger als sowieso schon.

    Seitdem ich hier im Forum schreibe, habe ich vor diesen Euphorie- Schüben schon gewarnt, weil es für mich ein ganz wichtiger Bestandteil der Abstinenz dargestellt hat. Verstehen tut das wohl nur wer das live erlebt hat.

    Ich halte also Deine Angst für begründet, könnte das aus meiner Warte verstehen. Langsam angehen lassen und eine gewisse Balance halten.

    Das bedeutet nicht, das man es von vorneherein sein lässt was einem gut tun könnte. Machen, ausprobieren und erleben was geht, aber auf der Hut sein in welche Richtung es geht.

    lG WW

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • Und nun?

    Nach Vorne schau'n. Das ist das, was ich jetzt tun möchte.

    Das hatte zur Folge, das ich mit (zuviel) positiven Emotionen nicht umgehen konnte. Ich habe das nie gelernt. Wohin also mit der Kraft und der gewonnenen Energie? Und habe ich diese ( glücklichen )Zustände überhaupt verdient ? ( ich kann nur von mir schreiben )

    Ich bin jetzt bei Tag 103 der Abstinenz. Nachdem ich mich in den ersten Wochen wie in Quarantäne befand und mir da auch bestimmte Routinen zugelegt hatte, waren die letzten Wochen emotional und beruflich herausfordernd.

    Es gab da z. B. vor kurzem eine Situation, wo ich so von Energie und innerer Spannung , 1000 Ideen gleichzeitig im Kopf etc. überwältigt wurde, in der ich mir dann früher sofort ganz viel Alkohol beschaffen musste, um das auszuhalten. Da blieb mir jetzt nur der Versuch, zu schlafen, mich irgendwie ruhig zu stellen. Das zu kanalisieren, ob beruflich, durch Sport, irgendwie, schaffe ich, wenn die Situation erst einmal da ist, noch nicht. Auch mit Hilfe des Suchttherapeuten und der Traumatherapeutin nähere ich mich langsam an, da weiter zu kommen.

    Wenn der Kessel überschwappt, muss etwas negatives her um das auszugleichen. Je nach dem wie lange diese alkoholischen ( und/oder sonstige )Unglückszustände angehalten haben, muss die andere Seite erstmal wieder erlernt werden.

    Es ist einfach so, dass ich gerade zwischenmenschliche Situationen in der Abstinenz einfach anders angehe, weil ich einen anderen Blick habe. Z. B. hatte ich die Situation, dass ein Textbeitrag von mir, dessen Veröffentlichung bevorstand, einfach nicht veröffentlicht wurde. Die Begründung, die mir genannt wurde, war sehr schwammig und nicht wirklich nachvollziehbar. Obwohl ich doch ziemlich vor den Kopf gestoßen war, habe ich nicht nachgehakt, da ich der verantwortlichen Person recht nahe stehe und keinen zusätzlichen Druck ausüben wollte. Da habe ich einfach intuitiv gehandelt. Mir ging es dann vor allem darum, in meiner Enttäuschung nicht bei mir und der Qualität des Beitrags die Schuld zu suchen. Gestern habe ich dann auch intuitiv das Beitragsthema woanders vorgeschlagen und wurde sofort willkommen geheißen. Das war ein so ein tolles Glücksgefühl, weil ich da meiner Wahrnehmung getraut habe. Und auch, zumal sich bei dieser anderen Stelle ganz neue Freiheiten für mich ergeben. In vergleichbaren Situationen hätte ich früher trotz meiner Intuition, dass im Hintergrund, Dinge laufen, auf die ich keinen Einfluss habe, die Schuld dann bei mir gesucht, den Groll genährt und das Ganze mit Alkohol runtergespült.

    Es ist wirklich eine lange Reise und

    das Kind in mir

    ist halt kein Roboter und möchte gehört werden. Was dann ganz schön anstrengend sein kann.

    Gruß Iphigenie

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