Liebe Syrinx,
von mir auch ein herzliches Willkommen im Forum.
Mich hat deine Geschichte fürchterlich traurig gestimmt. Es erinnert mich viele zu sehr an meine eigene. Ja, der Mann, den man von Herzen liebt. Der aber süchtig ist, der lügt, der betrügt, der versteckt - dem man ehrlich gesagt, nicht einmal trauen kann.
Das Problem ist, wie glaubst du, kannst du beeinflussen, dass er mit dem Trinken aufhört? Dass er stabil trocken werden kann? Ich fürchte, dazu gibt es nur eine Antwort: Das wirst auch du nicht können. Er lehnt eine neue Langzeit-Therapie ab. Ich vermute, die Begründung ist die, dass die letzte ja nicht viel gebracht hat. Das ist ja ein Leben unter der "Käseglocke" und hat mit der Realität nicht viel gemein. Eine Selbsthilfegruppe oder die AA ist vermutlich auch nichts. Denn so schlimm ist es bei ihm ja nicht. Er kann das schon so schaffen und alle trinken ja ab und zu etwas. Das ist doch normal und so ein "leichter Weißwein", ach, der kann ja nicht viel schlimmes anrichten.
Syrinx, ich fürchte, dein Partner will sein Problem nicht sehen oder er kann es nicht sehen. So oder so läuft das aber auf das Selbe hinaus. Ich habe das bei meinem Ex auch so erlebt. Natürlich wollte er ein "normales", selbst bestimmtes Leben - aber er wollte auch den Alkohol. Wer aber einmal in der Sucht drin hängt, der kann nicht beides miteinander kombinieren. Er muss sich für eins entscheiden. Wer dann dennoch beides will, der muss lügen und täuschen und tricksen. Das wird er vermutlich auch schon seit Jahren so machen, deswegen kann er das bestimmt auch recht gut.
Es war für mich als Partnerin erniedrigend, das einzusehen. Es war erniedrigend, wenn wir zuhause auf dem Balkon saßen und der andere schlich sich immer in ein anderes Zimmer, wo vermutlich der Vorrat gebunkert war, es war ein fürchterliches Gefühl der Ohnmacht, wenn immer und immer wieder Freizeitziele gezielt ausgesucht wurden, wo er einfach an Alk kam. Es war traurig und ernüchternd, wenn wir abends nicht telefonieren konnten, weil er dann wieder betrunken war. Oder weil wir uns nicht sehen konnten, weil er lieber trinken musste. Ausreden gab es dafür in Hülle und Fülle. Schließlich sollte ich ja nicht sehen, wie die Realität aussieht, nämlich dass er schon lange wieder richtig "drauf" war. Mir versuchte er ja zu verkaufen, dass er gelegentlich trinken kann.
Bezeichnend finde ich hier auch, dass du schreibst
Zitat
angeblich ist sein Vorstellungstermin hier geplatzt
. Ich vermute mal, dass das ein sehr wichtiger Termin war? Aber aus deinen Worten kann ich entnehmen, dass du ihm das ja auch nicht so ganz glaubst. Mir würde auch die Frage einfallen - Warum ist er denn geplatzt? Hat der mögliche Arbeitgeber doch was anderes zu tun, oder war dein Freund nicht in der Verfassung hinzufahren? So oder so - vermutlich lügt er dich wieder an. Wie schmerzhaft ist das, immer wieder nachfragen und überlegen zu müssen, ob er jetzt die Wahrheit sagt.
Vor dem Hintergrund, dass es ja jetzt schon mehr als schwierig ist, überhaupt eine Beziehung aufrechtzuerhalten, kann ich dir nur dringend raten, die Frage des Zusammenziehens noch einmal gut zu überlegen. Ich glaube nämlich nicht, das sich etwas ändert, wenn ihr zusammenwohnt. Ich glaube nicht, dass er nur deswegen trinkt, weil er ja so einsam und alleine ist. Das mag mit ein Grund sein, warum jemand rückfällig werden könnte. Aber wenn er süchtig ist, dann trinkt er ob er alleine oder mit jemandem zusammen ist. Im letzteren Fall wahrscheinlich dann heimlich und mit einem Sack voll Lügen, den er dem Partner auftischt.
Es tut mir auch jetzt leid das zu sagen, weil mir das auch immer so schwer gefallen ist, zu hören: Aber Ihr habt nur dann eine wirkliche Chance, wenn er aufhört und vor allem, wenn er aufhören will. Und zwar ganz - keinen Tropfen mehr, kein "Ach-das-geht-ja-ab-und-zu". Nein, es geht nicht und er kann dahin nicht wieder kommen. Das sind übrigens haargenau die Worte von meinem Ex - dahin möchte er auch wieder kommen. Fragt man sich natürlich warum - ist es denn so wichtig, Alkohol in seinem Leben zu haben??? Aber das sieht man auch die Wertigkeit, mit der das Zeug bemessen wird.
Ich kenne auch die Worte zum Thema "an der Schwelle des Todes stehen" und sich "für das Leben entscheiden" und "sein Leben zurück haben wollen". Ja, das sind schöne Worte. Vielleicht hatten sie auch einmal eine Berechtigung. Vielleicht hatte er sich auch einmal auf den Weg gemacht. Aber meines Erachtens hat er den jetzt verloren.
Ich weiß auch, wie schwer die Situation ist, wenn du ihn nicht "fallen" lassen willst, aber von dieser Situation regelrecht gefressen wirst. Aber versuche wenigstens, dich aus einem möglichen "Totalschaden" herauszuhalten - halte dein Leben so in der Hand wie es nur geht und baue nicht auf eine räumliche Nähe, in der du in erster Linie belogen und hingehalten wirst. Du hast einmal zu ihm gesagt, dass du "keine Beziehung zu dritt willst" - aber genau die führst du jetzt. Ich habe sie auch geführt und was mich davon abgehalten hat, eine Entscheidung zu verlangen, war das, dass ich ganz genau gewusst habe, dass die nicht zu meinen Gunsten ausgehen würde.
Ganz viele Grüße, alles Liebe
HM