Beiträge von ex-unbeschwert

    Hallo Grazia,

    DICH gibt es!!! Sonst würdest Du Dein Schauspiel nicht in Frage stellen. Ich kann das gut nachvollziehen mit dem schauspielern. Irgendwann verliert man sich selbst darin und weiß gar nicht, was man da wieder für eine Show abgeliefert hat.
    So geht es mir auch oft. Und weil ich manchmal das Gefühl von innen nicht mehr nach außen bekomme und umgekehrt, werde ich jetzt an einem Basistheaterkurs teilnehmen. Wo kann man besser üben seine inneren Gefühle authentisch nach außen zu transportieren? Und bekommt dabei immer das Feedback aus der Gruppe, ohne sich blöd vorkommen zu müssen (hoffe ich).
    Hör nicht auf, auf Deine innere Stimme zu hören. Vielen wird vielleicht Dein "echtes" Ich nicht gefallen, aber es kommt ja darauf an, was Du willst. Sehr leicht gesagt und schwer zum umsetzen, aber trau Dich, Du bist nicht Chaos, vielleicht etwas "unordentlich", aber die nicht EKAs sind schließlich auch nicht perfekt!!!

    Liebe Grüße

    ex-unbeschwert

    Hallo Vivian1 und Linde66,

    danke für die aufmunternden Worte. Das mit einer neuen Therapie habe ich mir auch schon überlegt, aber ich habe 3 Jahr Psychoanalyse hinter mir und auch wenn die Therapeutin wirklich nett war, war nach Ende der Therapie gefühlsmäßig bald wieder alles beim alten. Aber wahrscheinlich lag es bei mir ähnlich wie bei Dir Vivian, ich habe in drei Jahren nicht einmal vor meiner Therapeutin geweint. Das ging einfach nicht. Dabei heule ich zu Hause oft wie ein Schloßhund, oder es kommt eine "Schlüsselszene" im Fernsehen und die Tränen kullern nur so. Aber vor anderen geht das nicht. Bei meinen Kollegen gelte ich als "abgebrüht" und mega selbstbewußt. Und zu Hause fällt dann alles zusammen.
    Ich persönlich fühle mich schon traumatisiert was meine Kindheit angeht, aber "reicht" das für einen Traumatherapeuten? Behandeln diese nicht eher so Fälle wie Krieg, Mißbrauch etc.?
    Ich habe überlegt, mir einen Anfängerkurs für Schauspiel zu suchen. Wenn meine inneren Gefühle nach außen einfach nicht richtig bei meinen Mitmenschen ankommen, dann lernt man dort vielleicht am ehesten, innere Gefühle sichtbar nach außen zu zeigen. Meine Selbstwahrnehmung ist anscheinend meistens meilenweit von der Fremdwahrnehmung der anderen entfernt.

    @Vivian: Vielleicht wollte Dich Deine Therapeutin bewußt schocken, damit bei ihr ein Gefühl von Dir ankommt. Wie wenn man jemand erschreckt, damit der Schluckauf weggeht, wollte sie vielleicht damit erreichen, dass die Mauer bröckelt?! Ich wünscht Dir auf alle Fälle auch, dass Deine Abwehr nachläßt. Immer nur alleine zu Hause weinen ist wirklich nicht so schön. Ich kenn mich da aus.

    Liebe Grüße

    ex-unbeschwert

    hallo vivian1,

    danke für deine lieben worte!! ja, dass mit der traurigkeit kommt manchmal so intensiv, dass ich mir ab und zu nicht vorstellen kann, damit noch länger zu leben. ich war in dieser shg, aber irgendwie lief das nicht so, wie ich dachte. vorher war ich so aufgeregt, dass ich dachte, ich bekomme keinen ton raus, dann war die situtation aber doch so, dass ich geredet habe wie ein wasserfall. aber nur, weil mich die leitung dieser gruppe so genervt hat. ich versuche das mal als normale abwehr zu betrachten und das nächste mal schauen, ob es mir besser gefällt. ich habe vor ein paar jahren bereits mal eine einzeltherapie (psychoanalyse) gemacht, aber die therapeutin hat irgendwann gemeint, dass sie nicht versteht, warum ich immer noch schuldgefühle wegen meiner mutter habe. ich denke aber, dass das ziemlich "normal" für eka ist. machst du eine spezielle therapie bei einem therapeuten, der sich mit ekas besser auskennt? und wo findet man diese therapeuten? sind trauma-therapeuten besser für "uns" geeignet?

    liebe grüße

    ex-unbeschwert

    Hallo Vivian1,

    das mit dem Weinen und dem nicht mehr aufhören können, habe ich schon auch. Ich denke nur, ich bin "lieber" wütend und beseelt vom Hass, weil alles andere mich so tatenlos macht. Mit Wut im Bauch gehe ich noch raus auf die Straße, wenn ich traurig bin, verkriech ich mich zu Hause und ziehe die Decke über den Kopf. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, was nach dem Hass bzw. der Traurigkeit kommt. Ich habe irgendwie Angst davor, dass sich mein Leben dann noch leerer anfühlt. Klingt irgendwie blöd, weil mich ja die Wut auch nicht ausfühlt, aber die gibt dem Leben irgendwie eine Richtung.
    Kann ich wirklich lernen, die "guten" von den "schlechten" Menschen zu unterscheiden, ich mir selbst genug sein, aufhören ständig eine Fassade nach außen zu tragen, endlich echte Freunde zu finden, mich nicht ständig einsam zu fühlen, Sport zu machen anstatt den Frust runterzuessen und die innere Zufriedenheit zu finden? Oder ist soviel früher kaputt gegangen bzw. gar nicht erst entstanden, dass alles was jetzt kommt, nur ein Versuch ist das schlimmste zu verhindern?
    Klar hat uns die Sucht unserer Eltern stark gemacht, aber wenn ich Die Wahl hätte, würde ich ein bißchen Stärke lieber gerne gegen ein paar schönen Kindheitserinnerungen eintauschen.

    Liebe Grüße

    ex-unbeschwert

    Hallo Vivian1,

    vielen Dank für Deine Worte. DU hast es endlich begriffen, um was es hier/uns geht. Und mir hast Du wieder die Hoffnung gemacht, dass es doch mehr von Dir/uns gibt und deshalb werde ich noch diese Woche zu der SHG gehen. Und ich würde mich freuen, wieder von Dir zu lesen.

    Liebe Grüße

    ex-unbeschwert

    ICH verstehe Dich. Glaub mir. Von tiefstem Herzen. Du schreibst mir die ganze Wut von meiner Seele. Alles was Du schreibst, sehe ich ganz genauso. Mein Hintergrund ist ein ganz andere, weil ich schon seit knapp 5 Jahren keinen Kontakt mehr mit meiner Mutter habe, aber die Wut läßt einfach nicht nach. Sie kommt in Wellen. Mal in größeren, mal in kleineren, mal in klitzekleinen, mal als Tsunami. Da kann mir oft genug sagen, dass das nichts bringt, aber es funktioniert nicht.
    Ich versuche seit Monaten endlich zu einer Selbsthilfegruppe für EKAs gehen, aber weil ich eben auch keine Lust auf "Blümchengespräche" habe, kann ich mich nicht durchringen.
    Ich soll mich auf mich selbst konzentrieren? Ist klar, aber ich bin das Ergebnis meiner Erlebnisse aus meiner Kindheit und die ploppen immer wieder auf. Und alles nur, weil SIE dem Alkohol Vorrang gab? Sorry, da kommt mir auch immer wieder die Galle hoch. Ja, ich weiß, Alkoholsucht ist eine Krankheit. Und ja, ich bin jetzt erwachsen und muß mich frei machen von der Wut, dem Hass. Aber es ist sooooo tief verankert, dass es ein Teil von mir geworden ist. Ich kann Dich wirklich gut verstehen. Vielleicht auch die Anderen, die entweder diese Wut nie so stark erlebt haben, oder schon darüber weg sind. Aber dieses Bedürfnis, dass von ihr nur einmal die Einsicht kommt, was SIE da kaputt gemacht hat, habe ich auch. Es mag letztendlich nichts bringen, weil ICH ja weiß, dass sie Schuld hat und wahrscheinlich fühle ich mich hinterher sogar noch schlechter, weil sie mir dann noch mehr leid tut, aber das sie einmal in meinem Leben den Hauch von Gefühl mir gegenüber zeigt, stelle ich mir als Tochter, die gerne eine "normale" Mutter gehabt hätte, einfach befriedigend vor. Nicht aus Genugtuung, weil jemand Reue zeigt, sondern einfach für mich als Mensch, der die romantische Vorstellung hat, dass die eigene Mutter einen doch lieben muß.

    Bitte jetzt keine Erklärungen das Alkoholsüchtige im Grunde lieben, aber es nicht zeigen können. SIE liebt mich nicht, hat es nie und wird es nie werden. Ich habe Bücher über Mutter ohne Liebe ihren Kindern gegenüber gelesen. Sowas gibt es, auch ohne Alkohol.

    Vielleicht ist es ja bei Dir genauso. Ich hoffe für Dich, und für mich, dass wir unseren Seelenfrieden finden werden. Das meine ich wirklich nicht kitschig, sondern einfach nur, weil wir es verdient haben. Lass die anderen reden, die kein Verständnis für Deine Gefühle haben. Ich versteh Dich. Und damit bist Du schon nicht mehr alleine damit .

    Liebe Grüße
    ex-unbeschwert


    :roll:

    Hallo Riona,

    ich wollte nur zum Ausdruck bringe, dass es mir so vorkommt, als wenn die traurigen und hoffnungsvollen Geschichten mehr Ressonanz haben. Das sollte gar kein Vorwurf oder dergleichen sein, nur ein persönliches Gefühl. Ich kann mich auch täuschen. Vielleicht ist eine Reaktion auf Wut/Hass auch etwas schwieriger, weil es im ersten Moment ja sehr destruktiv wirkt. Aber ich will keinem irgendwelche Gefühle als "falsch" absprechen. Ich weiß, es ist verzwickt und ich glaube, ich spreche hier auch für misskateshi. Es ist eben schwierig, wütende zu sein auf die Fehler der eigenen Mutter und sich gleichzeitig zu lesen, dass man selbst den Fehler macht und deshalb nicht weiterkommt. Ich habe aber auch geschrieben, dass ich den Aufruf von allen nach loslassen, nicht hassen verstehen kann, aber ich nicht weiß, wie ich dahin kommen soll. Darüber reden ja, aber wenn ich hier schreibe, ich bin wütend, dann bekomme ich als Antwort "das bringt Dir nichts". Glaub ich sogar, aber wie haben alle diese Wut wegbekommen? Die verschwindet doch nicht einfach so, weil ich mir innerlich sage "es bringt nichts". Wirklich, wie geht das?

    Liebe Grüße

    ex-unbeschwert

    Hallo Misskateshi,

    ich habe jetzt die ganzen Diskussionen zwischen Dir und den anderen verfolgt und möchte mich jetzt bewußt in dazwischen stellen. Soll heißen, ich kann Deine Gefühle nach wie vor total nachvollziehen. Die Wut, den Hass, den Unglaube über diese Sinnlosigkeit des Saufens und so weiter. Ich habe all diese Gefühle, manmal täglich, manchmal jede Stunde, manchmal alle paar Tage. Je nachdem wie der Mond steht, die mtl. Hormona schwanken, ob es regnet oder schneit, ich weiß es nicht. Es kommt einfach so über mich und ich bin total unglücklich, hasserfüllt, verzweifelt, wütend, irritiert und alles andere. Da kann ich mir nichts schöneres vorstellen, als das meine Mutter anruft, sich für alles entschuldigt, mich auf einen Kaffee einlädt, sie mich in den Arm nimmt und wir bis ans Ende unserer Tage fröhlich über die Blumenwiese springen und den Schmetterlingen hinterherlaufen. Klingt so super kitschig, aber wenn ich mich so alleine fühle, dann gebe ich ihr die Schuld, weil sie mich alleine gelassen hat.
    Und gerade hier muß ich eigentlich allen anderen hier im Forum recht geben, die sagen, dass Du Dich auf DICH konzentrieren sollst. Ich finde auch, dass das viel zu einfach klingt und mir kommt es hier auch so vor, als wenn nur die Geschichten "lieber" gehört werden, die voll sind von Hoffnung und von denen, die es geschafft haben. Das der Hass, die Wut, die wir für unsere Mütter empfinden nicht gehört werden will. Aber vielleicht wirklich aus gutem Grund. Ich denke, es ist so wie mit lustigen/oberflächlichen Hollywood-Filmen. Jeder weiß, dass das völlig geschönt ist und unrealistisch, aber es gibt einem nach dem Film ein besseres Gefühl.
    Soll nicht heißen, dass Du Dich jetzt oberflächlich und gedankenlos durch Dein Leben bewegen sollst, aber versuch die schönen Dinge nicht zu übersehen. Ich weiß, wieder kitschig. Und ich kann Dir auch gar nicht sagen, wie man das macht, weil ich es selbst noch nicht geschafft habe. Aber es MUSS sein. Brauchst ja nicht gleich aufhören, Deine Mutter zu hassen oder wütend auf sie zu sein. Auch wenn alle recht haben, aber wenn Du die Alkohol-Sucht sch.... findest, dann finde sie sch..... . Aber mehr auch nicht. Sei wütend, hasse sie, finde Alkoholsucht blöd, aber mehr auch nicht.
    Kannst Du evtl. in so eine Gruppe für EKAs gehen? Ich nehm mir das schon seit Wochen vor und schaffs einfach nicht. Ich hab auch Angst davor, die einzige zu sein, die auf störisch macht in Sachen Vergebung und dann "ausgeschlossen" ist. Hast Du schon mal an so eine Gruppe gedacht?

    Liebe Grüße

    ex-unbeschwert

    Hallo Skye,

    es stimmt schon, dass ich mich selbst oft als Aschenputtel sehe. So nach dem Motto "Einen Vogel erkennt man daran, aus welchem Nest er geschlüpft ist". Den "Stempel" Alkoholikerkind habe ich aber nun mal. Ich kann nichts dafür, aber das war als Kind schon mein größtes Problem. Die Außenwirkung. Ich weiß, sehr oberflächlich, aber wer immer alles nach Außen vertuschen muß, wird wohl auch so.

    Jetzt wollte ich aber doch noch mal auf die Sucht von Alkoholikern kommen. Du schreibst, dass jeder Alkoholiker nur aufhört, wenn er wirklich will. Es es ihm wichtig genug ist. Das man das von Außen nicht wirklich beeinflussen kann. Das sie somit für sich selbst verantwortlich sind. Aber wenn ich Alkoholikern soviel zutrauen würde, dass sie es selbst schaffen und somit den Willen dazu aufgebringen, dann verstehe ich es leider immer noch nicht, wenn die Süchtigen gleichzeit "in Schutz" genommen werden, was das Verhalten gegenüber ihrer Umwelt betrifft.
    Wenn sie es doch wirklich wollen würden, könnten sie das doch auch ändern, oder? Vielleicht spere ich mich jetzt einfach gegen die "Logik" der Sucht, aber wenn ich gleichzeitig akzeptieren soll, dass meine Mutter mich nicht anders behandeln konnte, weil sie eben süchtig ist, dann kann ich nicht verstehen, wie ich sie in ihrer Sucht zu Grunde gehen lassen soll (wenn sie keine Hilfe annimmt), wenn sie doch nicht anders handeln kann.
    Ich hoffe, ich habe mich jetzt nicht allzu verwirrend ausgedrückt?!?! Mir geht es jetzt wirklich nicht wieder darum, meine Mutter die Schuld für alles zu geben. Ich möchte es nur verstehen. Wenn sie nicht anders kann als trinken, weil die Sucht stärken ist, dann kann sie doch auch nicht aufhören. Außer es gibt etwas, wofür es sich lohnt. Und da bin ich wieder bei dem Punkt, dass ich es nicht wert war.

    Vielleicht verstehe ich es einfach nicht, weil es heißen würde, 36 Jahre falsch gedacht zu haben und dieses Loslassen der Verantwortung die derzeit letzte Verbindung zu meiner Mutter kappen würde.

    Das ich wieder Kontakt zu meinem Halbbruder aufnehme, kann ich mir im Moment nicht vorstellen. Wenn ich mir die Auswirkungen vorstelle, wird mir schlecht. Es sind nicht meine Lügen, die seit Jahren in dieser Familie totgeschwiegen werden, aber ich möchte auch nicht die Folgen tragen müssen, wenn die Bombe platzt. Vielleicht erzähl ich erstmal meinem Vater, dass ich Kontakt habe/hatte und schau mal was dabei rauskommt. Nicht sehr mutig, aber immerhin vielleicht ein kleiner erster Schritt.

    Liebe Grüße

    ex-unbeschwert

    Hallo noch mal,

    also das mit dem Clown spielen, dass kenne ich auch sehr gut. Immer die Lustige miemen, damit andere ja mit einem lachen und bloß nicht über einen. Und wer hat nicht gern einen immer fröhlichen Menschen um sich, mit dem man Pferde stehlen kann und immer einen flotten Spruch auf Lager hat. Und gerade lag/liegt bei mir das Problem. Die Menschen machen sich ein Bild von einem, wenn man immer lustig und heiter ist und suchen einen wahrscheinlich nach diesen Eigenschaften auch aus. Und wenn dann der erste Blick hinter die Kulissen fällt, fällt bei vielen dann erstmal der Vorhang.
    Bei meinem Vater ist es heute noch so. Solange ich ihm erzähle, was er hören will, vorzugsweise lustige Geschichten aus dem verrückten Deutschland, ist alles in Ordnung. Aber wenn ich sage, dass es mir schlecht geht, hat er ganz plötzlich viel zu tun und muß aufhören zu telefonieren. Als ich ihm erzählt hatte, dass sie bei mir Knoten gefunden habe und ich jetzt Angst habe, dass es was bösartiges ist, hat er mich fast schon ausgelacht, weil ich ja noch nicht mal die Ergebnisse habe. Der gleich Mann, bei dem jedes Zipperlein ein Drama ist.

    Es stimmt schon, man sollte sich wirklich frei machen davon, was andere von einem denken. Auch wenn es die eigenen Eltern sind. Als ich einmal 15 Kilo abgenommen hatte und ich meine Mutter nach langem wieder einmal gesehen habe, hat die nur gemeint "na endlich, es war ja schon peinlich, wie Du ausschaust!". Sie selbst wiegt bestimmt 150 Kilo, aber ich bin ihr peinlich. Also nicht das sie mir wegen dem Gewicht peinlich gewesen wäre (sowas ist mir egal), aber das von ihr, die mich vor Freunden schon zu Tode blamiert hat, war doch schon extrem verletzend.

    Und ich immer schön am grinsen bei all den Sachen. Habe mich noch kleiner gemacht, mir den Schuh angezogen, von wegen, darfst nicht krank sein, darfst nicht dick sein, mußt gute Noten haben, studieren, schick anziehen, was darstellen. Und was kommt dabei raus? Noch mehr Forderungen und überzogene Vorstellungen von meinem Leben.

    Wenn ich so darüber nachdenke, habe ich meinen Eltern auch immer nur eine Rolle vorgespielt. Um ja von ihnen geliebt zu werden. Aber das tun sie nicht so, wie es sein sollte (für mich). Und weil das alles nicht funktioniert hat, habe ich langsam angefangen, richtig sauer/wütend etc. zu werden. Ich wollte meine Belohnung für meine Bemühungen. Und dann waren auf einmal viele "Freunde" nicht mehr wirklich sehr interessiert an mir. Ich habe ihrer Vorstellung von mir nicht mehr entsprochen und wenige haben sich die Mühe gemacht, nachzufragen, was eigentlich los ist. Aber was sollte ich denen dann sagen? "Meine Mutter ist Alkoholikerin, mein Vater hat sich aus dem Staub gemacht und ich bin überhaupt nicht so lustig, wie euch das vielleicht einbildet"? Ging gar nicht, also sind einige Kontakt abgebrochen.

    Wie macht ihr das, wenn ihr nach euren Eltern gefragt werdet und ihr die Leute noch nicht so gut kennt? Ich bin so darauf geeicht, alles geheim zu halten, dass ich dann im Zweifelsfall zum lügen anfange und irgendwas erzähle. Das mit dem Lügen ist auch so eine Sache. Ich fang manchmal einfach zum Lügen an, nur um der Lügen willen, wie es manchmal scheint. Aus den größten Nichtigkeiten mache ich ein Lüge. Und wenn es nur darum geht, dass ich zum Beispiel 2 statt 3 Euro in der Tasche habe. Obwohl es überhaupt keinen Unterschied macht. Ich muß mich teilweise wirklich zur Wahrheit zwingen.

    Kennt ihr sowas auch? Ich habe manchmal die Befürchtung, dass die Menshen um mich rum das checken und werde schon etwas paranoid, wenn jemand mal komisch ist und ich nicht mehr weiß, was ich wieder alles erzählt habe.

    Vielleicht habt ihr ja ähnliche Erfahrungen gemacht?

    Jedenfalls wollte ich mich noch für eure tollen Antworten bedanken. Es hat mir wirklich schon sehr geholfen. Das mit der Rückkehr in die Sklaverei, anstatt auf die Freiheit zu hoffen, finde ich ein tolles Beispiel. Es ist wirklich so. Aber man findet hier ja tolle Begleiter durch die Wüste. Und wenn man mal die Richtung aus den Augen verliert, scheinen ja genug "Ex-Sklaven" zu geben, die einem von dem schon erreichten gelobten Land erzählen können.

    Liebe Grüße an alle Wüstengänger

    ex-unbeschwert

    Hallo zusammen,

    ich wende mich jetzt einfach direkt an alle, um möglichst auf alles antworten zu können.

    Erstmal finde ich es echt schön, dass jetzt doch so eine auführliche Diskussion entstanden ist. Anfangs hatte ich das Gefühl, dass eben nur die Hoffnungsvollen und Traurigen Gehör bekommmen.

    Bei allen euren Antworten weiß ich vom Kopf her, dass die Wut mich nicht weiterbringt, aber das Herz ist das Problem. Ich weiß nicht, wie ich den Kopf und die Seele in Einklang bringen soll. Loslassen schreiben hier alle. Aber wie??? Ich habe wirklich viel versucht. Auch Therapie. Es ist so wie Tinka schreibt. Das meine Mutter zu Hause sitzt, trinkt und unglücklich ist, ist so wahnsinnig belastetend. Es zerreißt mir das Herz, wenn ich darüber nachdenke wie sie seit wahrscheinlich 40 Jahren trinkt und keine anderen Sinn im Leben sieht. Loslassen schreibt ihr, aber wie kann ich zusehen, wenn jemand zu Grunde geht?!?! Bei jedem fremden Menschen, bei dem ich sehe, dass er Hilfe braucht, versuche ich doch auch zu helfen. Ich weiß, wenn der Alkoholiker nicht möchte, dann geht nichts.
    Zu der Frage nach meinem Vater. Der hat sich, als ich 16 war, ins Ausland verabschiedet und eine neue Familie gegründet, weil er es mit meiner Mutter nicht ausgehalten hat. Das hat ihn aber nicht davon abgehalten, danach die Alkoholsucht von meiner Mutter zu beschönigen und gleichzeitig von mir zu verlangen, ich soll mich gefälligst um sie kümmern, weil sie ja sonst niemand hat. Vor zwei Jahren habe ich über eine Suchmaschine einen Halbbrunder ausfindig machen können (der nicht aus der neuen Familie ist, sondern von einem Seitensprung aus der Zeit mit meiner Mutter). Der erst Kontakt war sehr nett und ich habe ihm erstmal nicht erzählt, dass ich noch Kontakt zu unserem Vater habe, da mein Vater sich um ihn nie gekümmert und nur sporadisch Unterhalt gezahlt hat. Das ich einen Halbbruder habe, weiß ich nur von meiner Mutter, mein Vater weiß gar nicht, dass ich die ganze Geschichte kenne und ihn ausfindig habe machen können. Also dachte ich, schön, jetzt hast Du ja doch eine Stück Familie hier in Deutschland. Aber von wegen. Der Halbbruder ist stinksauer auf unseren Vater, will den ausstehenden Unterhalt einklagen, wenn er rausbekommt wo er ist und ihn in Italien "besuchen".
    Vor lauter Panik habe ich den Kontakt abgebrochen, weil wenn das alles rauskommt, kann ich meinen Vater nicht mehr besuchen. Und wenn wir gerade bei den ganzen Lügen sind. Meine Mutter weiß nichts von der neuen Familie im Ausland, weil mein Vater es für nötig hält, ihr immer wieder zu sagen, dass er evtl. zurück kommt. Nur um sein schlechtes Gewissen zu beruhigen.

    Sorry, die Kurzfassung ist nun doch ausführlicher geworgen, als ich wollte. Aber so sieht mein Leben aus. Umgeben von Lug und Trug.
    Ja, loslassen. Ihr habt ja recht. Aber noch mal, wie denn? Mit Beschwörungen vom Kopf an die Seele funktioniert es nicht. Die macht dicht und ist verletzt. Ich such mir natürlich immer die falschen "Freunde" aus, die nur an sich selbst interessiert sind.

    Also im Grunde fühle ich mich so unendlich einsam. Weil ich nicht weiß, wie ich das alles gebacken bekommen soll. Mein Vater nervt, indem er seine tolle neue Familie preißt, zum Halbbruder kann ich keinen Kontakt haben, meine Mutter trinkt sich ins Grab und meine Schwiegerfamilie sind die totalen Spießer, die, auch ohne alles zu wissen, mir ein bißchen das Gefühl von einem Aschenputtel geben.

    Was soll den werden, wenn die Wut nachläßt? Wenn doch keiner da ist, der die Tränen trocknet und einem zuhört? Wenn die Mauer weg ist und dahinter ist keiner? Wo ist denn da das Licht am Ende des Tunnels.

    Darum halte ich an meiner Wut, an meinem Hass fest. Ich weiß nicht, was danach kommt. Ich sehe da nichts und niemanden.

    Vielen Dank an alles, die sich die Mühe gemacht haben, alles zu lesen.

    Liebe Grüße

    ex-unbeschwert

    P.S. Und sorry für die mögichen Rechtschreibfehler, aber wenn ich jetzt noch einmal alles lese, dann lösche ich vielleicht wieder alles.

    Hallo Dorothea und Riona,

    erstmal danke für eure Antworten.

    Ich komme bei euch aber einfach nicht über den Eindruck hinweg, dass ihr euch doch sehr an diesem Wort "Hass" aufhängt. "Hass" ist natürlich ein großes Wort, aber dass ist es nun mal, was ich und vielleicht andere hier dafür empfinden. Ich kann ja verstehen, dass ihr für die Mütter und Väter die alkoholkrank sind eine Lanze brechen wollt, aber ich glaube nicht, dass ich hier die gleichen Reaktionen bekommen hätte, wenn ich geschrieben hätte, dass ich total am verzweifeln bin und nur noch weine. Dieses Verhalten würde mich ja im Grunde auch nicht weiterbringen, oder? Ob ich nun wütend, traurig, verzweifelt etc. bin, darauf dürfte es doch nicht ankommen. Alles resultiert aus der Alkoholsucht von Mutter und/oder Vater, sonst würde man hier ja nicht im Forum schreiben. Und was ist so verkehrt an einer erhofften Entschuldigung? So funktioniert jede Gesellschaft. Man macht etwas, was den anderen verletzt und entschuldigt sich dafür. Es gibt extra Organisationen, die sich für den Opfer-Täter-Ausgleich engagieren und da ist von den Opfern immer zu hören, dass es ihnen viel geholfen hat, dass sich der Täter entschuldigt und begriffen hat, was er angerichtet hat.
    Ganze Religionen basieren auf Buse tun und um Vergebung (ich bin nicht religiös).
    Ich weiß auch nicht, ob es mir helfen würde, wenn sich meine Mutter entschuldigen würde, weil es meine Kindheit nicht zurück bringt. Aber einfach davon auszugehen, dass jede Mutter ihr Kind liebt, finde ich sehr idealistisch. So ist es bestimmt nicht immer.
    Ich kann immer eine Erklärung für das Verhalten von anderen oder von mir finden, aber dass heißt nicht, dass es alles entschuldigt.

    Und Krebs und Alkoholsucht sind für mich einfach eine andere Qualität von Krankheit. Sonst wären die Folgen für die Kinder und Angehörigen doch gleich, oder? Ich trage als Mutter/Vater die Verantwortung für ein anderes Leben, für ein Kind und wenn das kein Grund ist, aufzuhören, dann sollte einem das zumindest leid tun. Ausgesprochen oder gezeigt.
    Und Krebs hol ich mir schließlich nicht jeden Tag im Supermarkt, in der Kneipe bzw. versteck ihn nicht an den unmöglichsten Stellen, oder blamiere damit Familienangehörige vor anderen bis auf die Knochen.
    Sorry, aber ich kann den Vergleich einfach nicht nachvollziehen. Damit tue ich jedem Unrecht, den ich kenne bzw. kannte und Krebs hat bzw. hatte.

    Schönen Abend noch

    ex-unbeschwert

    Hallo Dorothea,

    so sehr mir Deine Geschichte für Dich und Deine Kinder leid tut. Und das tut sie wirklich. Ich verurteile Dich jetzt nicht, nur weil ich Kind von einer Alkoholikerin bin und es äußerst schwierig fand/finde. Ich kenne Deine Gründe nicht, kenne Dich nicht und ich bin nicht eins Deiner Kinder.

    Und gerade deshalb frage ich Dich als Mutter, ob Du Deinen Kindern auch die Schuld an Deiner Sucht gegeben hast und ihnen das vor allem immer hast fühlen lassen? Hast Du Deinen Kindern die Schuld gegeben, dass der Vater gegangen ist? Obwohl er gegangen ist, weil er es mit einer Alkoholikerin nicht ausgehalten hat? Warst Du auch nüchtern eine Mutter, die ihre Kinder links liegen gelassen hat und ihren Kindern ständig sagt, dass sie eigentlich keine Kinder wollte? Haben Deine Kinder wirklich alles, auch aus Liebe, getan, damit ihre Mutter endlich glücklich wird? Und sich dann anhören müssen, dass es keinen Grund gibt zum aufhören, weil es nichts gibt, was es wert wäre?
    Ich bin so wütend, weil ich immer versucht habe, eine Tochter zu sein, die ihr einen Grund gibt zum aufhören. Ich wollte sie immer stolz machen, nur damit ich einmal das Gefühl bekomme, ein wertvoller Mensch zu sein. Habe immer den Clown gespielt, um sie bei Laune zu halten und alles nach Außen vertuscht.

    Ich verstehe das Prinzip mit der Sucht schon, weiß auch, dass Wut/Hass mich nicht weiterbringt, aber wenn ich die Traurigkeit zulasse, kann ich morgens nicht mehr aufstehen. Ich habe drei Jahre Psychoanalyse hinter mir, habe versucht "sanft" zu sein und die Mauer einzureißen. Und was ist? Ich gerate immer wieder an Menschen, die meiner Mutter so ähnlich sind. Die mich als Publikum für ihr Leben sehen und die sich für mich persönlich nicht interessieren. Es ist wie mit den Frauen, die sich irgendwie immer Männer "aussuchen", die sie schlagen, wie ihr Vater es vielleicht gemacht hat.

    Also gehe ich jetzt ab nächste Woche (zumindest habe ich es vor) in eine Selbsthilfegruppe für Kinder von Süchtigen und ich habe die große Hoffnung, dass dort meine Wut auf Verständnis stößt und mein Wunsch in Erfüllung geht, irgendwann mal "seelig-grinsend" durch die Straßen laufen zu können.

    Ich wünsche Dir und Deinen Kindern von ganzen Herzen, dass wieder alles in Ordnung kommt bzw. bleibt. Aber Du schreibst hier im Forum, also möchtest Du ja auch was ändern, oder? Also machst Du ja schon etwas, was Deinen Kindern und Dir hilft. Und darum sind wir doch alle hier. Die Traurigen, die Wütenden, die Hasser, die Verzweifelten, die Lebensmüden, die Lebenshungrigen und all die Anderen. Für die Hilfe.

    Und ich freue mich über jede Nachricht, die mich dazu bringt, mir hilft, eine Ziegelstein nach dem anderen wieder zu entfernen. Der mir sagen kann, wie ich die "guten" von den "schlechten" Menschen unterscheiden kann. Ich habe es nicht gelernt. Ich war die Schlechte, SIE die Gute.

    Ich lerne doch noch. Habe spät angefangen damit, aber man lernt ja nie aus.

    Ganz liebe Grüße von einer heute entspannteren EKA-Tochter

    erstmal Glückwunsch, dass Du anscheinend schon da bist, wo Miss Kateshi und ich vielleicht hinwollen. Aber jeder doch bitte in seinem Tempo. Hat nicht mal irgendwo gestanden "Nur wo Liebe ist, kann Hass entstehen"? Dieser Hass kommt natürlich von der Sehnsucht nach der Liebe von der Mutter. Wer hätte die nicht gerne gehabt, der sie nie bekommen hat? Und ja, wir wissen vielleicht auch, dass das nicht der richtige Weg ist. Aber vielleicht sind wir noch nicht so weit, loszulassen bzw. fangen jetzt erst an. Bei manchen dauert es eben über 30+ hinaus. Traurig genug, aber sollen wir als EKAs nicht unsere Gefühle offen zum Ausdruck bringen, anstatt sie zu verstecken und sich dafür zu schämen!? Und dazu gehört eben auch Hass/Ablehnung/Wut etc. Nicht jeder sitzt hier nur weinend über seiner Tastatur, was natürlich auch in Ordnung ist. Aber es gibt eben auch die Wütenden unter uns. Weil das vielleicht gerade das ist, was uns davon abhält, aufzugeben. Wenn es so einfach wäre, die Vergangenheit abzuschütteln, dann wäre dieses Forum nicht voll mit uns EKAs. Und ich glaube nicht, dass Miss Kateshi nicht auch ihre Nächte hat, in denen sie sich in den Schlaf weint.
    Jeder erwartet von einem Fremden, dass er sich entschuldigt, wenn er einemm aus Versehen auf den Fuß tritt, aber wir sollen keine Entschuldigung von unserer eigenen Mutter erwarten/erhoffen dürfen, die, auch wenn sie krank ist, einem das Leben zur Hölle gemacht hat?

    Sorry, Mr Hardcore, auch wenn Dein Weg vielleicht der bessere ist, mir tut es gut, wenn endlich mal jemand seine Wut zum Ausdruck bringt. Ich bin noch nicht so weit, traurig zu sein. Das kommt noch, aber bis dahin bin ich lieber zickig.

    misskateshi : Lass Dir so viel Zeit, wie Du brauchst, um die Nabelschnur durchzubeißen. Irgendwann mal schaffst Du es!!!

    Liebe Grüße

    ex-unbeschwert

    ich kann Dich sogar sehr gut verstehen!!! Für mich gibt es auch kein "was wäre wenn". Weil ich mir dann auch vorstellen müßte, dass meine Mutter nie getrunken hätte und ich nie diese ganzen ätzenden Erfahrungen hätte machen müssen. Ich bin auch beseelt von dem Hass und ich weiß, dass es im Grunde nichts bringt. Und trotzdem kann ich nicht anders. Ich habe seit knapp fünf Jahren keinen Kontakt mehr und dieses Schwanken zwischen Hass und Sehnsuch auf/nach (m)einer Mutter ist an manchen Tagen unerträglich. Ich finde es auch erbärmlich, aber manchmal mehr mich als sie, weil ich was ändern könnte, es aber nicht schaffe. Und vor allem nicht weiß, wie.

    Wie gehst Du mit der täglichen Wut um?

    LG

    ex-unbeschwert