Bleibenodergehen - Wie weit will ich den Weg mitgehen

  • Hallo zusammen,

    da ich wie alle Angehörigen hier in einer schwierigen Situation stecke und dringend Austausch mit Leuten brauche, die meine Sorgen und Erfahrungen verstehen und mir helfen können, wage ich doch den Sprung, hier zu schreiben, auch wenn mir das so öffentlich doch etwas Unwohlsein bereitet.

    Es geht um meinen Partner, mit dem ich 6 Jahre zusammen bin. Wir hatten ein sehr harmonisches Zusammenleben und wir lieben uns sehr.

    Wir haben gemeinsam einmal die Woche oder alle zwei Wochen etwas getrunken (kein Absturztrinken), was manche wahrscheinlich schon als viel empfinden, aber für uns hat es gepasst. Ein paar Ausreißer gab es mit seinem besten Freund, aber das war noch okay für mich.

    In den letzten 2 Jahren hat, wie er selber sagt, die Belastung und der Streß durch die Arbeit sehr zugenommen und er hat dann zunächst zweimal die Woche getrunken, ich leider auch, obwohl es mir damit nicht so gut ging.

    Das hat sich dann natürlich in sein Gehirn eingeschliffen -Streß= trinken- und dazu natürlich noch anlassbezogenes Trinken und tausend weitere Gründe öfters zu trinken. Ich hab ihn da schon drauf angesprochen, dass er vorsichtig sein muss, wenn er abhängig wird, kann er nie mehr etwas trinken.

    Inzwischen war er (ich wollte da nicht mitziehen) bei 3-4 mal die Woche bei 6 Bier angekommen und es gab deswegen natürlich zunehmend Streit bei uns, obwohl wir sonst nie gestritten haben. Wenigstens ist er ein friedlicher Trinker, naja drei Beleidigungen gab es schon, wenn er mit 14 Bier intus von seinem Kumpel kam, der unserer Meinung nach, eh ein Alkoholproblem hat.

    Dann kam ein absoluter Tiefpunkt, bei dem er einen Kasten Bier getrunken hat und sich in eine gefährliche Situation gebracht hat, die Konsequenzen nach sich zog, was uns beide stark belastet hat. Ich habe da meine Grenze gezogen und gesagt, meine Liebe leidet darunter und ich fühle mich zunehmend unwohl und auch nicht mehr hingezogen zu ihm. Er muss aufhören (vorher hatte er es natürlich mit kontrolliertem Trinken probiert ☹️) sonst kann ich leider nicht mehr mit ihm zusammen sein,und er hat mir versichert, er will das auch und schafft das alleine - jaja...

    Zwei Wochen später war es wieder soweit, also er hat trotz der heftigen Situation nur eine kleine Pause gemacht. Ich merke sofort, wenn er was getrunken hat und er hat mich angelogen und nun auch zu Hochprozentigem gegriffen und heimlich getrunken.

    Puh, das war sehr schlimm für mich, denn mein Vertrauen hat er noch nie mißbraucht, ich war innerlich im Alarmzustand und auch kontrollierend, was ja nichts bringt. Ich habe ihn aber nur gebeten, mich zumindest nicht mehr anzulügen.

    Er hat jetzt selber einen Termin bei der Beratungsstelle vereinbart und schlägt jetzt nochmal richtig über die Strenge, was mir zeigt, dass er selber nicht aufhören will.

    Heute morgen habe ich dringend Abstand gebraucht, weil ich leider echt angewidert bin und es daheim nicht mehr schön ist. Er dünstet den Alkohol aus allen Poren aus und seine Persönlichkeit verändert sich schon zum Negativen. Ich wollte auch erstmal nicht mehr mit ihm reden, es ging einfach nicht mehr. Er hat das zum Anlass genommen, mit seinem besten Freund einen draufzumachen.

    Ich will das aber nicht mehr mit ansehen, ich kann das einfach nicht mehr gerade und bin jetzt in ein Hotel gegangen, was mir gerade wahnsinnig wehtut, wie weit es gekommen ist. Ich bin zwar stolz, dass ich eine angesagte Konsequenz durchgezogen habe, sehe aber leider pessimistisch in die Zukunft, weil ich das Gefühl habe, er macht die Beratung nur, um mich nicht zu verlieren. Ich denke, das wird nicht klappen.

    Und ich mache mir natürlich gerade wahnsinnig Sorgen, wie er eskaliert und sich womöglich in Gefahr bringt,wenn er betrunken heim kommt und sieht, dass ich es echt gemacht habe, denn angekündigt habe ich es.

    Ich lese hier ja schon länger mit und man soll ja definieren, was man sich hier für sich selbst erwartet, denn er kann sich ja nur selber helfen.

    Da ich beim Totalabsturz nachts so verzweifelt war, habe ich das erste Mal in meinem Leben die Telefonseelsorge angerufen (das kann man ja keinen erzählen, der ihn auch kennt, das wäre für mich bloß stellen), und ich denke, wenn es weiter eskaliert, brauche ich dringend Unterstützung, meinen Weg gegebenfalls auch ohne ihn zu finden.

    Danke fürs Zuhören, das hat schonmal gut getan, mich weiter zu sortieren.

    6 Mal editiert, zuletzt von Bleibenodergehen (23. November 2024 um 18:06)

  • Hallo Bleibenodergehen!

    Willkommen bei uns in der Selbsthilfegruppe!

    Leider ist es so, dass sich viele Geschichten der Angehörigen bei uns im Forum ähneln, wie Du schon festgestellt hast.

    Der Austausch mit anderen hier im Forum wird Dir guttun und Dich einiges klarer sehen lassen.

    Für den Austausch im offenen Bereich klicke den folgenden Link an:

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Wir werden Dich dann freischalten und Dein Thema zu "Erste Schritte für Angehörige" verschieben.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Hallo Bleibenodergehen,

    herzlich Willkommen bei uns. Der Austausch hier mit den anderen wird dir sicher gut tun.

    Hotel, Telefonseelsorge und Forum, das sind drei konsequente Schritte! Du hast dich auf den Weg gemacht, Respekt.

    Liebe Grüße, Linde.

    You can't wait until life isn't hard anymore before you decide to be happy.

    - Nightbirde

  • Du bist jetzt für die offenen Bereiche freigeschaltet!

    Und Du kannst überall schreiben, jedoch bitte nicht die ersten 4 Wochen bei den
    neuen Teilnehmern im Vorstellungsbereich. (Erkennbar an den orangeroten Namen)

    Ich wünsche Dir einen guten und hilfreichen Austausch.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Was mich auch sehr beschäftigt und ich auf Antworten von euch hoffe ist, dass ich gefragt habe, ob ich ihn zur Beratungsstelle begleiten soll und er abgelehnt hat. Jetzt mache ich mir Gedanken, ob er dort seinen wahren Konsum einfach verharmlosen wird, vor allem bezüglich der negativen Konsequenzen, die dieser schon jetzt mit sich bringt.

    Ich weiß ja, dass er sich sehr schämt und ihm schon die Terminvereinbarung, bei der leider keine Anonymität möglich war, sehr schwer fiel.

    Ist das üblich, dass der Partner mitkommt oder soll ich mich da raushalten? Ich habe auch Angst, dass er mich diesbezüglich wieder anlügt oder gar nicht hingeht. Ja, ich weiß, kontrollierendes Verhalten, das ist nur echt schwierig, ihm da noch zu vertrauen.

  • Wenn Dein Partner Dein Beisein bei solchen Gesprächen nicht wünscht, dann ist das so hinzunehmen.

    Du kannst im Grunde auch wenig tun. Wenn er beschließt, mit dem Trinken aufzuhören, dann ist es sein Part, sich darum zu kümmern, wie es ablaufen wird.

    Und wenn er weiter trinken will, dann wird er es tun.

    Leider hast Du da überhaupt keinen Einfluss und solltest Dich erstmal heraushalten.

    Wenn er jedoch tatsächlich eine Entgiftung durchzieht, ist es wichtig, dass der Haushalt alkoholfrei ist und Du am besten auch nicht in seiner Anwesenheit Alkohol konsumierst.

    LG Elly

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    Mancher wird erst mutig, wenn er keinen anderen Ausweg mehr sieht.

    - Trocken seit 06.01.2013 -

  • Danke Elly. Ich weiß das ja eigentlich alles schon durch das Mitlesen hier, es fällt mir nur so unheimlich schwer, dass ich im Endeffekt nichts tun kann, das gibt mir so ein hilfloses Gefühl und ich habe gerade einfach Angst um ihn, dass ihm was Schlimmes zustoßen könnte, wenn er so weiter macht.

    Ein Sturz mit verheerenden Folgen, das haben wir schon oft diskutiert, einfach ein dummer Unfall, nicht beim Autofahren, das lässt er Gott sei Dank. Ich konnte mir das schon in der heftigen Situation nicht verzeihen, denn es wurde erst so schlimm, als ich ausgestiegen bin und er auf sich gestellt war und es erst dann total eskaliert ist, weil ich als regulierender Faktor weggefallen bin. Ich weiß, das ist nicht meine Aufgabe, aber es hat mir so leid getan.

    Ich fühle mich momentan einfach unheimlich schuldig, ihn da jetzt alleine zu lassen, er will das alles ja auch schon länger nicht mehr. Anscheinend leider nicht genug.

  • Dass ich auch nicht mehr einmal die Woche trinken kann (für immer?) weiß ich, das wäre es mir wert, solange er dann aufhört. Ich glaube gerade einfach nicht daran, so wie ich die Situation einschätze. Ich denke nicht, dass er sich vorstellen kann, nie mehr zu trinken oder alle Situationen zu meiden, die ihn triggern würden.

    Die Vorstellung, mehrere Trocken sein-Versuche, die immer wieder kolossal scheitern, mitzumachen, raubt mir einfach jetzt schon jegliche Energie, die ich anderweitig brauche. Ich habe da gar keine Zuversicht und Hoffnung, obwohl er das ja nur selber wissen kann, wie motiviert er ist. Es wirkt von außen einfach nicht so, nur von der Angst getrieben, mich zu verlieren, wird wohl nicht reichen?

    Wir haben uns immer bei Problemen gegenseitig unterstützt, das hier nicht zu können, macht mich total fertig. Ich bin so traurig, hocke hier ganz alleine rum und mach mir soviele Sorgen.

    Einmal editiert, zuletzt von Bleibenodergehen (23. November 2024 um 20:16)

  • Was mich auch sehr beschäftigt und ich auf Antworten von euch hoffe ist, dass ich gefragt habe, ob ich ihn zur Beratungsstelle begleiten soll und er abgelehnt hat. Jetzt mache ich mir Gedanken, ob er dort seinen wahren Konsum einfach verharmlosen wird, vor allem bezüglich der negativen Konsequenzen, die dieser schon jetzt mit sich bringt.

    Ich weiß ja, dass er sich sehr schämt und ihm schon die Terminvereinbarung, bei der leider keine Anonymität möglich war, sehr schwer fiel.

    Ist das üblich, dass der Partner mitkommt oder soll ich mich da raushalten? Ich habe auch Angst, dass er mich diesbezüglich wieder anlügt oder gar nicht hingeht. Ja, ich weiß, kontrollierendes Verhalten, das ist nur echt schwierig, ihm da noch zu vertrauen.

    Ich war vor kurzem bei der Angehörigenberatung der Suchtberatung und musste zudem auch einige schwierige Gespräche mit Menschen führen, denen ich unser Problem Zuhause gerne verheimlicht hätte (keine Freunde). Und dafür habe ich mich so sehr geschämt, obwohl nicht ich, sondern mein XY betroffen war. Aber man hat das Verhalten des Partners ja jahrelang toleriert. Ich habe es trotzdem gemacht, weil es wichtig war. Und das ist der springende Punkt: Scham darf ja erst einmal da sein, aber wenn die Handlung darüber steht, macht es einen doch umso stärker.


    All das was du schilderst, kenne ich zur Genüge. Man kreist ständig um den Partner, will alles kontrollieren und hofft, dass dadurch die Enttäuschung ausbleibt. Das Problem ist, du wirst immer wieder enttäuscht werden, wenn dein Partner nichts verändern will. Stell dir vor du bist auf einmal Veganer und willst deinen Partner dazu bekehren. Du kochst auch nur noch vegan. Sollte er nicht voll dahinter stehen, isst er sein Fleisch halt in der Kantine. Du bekommst es nicht mit. Die Realisierung, dass du nichts tun kannst, wenn der andere nichts ändern will, ist hart. Sie braucht ihre Zeit. Ich habe jahrelang versucht zu kontrollieren und mich dabei aus den Augen gelassen.

    Ich wünsche dir, dass du für dich gut sorgen kannst. Das ist wichtig. Dein Partner ist kein Kind mehr. Du bist kein Elternteil. Wir alle sind für uns selbst verantwortlich und haben auch die Freiheit uns selbst zu zerstören.

  • Vielen Dank für deine Antwort und die lieben Wünsche, SummerSun, ich habe deinen Thread mitgelesen und es stimmt mich leider nicht hoffnungsvoller ☹️.

    Wie du siehst, schäme ich mich inzwischen weniger, deswegen schreibe ich nun hier, Freunden könnte ich von seinen Problemen nicht berichten. Aber ich habe ja nichts falsch gemacht oder lasse mir einreden, zu seiner Sucht beizutragen, ich denke, das Problem liegt momentan eher bei seiner großen Scham, die ihn ungerne Hilfen in Anspruch nehmen lässt. Das kann ich sehr gut verstehen, Alkoholsucht ist ein großes Stigma.

    Ich sehe ja, in welchen Schwierigkeiten vor allem er, aber auch ich, stecken, er ist da jetzt der entscheidende Faktor, eine Änderung herbeizuführen. Allerdings machen einem die Beiträge hier wenig Hoffnung. Momentan ist ja alles seinerseits auch nur Lippenbekenntnis ohne Fortschritte.

    Ich denke, ich warte seine Beratung ab, die Schritte, die er danach ergreift oder eben auch nicht und sehe dann weiter. Es dauert nicht mehr lange bis dahin und ich werde mich jederzeit kurzfristig aus der Situation rausnehmen so wie heute, wenn es zuviel wird, egal, was es mich kostet, so gut kenne ich mich. Langfristig steht auf einem anderen Blatt... Ich habe einfach Sorge, dass die Liebe bald kaputt geht und es dann, selbst wenn er die Kurve kriegt, einfach nicht mehr reicht.

    Mich momentan abzugrenzen, kann ich zwar, aber die Schmerzen, die mir das bereitet und der Schaden, den ich jetzt schon habe, sind einfach heftig.

    Das ist ja mehr als Liebeskummer, der schon schlimm ist, es ist ja nicht so, dass wir uns nicht lieben und nicht mehr zusammen sein wollen, weil es halt nicht passt, es hat sich leider der Alkohol zwischen uns gedrängt, der alles kaputt machen wird. Die Chancen auf Heilung sind diesbezüglich leider echt schlecht.

    Vor dem heimlich trinken habe ich nun, nachdem es letztens zum ersten Mal passiert ist, sehr große Angst. Das macht soviel Vertrauen kaputt und ich will ihn ja eben nicht zukünftig kontrollieren. Das ist nicht der Sinn einer guten Beziehung.

    5 Mal editiert, zuletzt von Bleibenodergehen (23. November 2024 um 21:50)

  • Ich denke, ich warte seine Beratung ab, die Schritte, die er danach ergreift oder eben auch nicht und sehe dann weiter.

    Ich würde es dir so sehr wünschen, allerdings würde ich dir mehr eine Enttäuschung wünschen, bevor du dir Hoffnung machst, weil er halbherzig mitzieht, nur um dich danach zu enttäuschen. Der Fall ist einfach größer.

    Mein Partner war ja auch bei der Beratung zum kontrollierten Trinken, hat mir danach von großen therapeutischen Maßnahmen berichtet und war am Abend selbst in der Kneipe, um sich maßlos volllaufen zu lassen. Was ich damit sagen will - das ist sooooooo beschi...., aber er zeigt mir dadurch, dass meine Entscheidung zu gehen richtig ist.


    Und das mit dem Gehen trotz Liebe kenne ich auch. Das ist einfach nur furchtbar. Nachdem ich aber deutlich kommuniziert habe, was ich erwarte und wirklich ausschließlich Enttäuschung erlebt habe, macht es das einfacher. Trotzdem weine ich, und das wird auch noch weiter andauern. Aber ich teile meinen Mann nicht mit Alkohol. Eine andere Frau würde ich auch nicht tolerieren. Zu erkennen, dass der Partner intimer mit Alkohol ist, als mit dir als Partner, ist schmerzhaft. Wenn er nichts ändern will, dann musst du gehen, aus Liebe zu dir, aber auch zu ihm. Bleibst du im System trägst du deinen Teil zur Zerstörung bei, einfach nur durch Toleranz.

  • Ja, diese Erkenntnis hatte ich leider auch schon und habe ihm das schon gesagt, wie schlimm das für mich ist, dass der Alkohol nun seine höchste Priorität hat und nicht ich und meine Gefühle oder sein Wohlbefinden oder wir. Ich weiß, dass er das ebenso schlimm findet und bestimmt auch scheißunglücklich ist, aber eben gerade nicht anders kann 😥.

    Das mit den Abstinent/Trocken- Versuchen habe ich ja auch schon geschrieben, das wäre am schlimmsten für mich, zu sehen, dass er es halt einfach nicht kann und immer wieder rückfällig wird wie bisher. Das könnte ich nicht dauerhaft mittragen.

    Ich kenne das ja inzwischen mit großer Reue und Zerknirschtheit und Liebesbekenntnissen, wenn er es wieder vermasselt hat. Das ist jetzt schon schwer zu ertragen 😥.

    Danke, dass du mir schreibst, das hilft mir sehr und auch wenn es wohl nicht klappen wird wie bei deinem Partner und dir, ist es irgendwie tröstlich ❤️. Ich fühle mich weniger alleine hier in meinem Zimmer.

  • Niemand ist hier alleine. Wir tragen alle mehr oder weniger das gleiche Schicksal. Bei mir sind es drei Wochen Trennung noch ohne eine räumliche Trennung. Ich bin bereits viel stabiler geworden, auch wenn ich mir alles anders wünschen würde. Mein XY trinkt aktuell noch mehr als vorher, ist fast gar nicht mehr Zuhause und kümmert sich kaum im das gemeinsame Kind. Ich brauche auch immer wieder Rückhalt, aber der ist hier im Forum top und im echten Leben auch.

    Heute Morgen stehen bei uns schon wieder Alkoholdosen herum. Und ich schaffe es schon zu denken, bin ich froh, wenn die räumliche Trennung erfolgt und dieser Mist weg ist, keine nächtlichen betrunkenen Kochversuche sind, bei denen die Wohnung riecht...meinst du du kannst es mal von dieser Seite betrachten? Also was wären die Vorteile einer Trennung?

  • So, heute melde ich mich kurz zurück, die letzten Tage nach meiner Heimkehr waren erwartungsgemäß schwierig, wir haben sachlich, ruhig und vor allem nüchtern viel geredet, was logischerweise für beide Seiten kräftezehrend war.

    Ich bin für mich eingestanden und habe nochmal verdeutlicht, dass es jetzt höchste Eisenbahn ist, sonst ist der Zug abgefahren. Ich habe auch gesagt, ich will ihn nicht zusätzlich unter Druck setzen, aber mehrere Rückfalle werde ich nicht mittragen können und wollen. Ich sehe ja, wie viele Runden manche hier im Karussell mitgefahren sind und bin mir sicher, das nicht zu wollen. Wenn er wieder trinkt, bin ich nicht mehr da, erst emotional, dann so schnell wie möglich räumlich. Je nachdem wie sich die Situation weiter entwickelt, habe ich hier ja nun zum Glück die nötige Unterstützung, dann auch zu meinem Wort zu stehen.

    Also, nein, momentan werde ich mich nicht trennen, er hat selbständig den Beratungstermin vereinbart, der bald sein wird und dann werde ich ja sehen, wie ernst es ihm ist, sein komplettes Leben umzustellen und ob er die nötigen weiteren Schritte macht mit Arztbesuch und SHG usw. Ich bin noch bereit, ihm Zeit einzuräumen, denn sein gesamtes Denken umzupolen geht nicht von heute auf morgen, das ist mir bewusst, er muss es sich erarbeiten und dabei abstinent bleiben.

    Natürlich habe ich mir Gedanken gemacht, welche Vorteile eine sofortige vor allem räumliche Trennung hat, diese überwiegen offensichtlich in dieser unglücklichen Situation. Das würde allerdings so schnell aus gewissen Gründen gar nicht gehen, hier mal eben dauerhaft zur Tür rauszuspazieren, also werde ich erstmal an Bord bleiben, bisher hat er 4 Tage nichts getrunken, kann ganz klar auch wieder nur eine Pause sein, aber damit ist es Zuhause für mich gerade ganz gut. Damit bin ich für den Moment fein. Eine Ferienwohnung wäre allerdings eine Option, falls alle Stricke reißen, ich habe mir Notfallpläne gemacht, bin also nicht naiv und untätig.

    Ich habe die letzten Tage viel bei den trockenen Alkoholikern mitgelesen und es gibt sie ja, die die es mit der nötigen externen Unterstützung und dem richtigen Rüstzeug, welches er sich alleine aneignen muss, schaffen. Ob er dazu gehört oder nicht, wird sich zeigen. Ich mache mir da momentan keine Illusionen, dass es nun bei ihm ganz sicher so sein wird und er nüchtern bleibt, aber EINE Chance hat er verdient. Er geht es jetzt zum ersten Mal ernsthaft und nicht mit kontrolliertem Trinken an und sucht sich professionelle Hilfe. Ich bin bereit, zu ihm zu stehen, aber dabei natürlich auch auf mich zu achten.

    Meine Konsequenz, ins Hotel zu gehen, hat mir viel Stärke und Selbstvertrauen gegeben, es war nämlich sehr schwer, ihn in dieser Trinkepisode loszulassen und die Sorge auszuhalten, dass ihm betrunken etwas zustoßen könnte. Das habe ich nun zum ersten Mal geschafft, mich aus der Verantwortung zu nehmen, denn die muss er für sich selber tragen. Und ich denke, es hat ihm verdeutlicht, dass ich es ernst meine, wenn ich Konsequenzen ankündige.

    Wenn es nun schiefgeht und er es nicht schafft, dann weiß ich, wie schwer es wird, ihn sich selbst zu überlassen, denn dann droht der Totalabsturz, wenn noch Liebeskummer dazu kommt, da bin ich mir sicher. Das dann für mich emotional stemmen zu können, stelle ich mir extrem hart vor, aber ich versuche mich vorsorglich schon einmal damit auseinanderzusetzen. Und ich weiß nun, ich habe hier im Notfall ein Netz, das mich auffängt, mir Mut zusprechen und das mir Sicherheit und Klarheit geben wird.

    Ich glaube, es war jetzt sehr wichtig für mich, das hier schwarz auf weiß zu notieren, falls der Ernstfall eintritt. Als Mahnung an mich selber.

    Hat sich wieder gut angefühlt hier zu schreiben, schön, dass es euch gibt.

    10 Mal editiert, zuletzt von Bleibenodergehen (28. November 2024 um 01:59)

  • Und ja, ich bin mir bewusst, dass sich mein Denken noch zu viel um ihn und uns dreht, was dieses Thema angeht.

    Sich davon zu lösen und mich wieder mehr auf mich zu fokussieren, daran muss ich noch arbeiten, denn natürlich haben wir in unserer langjährigen Beziehung an allem gemeinsam gearbeitet, was hier nicht möglich ist. Das fällt mir schwer.

    Ich bin aber soweit zu sehen, dass sich besonders im letzten Jahr zu viel um ihn gedreht hat und ich auch Bedürfnisse habe, die zu kurz gekommen sind. Das möchte ich gerne für mich angehen.

    Gerade lastet das über uns schwebende Damoklesschwert, dass er wieder trinken könnte, allerdings noch zu schwer auf mir, da bin ich mir noch unschlüssig, wie ich damit umgehen kann. Denn selbst wenn er es schafft, wird das ja nie mehr weggehen, oder? Wahrscheinlich denke ich da aber auch zu weit in die Zukunft, erstmal abwarten, wie es weitergeht, so weit ist es ja nicht.

    Vielleicht gibt es hier aber trotzdem Menschen, deren Partner schon länger trocken ist und mir ihre Erfahrungen damit schildern könnten, wie man mit dieser Angst leben kann? Oder ob man die irgendwann wieder ablegen kann? Das würde mich freuen.

    9 Mal editiert, zuletzt von Bleibenodergehen (28. November 2024 um 02:20)

  • Liebe Bleibenodergehen,

    ich wünsche dir, dass deine Hoffnung sich erfüllt. Vielleicht gehört ihr zu den wenigen Paaren die es schaffen…bzw. er schafft es aus der Sucht.

    Für dich hoffe ich, dass du, wenn der Fall nicht eintritt, dann wirklich den Absprunh findest.

    Bei sich zu bleiben ist der erste Schritt. Und das ist schwer genug! Daran solltest du weiter arbeiten.

    Du wirst dir nie zu 100% sicher sein können…. und dieser Gedanke wird dich lange verfolgen auch noch nach Jahren der Abstinenz. ABER dein Ziel sollte sein, bei dir zu bleiben.

    Schwer genug! good Luck

    Liebe Grüße Petra

  • Liebe Rennschnecke,

    danke der Nachfrage und deiner Anteilnahme, das freut mich. Momentan ist es hier ruhig und nüchtern.

    In mir drin ist es allerdings leider gar nicht ruhig, ich bin immer noch innerlich in Aufruhr. Durch die letzten Ereignisse bin ich wohl unglaublich gestresst worden, was sich momentan körperlich äußert. Ich habe nächtelang kaum geschlafen, weil mein Kopf keine Ruhe gibt und fühle mich schwach und erschöpft. Meine Batterien sind gerade total leer. Mal sehen, was ich für mich tun kann, um das wieder zu ändern.

    Seinen Beratungstermin hat er wahrgenommen, war wohl auch ehrlich, konnte gut mit dem Therapeuten und hat auch schon einen Folgetermin vereinbart, bei dem weitere Maßnahmen besprochen werden sollen. Der Therapeut scheint bei ihm aus verschiedenen Gründen, auf die ich hier nicht näher eingehen will, zuversichtlich zu sein, er scheint es jetzt auch wirklich für sich zu wollen, ob er es langfristig kann steht natürlich in den Sternen. Seinem Umfeld setzt er gerade klare Grenzen und besteht auf Alkoholfreiheit, was ich toll finde.

    Wie ich schon geschrieben habe, ist es dieses Damoklesschwert, was mich gerade wahnsinnig macht, er steht ja noch ganz am Anfang. Ich habe erstmal von meiner Seite aus alles getan, was ich kann, nämlich ein alkoholfreies Zuhause geschaffen und ich trinke auch selber nichts mehr. Ein ganzes Leben lang nüchtern sein, wenn man es lange anders gelebt hat, ist sehr herausfordernd und das macht mir Angst, nicht meine Baustelle, ich weiß das vom Kopf her.

    Im Moment habe ich immer noch diesen Drang, auf ihn "aufzupassen"und melde mich, wenn ich gewisse Situationen für zu gefährlich/verlockend halte. Verrückt, dass ich schon diesen Blick darauf habe und er noch nicht immer. Ich weiß ja, dass das falsch von mir ist, kann aber momentan noch nicht anders.

    Aber ich hoffe, durch die weiteren Termine bei der Suchtberatung und hoffentlich auch dem Besuch einer SHG (dieser meiner Meinung nach essenzielle Schritt fehlt noch) bekommt er selber die benötigte Sichtweise der strikten Risikominimierung.

    Diese Woche stehen ein paar schöne Dinge nur für mich an und ich hoffe, dadurch weiter aus meiner Stressspirale rauszukommen, in der ich gerade tief drinstecke, denn nur weil es gerade ruhig ist, heißt das nicht, das es so bleibt. Trinkpausen hatten wir ja schon einige und gerade die waren trügerisch einlullend für mich 🙄. Zumindest habe ich das jetzt mal erkannt.

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