Vielen, vielen Dank für eure Beiträge und die Mühe, Dir Ihr Euch gemacht habt!
Eure Antworten haben mir schon viel Klarheit gebracht, insbesondere, was die Frage des Stellenwerts von Beziehung vs. Alkohol bei Ihr angeht. Das muss ich mit ihr ansprechen, das zu klären scheint mir immens wichtig. Auch, was die geplante Heirat angeht. Das wird schwierig, muss aber sein.
Ich gehe mal noch auf einige Einzelheiten ein:
Du hast nicht die Kontrolle darüber wie viel Alkohol sie trinkt, kannst Du damit weiterhin leben?
Ja, eine entscheidende Frage, danke! Das muss ich mit mir klären.
Wenn 10 Leute sagen sie ist Alkoholikerin, dann trennst du dich?
Und wenn 10 sagen, stell dich nicht so an, sie ist einfach nur gut drauf, dann trennst du dich nicht?
Es hilft mir schon, wenn Leute, die Erfahrungen mit diesen Dingen machen mussten, mir sagen, dass ihrem Gefühl, oder Bauchgefühl, nach hier schon die Talfahrt in vollem Gange zu sein scheint. Und auch, dass der Tenor im Endeffekt ist: Na ja, es ist vielleicht nicht wenig, aber man kann es einfach nicht voraussagen.
DU hast dich hier angemeldet, schreibst aber fast nichts über dich, sondern nur in aller Ausführlichkeit über deine Partnerin.
Ich weiß nicht recht, was von mir in diesem Zusammenhang wichtig sein könnte.
Vielleicht: Ich sage ungern positive Dinge über mich, aber ich glaube, ich bin einfach "ein echt guter Kerl" und so ungefähr das Gegenteil von spießig. Aber ich bin, wie schon gesagt, protestantisch erzogen, zwar selbst Agnostiker, aber durch diese ganzen Wertvorstellungen geprägt. Das sitzt tief.
OK, in meiner Jugend haben wir es ab und an auch ziemlich heftig krachen lassen, aber mein Bild ist durch meine Prägung immer gewesen: Das ist das Privileg der Jugend, wenn man dann richtig im Erwachsenenleben angekommen ist, dann fährt man das stark zurück. Da gelten dann für "vernünftige" und "anständige" Menschen Maßstäbe von Mäßigung, Zurückhaltung und Wahrung der Kontrolle.
Also schon puritanisch, aber nicht fanatisch oder dogmatisch puritanisch: Man kann gern "ab und an" "moderat" Alkohol trinken, und man kann auch "mal" "etwas" über die Stränge schlagen – was immer das in Gänsefüßchen auch jeweils konkret bedeuten mag, also alles mit schwer konkret zu ziehenden Grenzen.
Aber wenn da auf Dauer eine Art Regelmäßigkeit zu erkennen ist, also wenn ich den Eindruck bekomme, der Alkoholkonsum, wenn auch in moderatem Maße, ist irgendwie Teil der Persönlichkeit und der Identität, dann wird mir das schon unangenehm.
Wenn dann noch "relativ häufige" (vielleicht öfter als einmal pro Jahr?) Exzesse mit schwerer Betrunkenheit dazukämen, wäre es für mich jenseits von gut und böse.
Ihr seht also, dass (a) die Grenzen schwer zu ziehen sind und dass (b) dass das für die meisten von Euch Kinkerlitzchen sind, denn Ihr musstet ganz anderes erleben.
Ich verstehe deshalb Eure überwiegend verdutzte Haltung. Ich bitte deshalb auch um Nachsicht, da aber meine (wiewohl unscharfe) Grenze für Unwohlsein beim Trinken eben schon sehr tief liegt, quält mich eben die Situation, und deshalb suche ich um Rat.
Trotz der unscharfen Grenzen ist es aber so, dass ich bei den meisten Leuten sehr schnell fühle, ob das gar nicht geht (meine Ex), oder ob es für mich OK ist, aber mit meiner Liebsten fühle ich mich eben wie in einem Graubereich - dazu unten mehr.
aber egal ob sie alkoholikerin ist oder nicht , es stört dich oder ?
Wenn ich erkennen könnte, dass da die Spirale nach unten schon deutlich fröhlich am Rotieren wäre, würde es mich natürlich viel mehr stören, und dann hätte ich meine Konsequenz schon längst gezogen. Aber so: Ich weiß nicht, wohin das führt (und das kann mir bei dem, was ich schildern konnte, offensichtlich auch niemand klar beantworten), und: Ja, es stört mich schon irgendwie, aber es ist immer noch so der Graubereich, bei dem ich das Gefühl habe: "Na ja, könnte vielleicht gerade noch so gehen."
ich kann das Problem noch nicht ganz fassen. Du schreibst, sie ist ein wundervoller Mensch und du liebst sie. Sie scheint auch nicht ungut zu werden, wenn sie getrunken hat und auch nur defensiv, wenn du sie auf den Alkohol ansprichst. Bei vielen hier, und auch bei mir, ist es ja so, dass einen das Verhalten des Partners stört, wenn er getrunken hat, das Lügen, das Verstecken, das Leugnen, das aggressiv werden, die Wahnvorstellungen, die Wesensveränderungen, das nicht ansprechbar sein, die gesundheitlichen Auswirkungen, etc. Natürlich ist Alkohol ein Nervengift und deshalb schon mal prinzipiell keine gute Idee. Dh es ist durchaus legitim, wenn es dich aus Prinzip stört.
Ja, das ist eben (neben Menge und Häufigkeit, die vielleicht "gerade noch so gehen" könnten), einer der positiven Punkte im Graubereich: Es wirkt sich rein faktisch nicht negativ aus.
Aber sie macht das seit 30 Jahren, scheinbar unverändert - was hat sich bei dir verändert, dass es dich jetzt stört?
Wir kennen uns ca. zweieinhalb Jahre, alles was davor war, kenne ich nur aus dem, was sie sagt: "Aber ich mache das doch schon seit Jahrzehnten so, es ist nie mehr geworden, und es hat doch auch nie Probleme bereitet."
Oder ist das Heiraten ein Thema, dass es für dich verstärkt ein Sorgen-Thema ist?
Ja, und zwar verbunden mit der nächsten Sorge:
Oder ist es die Sorge, dass das alles schlimmer werden könnte?
Ja. Ich weiß, dass Leute auch noch nach Jahrzehnten umkippen können.
Fühlst du dich unglücklich wegen ihres Konsums?
Ja, aber, wie gesagt: Es geht vielleicht gerade noch so. Es wäre schon anders, wenn ich irgendwann mal einen Kontrollverlust bei ihr erlebt hätte, aber so ist es eher die, auf Dauer gesehen, Regelmäßigkeit und die Rolle, die Alkohol für sie ihrem Leben spielt.
Das ist alles so grenzwertig für mich. Sie ist in jedem Lebensbereich sehr diszipliniert und erwachsen und kontrolliert, und dieser eine einzige Zug kollidiert für mein Empfinden damit. Es erscheint mir irgendwie "nicht puritanisch genug" (haha) und irgendwie "unreif". Und das macht es so schwierig: Alles wunderbar für mich, nur eben das nicht.
Nochmal: Ich verstehe, dass Ihr darüber nur den Kopf schüttelt, aber mich quält das eben, deshalb schreibe ich.
Verursacht der Alkohol Probleme in eurer Beziehung?
Bisher nur für mich, in meinem Empfinden.
Hat es Auswirkungen auf ihre Gesundheit?
Keine erkennbaren, Gott sei Dank.
Und welche Auswirkungen hat ihr Konsum auf dich?
Siehe oben: Er bringt mich nicht zum Verzweifeln, aber zum Zweifeln.
Im normalen Alltag: "Hm, OK, mal wieder ein Cocktail. An sich kein Problem, denn dabei bleibt es im normalen Alltag ja auch. Aber ein paar Tage später: Wieder ein Cocktail. Hm. Mir wäre angenehmer gewesen, wenn das vielleicht eine Woche später oder so an der Reihe gewesen wäre, aber na ja, zwei oder drei werden es ja im Alltag nie ..." So in der Art.
Krass, wie genau du das beobachtest, wieviel sie wann zu welchen Anlässen trinkt. Sie trinkt nur in Gesellschaft?
Ja, soweit ich weiß, nur in Gesellschaft.
Ansonsten, Stichwort "Buchführung": Wir kennen uns seit ca. zweieinhalb Jahren. Deshalb kann ich mich an die eine Sylvesterfeier erinnern, aber sonst nicht an konkrete Anlässe. Was ich hier geschrieben habe, ist ein Versuch, Euch das aus der vagen Erinnerung zu schildern, wie sich das über die Zeit so darstellt, anhand fiktiver Anlässe. Ich führe nicht konkret Buch, bringt doch sowieso nichts. Mir reicht das ungefähre Bild, was sich so über die Zeit in der Erinnerung einstellt.
Kurz zusammengefasst: ich glaube, du brauchst jemanden, der nullkommanull trinkt.
*Im Prinzip* ja. Aber auch nur im Prinzip, denn ganz ohne wäre es mir auch wieder zu uptight.
Ich bräuchte wahrscheinlich in punkto Alkohol idealerweise jemanden, der mein schwammiges Gefühl von "in Maßen" erfüllt.
Aber ansonsten brauche ich genau jemanden wie sie, und ich glaube auch, dass sie das Gefühl hat, dass sie genau jemanden wie mich braucht, und auf ihrer Seite auch in punkto Alkohol: Für sie wäre ein Mann, der heftig über dem trinkt, was sie auch selbst als OK für sich ansieht, ein Graus.
Ich weiß anekdotisch (nicht nur von ihr), dass sie einmal eine Beziehung hatte, in der sie sich sehr schnell wieder getrennt hat, weil der Mann, nachdem er natürlich am Anfang einen guten Eindruck machen wollte, sehr schnell in sein Alltags-Ich zurückfiel und dann jeden Tag trank und Gras rauchte. Das lag dann unerträglich über ihren eigenen Grenzen.
Danke noch einmal für Eure Energie, und ich bitte um Nachsicht ...