Hallo
Auch ich kenne das Problem mit meiner Mutter. Inzwischen melde ich mich gar nicht mehr bei ihr … aus Schutz für mich selber, denn ich habe für mich gemerkt, dass es mir nicht gut tut, wenn ich mit ihr in Kontakt bin. Sie sucht immer mal wieder den Kontakt zu mir … zu meinem Geburtstag … zu Weihnachten … und ja natürlich wenn mal wieder jemand gestorben ist … meistens laufen unsere Gespräche dann so ab, dass sie mir ihre ganzen Probleme runterbetet, ohne dabei einmal zu fragen wie es mir geht. Nach unseren Gesprächen habe ich dann meistens Kopfkino … mache mir Sorgen. Es ist dann eben wie früher … zu Hause … sie hat mit mir über alle Probleme mit meinem Vater gesprochen, finanzielle .. wenn er fremd gegangen ist usw. Ich habe immer zugehört ….
Ich denke ihr solltet wissen, dass mein Vater Alkoholiker ist. Ich dachte immer meine Mutter wäre nur Co. Inzwischen bin ich mir da nicht mehr so sicher … denn sie hat immer mitgetrunken, es sei denn er war auf Montage. Dann hat sie selten was getrunken, mal eine Flasche Sekt oder so. Wir (meine Schwester und ich) haben die meiste Zeit in der Wirtschaft verbracht. Keine schöne Atmosphäre zum Aufzuwachsen. Wir kannten die Spielautomaten besser als alles andere. Das einzig Positive was ich dem abgewinnen konnte waren die Hunde von dem Wirt, mit denen wir spielen konnten. Meistens fing es dann schon in der Wirtschaft an, dass sie sich wegen irgendetwas gestritten haben … meistens wegen Kleinigkeiten … einfach so. Dann ging es dann nach Hause und sie hat Mittag-/Abendessen gemacht. Er hatte dann immer irgendwas am Essen auszusetzen. Meistens eskalierte der Streit dann, was zunächst mit fliegendem Besteck anfing … und damit endete das die Situation völlig eskaliert ist. Es gab Situationen, wo ich nicht eingegriffen habe … nur auf Dauer konnte ich mir das nicht anschauen … denn wer sieht sich schon gerne an, wie seine Mutter verprügelt wird. Er hat sie quer durch die Wohnung geprügelt, an den Haaren durch die Wohnung gezogen und als sie am Boden lag … nachgetreten, gewürgt, dass ich dachte sie bekommt keine Luft mehr. Im Anfang hatte ich immer Angst einzugreifen … hab am ganzen Körper gezittert und aus Angst fast unter mir weggemacht. Ähnlich wie das Gefühl wenn ich eine Panikattacke bekomme. Irgendwann hab ich nicht mehr drüber nachgedacht und bin einfach dazwischen, egal was passiert.
Wenn sie abends alleine Weg gewesen sind hab ich so lange im Bett gelegen und gewartet bis sie nach Hause kamen. Noch heute kann ich das Geräusch von Stöckelschuhen nicht ertragen, wie sie im Treppenhaus hochgehen und das Klimpern von Schlüsseln, wie sie sich im Schlüsselloch umdrehen. Ich lag dann im dunklen Zimmer und habe den Lichtspalt unter der Türe beobachtet und gebetet, dass sie nicht reinkommen, den Schatten vor unserer Zimmertüre zu sehen … mir blieb dann immer die Luft weg … wenn die Tür dann doch aufging hab ich mich sozusagen „tot gestellt“, hatte das Gefühl der Raum wird immer enger. Auch heute hab ich noch Angst vor dem Dunkeln. Es kommt auch vor, dass ich nachts wach werde und totale Panik habe und weiß nicht mal wovor, traue mich dann einfach nicht zu bewegen. Kennt ihr das auch?
Es kam oft vor, wenn er von der Montage kam, dass sie ihm erzählt hat, was wir die Woche/n wo er weg war, alles so angestellt haben. Das hat mir meine Oma (Mutter von meinem Vater) auch mal erzählt. Als er dann nach Hause kam, den Verstand sozusagen weggesoffen, kam er dann natürlich direkt bei uns ins Zimmer und hat ohne vorherige Ankündigung direkt auf meine Schwester eingeschlagen. Wir hatten seinerzeit ein Etagenbett und meine Schwester lag oben. Ich habe mich dann unten im Bett ganz in die Ecke verkrochen. Noch heute mach ich mir Vorwürfe, dass ich ihr nicht helfen konnte.
Wenn er seine Aggressionen nicht an uns abgelassen hat, hab ich so lange gewartet, bis sie schlafen gegangen sind und gehofft, dass sie sich nicht streiten. Wenn es so war und ich gehört habe, dass er meine Mutter geschlagen hat, bin ich aufgesprungen und sofort raus … hab ihr geholfen.
Wenn alles ruhig geblieben ist, hab ich gewartet bis sie im Bett waren und bin dann nach einer Zeit auch eingeschlafen.
Gesprochen wurde am nächsten Tag nach so einem Vorfall nie darüber … war dann so als wäre nichts passiert. Oder mein Vater ist mit uns losgezogen zum Puppenkönig und hat uns Spielzeug gekauft. Hab mich dann immer gekauft gefühlt … (inzwischen weiß ich, dass er das getan hat, um sein eigenes Schuldgefühl wegzubekommen) und lange hatten wir keine „Freude“ daran, denn als Bestrafung hat er uns unser komplettes Spielzeug weggeschmissen.
Früher hab ich immer meinem Vater nur die Schuld an dem ganzen gegeben. Seit ein paar Wochen habe ich mich mit dem Thema erst richtig beschäftigt. Seitdem ich weiß, dass mein Freund ein Alkoholproblem hat. Er ist in einer Klinik und besucht auch abends Selbsthilfegruppen. So krank das jetzt auch klingt, ich bin froh dass es so gekommen ist, denn sonst hätte ich mich wahrscheinlich nicht mit dem Thema „Alkoholismus“ beschäftigt und wäre auf das Forum gestoßen. Habe mich immer für nicht normal gehalten, war auch in einer Tagesklinik und bei einer Verhaltenstherapeutin eine Zeit lang. Denke ich habe mich auf die Diagnose Sozialphobie, Zwangserkrankung und Persönlichkeitsstörung gestützt und nie drüber nachgedacht, warum das eigentlich so ist. Das hat mich irgendwie nicht wirklich weiter gebracht, sicherlich auch – wie ich nunmehr denke – weil ich mich nicht auf die Therapie eingelassen habe. Habe an mir nicht gearbeitet, nur während der Therapiestunde. Und inzwischen bin ich froh, dass es noch andere gibt, die Ähnliches wie ich erfahren haben. Ich habe auch das Buch „Familienkrankheit Alkoholismus – Im Sog der Abhängigkeit“ gelesen und mich in vielen Bereichen wieder erkannt … musste sogar weinen deswegen … hab ich lange nicht gemacht. Grade als ich erfahren habe, dass auch meine Mutter Fehler gemacht hat … habe sie immer in der Opferrolle gesehen. Habe mir immer ihren ganzen Kummer angehört … aber wann war denn mal für mich da?
Ich für meinen Teil bin ganz froh darum, dass ich nur wenig von ihr höre. Früher hat sie oft angerufen, auch schon wo ich längst zu Hause ausgezogen war. Insbesondere wenn sie sich gestritten haben und er im Hintergrund am Toben war. Ich wollte ihr dann helfen, sie da rausholen und sie beendete das Telefonat damit, sie komme schon alleine klar. Habe mir dann nen Kopf gemacht, was da wohl passieren würde, ich wäre ja nicht da um ihr zu helfen. Denke damit hatte sie erreicht was sie wollte. Ich habe ihr dann einmal gesagt, wo wir uns getroffen haben, dass – wenn das nochmal so sein sollte – ich kommen würde – egal ob sie es will oder nicht – und das zu Ende bringen würde – was ich mal nicht gemacht habe und da auch keine Türen kennen würde. Er hat früher auch die Türen eingetreten wo wir uns einschlossen haben. Ja ich hasse meinen Vater dermaßen, dass ich schon oft dran gedacht habe ihn umzubringen, grade wenn er eingeschlafen war … damit das alles ein Ende hat. Einmal anlässlich einer Eskalation habe ich ihn mit einem Kerzenständer geschlagen … bis er von ihr abgelassen hat … naja sie wusste jedenfalls was ich gemeint habe … manchmal denke ich … ich hätte es einfach machen sollen …
Inzwischen weiß ich jedenfalls, dass es besser für mich ist, von beiden nichts … oder nur wenig zu hören …
Oh das war jetzt viel aber das musste jetzt einfach mal raus.
LG tinkerbell