Servus anonymous999,
sieh' mir meine Philosophie, meine Lebenseinstellung "wer will, findet..." einfach nach.
Ich bin nun nicht erst seit gestern trocken, und ich lebe alles andere als isoliert oder auf einem anderen Planeten, sondern recht bodenständig im "hier" und "jetzt".
Im Laufe der trockenen Jahre habe ich einfach festgestellt, dass sich sehr viel von dem, was oft und gerne wortreich erklärt wird, warum es denn so sein müsse und warum es nur so und nicht anders ginge, als das entlarvt, was es ist: der fehlende Wille, einen völlig neuen Weg für sich zu gehen. Die letzte Konsequenz, das "mit aller Macht" etwas zu wollen.
Sicher ist das unbequem, manchmal auch unangenehm. Aber für einen Suchtkranken kann es nur ein Gewinn sein, sich mal in eine völlig andere Perspektive zu begeben, raus aus dieser "comfort zone", in der wir uns zu nassen Zeiten eingeigelt, verschanzt und vergraben haben. Raus, auf zu neuen Verhaltensweisen, die wir uns aneignen dürfen. Solche, fernab von unserem Suchtmittel.
Dass das "geht", sogar sehr gut, sehe ich immer wieder bei langjährig trockenen Mitpatienten, die ein zufriedenes Leben leben.
Sie alle haben eines für mich gemeinsam: sie sind diesen Weg ohne umzudrehen gegangen, sie trauern nicht dem Alten nach, sondern sind nur froh um das Neue, um das Leben ohne Alkohol. Sie alle waren für sich bereit, sich auf ein "Abenteuer" einzulassen, von dem sie nicht wussten, was es bringen wird. Von dem sie keine Ahnung hatten, bis sie es selbst probierten.
Sie sind und waren konsequent in ihrer Umsetzung der neuen Lebensbedingungen.
Jeder, der im Alten und bekannten verharrt, wird bei notwendigen Veränderungen Unmut verspüren, manchmal Wehmut, manchmal Trauer. Er nimmt sich damit selbst die Chance, seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Derjenige wird nie einen richtigen "cut" unter die Sucht setzen, und immer mit Wehmut auf das Verlorene zurück blicken.
So zumindest meine Erfahrung mit den Alkoholikern, die ich persönlich kennen gelernt habe.
Wie dem auch sei, ich will Dich weder bekehren, noch will ich Dir sagen, wie Du zu leben hast. Du wirst wohl Deine Erfahrungen selbst machen müssen, wie so viele hier.
Nur merke Dir eines: aus einem verkniffenen Ars ch kommt nie ein fröhlicher Furz! Es lohnt durchaus, sich mal entspannt zu bücken und die Dinge aus der anderen Perspektive zu betrachten. Manchmal lösen sich dann die Dinge...
LG
Spedi