Beiträge von Iowa

    Es hat mir wirklich gut getan, diese Gedanken rauszulassen und niederzuschreiben.

    Oliver, du hast geschrieben, dass du manche Einflüsse nicht in dein tiefstes Inneres eindringen lassen möchtest. Für mich würde das aber bedeuten, mich zum Beispiel auch nicht wieder verlieben zu können, Herzklopfen zu spüren z. B. Ich empfinde es schwierig, unterscheiden zu können, was ich an mich ranlassen will und was nicht. Gefühle zu kontrollieren würde bei mir dazu führen, dass ich Angst hätte, dass es sich staut und an falscher Stelle irgendwo rauskommt.

    Ich habe mir inzwischen angewöhnt, meinen Gefühlen in Maßen freien Lauf zu lassen, d. h. es kann passieren, dass ich deprimiert oder traurig bin und das dann auch zulasse oder in Kauf nehme, dass andere Menschen meine Verzweiflung wahrnehmen. Manchmal habe ich den Eindruck, dass dies andere Menschen nur dann stört, wenn sie selber ein Problem damit haben, diese Gefühle bei sich zuzulassen, aber heute habe ich die Einstellung, dass das eben das Problem der anderen ist, ich muss nicht ständig ein Smiley-Face machen oder Erklärungen dazu abgeben.

    Eher habe ich Probleme damit, schöne Gefühle zu zeigen, andere Menschen anzulächeln, da habe ich mehr Angst, dass mich eine positive Reflektion in meinem Inneren trifft und das bin ich nicht gewöhnt. Aber da muss ich wirklich Geduld haben, wie du geschrieben hast, Peter, ohne Alk fühle ich mich ungleich verletztlicher und das zu lernen, bringt wohl wirklich nur die Zeit ...

    Hallo Kommal, hallo Yvonne,

    danke für eure Antworten,

    der Unterschied zwischen beiden Phasen besteht darin, dass ich mich im ersteren Fall über gelungene Tage freuen kann, im anderen Fall registriere ich zwar schöne Erlebnisse, kann diese aber nicht in mir aufnehmen, mich nicht drüber freuen, nehme eher eine Abwehrhaltung ein in dem Sinne, dass ich anderen im übertragenen Sinne "die Tür vor der Nase zuschlage", auf Distanz gehe. Es fühlt sich in dem Moment so an, als wenn ich nichts annehmen "darf". Ich weiß, dass das von früher kommt, kann da aber innerlich noch nicht dran.

    Mit dem Tagebuch schreiben fange ich erst wieder an bzw. werde es evt. im geschlossenen Bereich weiterführen. Vielleicht braucht es auch einfach noch seine Zeit, bis ich meine eigene "Normalität" gefunden habe ...

    Hallo Peter,

    habe eben deinen Drei-Jahres-Faden gelesen und kann dir nur meine Bewunderung für deine Offenheit, deine Ehrlichkeit und deinen Mut, so schonungslos zu berichten, aussprechen.

    In einigen Teilen gerade was die körperliche und seelische Vernachlässigung betrifft, finde ich mich wieder, ebenso im Umgang mit Ablehnung und Selbstbewusstsein.

    Deine Geschichte macht wirklich Mut und zeigt, dass eben doch Licht am Ende des Tunnels wartet.

    Danke für ein spannendes "Buch"

    Ich habe inzwischen große Angst vor einem möglichen Rückfall, weil ich einfach immer in die gleiche Situation bzw. Gefühlslage komme.

    Gebe mir große Mühe, mir selber ab und an mal was Gutes zu tun, das können auch Kleinigkeiten sein, positive Dinge wahrnehmen, mich über ein Lächeln freuen, ... Das Schlimme daran ist, dass es mir kurze Zeit später schlecht geht. Meine Therapeutin sagte mir, dass es damit zusammenhängt, dass ich es mir innerlich nicht erlauben kann, mich "gut" zu fühlen. Für mich ist es wie auf eine Leiter raufsteigen und auf der Hälfte runterzuplumpsen und auf dem Boden zu landen, dort bleibe ich dann eine Weile liegen, bis ich mich wieder dran mache, die Leiter wieder raufzusteigen. Meine Therapeutin sagte, dass es eben seine Zeit braucht, aber ich empfinde das als so furchtbar anstrengend dieses Rauf und Runter.

    Momentan bin ich wieder in der Phase, wo ich wieder im Sand liege und darauf warte, die Kraft zu haben, wieder die erste Stufe zu erklimmen. Selbst nach ca. 15 Monaten ambulanter Therapie, die aus Gruppensitzungen und Einzelgesprächen bestand, ist mein Selbstwertgefühl mal wieder auf dem Nullpunkt angelangt, auch während der Therapiezeit war das immer mal wieder Thema, da komme ich irgendwie auf kein gesundes Level.

    Eigentlich könnte ich mit allem zufrieden sein, habe eine - zwar ätzend langweilige - aber sichere Arbeitsstelle, ein halbwegs funktionierendes soziales Netz aus Wandergruppe, SHG, lebe relativ normal, Familie ist von Ausnahmen abgesehen auch okay, auch sonst nichts wirklich Dramatisches, was begründen würde, warum ich mich immer wieder "schlecht" fühle.

    Manchmal denke ich, dass es auch damit zusammenhängt, dass ich mich für alles verantwortlich fühle was in meinem Umfeld so schief läuft. Werde demnächst mal ausführlicher darüber schreiben im geschlossenen Bereich.

    Danke fürs "Zuhören".

    Hallo Dan,

    mein älterer Bruder ist nasser Alkoholiker. Ich bin inzwischen trocken. Mein Bruder und ich sind früher viel "auf die Rolle" gegangen. Ist heute natürlich eine andere Situation. Ich kann ihn ab einem bestimmten Zustand nicht mehr ertragen, albern, blöd kommt er mir dann vor. Irgendwie macht mich das auch traurig, aber ich habe gelernt, ihn mit seinen Problemen loszulassen. Er muss selber den Willen haben, nicht mehr trinken zu wollen. Habe versucht, ihm die Vorteile des Nicht-mehr-Trinkens aufzuzählen, er hat dazu geschwiegen.

    Ich selber musste erst auf meine ganz persönliche (ist bei jedem anders) Schamgrenze runterfallen und habe mich dann aus eigenen Stücken dazu entschieden, mein Leben wieder lebenswert zu machen und damals mit Hilfe des Blauen Kreuzes Stabilität gefunden.

    In meiner Familie wird das Thema runtergespielt. Als ich vor einigen Monaten mit meiner Mutter über meinen Bruder gesprochen habe und ihr gesagt habe, dass er ja auch alkoholkrank ist, war sie ganz verwundert, er würde manchmal viel trinken, aber abhängig? Das hat mich echt wütend gemacht. Blindheit siegt? Sie selber kann viel vertragen, trinkt aber bei sich zu Hause nichts, nur bei Feiern.

    Alkohol verändert eine ganze Familie. Mir wurde gesagt, so viel hast du ja auch nicht getrunken, eigentlich bist du ja kein richtiger Alkoholiker, hä? Theoretisch hätte ich in meiner Familie einen Freibrief, wieder zu trinken. Inzwischen beginnt es aber so hie und da Klick zu machen. Insbesondere mit meinem Neffen, mit dem ich mich sehr gut verstehe, habe ich über meine Alkoholsucht offen gesprochen. Er selber war früher jedes Wochenende "zu", hat mir aber letztlich mal gesagt, dass er das kaum noch machen würde. Vielleicht hat da ja doch ein Umdenken eingesetzt.

    Ich glaube manchmal, dass die Blindheit gegenüber Alkoholkranken als Begründung dafür genommen wird, sich selber ohne schlechtes Gewissen die Birne zuknallen zu können.

    Mit Hilfe im Sinne von Ratschlägen oder gut zureden erreicht man glaube ich gar nichts. Ich habe, was meinen Neffen betrifft, einfach über meinen eigenen Werdegang und meinen Weg, wie ich immer tiefer gerutscht bin, gesprochen, insbesondere auch darüber, wie ich mich aus Scham, weil es mir peinlich war, nach 2 Bier schon zu stottern anzufangen und nicht mehr zusammenhängen sprechen zu können, nur noch alleine zu Hause mit meinen Bier- und Weinflaschen saß und keine persönlichen Kontakte mehr nach außen hatte.

    Glaube, dass wenn jemand schon zu tief in der Spirale drin steckt, dass man gar nichts machen kann, weil man nicht mehr auf klaren Verstand trifft.

    Hallo,

    mich würde mal interessieren, wie ihr an eurer Arbeitsstelle gefühlt habt gerade in der Anfangszeit der Trockenheit.

    Ich selber habe die Erfahrung gemacht, dass es Verwunderung ausgelöst hat, dass ich auf einmal Widerworte gegeben habe, wo ich doch früher alles so schön "geschluckt" habe, was dann teilweise auch zur Folge hatte, dass ich Druck gespürt habe, von wegen, die muckt auf, machen wir wieder nen Kopf kleiner. Das war in der Zeit meiner ambulanten Therapie, so dass ich ganz gut damit fertig geworden bin, weil ich darüber sprechen konnte.

    Des Weiteren hatte ich in meiner nassen Zeit einen Kreis von Helfershelfern, hatte sich irgendwie so eingespielt, wenn ich Schwierigkeiten hatte, haben mir sie bestimmte Leute aus dem Weg geräumt. Gerade dieses Verhalten merke ich heute teilweise immer noch, will aber meine Probleme heute selber in den Griff kriegen, mich mit den entsprechenden Stellen und den Problemen selber auseinandersetzen.

    Gerade in den letzten Jahren hat sich viel die Spreu vom Weizen getrennt und Gott sei Dank habe ich auch viele neue Kollegen, die mich nur trocken kennen. Dazu sagen möchte ich noch, dass es nicht publik geworden ist, dass ich in Therapie war und möchte es auch nicht öffentlich machen, ich glaube mit dem Tratsch könnte ich nicht umgehen.

    Das komische ist, dass ich mich manchmal noch danach sehne, dass ich mal die Verantwortung für bestimmte Dinge wieder abgeben kann, hat für mich auch was mit fallen lassen können zu tun, habe aber gleichzeitig Angst davor, dass wieder jemand über mich bestimmt.

    Nichts desto trotz spüre ich, dass die innere Stärke, die ich heute ausstrahle, positiv rüberkommt.

    Ich freu mich, über eure Erfahrungen zu lesen, wie es euch "auf einmal trocken" im Beruf ergangen ist.

    Des Öfteren habe ich hier vom "liebevollen inneren Verabschieden" von Menschen geschrieben, die aus welchen Gründen auch immer den eigenen Weg nicht mitgehen können.

    Ich bin gerade dabei, mich innerlich von jemandem zu verabschieden, der mir sehr viel bedeutet, mental gesehen, wir hatten nie was miteinander, aber ich merke, dass ich bei ihm in ein altes Beziehungsmuster reinfalle. Der springende Punkt ist, dass ich inzwischen weiß, dass er jemand ist, der sich des Öfteren die Birne zuschüttet, ob bereits abhängig oder nicht, weiß ich nicht. Das ist der Hauptgrund für meinen Entschluss.

    Mir ist dieses Muster bewusst, trotzdem habe ich viel zu spät gemerkt, was da abgeht und merke, um meinetwillen, muss eben Abstand nehmen, will und kann auf ihn gar nicht mehr eingehen, auch, weil ich nicht immer einschätzen kann, ober er nun was intus hat(te) oder nicht, will einfach kein Risiko eingehen.

    Ich weiß momentan aber gar nicht wohin mit diesem Schmerz, es fühlt sich grausam an, als wenn mir jemand was Rausreißen will.

    Das mit dem Verabschieden will also so liebevoll leider noch nicht klappen, hat da jemand Erfahrungen, wie man das eher in die richtige Kopf- und Bauchschiene kriegt?

    Werde nun erstmal versuchen zur Ruhe zu kommen und dann morgen sehen, ob es vielleicht schon etwas weniger ist.

    Wünsche allen hier im Forum eine gute trockene friedliche Nacht

    Hallo Sonnel,

    "weil ich mir nicht traue in eine reale SHG zu gehen, da ich sehr viele Kundekontakte habe und unbedingt vermeiden will, dass in der Firma jemand was mitbekommt", hast du geschrieben.

    Andererseits: sollte dir jemand deiner Kunden oder Kollegen in der SHG begegnen, könnte das auch der Beginn einer wunderbaren Freundschaft werden ....

    Für mich gibt es nichts Schöneres als Mitwisser, mit denen man sich auf der gleichen Ebene austauschen kann.

    Alles Gute

    Hallo Sylvie,

    auch ich wünsche dir viel Kraft, diese vor dir stehende Zeit weiterhin trocken zu überstehen. Als ich anfing mit meiner Therapiezeit, fühlte ich mich auch ziemlich down. Damals stand gerade ein Umzug an, musste ausziehen aus der alten Wohnung, weil ich alkoholmäßig meiner Vermieterin aufgefallen war ...

    Dann hatte ich meine neue Wohnung, war glücklich, saß da zwischen meinen erst teilweise ausgepackten Umzugskartons und habe gemerkt, wie viel Kraft ich dafür brauche, mich selber zu finden. Ich habe damals als erste Priorität gesetzt, nur so viel zu machen, wie ich schaffe - schön, dass du auch deine Grenzen kennen lernst, das ist doch schon mal ein Riesenschritt - wichtig war mir aber auch, Zeiten zu finden, in denen ich nur das gemacht habe, was mir wirklich Freude macht, und wenn es nur 1 Stunde am Tag war. Das waren manchmal Kleinigkeiten, einen Capucchino trinken gehen, in Möbelhäusern rumgehen und mir Ideen machen, wie ich mir meine Wohnung so nach und nach einrichten würde, mich einfach nur inspirieren lassen oder die Sinne im Wald einfach auf mich einwirken lassen, das Grün oder Bunt der Bäume war stärker, Waldboden unter sich spüren, harzige, grüne Luft tanken. Außerdem habe ich gemerkt, wie schön manche Filme im Fernsehen sind, wenn man sie mit klarem Kopf sieht, in der Hauptsache aber wirklich nur Filme, die mich aufgebaut haben.

    Ich habe vor einigen Monaten einen Rückfall gebaut, fühle mich jetzt aber wieder wohl und kann dir nur sagen, es lohnt sich durchzuhalten. Das Leben ist klarer, schöner, sinnlicher, farbiger.

    Alles alles Liebe,

    Ulrike

    In der der Selbsthilfegruppe hat mal gemand gesagt: Es gibt den Teil in uns, der so ist, wie man ist und einen Teil, der sich wünscht, so zu sein, wie man sein will.

    In meiner nassen Zeit konnte ich mir gut Illusionen darüber machen, fand mich toll, war sprachgewandt, (scheinbar) witzig, vor meiner Abhängigkeitserkrankung bzw. ohne Alk war ich eher schüchtern und gehemmt.

    Die Therapie hat mir geholfen zu akzeptieren, dass ich so bin wie ich bin, es aber lernen kann, bestimmte Charakterzüge, Stärken weiter zu entwickeln, meine vermeintlichen schwachen Seiten kann ich immer noch nicht so gut akzeptieren, aber ich verdonnere mich mental nicht mehr in den Keller, wenn ich mal nicht "perfekt" bin.

    Ich glaube, dieses Einpendeln seiner eigenen Persönlichkeit dauert einfach seine Zeit und mir ist es lieber, ich erlebe die Zeit im Hier und Jetzt anstatt in der fragwürdigen nicht realen Welt des Suffs.

    Hallo,

    habe heute einen Beitrag reingestellt im Vorstellungsbereich, wo ich über meinen Rückfall vor einigen Monaten berichtet habe. Inzwischen fühle ich mich wieder ganz stabil und freue mich, wieder an euren Geschichten teilnehmen zu können. Ich freue mich über einen Rat von euch bei einem aktuellen Problem.

    Die letzten Wochen, die ich damit verbracht habe, wieder ein stabiles Gleichgewicht zu bekommen, begegnet mir öfter ein Kollege, der ein Gefühl dafür entwickelt hatte, dass es mir nicht so gut ging, es hat immer etwas fürsorglich-mütterliches an sich. An und für sich ja eigentlich eine nette Geste, aber ich kenne diesen Menschen aus einer meiner früher hart erkämpften stabilen trockenen Zeit auch als jemanden, der eigentlich sehr ehrlich reflektieren kann und das ist mir generell wichtiger als "verhätschelt" zu werden.

    Ich kann diesem Kollegen momentan nicht mehr unter die Augen treten, weil ich mir von ihm wieder diese ehemalige Ehrlichkeit wünsche und keine "Hilfe zum Aufbau eines neuen Selbstwertgefühls". Er selber ist mit einem Kollegen sehr gut befreundet, der m. E. auch ein Alkoholproblem hat Daraus schließe ich, ob er evt. jemand ist, der Co-abhängig ist und es vielleicht sogar braucht, dass jemand Hilfe braucht. Ist es in dem Fall nicht eher besser, wenn ich Abstand zu ihm halte, um nicht in ein Muster runtergezogen zu werden? Das würde mir aber sehr schwer fallen, weil ich ihn sehr gerne mag.

    Oder soll ich ihn einfach mal ehrlich drauf ansprechen, wie ich sein Verhalten empfinde?Wir reden im Regelfall nicht so miteinander, es ist eher ein wortloses Miteinander.

    Nichsts desto trotz, ich freue mich sehr, wieder fühlen, klar denken und Hoffnung schöpfen zu können. Hätte nicht gedacht, dass ein Rückfall wieder so ein Gefühlchaos anrichten kann ...

    Hallo Aura,

    mir ist ein Satz aufgefallen: War ganz schön peinlich! Was war denn daran peinlich, sich vorzustellen bei den Nachbarn? Ich finde diese Geste richtig schön und herzlich :D und ich hätte mich als Nachbarin ehrlich gefreut darüber, es ist nicht peinlich, nett zu sein, ich habe eher den Eindruck, dass es manche Menschen einfach nicht gewohnt sind, nett behandelt zu werden. Schade eigentlich. Ich habe leider auch schon Erfahrungen damit gemacht, dass gute Wünsche, z. B. zum Geburtstag, tschüss sagen, einen schönen Feierabend wünschen, "schief" angesehen werden, lieber cool sein und Pokerface machen 8) . Ich freue mich aber immer wieder über Leute, die sich ehrlich darüber freuen, auch wenn sie in der Minderheit sind und ich möchte dich ermuntern, solche wohltuenden Nettigkeiten nicht als peinlich zu empfinden, sondern sie als Problem derer anzusehen, die das einfach nicht (mehr) gewohnt sind.

    Herzliche Grüße
    Fisch-auf-dem-Trockenen


    Hallo Rasko und alle anderen, die mir auf meinen Beitrag geschrieben haben

    Nein, meine Kollegen wissen nichts von meiner Alkoholsucht und/oder meiner Therapie. In den letzten Jahren war beruflich viel Trubel, viele Geschäftsführer-Wechsel, ich glaube, ich war schon bekannt dafür, ab und an mal zu tief ins Glas zu schauen, aber meine Abwesenheit habe ich mit einer Therapie wegen psychosomatischen Beschwerden erklärt. Mit einigen Kollegen klappt es auch wieder ganz gut und da bin ich auch sehr froh drüber.

    Summa summarum fällt es mir trotz der langen Abstinenz schwer, stolz auf mich zu sein, ich komme aus einer Familie mit 6 Geschwistern, einer sehr anspruchsvollen Mutter, der man es nicht recht machen konnte, kenne mein Problem, komme da aber nicht rüber, fällt eben schwer.

    Ich glaube, dass sich die Leute daran gewöhnt haben, wie es früher üblich war, mich als "Sündenbock" zu haben. Kurz vor meinem Entzug habe ich mich in einen Kollegen verguckt, der das ausgenutzt hat, war immer nur nett zu mir, wenn er was für seine Belange brauchte, viel Lästereien a la, hey die wird ja rot, ist wohl auf Männer aus (mit 45 Jahren Single) einigen in der Firma habe ich das bis heute nicht verziehen (es waren fast 2 Jahre Demütigungen, Lästereien, die ich ohne der während der Zeit dauernden Therapie wohl nicht überstanden hättte, meine Therapeutin meinte, ich wäre zu nachtragend, aber es war zu schmerzhaft ...), habe mir viel viel zu lange zu viel gefallen lassen.

    Ja, aber ich habe es mir für morgen vorgenommen, wenn ein Wunsch mal wieder in überheblicher Stimme an mich herangetragen wird, mindestens einmal nein zu sagen bzw. anzugeben, dass ich in einem gewissen Ton nicht mit mir sprechen lasse.

    Danke für eure Antworten, euer Mutmachen, hat mir viel gebracht.

    Werde euch mitteilen, wie es gelaufen ist.

    VG, Fisch-auf-dem-Trockenen


    Zitat von Rasko

    Hey du,

    sei stolz auf dich! Du hast da mehr geschafft als andere in ihrem ganzen
    Leben. Vergiß das bloß nie! Bleibe bei dir, bleibe der der du jetzt bist, was auch immer geschieht.
    Deine Kollegen wissen von deiner Therapie, wie ich gelesen habe? Kannst du es ihnen nicht in Ruhe erklären? Die meisten Menschen haben doch überhaupt keine Ahnung, da brauchen die evtl. mal eine klare Ansage. Ich habe das Glück ein sehr verständnisvolles und interessiertes Umfeld zu haben. Solltest du auf diesem Weg nicht weiter kommen, vergiß es, laß es nicht an dich ran. Sag nicht immer ja und amen. Die nutzen dich nur aus. Das hat meiner Meinung nach auch gar nichts mit dem Alkohol zu tun. Sie suchen einfach nur ein Opfer, sei keins.
    Willst du wirklich wegen so ein paar unwichtigen Zeitgenossen dein Leben aufs Spiel setzen. Nein! Sei selbstbewußt und geh deinen Weg. Du kannst das!

    LG Rasko

    Hallo,

    bin seit 13 Jahren angestellt in ein und derselben Firma. Während meiner "nassen" Zeit habe ich viele Fehler gemacht, menschlich gesehen, war aggressiv, habe rumgegiftet, dann kam Herbst 2006 Entzug, danach Therapiezeit, seitdem ging es mental ständig aufwärts und ich habe versucht, vieles "wieder gut zu machen". Ich habe damals zwar viel Mist gebaut, war aber andererseits auch "fügsam". Wenn es z. B. darum ging, irgendwelche Erledigungen zu machen, als Zuhörer zur Verfügung zu stehen oder als Verarschungsobjekt, das ging alles an mir vorbei.

    Inzwischen bin ich raus aus der Therapie, inzwischen aber wieder am Rande der Verzweiflung. Ich habe das Gefühl, immer noch "Abbitte" leisten zu müssen für die Zeit, als ich andere schlecht behandelt habe und lasse es mir fast immer gefallen, von anderen jetzt schlecht behandelt zu werden. Zum einen werde ich ignoriert, angeschrien, sage trotzdem, wenn ich um einen Gefallen gebeten werde, trotzdem ja und amen, hasse mich eigentlich dafür und weiß jetzt nicht, wie ich rauskomme aus dem Dilemma.

    Manchmal denke ich, dass es leichter war, als ich noch getrunken habe, da sind mir zumindest einige Leute in extremen Zeiten aus dem Weg gegangen und man traute sich nicht, mich wie auch immer anzusprechen.

    Muss ich denn jetzt für den Rest meines Lebens damit zurecht kommen, mies behandelt zu werden, ist ein Jobwechsel die einzige Chance? Oder ist das so in der heutigen Zeit allgemein? Ein dickes Fell zuzulegen, fiel mir schon immer schwer. Inzwischen bin ich aber nicht weit von einem Rückfall entfernt und das will ich auf jeden Fall vermeiden.

    Danke, wenn ihr mir eure Erfahrungen mitteilt.