Hallo,
2003 habe ich meinen Mann kennen gelernt. Relativ am Anfang kam er schon mit der Weinflasche unterm Arm bei mir abends an, aber ich habe mir damals nichts dabei gedacht. Am Anfang konnte ich die cholerischen Anfälle überhaupt noch nicht zuordnen und wußte nicht, dass diese nur unter Alkohol sind.
Jahre später haben wir geheiratet und sind inzwischen über 20 Jahre zusammen. Aber es wird immer schlimmer und es kommt in Wellen: Unter Alkohol ist er cholerisch, brüllt wie ein Stier, beschimpft und beleidigt mich, unterstellt mir, den ganzen Tag nichts zu tun usw. Da er weiß, dass ich nicht will, dass er trinkt, trinkt er heimlich und versteckt überall Alkohol. Ich finde leere Flaschen überall. Die Tarnung ist die Unordnung, wo man hervorragend leere Flaschen verstecken kann und so kämpfe ich nicht nur ständig gegen die Unordnung, sondern indirekt auch gegen den Alkohol und den täglichen Wahnsinn. Abends geht er neuerdings wieder um 8 oder 9 Uhr ins Bett und trinkt im Schlafzimmer, damit ich es nicht merke. Gerne auch abends und am Wochenende in der Küche beim Kochen (er kocht bei uns) oder im Garten. Samstags abends trinkt er irgendwann, bevor wir uns abends vor den Fernseher setzen, so dass er entweder dort bereits vor dem Fernseher schläft oder auch wieder wie ein Kleinkind gegen 21 Uhr ins Bett geht. Gut, das ist immer noch besser, als die cholerischen Anfälle zu ertragen, aber glücklich bin ich absolut hier nicht.
Früher haben wir noch was am Wochenende unternommen. aber mehr als ein Spaziergang am Sonntag und das muss ich ab und an auch noch alleine machen, ist nicht drin. Ich bin immer alles Schuld: Schuld daran, dass wir einen großen Garten haben, Schuld, dass wir so viel Arbeit haben, Schuld, dass wir nicht wie andere Familien in Urlaub fliegen können, Schuld an .... an allem.
Vor 8 Jahren bin ich aus unserem gemeinsamen Haus ausgezogen und in mein neues Haus geflohen. Nach einem Jahr zog er wieder nach - ein Fehler. Mit Abstand klappte es wieder gut und ich machte den Fehler, wieder mit ihm zusammen zu ziehen.
Jetzt wohnt er in meinem Haus und so schnell bekomme ich ihn wohl nicht mehr aus dem Haus, zumal wir auch aus mehreren anderen Gründen aneinander gekettet sind:
1. Ich bin selber ziemlich krank und brauche immer wieder jemanden, der mir hilft. Früher hatte ich einen großen Freundeskreis, der inzwischen mehr oder weniger fast aufgelöst ist - viele sind verstorben, zu weit weg, um mir helfen zu können oder haben keine Zeit. Es vergeht kaum ein Jahr ohne Krankenhausaufenthalt und anschließend wieder auf die Beine kämpfen. Das muss ich immer schnell, denn auf Dauer kann ich von meinem Mann keine Hilfe erwarten. Beispiel: Ich hatte Krebs und mein Mann meinte noch in der Strahlentherapie, dass ich ja nun lange genug krank gewesen wäre und mal wieder was im Haushalt machen könnte. Oder ich lag direkt 2000 mit Corona mit Fieber, doppelseitiger Lungenentzündung und Atemnot im Bett, als mein Mann in der Tür stand und meinte, ich hätte doch jetzt eine Woche im Bett gelegen und könnte langsam mal wieder was tun. Er müsste alles alleine machen. Hilfe von Dritten wie Pflegedienst etc. ist ja letztendlich ein Witz, wenn man keine Familie hat. Das ist ein Tropfen auf dem heißen Stein. Und mit 56 Jahren will man auf keinen Fall in ein Pflegeheim oder betreutes Wohnen. Die Nachbarn sind fast alles alte Menschen oder eine junge Familie, die keine Zeit hat, weil sie selber jede Menge Probleme haben.
2. Wir haben 7 Katzen und im Garten einen Fischteich, die ich niemals alleine betreuen kann. Weder kann ich die schweren Säcke Katzenstreu heben, noch habe ich die Kraft für diesen Gartenteich und die Fische. Die Katzen sind das, was mich am Leben hält, aber 7 kann ich niemals alleine mit meiner Rente finanzieren. Alleine die Katzenversicherungen von 4 Katzen kann nicht zu bezahlen. 3 Miezen sind Senioren und ich befürchte, unsere gemeinsamen Tage sind gezählt.
3. Finanziell weiß ich nicht, ob ich überhaupt nicht, ob ich hier auf Dauer klar käme. Alles wird immer teurer, nur die Renten steigen nicht in gleichem Masse und ich habe letztendlich immer weniger Geld. Außerdem könnte ich dann viele Kosten nicht mehr teilen und müsste sie dann alleine tragen, was als Erwerbsminderungsrentnerin schwieriger ist, als früher, wo ich noch arbeiten konnte und auf eigenen Füßen stand.
Egal was ich mache, irgendwie dreht sich alles im Kreis.
Mein Mann ist nicht der Meinung, dass er ein Alkoholproblem hat, aber das hat er 100 %ig. Die Alkoholberatungsstelle besucht er vermutlich nur, weil ich ihm sonst angedroht habe, ihn rauszuwerfen. Hinzu kommt, dass sein Kollege auf der Arbeit ebenfalls schwer krank ist und wohl die nächsten Monate ausfällt und er nun die Arbeit mit einem Vertreter machen muss sowie die liegen gebliebene Arbeit während seines Urlaub nachholen muss. Da er schwer übergewichtig ist, fällt ihm das natürlich alles sehr schwer und das alleine sind schon Gründe zum Griff zur Flasche. Hinzu kommt, dass es bei mir Zuhause ja auch nur Arbeit gibt - die Katzen, die Fische, der Garten und was ich nicht machen kann. Das ich ihm alles mögliche abnehme (Büroarbeit, Haushalt, teilweise Garten), zählt nicht.
Ich weiß nicht, was ich machen soll:
Meinen Mann vom Trinken abzubringen, habe ich aufgegeben. Er trinkt dann heimlich. Es gibt hier in meinem Haus ein striktes Alkoholverbot und wenn ich Alkohol finde, wird er ausgeschüttet. Das führt dazu, dass er versteckt wird. Das hilft zumindest insoweit, dass er nicht ungehemmt trinken kann, sondern immer nur dann, wenn er sich unbeobachtet fühlt. Ich hoffe, damit die cholerischen Attacken einzugrenzen, denn die Beschimpfungen und Beleidigungen ertrage ich nicht mehr.
Trenne ich mich, was wird aus mir und meinen Katzen, die für mich wie Kinder sind? Ich habe mir immer vorgenommen, solange die Senioren (Katzen) noch da sind, durchzuhalten. Aber dann? Wie wird es finanziell und genauso: Wer hilft mir, wenn ich mal wieder flach liege? Ich habe NIEMANDEN in der Nähe, der mir hilft. Für die meisten finanziellen Hilfen muss man unter dem SGB IX (Sozialhilfesatz) leben, aber das tue ich nicht.
Ertrage ich die Sauferei und die cholerischen Anfälle, kann ich irgendwann auch noch finanziell dafür aufkommen, wenn er einen Schlaganfall bekommt und ins Pflegeheim muss.
Ich weiß nicht vor und nicht zurück. Ich, die Strategin, hat keinen Plan mehr, außer mich irgendwann hier umzubringen, um dem Wahnsinn hier zu entgehen.