Liebe Freunde,
der Start in die neue Firma war gut. Doch ich habe mich anders entschieden. Alte Traumata kamen wieder hoch. Unfälle mit dem Zug, Gedankenblitze, Erschütterungen durch die dröhnende Flut. Alles zusammen war viel zu viel. Ich versuche immer, schnell zu entscheiden, um Wege zu ändern, wenn ich das Gefühl habe, falsch abzubiegen. Das ist manchmal vorteilhaft, manchmal weniger. Den Job habe ich an den Nagel gehängt, um mich vor weiteren schlimmen Ereignissen zu schützen. Nun bin ich auf der Suche nach Alternativen und muss erstmal die ein oder andere Ernüchterung verknusen.
Gestern war mir auf dem Weg zu einem Bewerbungsgespräch mulmig. Ich lasse den alten Job hinter mir, den ich so geliebt habe. Nochmal ist mir durch den Kopf gegangen, ob mein Weg jetzt richtig ist, oder ob ich übertreibe,... wie auch immer. Ich war sehr nachdenklich.
Das Gespräch war dann auch noch extrem ernüchternd. Komische Gesprächsteilnehmer, dreimal klingelte ein Handy, zweimal kamen Leute in den Raum. Die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung sind ein Witz, aber ich hab alles lächelnd aufgenommen. Der Arbeitgeber sitzt mit seinen 150 Kilo am Schreibtisch, jammert über Personalnot und presst seine Leute aus - alles im gesetzlichen Rahmen versteht sich. Er hat mir zweimal zu verstehen gegeben, was für ein Glück ich hätte, daß die Lage soo angespannt ist.
Ich hoffe, ich kann ihm sein Glück verderben, mich als Arbeitnehmer zu bekommen.
Donnerstag habe ich ein weiteres Gespräch bei einer anderen Firma und hoffe auf mehr Wertschätzung und bessere Entlohnung. Immerhin wäre das fast vor der Haustür und das ist in Zeiten von hohen Kraftstoffpreisen viel Wert.
Als die Flut am 14.7. das Ahrtal zerstörte, habe ich nicht ansatzweise gedacht, daß die Folgen auch für mich so weitreichend sein würden. Die bisherige Firma hat einige Alternativen angeboten, die gut waren. Aber ich habe mein Trauma völlig unterschätzt und gehe einen anderen Weg.
Aber: ich lebe... ich konnte den Trümmern entkommen und kann jetzt neu anfangen. Andere können das nicht (mehr). Also Kopf hoch und weiterleben... trocken, nüchtern und fern jeder Betäubung.
Danke fürs Lesen!
Peter