Perdita - Leben, Teil II

  • Liebes Forum,

    ich lese hier schon seit etwa drei Monaten still mit, und möchte mich als erstes mal bedanken. Durch dieses Forum ist mir in einem ersten Schritt klar geworden, dass es für mich als Alkoholiker nur eine lebenslange Abstinenz geben kann. Es dauerte eine kleine Weile, bis diese Einsicht richtig gesackt ist, und danach dauerte es nochmal eine kleine Weile, bis ich eingesehen habe, dass meine Versuche, im stillen Kämmerlein alleine einen kalten Entzug zu machen nicht zielführend waren.

    Auch dank diesem Forum hatte ich mich entschlossen, einen stationären Entzug mit anschliessender Entwöhnung zu machen. Seit dem 22. November habe ich keinen Alkohol mehr getrunken und bin nun seit vorgestern wieder aus der Klinik zurück zuhause. Ich würde mich freuen, ab jetzt aktiv am Austausch hier teilzunehmen.

    PS (an die Moderation) Ich habe gesehen, dass es bereits eine Marta (mit H) hier gibt, und würde deswegen gerne meinen Namen in Perdita wechseln.

  • Hallo Perdita,

    schön, dass du uns gefunden hast und dich nun auch hier austauschen möchtest.

    Super, dass du dich für einen stationären Entzug entschieden hast und nun schon über einen Monat nüchtern bist.

    Hier ist dein Link zur Freischaltung für den offenen Bereich:

    https://alkoholiker-forum.de/bewerben/

    Bitte anklicken und ganz kurz etwas dazu schreiben.

    Danach werden wir Dein Thema zu "Erste Schritte für Alkoholiker" verschieben.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Alex_aufdemweg 26. Dezember 2024 um 22:01

    Hat den Titel des Themas von „Leben, Teil II“ zu „Perdita - Leben, Teil II“ geändert.
  • Du bist jetzt für die offenen Bereiche freigeschaltet, Perdita.

    Und Du kannst überall schreiben, jedoch bitte nicht die ersten 4 Wochen bei den neuen Teilnehmern im Vorstellungsbereich. (Erkennbar an den orangeroten Namen)

    Ich wünsche Dir einen guten und hilfreichen Austausch.

    Und nochmal gleich von mir. Respekt, dass Du das so durchgezogen hast.

    Ob Dein Haushalt Alkoholfrei ist brauche ich ja nicht zu fragen. Ist er es? ^^

    Wann fängt denn die Entwöhnung an und wie wird das dann ablaufen? Meine "Entwöhnung" war nur dieses Forum hier und meine reale SHG. Deshalb interessiert mich das besonders.

  • Ja, in der Tat, mein Haushalt ist alkoholfrei. Das hatte ich noch erledigt, bevor ich in die Klinik bin.

    "Entwöhnung" war vielleicht falsch formuliert, ich hatte das so genannt in Abgrenzung zum körperlichen Entzug, der erst stattgefunden hatte. Und erst danach hatten die Therapien angefangen. Aber die richtige Entwöhnung beginnt für mich erst jetzt, da ich wieder in meinem gewohnten Umfeld bin, und da einiges ändern muss/möchte.

  • Nun ist der zweite ganze Tag wieder zuhause vorbei, und es geht mir besser als ich dachte. Ich hatte ziemlichen Bammel davor, aus dem geschützten Rahmen der Klinik wieder zurück nach Hause zu gehen, wo ich so viele Jahre täglich getrunken hatte. Ich hatte die Befürchtung, dass mich einfach alles triggert. Das Sofa, auf dem ich immer trinkend sass, die Aussicht beim Rauchen, die Küche und das Kochen, das immer von Wein begleitet war usw. Ich habe heute noch das Glas entsorgt, aus dem ich immer getrunken hatte, aber ansonsten waren die Dinge ganz neutral.

    Dennoch nutze ich diese Tage, die ich noch viel Zeit habe, um etliche Möbel und Kram zu entsorgen und mal richtig sauber zu machen. Es ist zwar nicht so, dass mein Haushalt ganz verwahrlost ist, aber sagen wir mal so: ich hatte nicht die geringste Sorge, dass mich der Staubsauger triggern könnte.

    Ich merke, dass es mir gut tut, alles auszumisten. Im Aussen Ordnung zu schaffen ist eine schöne Ergänzung zum Ordnung schaffen im Innen. Während ich es anstrengend finde, neue Gewohnheiten zu bilden, und vorallem, alte zu prüfen, ist es zwischendurch ganz erfrischend zu denken: "und du dummer Tisch, du nervst mich schon lange, weg mit dir!!"

    Für den Anfang bin ich froh, dass mich mein Zuhause nicht ständig und überall triggert, die letzten zwei Tage blitze ab und an kurz der Gedanke an Wein oder Bier auf, aber so schnell es kam, so schnell war es wieder weg.

    Für morgen habe ich mir vorgenommen, gleich als erstes meinen Notfallkoffer "besser zu packen". Ich werde mir alles aufschreiben und den Zettel bei mir tragen. Momentan ist der noch zu schludrig "gepackt", ich habe einiges, was da rein soll, und bei akutem Suchtdruck ist nicht die Zeit, darüber nachzudenken, was das nochmal war.

    Ich wünsch euch allen eine gute Nacht.

  • Herzlich willkommen, Perdita, gut dass du hierher gefunden hast.

    Dein Plan für den Notfallkoffer ist wichtig….

    und bei akutem Suchtdruck ist nicht die Zeit, darüber nachzudenken, was das nochmal war.

    und wie es geht. Was auch immer Du in Deinem Koffer hast, bei meinem habe ich ein paar Dinge geübt, damit das dann auch klappt, wenn ich sie brauche.

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    - abstinent seit 6.01.2024 -

  • Ich merke, dass es mir gut tut, alles auszumisten. Im Aussen Ordnung zu schaffen ist eine schöne Ergänzung zum Ordnung schaffen im Innen.

    Das habe ich anfangs ganz genau so gemacht: Aufräumen, aussortieren, Platz schaffen …..Platz um mich herum schaffen hat Platz in meinem Inneren geschaffen.

    Viele Grüße

    Stern

    ⭐️

    Wenn du heute aufgibst, wirst du nie wissen, ob du es morgen geschafft hättest.

  • Guten Morgen,

    ich möchte mich auch mal wieder melden. Ich habe mich inzwischen gut wieder zuhause eingelebt, und kann mich noch immer jeden morgen drüber freuen ohne Kater aufzuwachen. Gleich Lust, was zu machen, das kannte ich ewig nicht mehr! Das kommt jetzt im Winter auch den andern zugute, die hier wohnen: ich bin die, die schon in aller frühe Holz hackt, Feuer macht im Ofen, Brot besorgt, und wenn die andern kommen ist schon schön warm.

    Das ist meine neue Morgenroutine, hat sich per Zufall ergeben, und ich geniesse es sehr, morgens noch alleine da rumzuduseln und warm machen. Es haben sich einige Gewohnheiten fast per Zufall ergeben, im Zuge meines "Räumens" in meinem Haus habe ich mein Schlafzimmer ins ehemalige Gästezimmer umgeräumt. Mir war zwar vage bewusst, dass der Empfang da hinten sehr schlecht ist, aber nicht weiter drüber nachgedacht. Inzwischen weiss ich es nicht nur vage, am Handy daddeln vor dem einschlafen oder nach dem aufwachen geht nicht mehr.

    Ich wollte mir diese Unsitte sowieso abgewöhnen, sah da aber schwer gegen an, nun hat es sich von selber erledigt. Auch das eine neue (oder wiedergefundene) Erfahrung die mir gut bekommt.

    Tagsüber bin ich die letzten Tage ständig draussen, mein räumender Blick hat sich auf den Garten gelegt, ich räume jetzt alle Beete um, baue neue Hochbeete, schneide Bäume, grabe eine neue Gartenarchitektur aus dem Hang...

    Es geht mir gut, wieder hier zu sein. So gut, dass ich manchmal misstrauisch werde: wie kann das sein? Wie kann es mir so leicht fallen nicht zu trinken?

    Vor der Klinik, als ich kalten Entzug machen wollte, schaffte ich es gerade mal mit Ach und Krach einen einzigen Tag nicht zu trinken, und jetzt soll das so "einfach" gehen?? Es kommt mir dann vor, als würde all das Hadern, der Saufdruck, Verzichtgedanken usw irgendwo gleich um die Ecke lauern, um über mich herein zu brechen. Bis jetzt haben sie es nicht getan, ich bleibe misstrauisch und wachsam. Aber auch froh, nüchtern zu sein!

  • Du hörst Dich "aufgeräumt" an.

    ich bleibe misstrauisch und wachsam. Aber auch froh, nüchtern zu sein!

    Das war bei mir am Anfang auch so.
    Misstrauisch heisst ja, ich trau dem Frieden nicht. Ich weiss, dass die Sucht jederzeit mit perfiden Mustern um die Ecke kommen kann,
    vielleicht gerade dann, wenn ich angegriffen bin. Je mehr mein 7. Sinn trainiert ist, desto mehr wird aus Misstrauen Selbstvertrauen mit Respekt vor der Sucht,
    weil ich Situationen erkennen kann und ich meine Stärke einschätzen kann.

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    - abstinent seit 6.01.2024 -

  • Hallo Nayouk,

    Misstrauisch heisst ja, ich trau dem Frieden nicht. Ich weiss, dass die Sucht jederzeit mit perfiden Mustern um die Ecke kommen kann,

    es ist genau so, ja. Ich fühle mich manchmal, als würde ich (m)ein neues, sehr zerbrechliches Leben im alten Leben führen. Und möchte es dann ganz besorgt vor allem drohenden Ungemach schützen. Und fühle mich dann wie eine hilflose Glucke, weil ich noch nicht so gut weiss, wie ich es beschützen kann, wenn dann ein Angriff kommen wird, in Form von Suchtdruck. Deswegen ist mir wahrscheinlich mein Notfallkoffer so wichtig, er gibt mir ein kleines Gefühl dafür, nicht ganz machtlos zu sein.

    Das zarte, zerbrechliche Leben beschützen zu wollen ist ein neues Gefühl.

    Und heute hatte ich noch ein zweites neues Gefühl: ich kann mir selber trauen! Ich hab heute eine Mail bekommen, in der sich die Person "für die herzlichen Neujahrswünsche" von mir bedankt. Ich habe dieser Person keine Neujahrswünsche geschickt, und früher hätte ich gedacht: "oh scheisse, ich hab der Person Neujahrswünsche geschickt? noch dazu herzliche?? was habe ich noch geschrieben??"

    Aber ich war Neujahr schon ca 5 Wochen nüchtern, ich WEISS, dass ich keine Grüsse geschickt habe. Über die Jahre hatte ich mir antrainiert, immer gleich auf Aussagen oder Handlungen die ich wohl gemacht habe, aber mich nicht dran erinnern konnte, zu reagieren als wüsste ich genau Bescheid, wovon die da erzählen... Damit niemand merkt, dass ich mich an nichts erinnern kann.

    Es ist nur ein kleines Beispiel, und völlig unwichtig ob ich nun Grüsse geschickt habe oder nicht, aber ich habe mich innerlich total gefreut, zu wissen was ich getan habe. Ich habe wieder Kontrolle über meine Handlungen, ich sitze jetzt wieder hinter dem Steuer :))

  • Vielleicht handelt es sich bei dieser Mail um SPAM.

    Oder eine Copy-Paste-Nachricht, die wortgleich an zig Leute rausging – das habe ich früher auch oft gemacht.

    Heute nehme ich mir die Zeit, individuell zu schreiben, und zwar nur noch den Menschen, die mir wirklich am Herzen liegen.

    „Ein klarer Geist ist wie ein stiller See – jeder Tropfen hinterlässt Wellen, aber die Ruhe kehrt immer zurück.“

  • Guten Morgen zusammen, ich bin heute wieder mal sehr früh (um fünf Uhr...) aufgestanden. Ich mach das manchmal mit Genuss, wenn ich so früh aufwache, einfach weil ich es kann! "Früher" mit Kater und Selbstvorwürfen undenkbar. Ich glaube, bei mir verändert sich gerade etwas, vielleicht beginnt die vielbesungene rosa Wolke zu verblassen?

    Ich war mir die letzten fünf Wochen seit ich wieder zuhause bin aus der Klinik selber genug. Ich habe wann immer es möglich war draussen körperlich gearbeitet und dabei viel Zeit gehabt um nachzudenken. Das Thema meiner Alkoholsucht und der neuen Nüchternheit war sehr präsent. Ich habe auch jeden Tag sehr viel hier im Forum gelesen obwohl ich mich länger nicht mehr gemeldet habe. Das ging mir in der realen Welt genau gleich: ich hatte keine Lust auf soziale Interaktionen.

    Es reichte mir, mit meiner Hacke und meinem Spaten übers Gelände zu ziehen und es umzugraben, Sitzplätze die seit Jahren überwuchert und zugewachsen waren, wieder freizulegen. Dabei hatte ich soooo viel vor, "wenn ich dann nicht mehr trinke". Sprachkurs, Kampfsport, ehrenamtliche Tätigkeiten, Yoga, Schwimmen, Lesezirkel, kein Verein in der Umgebung, dem ich nicht beitreten würde! Und dann? Erstmal gar nichts.

    Ich habe die Diskussionen zum "für immer" die letzten Tage sehr interessiert verfolgt, auch weil bei mir ab und an dieser Gedanke sich sehr hoch auftürmte und "für immer" sehr gross, beinahe bedrohlich, wirkte. Da hat es mir sehr geholfen zu lesen, dass man "für immer" nicht heute angehen und erledigen muss, es etwas ist, das mit der Zeit langsam wächst. Um im Garten zu bleiben: ich habe den Samen dafür nun gepflanzt, es kann jetzt wachsen, es geht nicht schneller, wenn ich ungeduldig daneben stehe.

    Ich musste das tatsächlich auch erst bei realen Pflanzen lernen, "kannst du nicht mal, irgendwie, SCHNELLER wachsen?!?"

    Was dieses "für immer" für mich aber auch beinhaltet, ist, dass ich alle Zeit der Welt habe. Deswegen war ich auch nicht gestresst davon, dass ich noch nicht einen einzigen meiner vielen Pläne umgesetzt habe. Es fühlte sich für mich richtig an, mich erstmal eine Weile zurück zu ziehen, als müsste ich mich von einer schweren Krankheit erholen, was ja auch irgendwie der Fall ist. Damit meine ich nicht, dass meine Alkoholsucht heilbar ist, ich habe hier gelernt, dass ich sie nur stoppen kann, aber Körper und Psyche danken es mir, nicht mehr täglich mit Alkohol zugeschüttet zu werden.

    Aber nun scheint diese Zeit des Rückzuges langsam zu enden. Vielleicht schüttel ich mich jetzt mal und beginne damit, aus der sozialen Isolation zu klettern, in die ich mich die letzten Jahre gesoffen habe. Beginne damit, ein nüchternes Leben aufzubauen. Ein bisschen ängstlich und zauderlich bin ich da schon noch, diese sozialen Interaktionen anzugehen. Weiss gar nicht mehr, wie das geht.

  • Ich habe die Diskussionen zum "für immer" die letzten Tage sehr interessiert verfolgt, auch weil bei mir ab und an dieser Gedanke sich sehr hoch auftürmte und "für immer" sehr gross, beinahe bedrohlich, wirkte.

    Frage mal jemanden, der nicht süchtig ist, ob er auch ein Problem hat, nie wieder Alkohol zu trinken? ;) Das ist eben nicht so. Das zeigt deutlich, dass nur die Sucht aus mir spricht. Dass es unsicher machen kann, ist das eine, aber auch gut, wenn ich es richtig einordne.

    Vielleicht schüttel ich mich jetzt mal und beginne damit, aus der sozialen Isolation zu klettern, in die ich mich die letzten Jahre gesoffen habe. Beginne damit, ein nüchternes Leben aufzubauen. Ein bisschen ängstlich und zauderlich bin ich da schon noch, diese sozialen Interaktionen anzugehen. Weiss gar nicht mehr, wie das geht.

    Tun muss man Tun. Traue dich es lohnt sich

    Gruß Hartmut

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    Wer will, findet Wege. Wer nicht will, findet Gründe!

    Trocken seit 2007

  • Ich habe die Diskussionen zum "für immer" die letzten Tage sehr interessiert verfolgt, auch weil bei mir ab und an dieser Gedanke sich sehr hoch auftürmte und "für immer" sehr gross

    Immer die nächsten 24 Stunden vornehmen. Jahre werden da von selbst draus:thumbup::)

    m. , Bj. 67 :wink: , abstinent seit 2005

    Wir gehen unseren Weg, weil wir nur den Einen haben. Hätten wir mehrere zur Auswahl, wären wir total zerrissen und unglücklich. Einzig die Gestaltung unterliegt uns in gewissen natürlichen Grenzen.

  • Mir geht es auch so, dass ich schon manches umgesetzt habe, einiges aber auch noch nicht. ( Hatte mir z. B. Schon vor meiner Entgiftung ein Musikinstrument bei Kleinanzeigen besorgt, um das nach der Reha irgendwann spielen zu lernen. Das habe ich auch immer noch fest vor, aber alles zu seiner Zeit )

    Da ist es doch gut, dass wir für die nüchterne Umsetzung noch "lebenslang" Zeit haben - auch wenn wir nicht wissen, wie lange das noch ist. 😉

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