Maiblume - Habe ich überreagiert? - Schuldgefühle

  • Hallo zusammen,

    ich bin auf diese Forum gestoßen und lese auch schon eine Weile mit. Aber jetzt habe ich den Mut gefasst, doch auch mal was zu schreiben, da ich mir erhoffe, dass ich meine Gedanken vielleicht mal wieder irgendwie ordnen kann.

    Ich habe meinen Freund vor 2,5 Jahren kennengelernt. Da ist mir schon nach ziemlich kurzer Zeit aufgefallen, dass er doch gerne mal viel trinkt, immer Rum mit Cola. Wie viel es wirklich war ist mir nicht aufgefallen, da ich immer nur am Wochenende zu Hause war. Seit einem Jahr wohnen wir zusammen. Da wurde mir die Lage klarer. Wenn ich von der Arbeit nach Hause kam, habe ich ihn teilweise richtig besoffen vorgefunden, sodass er kaum noch stehen konnte.

    Irgendwann habe ich ihn darauf angesprochen. Er meinte dass sei ja wohl nicht so schlimm, wenn er sich nach Feierabend mal einen trinken würde. Es passierte immer und immer wieder, es folgte immer ein großer Streit. Dann das Versprechen keinen Alkohol mehr zu trinken. Diese Versprechen hielten maximal 4 Tage. Nach weiteren Streits folgte die Umstellung auf Bier. Es blieb aber nie bei einem Bier, sondern es wurden so viele, dass er wieder komisch wurde. Dann fing er an heimlich zu trinken um Streit zu vermeiden, so sagt er.

    Vor 8 Wochen war es dann so schlimm, da war er zwei Tage komplett betrunken, dass ich ihm gesagt habe, dass ich will das er auszieht. Hab mich dann doch wieder einlullen lassen und er versprach mir sich professionelle Hilfe zu holen. Ca. 4 Wochen hat er wirklich nichts getrunken. Doch dann fing ich an Alkohol zu riechen, er stritt ab getrunken zu haben, das waren ein paar male.

    Gestern war es dann soweit und ich habe mich getrennt. Ich werde völlig irre und paranoid. Ich kontrolliere ihn seit einem Jahr, schau im Auto nach leeren Dosen, kassenbons, etc. Ich glaube ihm so gut wie nichts mehr. Ich komme früher nach Hause, weil ich meine, ich könnte es dann verhindern, dass er heimlich trinkt. Als ich mich dann gestern getrennt habe, hat er zunächst alles abgestritten, als ich ihm dann den Kassenbon hingelegt habe, sagte er, er habe einmal seit dem getrunken.

    Ich fühl mich so schlecht, vllt tue ich ihm ja doch unrecht.;( Jetzt zieht er aus und er hat wegen mir so viel aufgegeben, dass ich mich noch schlechter fühle! Seit einem Jahr habe ich unzählige Chancen gegeben, irgendwann reicht es doch, oder? Professionelle Hilfe hat er sich bis jetzt übrigens nicht geholt, er wollte es erstmal alleine versuchen...

    Ich hoffe, das war für den Anfang nicht zuviel. Ich würde mich freuen von euch zu lesen.

  • Hallo Maiblume,

    Nur ganz kurz: nein, du hast nicht überreagiert.

    Ja, du darfst deiner Wahrnehmung trauen. Um die Sucht zu verschleiern, greifen Alkoholiker tief in die Trickkiste, lügen und manipulieren.

    Sei stolz auf dich, dass du den Ausstieg aus dieser Spirale in Angriff nimmst. Es würde mit der Zeit immer schlimmer werden.

  • Hallo und willkommen Maiblume,

    das, was du 1 Jahr lang gemacht hast, habe ich ca 15 Jahre lang gemacht. Und vorher schon oft mit meinem ersten Mann über sein Trinkverhalten gestritten. Ich bin daran fast kaputt gegangen.

    Ich fühl mich so schlecht, vllt tue ich ihm ja doch unrecht.

    Das habe ich sooo oft gedacht und immer wieder nachgegeben.

    Es ist gut, dass du die Reißleine gezogen hast.

    Liebe Grüße Aurora

    Glücklichsein ist eine Entscheidung

  • Hallo Maiblume,

    aus meiner Sicht alles richtig gemacht. Er kann sich jetzt ganz in Ruhe um seine Sucht kümmern, wie auch immer das aussehen mag. Du bist raus, und das ist gut so.

    lG WW

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • das, was du 1 Jahr lang gemacht hast, habe ich ca 15 Jahre lang gemacht.

    Das ist Wahnsinn , wie fertig man sich damit macht..und ich kenne das "nur" seit einem Jahr...möchte gar nicht wissen wie du dich dabei gefühlt hast! Darf ich fragen, wie du da raus gekommen bist? Ich finds jetzt schon echt schwer und habe Angst, dass ich wieder auf die Lügen reinfalle, sobald er nüchtern ist. Er ist wenn er nichts trinkt so ein lieber Mensch

    Er kann sich jetzt ganz in Ruhe um seine Sucht kümmern, wie auch immer das aussehen mag

    Das tut er leider...aber wie du sagst: ich bin raus!

  • Hallo Maiblume,

    herzlich willkommen in unserer online Selbsthilfegruppe.

    Dir ist ja schon sehr viel wichtiges geschrieben worden. Ich finde es immer wichtig, seinen Wahrnehmungen zu vertrauen, denn der nasse Alkoholiker wird immer versuchen diese in Abrede zu stellen.

    Möchtest du dich hier gerne weiter austauschen, dann klicke unten auf den Link und schreib noch einen kurzen Satz, dann schalten wir dich für die offenen Bereiche frei.

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/


    lg Morgenrot

    Wer nicht hofft, wird nie dem Unverhofften begegnen. ( Julio Cortazar )

  • Hallo Maiblume,

    außer mir haben es hier schon ganz viele Coabhängige geschafft. Meinen Weg findest du hier:

    Aurora
    7. Mai 2007 um 21:48

    Liebe Grüße Aurora

    Glücklichsein ist eine Entscheidung

  • Hatte das Wochenende "sturmfrei", er ist mit seinen Kindern woanders untergekommen. Das war so befreiend und ich habe angefangen es zu genießen!

    Nachdem ich mich getrennt habe, war hier die nächsten zwei Tage natürlich erstmal was los. Gesoffen bis zur Besinnungslosigkeit! Das We war er dann wie gesagt weg, bis heute nix gehört. Doch kam die Bitte zureden. Ich denke ja, hilft vielleicht um ein paar Dinge zu klären. Aber nicht, dass ich die Beziehung retten will!

    Er kam rein, stellt sich in den Raum als habe ich um ein Gespräch gebeten! Dann hat er mir versichert er habe nichts getrunken! Im Raum stand ein Karton mit etlichen Vodka Dosen. Hätte ich nachgesehen hätte ich festgestellt, dass die Dosen noch voll sind (nur sind sie mittlerweile verschwunden, ich frage mich wo?) Das beschmierte Klo (ich nahm an von Kotze) sei von Cola, da sie beim öffnen so geschäumt habe, habe er das übergelaufene in den Händen aufgefangen und von den Händen in die Toilette geschüttet. In der Zeit wo ich ihm das Ultimatum gestellt habe, habe er 1-2 mal nicht standhalten können, ansonsten habe er sich wirklich bemüht. An einem Abend war er nochmal in der Küche, hat kein wort gesagt, aber sein Blick sagte eigentlich: ich kann nicht mehr geradeaus schauen. Er hat sich den ganzen Tag noch nichtmal bei seinem Sohn gemeldet, obwohl er das immer macht, wenn die Kinder anrufen. Sein Sohn hat sich dann bei mir geldet, weil er sich Sorgen gemacht hat. Und ich durfte ihm dann sagen, dass Papa sich wohl heute nicht mehr melden wird, weil es ihm nicht gut geht weil ich mich von ihm getrennt habe. Weshalb wollte er dann wissen, ja super was soll ich dem Jungen erzählen! Ich habe das mal vorsichtig ausgedrückt, dass sein Vater ein Problem hat, mit dem ich nicht umgehen kann. Und er ihm das besser selber erzählen soll.

    Zur Wohnungssuche: er habe 2-3 Wohnungen abgeschrieben, die seien eh alle Schrott und teilweise im Assi-Viertel, aber was soll er machen, mehr kann er sich nicht leisten, sagte er.

    Und schwups...mein Schlechtes Gewissen meldet sich! Ich hasse mich dafür!;( Also ich werde auf keinen Fall schwach und lass mich wieder auf ihn ein. Aber ich will auch nicht ständig diese schlechten Gedanken haben!

    Das gehört doch wieder zu den typischen verhaltensweisen, oder was meint ihr? Ich frage mich, ob er denkt, dass ich dumm bin!?

  • Guten Abend Maiblume,

    Ich frage mich, ob er denkt,

    keiner weiß, was er denkt. Ich selbst bin Alkoholiker und weiß es natürlich auch nicht. Wichtig ist, was Du denkst und wie Du für Dich handelst.

    Willkommen hier.

    Du bist jetzt freigeschaltet und darfst überall schreiben. Nur bitte nicht in den ersten vier Wochen im Vorstellungsbereich.

    Viele Grüße

    Alex

  • Versuch jetzt mit all deiner Kraft bei dir zu sein und zu bleiben. Das hört sich krass an, aber seine Probleme sind NICHT deine Baustelle. Er entscheidet wo er wohnt, ob er auf der Straße landet, ob er trinkt, wie viel, oder sich Hilfe holt.....

    Ich habe lange für diese Einsicht gebraucht und es fühlt sich immer noch schlecht an, wird aber leichter. Bei mir ist es nicht der Partner sondern die Schwester. Also nicht ganz vergleichbar aber daher umso größeren Respekt vor dir. Die Trennung war richtig. Und du hast etwas geschafft, was viele nie oder nach Jahrzehnten erst schaffen. Je besser du dich jetzt abgrenzt desto eher hast du dein Leben wieder.

    Fokussier dich auf dich. Tu Dinge die dir gut tun und wenn Zweifel und schlechtes Gewissen aufkommen, schau dich im Forum um, hol dir hier Bestätigung und Zuspruch und lenk dich ab.

    Es wird einfacher.

    LG

  • Ich fühl mich so schlecht, vllt tue ich ihm ja doch unrecht.

    Kenne ich! Einmal hat er mir so sehr versichert, dass er nichts getrunken hat und er war so verzweifelt, dass ich ihm nicht glaubte und er war so überzeugend, dass ich schon dachte, er hätte das "Eigenbrauer Syndrom" - da produziert der Körper selbst Alkohol. Trau ich mich ja kaum zu erzählen, so bescheuert ist das...

  • Und auch in deinem Beitrag finde ich mich bei so vielen Dingen wieder. Immer diese Versprechungen.. immer wieder. Immer diese Einsichten und dann ist die nächste Enttäuschung umso größer.. Diese Paranoia kenne ich auch nur zu gut.. dieser Geruch, dann wird’s natürlich abgestritten und der Kopf dreht wieder durch.. Und das schlimme ist das die Intuition so oft recht hatte und man hat irgendwas gefunden.. Ich bin auch ständig hin und her gerissen zwischen eigener Wut und Trauer und das ich ihm helfen will… aber auch da wurde ich wieder bestätigt das vieles wieder nur Manipulation ist.. seit Samstag Abend ist er weg, hat jetzt gestern einmal im Hotel wohl gepennt und rennt jetzt nur draußen rum. Bin auch völlig im Eimer grad und muss mich jetzt aufraffen und den Alltag bewältigen. Wie geht es dir denn heute..? Fühl dich gedrückt

  • Hallo Hazel,

    Schlechtes Gewissen habe ich 3 Jahre gehabt, er hat es immer geschafft, aber ganz ehrlich, er ist ein erwachsener Mensch, er muss für sein handeln geradestehen, denk an dich, ich merke jetzt wie schlecht es mir mit ihm ging. Immer in dieser Angst zu leben, trinkt er, wo ist er, ich bin auch manchmal hinter ihm hergelaufen, er mit der Flasche in der Hand und diese Straßen laufe ich ja noch entlang und denk mir oh man war ich blöd.

  • Erstmal vielen dank an euch für euren Zuspruch, das ist wirklich aufbauend! Und wenn der Kopf wieder durchdreht und ich dann die Kommentare lese,dann komm ich zumindest eine Zeit lang von dem schlechten Gewissen weg und denke alles richtig gemacht! Das schlechte Gewissen macht mir irgendwie am meisten zu schaffen!

    Er entscheidet wo er wohnt, ob er auf der Straße landet, ob er trinkt, wie viel, oder sich Hilfe holt.....

    Genau das hat eine Freundin zu mir gesagt! Und das es auch nicht meine Schuld ist, dass er sich nie etwas Geld gespart hat! Ihr habt so recht und doch denkt man ständig drüber nach

    Einmal hat er mir so sehr versichert, dass er nichts getrunken hat und er war so verzweifelt, dass ich ihm nicht glaubte und er war so überzeugend,

    Ja, ich habe ihm auch sämtlichen Scheiß geglaubt, weil sie so überzeugend sind! Aber ich finde, wenn man es dann jemandem erzählt und man liest, dass es vielen anderen auch so geht, habe ich mich erleichtert gefühlt! Man fühlt sich nicht mehr ganz so "dumm"!

  • Und auch in deinem Beitrag finde ich mich bei so vielen Dingen wieder.

    Genau das habe ich auch gedacht, aber das ist leider was einen aufbaut, man fühlt sich nicht mehr so blöd und wird bestätigt, dass man sich die Dinge nicht eingebildet hat!

    Wie geht es dir denn heute..?

    Es ist ein ständiges Auf und Ab..Heute haben wir geschrieben, weil noch was zu klären war wegen Wohnung und so. Er hat eine neue Wohnung gefunden, allerdings dauert es noch was bis er rein kann. Er versucht, das er was früher rein kann. Dann hat er angefangen das Schlafzimmer leer zu räumen und und schrieb mir dass er jetzt aufhört weil er es nicht kann und ob wir die Tage einen Teil zusammen packen können. Wir haben ein paar Sachen die wir gemeinsam noch durchgucken sollten...sowas zerstört mich dann natürlich...;(;(;( Jetzt gerade war er da und wir konnten mal ganz vernünftig reden, aber das tut auch weh, weil ich ihn ja nicht hasse! Ich weiß aber auch, dass wenn ich bei ihm bleibe, alles wieder von vorne anfängt...und was mich sehr traurig macht ist die Tatsache, dass er den Bach runter gehen wird! Aber wie alle sagen, das ist dann seine Entscheidung, nur er selber hat es in der Hand was aus ihm wird...

    Mir hilft in solchen Momenten auch, alles noch mal Revue passieren zu lassen. Die ganzen Lügen, das Manipulieren und diese ganzen Versprechungen..

    Ich glaube wenn er mal ausgezogen ist, wird es leichter, aber bis dahin werden wahrscheinlich noch viele Tränen fließen..vor allem in der Phase des Umzugs und der Packerei und wenn dann plötzlich alles leer ist..

    Bin auch völlig im Eimer grad und muss mich jetzt aufraffen und den Alltag bewältigen.

    Ich kann dich da total verstehen, sowas zehrt echt an den Nerven. Ich wünsche dir ganz viel Kraft!

    LG

  • Oh ja davor graut es mir auch… wir haben unsere komplette Wohnung neu renoviert, alles schön gemacht und jetzt der Gedanke das es bald nicht mehr so sein wird frisst mich jetzt schon auf.
    Heute haben wir auch kurz geschrieben, aber habe mich wieder dabei erwischt wie ich wieder versucht habe ihm alles logisch und neutral zu erklären. Er sagt ja auch ich hab recht mit allem was ich sage, da kann ich es umso weniger verstehen wieso er einfach nichts macht.. er sagt er ist auch total überfordert mit allem und Zack fühlt man sich wieder schlecht. Als würde ich ihn im Stich lassen. Aber dann kommt direkt der Gedanke das er mich ja eigentlich genauso im Stich gelassen hat, hat nie an meine Gesundheit gedacht

  • Genau die gleiche Leier! Mit logisch und neutral habe ich es auch versucht, leider keine Chance. Ich habe aufgegeben irgendwas zu versuchen, er sieht es nicht ein und mich macht es kaputt! Waren gerade erst im Urlaub und den nächsten Urlaub habe ich storniert...Und wenn er dann so traurig vor mir steht, dann kommt ebenfalls das schlechte Gewissen...

  • Keiner hier sollte sich schlecht oder dumm fühlen dass er auf die Lügen reinfällt. Wenn Alkoholiker etwas gut können, dann ist das Lügen und Manipulieren. Ich glaube meine Schwester kann das gar nicht mehr unterscheiden und glaubt sich ihre Lügen selbst. Die klingen halt besser als die Wahrheit.ihr vorgetäuschter schlimmer Unfall war da bisher das traurige Highlight.

    Ich will meine Sachen jetzt nicht hier rein bringen, aber im Moment geht es richtig bergab bei ihr und das ist ein Moment der für dich vielleicht noch kommt. Da sollte man sich innerlich auch irgendwann wappnen. Wie möchte man reagieren wenn der Alkoholoker echt am Ende ist. Sprich Schulden, Gerichtsverfahren, Arbeits und Wohnungsverlust. Bei uns steht es kurz davor und ich ringe mit mir wie ich damit umgehen will. Was ich nicht will ist überrumpelt sein und spontan reagieren. Denn dann bin ich vermutlich zu unterstützend und im Nachhinein sieht man dann einen eigenen Rückfall in coabh. Verhalten.

    Mein Mantra was mich im Moment dadurch bringt und vielleicht ja auch anderen helfen kann ist.

    Es ist nicht meine Baustelle. Sie hat es als einzige in der Hand ihr Leben zu gestalten.

    Ich gestalte meins!

    Ich drücke dir die Daumen, dass der Auszug jetzt schnell und möglichst reibungslos über die Bühne geht und du zu dir kommen kannst.

    GLG

    Einmal editiert, zuletzt von Aruula (11. Juni 2024 um 09:12)

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