Beiträge von Schneekugel

    Hallo, vielen Dank für eure Beiträge! Komme leider erst jetzt dazu, zu antworten.

    Mit mir selbst habe ich eher kein Problem, würde ich sagen. Es ist vielmehr so, dass ich tatsächlich Redebedarf habe. Mit meiner besten Freundin rede ich viel darüber, weil sie zuhause eine ähnliche Situation hat. Aber wir kommen nicht so richtig zu einem "Ergebnis" und ich schaffe es nicht, mit dem Problem meiner Eltern in gewisser Weise abzuschließen.
    Manchmal habe ich Anfälle von Helfenwollen, obwohl ich weiß, dass es nichts bringt.
    Mit meinem Freund kann ich darüber nicht so gut reden, denn ich habe immer das Gefühl, dass er mich nicht versteht. Er ist in einer mehr oder weniger intakten Familie aufgewachsen, in der Süchte nicht vorhanden sind.

    Vor ein paar Wochen habe ich meiner Frauenärztin anvertraut, die mir dann die Adresse einer Therapeutin gegeben hat. Ich denke, ich werde morgen mal anrufen, schaden kann es ja nicht...

    Lese hier immer mal wieder mit und habe mich nun selbst angemeldet.

    „Kurz“ zu meiner Situation:

    Mein Vater trinkt seit Jahren immer mehr. Früher mal ein Bierchen, dann jeden Tag eins, dann jeden Tag zwei und heute trinkt er mindestens drei daheim, vorher noch paar in der Gaststätte wenn er Spätschicht hatte und auswärts auch mal Schnaps. Er ist allgemein sehr aggressiv, aber nicht gewalttätig, jedoch sehr rechthaberisch und streitsüchtig und glaubt, alle hätten sich gegen ihn verschworen und würden ihn ungerecht behandeln.

    Vor zwei Jahren hat er meine Mutter betrogen und seitdem trinkt sie auch. Früher hat sie eine einzige Alkoholpraline gegessen und den ganzen Abend gelacht. Heute trinkt sie auch ein bis zwei Bierchen und lacht überhaupt nicht mehr. Sie hat immer größere Schwierigkeiten, einem Gespräch zu folgen und letztens habe ich bemerkt, dass sie sich als erstes ein Bier aufgemacht hat, als sie von der Arbeit nach Hause gekommen ist (gegen 18:00 Uhr!).

    Aufgrund des Fehltrittes meines Vaters waren sie in einer Paartherapie. Allerdings hat jeder nur das gesagt, was der andere hören wollte, damit die Therapie bald beendet ist. Es hat also nichts gebracht. "Privat" können sie überhaupt nicht miteinander reden, es kommt immer sofort zum Streit. Sie können sich auch nicht über Alltägliches oder das Zeitgeschehen unterhalten.

    Die Situation daheim ist unerträglich und wird auch immer schlimmer. Mit meinem Vater hat es vor etwa 12-15 Jahren angefangen, mit meiner Mutter vor zwei Jahren. Zwischen meinen Eltern selbst hat es wohl noch nie so richtig gestimmt, würde ich sagen.
    Meine Mutter trägt schon immer alleine die Verantwortung und mein Vater zieht sich geschickt aus der Affäre. Er setzt meine Mutter emotional unter Druck und behandelt sie sehr abwertend. Sie lässt sich das gefallen und bisher hatte ich immer das Gefühl, sie hofft, dass es wieder besser wird. Aber seit ein paar Monaten macht sie nur noch einen resignierten Eindruck und nimmt alles einfach hin, als wenn sie nichts ändern könnte. Sie würde von ihrer gesamten Familie Unterstützung bekommen, aber dafür ist sie sich zu stolz. Den Rest ihres Lebens wird sie also so verbringen.

    Es ist schrecklich für mich zu sehen, wie sich meine Mutter erniedrigen lässt und wie macht- und streitsüchtig mein Vater ist. Ich bin gar nicht gern zuhause und immer froh, wenn ichs nicht sein muss.

    Ich selbst bin fast 25 Jahre alt und neige seit der Pubertät dazu, sehr viel Schokolade zu essen, wenn es mir schlecht geht oder die Situation daheim angespannt ist. Alkohol trinke ich überhaupt nicht mehr, aus Angst, selbst abhängig zu werden. Aber ich denke, ich bin in gewisser Weise süchtig nach Schokolade bzw. Zucker. Dadurch werde ich natürlich immer dicker, was zusätzlich zu Frust führt. Ernährungsumstellungen schaffe ich maximal zwei Wochen und auch nur, wenn ich in dieser Zeit nicht zuhause bin. Ansonsten muss ich täglich einiges an Schokolade essen und mache somit natürlich jegliche ausgewogene Ernährung zunichte.

    Seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit den Themen Depressionen (zu Anfang dachte ich, mein Vater hätte „nur“ Depressionen), Schizophrenie und Alkoholismus. Meine Eltern würde ich beide als Alkoholiker bezeichnen. Dieses Verhalten und die familiäre Gesamtsituation haben bei mir (und meinen Geschwistern) Spuren hinterlassen. Ich bin zum Beispiel super penibel ordentlich, muss alle zwei Tage mein Zimmer abstauben und staubsaugen und muss alle Sachen immer an ihren Platz stellen. Es fällt mir schwer, auf andere zuzugehen, ihnen zu vertrauen und enge Bindungen einzugehen. Mit meinem derzeitigen Freund bin ich eigentlich sehr zufrieden und glücklich und wir können sehr gut miteinander reden. Aber ich habe immer wieder Phasen, in denen ich ihn einfach nicht ertragen kann und am liebsten vor ihm flüchten würde, obwohl er gar nichts gemacht hat. Ich habe sehr große Angst, dass er wird wie mein Vater und ich mich nicht auf ihn verlassen kann, wenn es darauf ankommt. Dabei ist er sehr vertrauenswürdig und verlässlich.

    Seit ein paar Wochen überlege ich, ob ich vielleicht selbst eine Therapie beginnen sollte. Meine Hemmschwelle ist allerdings noch sehr groß und bevor ich tatsächlich bei einem Therapeuten anrufe, denke ich mir immer, dass es doch gar nicht so schlimm für mich ist und der Therapeut mir ja auch nicht helfen kann.
    Aber es ist eben doch schlimm für mich, nach Hause zu kommen und streitende oder zerstrittene und sich anschweigende Eltern vorzufinden; einen Vater, der immer Recht haben will und mit jedem Streit anfängt; eine Mutter, die ihren Haushalt nicht mehr schafft und überfordert ist; und Geschwister, die zwar (gerade so) erwachsen sind, aber auch unter der Situation leiden.
    Spricht man meinen Vater auf seinen Alkoholkonsum an, spielt er es herunter oder macht sich lustig, dass er heute „nur drei Bier“ getrunken hat. Meine Mutter reagiert aggressiv, wenn man sie auf ihren Alkoholkonsum anspricht.
    Es ist schlimm für alle Bewohner und ich freue mich so, wenn ich in ein paar Monaten endlich ausziehen kann. Momentan überlege ich mir auch, ob ich nicht einfach nicht mehr nach Hause gehe, wenn ich dann ausgezogen bin…

    Meine eigentliche Frage war aber, ob es für EKAs wichtig bzw. unumgänglich ist, eine Therapie zu machen? Oder kann man es auch alleine (zum Beispiel mit entsprechenden Büchern) schaffen?

    Vielen Dank für eure Antworten und Beiträge