Schwierig irgendwo anzufangen, weil mir nicht klar ist, was man für eine Einschätzung braucht.
Fange ich am Anfang an und arbeite mich zum Ende durch, falls es unterkühlt klingen mag, ich versuche Abstand zu wahren, damit es mich nicht zerfrisst.
Wir haben uns hier kennengelernt, als er zum Studium in Deutschland war und wir leben bis heute auch in Deutschland. Er war mittendrin in seinem BA und ich habe bis heute einen guten Job. Ich würde sagen, es war Liebe auf den ersten Blick. Wir konnten stundenlang reden, schweigen, lachen und das Leben lag vor uns.
Wir haben dann geheiratet (ich zum zweiten Mal) und das Leben wurde härter. Nicht zwischen uns, sondern finanziell. Er hat tagsüber studiert und abends gearbeitet. Wir hatten wenig Zeit miteinander, die wir intensiv nutzten. Und irgendwann war es geschafft, der BA stand und ich erhielt in der Abschlussrede bei der Feier eine Ansprache, wie toll ich sei (kann ich mit was von kaufen).
In dieser Zeit hat er versucht in allen Belangen zu Hause sich zu beteiligen, war für mich da, hat mir den Rücken gestärkt und wir haben die meisten Entscheidungen zu zweit getroffen. Er hat ab und zu mal mit einem Kumpels etwas getrunken, dummes Zeug geredet und dann war auch gut - ich sah keine unnormales Trinkverhalten.
Und dann kam vor 4 Jahren die Wendung, plötzlich musste sein Bruder unbedingt nach Deutschland zum studieren und er begann sich zu verändern. War dauernd gestress, schlecht gelaunt usw.. Da ging ich noch davon aus, ok, das ist eine Phase, geht vorbei, der Druck ist zu hoch. (ihm wird kulturell bedingt die Verantwortung für sowas aufgedrückt, er ist der älteste Sohn und 'erbt' irgendwann die Familie).
Der Bruder kam und sollte erst einmal drei Monate bei uns wohnen, aus den drei Monaten wurde knapp ein Jahr, welches nur beendet wurde, weil ich sagt, er zieht aus oder ich. Und in dieser Zeit begann es langsam schwierig zu werden, er drückte sich davor nach Hause zu kommen, trank mit seinen neuen Kumpels, vernachlässigte Familie, Heim und Studium, ließ seinen finaziellen Beitrag immer kleiner werden, kam Nachts schon mal nicht nach Hause, und versuchte nebenbei seinen Master zu machen. Ich war nur noch Beiwerk.
Da dies nicht mein Ding ist, so zu leben, gab es viele Streiteren, Diskussionen und Ärger, was darin mündetet, dass ich ihn rauswarf, weil das hier kein Hotel ist.
Wir waren drei Wochen getrennt, dann kam er wieder an und wir redeten, und redeten und redeten. Sprachen Probleme an, suchten Lösungen und wollten es noch einmal miteinander versuchen (ich blöde Kuh).
Er zog also wieder hier ein, machte seinen Master fertig und es lief einigermaßen, da waren auf beiden Seiten Wunden, welche erst einmal heilen mussten. Der Alkohol war meistens anwesend, aber mehr so als Zaungast. Aus meiner Sicht wurde es auf Dauer langsam besser und zwar bis zu dem Moment, wo er den Master hatte und sich auf Jobsuche begab.
Er fand keinen adäquaten Job und suchte sein Heil bei den Kumpels. Bis er irgendwann Samstag Nacht bei mir anrief und mir sagte, das Auto (2 Jahre alt) brennt. Ich habe mit bei der Nachbarin ein Auto geliehen, bin hin um festzustellen, dass er bei der Polizei war, betrunken - knapp 1,7 Promille und keinen großen Ausfall in Sprache, Gang oder ähnlichem hatte. Wenn ich klug gewesen wäre, hätte ich an diesem Punkt laufen müssen. Dank Vollkasko hielt sich der finanzielle Schaden in Grenzen, lediglich die Leitplanken musste er bezahlen - Führerschein weg für 8 Monate (hat er bis heute nicht wieder).
Ich habe nicht gedeckt oder beschönigt, ich habe ihm mitgeteilt, er hat ein Alkoholproblem und solle es lösen. Auch die Folgen dieses Unfalls, die MPU habe ich ihm direkt mit auf den Weg gegeben. Er solle anfangen sich Hilfe zu holen. Er drosselte sein Trinkverhalten und es sah so aus, als würde er die Kurve kriegen (hier mache ich mir wahrscheinlich schon was vor). Er bekam einen Job, der allerdings nicht seiner Ausbildung entsprach und in frustete. Aber er trank er einmal weniger, die Ehe lief einigermaßen und er beteiligte sich wieder an den Lebenskosten.
Nach ca. 1 Jahr mit diesem Job wendete sich das Blatt wieder, er trank Abends weil der Job so doof war und der Stress im Job, die Familie zu Hause, das Wetter, alles bot einen Grund. Leider muss ich hier sagen, ich habe es nicht richtig bemerkt, da wir uns in der Woche nur Abends für 30 Minuten sahen. Unsere Job liefen zweitlich komplett auf Kontra. Was bedeutete, dass 95% des Haushaltes an mir hängen blieb. Ich fang immer wieder leere Flaschen von allem was man trinken kann.
Dann verlor er diesen Job (vor 3 Monaten) und versuchte es vor mir zu verheimlichen, und er trank jeden Tag. Ich habe es erst verdränt, weil ich ja glücklich sein wollte, allerdings veränderte er sich immer mehr. Jegliche Emphatie war weg, wenn wir redeten dann schien da was anzukommen, aber nichts auszulösen, außer Scham welche direkt wieder in Alkohol konserviert wurde.
Seit drei Monaten sitze ich mehr oder weniger ständig allein da, er trinkt mit immer seltsameren Freunden, auch Dinge die er vorher nicht mit der Zange angefasst hätte.
Ausgewacht bin ich vor ca. 3 Wochen, wir waren draußen, er traf einen Kumpel und sie wollten kurz was trinken. 3 Stunden später und im Vollrausch, habe ich ihn nach Hause gebracht. Das was er da in den drei Stunden komsumiert hat, konnte dafür allerdings nicht der Grund gewesen sein. Selbst am nächsten Tag, war er mehr oder weniger nicht voll da. Hier sind alle meine ALarmglocken angegangen. Er entschuldigte sich und dabie sagte er etwas, was mich zum Grübeln bracht: Du bist so eine tolle Frau, alles was Du mitgemacht hast, das hätten nicht viele Frauen getan. (Autsch)
Ich habe die Sache beobachtet, er trank direkt nach dem Aufstehen bis zu dem Punkt, als er Abends ins Bett viel. Es gabe auch Tage an denen er, meiner Meinung nach, nicht trank, wenn irgendwas für ihn wichtiges anlag, was er erledigen musste. Allerdings reagierte er dann den gesamten Tag, wie ich morgend vor dem ersten Kaffee. Mürrisch, apathisch, in der Ecke sitzen ohne eine Wort.
Ich habe ihn nun vor die Wahl gestellt, ändere Dein Leben, such Dir hilfe oder geh und leg die Schlüssel auf den Tisch.
Und warum bin ich nun hier, ich traue mir nicht mehr. Es gab zuviele Warnsignale die ich nicht sehen konnte/wollte. Ich liebe ihn, aber will so nicht weitermachen, kann ich auch gar nicht.
Meine ganze Energie ist weg, ich fühle mich ausgelaugt, verraten und verkauft.
Ich habe Stimmungsschwankungen, mich seit einiger Zeit komplett aus dem Leben zurück gezogen. Mehr oder weniger gehe ich nur aus dem Haus, wenn ich arbeiten muss oder etwas zu erledigen ist (einkaufen). Ansonsten grabe ich mich hier ein.
Ich mache mir selber Angst, weil ich meinem Urteilsvermögen nicht mehr traue. Trink er wirklich zuviel oder bin ich nur zu empfindlich, weil ich nichts trinke (ich vertrage es nicht, bekomme davon Atemnot).
Schießt einfach los, ich brauche Zuspruch, Ratschläge und Rückmeldung - hört sich schon nach Co an.