Wacholderfrau - Nun sind es wieder 12 Jahre...

  • Hallo,

    es gibt hier so viel zu lesen!

    Ich stöbere immer wieder mal in meinen alten Themen und Beiträgen. Ehrlich, mir ist gerade ein bisschen schwindelig. War das wirklich ich, die das alles geschrieben hat? Ja, wer sonst?!

    Ich darf hier aufschreiben, was ich denke, stimmt's? Zum einen denke ich, ich werde immer empfindsamer, je älter ich werde.

    Und dann denke ich, ich könnte das nicht mehr! Trinken, aufhören zu trinken, trocken werden, abstinent sein, ein trockenes Leben aufbauen. Abgesehen davon, dass ich das eh auf keinen Fall wieder will!, ich könnte es auch nicht!

    Es überwältigt mich geradezu, wie besch... es mir gegangen ist und wie mühevoll alles war, diese vielen kleinen Schritte (die ich ja eigentlich aus der jetzigen Sicht unglaublich schätzen gelernt habe), die Auseinandersetzung mit mir und meinem Suchtverhalten.

    Wenn es nur der qualvolle Tod wäre...

    Wieder zu trinken würde ein qualvolles Leben bedeuten.

    Diese Aussage finde ich sehr bemerkenswert, deswegen möchte ich es gern an dieser Stelle haben. Danke dafür.

    Nicht dass hier etwas falsch verstanden wird, ich habe keinen Suchtdruck oder auch nur den entferntesten Wunsch zu trinken. Es berührt mich so mordsmäßig, im alten Thread von meinen Anfängen hier zu lesen.

    Mir ist es zu Beginn schon aufgefallen, dass ich mich nicht gut abgrenzen kann, von dem, was ich allgemein hier lese. Versteh das nicht ganz, denn eigentlich kann ich das normalerweise sehr gut (aha, eigentlich normalerweise). Muss vielleicht ein bisschen langsam machen...

    Sorry, wenn das alles ein bisschen durcheinander klingt und wirkt, so fühl ich mich halt gerade. (Und wieso entschuldige ich mich jetzt?)

    Montagsgrüße von Wacholderfau

  • Ich kann das gut nachvollziehen, was Du schreibst. Ich habe erst vor kurzem etwas weiter zurück in meinem TB gelesen (also einige Jahre zurück) und erkenne mich da auch kaum wieder. Bzw ich erkenne eine enorme Veränderung, die da in den letzten Jahren mit mir passiert ist. Wobei - „passiert“ ist sie nicht, sondern ich habe sie selbst bewirkt..

    Ganz zum Anfang (vor 12 Jahren) will ich gar nicht zurücklesen, das ist eher befremdlich für mich.

    Und Du hast das ganz treffend ausgedrückt - das alles nochmal durch zu machen (das Trockenwerden), das wäre mir viel zu anstrengend. Und zu zeitintensiv 😉 Daher bleibe ich einfach weiterhin trocken 😇

    LG Sue

    You will bloom if you take the time to water yourself 🌷

  • Hallo und danke fürs Lesen

    LG und nice to meet you !

    Hi Hera, nice to meet you, too

    Du liebe Sue, ich danke dir für deine Worte.

    Wir sind hier viele Schritte gemeinsam gegangen, am Anfang und dann weiterhin. War auch! eine gute Zeit, eine supergute, wenn ich es genau nehme. Aber klar, das alles nochmal durchzustehen - der Gedanke daran ist ja schon gruselig - aber das brauchen wir auch nicht, müssen wir nicht und wollen wir nicht. Inzwischen haben wir einen völlig anderen Blickwinkel. Aber... dass das nicht in Vergessenheit gerät, ist auch wichtig. Gut, dass man hier nachlesen kann, wenn man will und denkt, es wäre mal wieder an der Zeit. Mir reichts vorerst.

    Das Hier und Jetzt ist das Allerbeste.

    Und überhaupt, habe ich das schonmal gesagt? (glaub schon :)) Mir geht es so gut, wie noch nie in meinem Leben. Jetzt!

    Liebe Grüße

    Wacholderfrau

  • Hallo @all,

    oft werden Dinge im Alltag selbstverständlich gehandhabt, bei manchen Dingen aber möchte ich nicht, dass sie selbstverständlich sind oder es werden. Freundschaften zum Beispiel. Und im Besonderen meine Trockenheit. Es läuft...das stimmt, aber es läuft nicht einfach so. Und dass ich etwas dafür tun kann, macht das Ganze für mich interessant und schön.

    Bei Bobby23 gab es die Frage, wie gehe ich damit um, wenn mir Alkohol angeboten wird, oder wie verhalte ich mich, wenn ich eingeladen bin und getrunken wird.

    Ich möchte nicht, dass diese Frage für mich (deswegen schreibe ich das hier auf) ein Selbstläufer wird.

    Die meisten Menschen haben keine Vorstellung davon - oder wollen sie nicht haben - dass es viele Alkoholoker im Umfeld gibt, und dass der klassische Alkoholiker nicht der ist, der auf der Straße lebt.

    Ich habe vor zwei Jahren einer Freundin gesagt, dass ich Alkoholikerin bin und in eine SHG gehe. Sie meinte darauf hin, dass sie mit mir ein ernstes Wörtchen reden müsste, weil ich auf keinen Fall eine Alkoholikerin sei, so wie ich auf sie wirke und wie ich im Leben stehen würde. Ich habe sie erst nach meinem Umzug in die Stadt kennengelernt, und es gab erst da eine Situation, in der es für mich angebracht war, ihr davon zu erzählen.

    Ich hänge meine Sucht nicht an die große Glocke, auch nicht an eine kleine. Aber es ist mir ein Anliegen, dass mir nahestehende Personen davon wissen. So gehe ich ziemlich offen damit um, wenn ich das will. Zum Beispiel gehe ich 2-3x im Monat in eine Psychiatrie, weil wir von der SHG mit der Klinik zusammenarbeiten. Mich kennt man da als trockene Alkoholikerin, und das ist gut so.

    Wenn mir gelegentlich mal Alkohol angeboten wird, zum Beispiel das vermaledeite Sektchen zu einer Begrüßung oder so, kann ich sehr freundlich und bestimmt nein danke sagen. In den ganzen Jahren bin ich noch nicht einmal gefragt worden, warum ich keinen Sekt möchte oder was auch immer.

    Ich glaube, das liegt an meiner inneren konsequenten Haltung und somit der Klarheit, die ich habe.

    Liebe Grüße von Wacholderfrau

  • Hallo,

    6 Wochen bin ich wieder hier im Forum, ich freue mich darüber, weil der Austausch und das Lesen eine echte Bereicherung für mich ist.

    Immer wieder erschrecken mich Beiträge und es verschlägt mir die Sprache. Aber es ist die Realität, dass Alkoholabhängigkeit brutal zerstörerisch ist und Angehörige mit in den Abgrund reißt mitsamt dem Leben der Kinder, die (vielleicht) noch liebevoll in die Welt gesetzt wurden. Die Angehörigen haben die Wahl und könn(t)en entscheiden - auch wenn das schwierig ist -, die Kinder sind ausgeliefert.

    Aber diese Beiträge gehören dazu, wie auch die der Alkoholiker dazu gehören, die ihr Leben ändern wollen.

    Im Moment habe ich nicht das Gefühl, etwas ändern zu wollen, weil es mir einfach nur klasse geht. Ich fühle mich wohl in meiner Haut, auch wenn die schon älter ist, Macht nix. Ein trockenes Leben kann sehr erfüllend sein, und so fühle ich mich auch zurzeit.

    Gut möglich, dass ich mich hier wiederhole mit dem, wie schön ich mein Leben finde und wie gut es mir geht. Aber das mute ich denen zu, die hier reinschauen. Ich schreibe auch oft vom Rückfall nach 12 Jahren oder von dem, wie besch... es mir lange Zeit - mit oder ohne Alkohol - gegangen ist.

    Wichtig ist mir, wie es jetzt ist, darum geht es mir heute!

    Manchmal höre ich von Alkoholikern, dass sie ein neues Leben mit der Trockenheit begonnen haben. Ich kann das für mich nicht so benennen, weil ich nur dieses Leben habe und weil alles zu mir gehört, all das, was ich erlebt und erfahren habe, die schwierige Zeit und die schöne, all das macht mich aus, wie ich heute bin.

    Ich genieße den Ausklang des Sommers, die Sommerkleider, die ich gern trage und freue mich, so schön und lange Fahrrad fahren und an den schönen Plätzen am Fluss mit meinem Buch sitzen zu können. Was will ich mehr?!

    Liebe Grüße von Wacholderfrau

  • Im Moment habe ich nicht das Gefühl, etwas ändern zu wollen, weil es mir einfach nur klasse geht.

    Das finde ich richtig schön. 🤩

    Auch, dass du hier bist. Ich lese dich gern.

    Manchmal höre ich von Alkoholikern, dass sie ein neues Leben mit der Trockenheit begonnen haben. Ich kann das für mich nicht so benennen, weil ich nur dieses Leben habe und weil alles zu mir gehört, all das, was ich erlebt und erfahren habe, die schwierige Zeit und die schöne, all das macht mich aus, wie ich heute bin.

    Ich spreche ja auch von einem neuen Leben….von meinem neuen nüchternen Leben.

    Aber nicht als ‚neues Leben‘, weil ich gestorben bin und nun als Stern 2.0 ein neues Leben habe, vielmehr ist es ein neuer Lebensabschnitt. Der andere (versoffene) Teil meines Lebens ist vorbei, jetzt lebe ich mein neues nüchterne Leben.

    Natürlich gehört alles, was ich erlebt habe zu meinem Leben und ich denke, es wäre fatal, den versoffenen Teil ‚abzuhaken‘. Er ist vorbei, aber die Erlebnisse sind ja nicht weg. Das alles bin ich.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Hallo, danke an alle, die hier reingeschaut haben.

    Auch, dass du hier bist. Ich lese dich gern.

    Hi Stern, und so geht es mir mit dir

    Ich spreche ja auch von einem neuen Leben….von meinem neuen nüchternen Leben.

    Das ist ja auch total schön, und es stimmt ja auch so.

    Bei mir wäre das "alte Leben" nicht mehr weitergegangen, am Ende der ersten Saufphase (ich habe nicht kultiviert die Gläschen getrunken, ich hab sie in mich hineingeschüttet, um möglichst schnell Wirkung zu spüren), und am Ende der zweiten war auch nichts mehr lustig.

    Warum ich es für mich anders formuliere? Weil mir so deutlich bewusst ist, dass das eine, das neue nüchterne Leben, ohne das andere nicht möglich wäre.

    Was ich interessant finde, Stern, ist, ich fühle mich irgendwie wie ein Puzzle, in dem sich alles zusammenfügt, die von Gewalt geprägte Kindheit, meine Ehe, die Geburt meiner Kinder, die mir sehr viel bedeuten, meine Arbeit, meine Alkoholabhängigkeit und die Trockenheit, alles, alles.

    Ich denke über diese Puzzleteile gar nicht nach, es fühlt sich einfach so an, und es sind so viele bereits. Aber vollständig ist es nicht, das spüre ich auch. Gespannt bin ich ein wenig, was da wohl noch auf mich zukommt, aber nicht so doll, lass mich mal überraschen, und vor allem was passiert, wenn das Ding voll ist, wenn kein Teil mehr fehlt...

    Ich wünsche einen schönen Abend, W.

  • Warum ich es für mich anders formuliere? Weil mir so deutlich bewusst ist, dass das eine, das neue nüchterne Leben, ohne das andere nicht möglich wäre.

    Ja, das ist wohl so.
    So, wie ich heute bin, wäre ich nicht, gäbe es da nicht diese Zeit, in der ich abhängig gesoffen habe.
    ‚Kultiviert ein Gläschen trinken‘, kenne ich gar nicht. Jedenfalls nicht von mir. Bei mir ging das von null auf hundert direkt in die Sucht.
    Vielleicht ist das Leben tatsächlich ein Puzzle…..viele kleine Teile ergeben ein Ganzes. Wenn mein Puzzle mal irgendwann fertig ist, möchte ich gern sagen, dass ich ohne Rückfall nüchtern geblieben bin. Das ist mein größter Wunsch für mich.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • vor allem was passiert, wenn das Ding voll ist, wenn kein Teil mehr fehlt...

    Mein erster Gedanke dazu war, dann ist das Leben vorbei.

    Wenn mein Puzzle mal irgendwann fertig ist, möchte ich gern sagen, dass ich ohne Rückfall nüchtern geblieben bin.

    Das ist ein sehr schöner Satz Stern Er gibt einem Perspektive bis zum Schluss, komme da was wolle.

    Der kommt in meine Sammlung.

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    - abstinent seit 6.01.2024 -

  • Guten Morgen,

    Vielleicht ist das Leben tatsächlich ein Puzzle…..viele kleine Teile ergeben ein Ganzes. Wenn mein Puzzle mal irgendwann fertig ist, möchte ich gern sagen, dass ich ohne Rückfall nüchtern geblieben bin. Das ist mein größter Wunsch für mich.

    Ich wünsche dir sehr, dass dieser Wunsch in Erfüllung geht.

    Es gibt Wünsche, an die man glauben und hoffen kann, dass sie in Erfüllung gehen. Bei diesem Wunsch ist es ein bisschen anders, es liegt an dir selbst, ob du nüchtern bleibst. Und an mir, an jedem von uns hier.

    Ein trockener Alkoholiker hat sehr viel Möglichkeiten, für sich und sein Wohl, für sein trockenes Leben zu sorgen.

    Das ist ein sehr schöner Satz. Er gibt einem Perspektive bis zum Schluss, komme da was wolle.

    Der kommt in meine Sammlung.

    In meine auch, Nayouk, und deiner gleich dazu.

    Danke euch beiden.

    Liebe Grüße, W

    Ach ja...

    Mein erster Gedanke dazu war, dann ist das Leben vorbei.

    ...das glaube ich auch

  • Es gibt Wünsche, an die man glauben und hoffen kann, dass sie in Erfüllung gehen. Bei diesem Wunsch ist es ein bisschen anders, es liegt an dir selbst, ob du nüchtern bleibst. Und an mir, an jedem von uns hier.

    Deshalb bin ich hier.😀

    Immer wieder lese ich von rückfällig Gewordenen, dass sie ihre persönliche Nachsorge vernachlässigt haben.
    Vielleicht bin ich deshalb auch so dankbar, wenn davon berichtet wird. Nur leider sind die meisten ja dann hier weg.

    Es ist ja nun mal so, dass das Nüchternsein so verständlich geworden ist, dass ich im Alltag gar nicht mehr darüber nachdenke.
    Ich laufe im Supermarkt am Weinregal vorbei und registriere, dass da nix teurer geworden ist und ärgere mich bei den Milchprodukten, wie da die Preise explodiert sind. Meine Gedanken sind dann aber bei der Butter, dem Quark und dem Joghurt….den Wein ‚bemerke‘ ich nur (weil er ja eben da auch rumsteht).
    Ich kann das gerade nicht besser erklären.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

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