Hallo alle zusammen !
@ Slowly
Schön, daß dir meine Gutenachtgeschichte vom letzten Freitag so gefallen hat . Ob Bayern das schönste Bundesland ist, darüber könnte man streiten. Auf alle Fälle ist der Freizeitwert hier bei uns in den Voralpen schon phänomenal, das muß ich schon sagen. Das ganze hat mich übrigens auf eine Idee gebracht. Ich überlege mir gerade, ob ich im nächsten Urlaub mit dem Roller eine Deutschlandtour drehen werde - quasi mal alle Bundesländer abfahre. Ich war z. B. noch niemals in den neuen Ländern - eigentlich eine Schande. Vor allem die Mecklenburger Seenplatte reizt mich. Das wird ja mein erster Urlaub seit Jahren ohne Alk. Ist auf der einen Seite natürlich sehr schön, auf der anderen Seite habe ich etwas Bammel davor, daß ich nicht weiß wohin mit der ganzen Zeit. Daher wär so eine Tour die ideale "Beschäftigungstherapie" für mich.
Ansonsten geht es mir mit dem Schlafen so einigermaßen gut. Übers Wochenende bin ich ohne Hilfsmittelchen eingeschlafen. Hat zwar wieder einige Zeit lang gedauert, aber es funktionierte. Gestern lief dann wieder die ganze Nacht das Radio . Aber ich arbeite dran. Bei mir ist es ja nur das Einschlafen. Durchschlafen tue ich dann immer recht gut. Wenn ich da an die Saufzeiten denke! Da bin ich immer mehrmals die Nacht aufgewacht. Gerade das Durchschlafen empfinde ich als eines der schönsten Geschenke meiner neu gewonnen Abstinenz. Und natürlich das Träumen.
Genaugenommen ist das Einschlafproblem bei mir der einzige Nachteil des Nichttrinkens. Und was den Notfallkoffer betrifft: Nußkuchen gehört schon mal dazu, aber verallgemeinert betrifft das ja alles Süße. Geknabbert habe ich ja auch zu nassen Zeiten schon gerne, allerdings nur Salziges und Saures. Schokolade habe ich da jahrelang nicht angerührt. Mich würde ja einmal interessieren, warum das so ist? Ich bin offensichtlich nicht der einzige dem es so geht.
Wie geht es dir übrigens mit dem Ein- bzw. durchschlafen? Du sprachst etwas von Bauarbeiterknete - du meinst damit wohl Ohrstöpsel, oder? Ist es denn so laut bei dir? Mir ist ja schon aufgefallen, daß du sehr oft in der Nacht schreibst. Mich freut es übrigens immer sehr, wenn ich morgens beim Frühstück hier von dir lesen darf. Ist praktisch fast schon so eine Art Ritual geworden . Dennoch hoffe ich, daß du einen erholsamen Schlaf findest.
Was gibt's sonst noch? Dieses Wochenende habe ich beim Einkaufen eine ehemalige Arbeitskollegin getroffen. Sie ist gerade beim Umziehen und hat alle Hände voll zu tun. Habe ihr dann kurzerhand geholfen, daher hatte ich letztes Wochenende auch keine Zeit hier reinzuschauen . Dieses Wochenende treffen wir uns und plaudern ein bischen über die "alten Zeiten". Noch eine Sache ist mir beim Samstagseinkauf passiert. Als ich gedankenverloren und etwas von der Arbeit gestresst in den Supermarkt ging, habe ich doch glatt vor dem Weinregal angehalten. War irgendwie eine Reflexreaktion ohne böse Absichten. Ist schon erstaunlich, was einem das Hirn doch manchmal für Streiche spielt. Es geht also weiterhin (positiv) vorwärts, kann mich nicht beklagen .
@ Carpenter
Hallo,
Zitat
es ist nicht ungewöhnlich, daß einem die Abstinenz irgendwie zu einfach vorkommt. Ich habe mich in der Anfangszeit auch immer gewundert, daß es relativ einfach ging und kein Saufdruck aufkam. Da schien mir etwas faul zu sein...ist es aber nicht. Denoch bedeutet es nicht automatisch, daß es immer so einfach bleiben muß. Man kann auch nach nem halben Jahr plötzlich ne Phase haben, in der man plötzlich gefährdet ist. Nicht umsonst kommt es auch nach Jahren immer wieder zu Rückfällen. Die Gründe dafür sind vielfältig, haben aber aus meiner Sicht immer damit zu tun, daß die Wachsamkeit nachgelassen hat.
Das bedeutet nicht, daß man den ganzen Tag mit Argusaugen durch die Welt marschieren muß...oft recht es schon, kleine Rituale zu pflegen...z.B. hier kurz reinschauen, sich seiner Krankheit wieder bewußt machen. Denn irgendwann kommt es einem normal vor, abstinent zu sein. Das ist einerseits gut, weil sich das Leben dann eben nicht mehr nur darum dreht, wie man die Nachwirkungen der eigenen Alkoholkrankheit in den Griff bekommt, andererseits kann dadurch auch die Wachsamkeit nachlassen.
Ich denke, sich immer mal wieder bewußt machen, daß man krank ist, vorbelastet ist, ist der Schlüssel. Unabhängig davon, ob einem die Abstinenz leicht fällt oder nicht.
Vielen Dank für deine Einschätzung, Carpenter. Das schöne daran ist, daß sich das ganze mit meinem Gefühl ziemlich deckt. Ich wollte das ganze wohl noch einmal von zweiter Hand bestätigt haben, da ich eben nichts falsch machen möchte. Mit Argusaugen renne ich auch nicht durch die Gegend. Mir ist eben nur Aufgefallen daß ich seit drei, vier Wochen nicht mehr im 24-Stunden-Takt denke. Ich hatte da halt etwas Angst, daß ich da zu unvorsichtig bin.
Meine Abstinenz ist mittlerweile gefühlsmäßig zu Normalität geworden. Das heißt selbstverständlich nicht, daß meine Wachsamkeit nachlässt. Andererseits: Wie wichtig Wachsamkeit ist, habe ich vor zwei Wochen beim Einkaufen gemerkt. War nicht in meinem üblichen Discounter einkaufen und wollte mir noch ein Mundwasser kaufen. Hatte gerade noch gesehen, daß da Alkohol drin war und dann eines ohne Alkohol genommen. Gerade bei Lebensmittel ist Aufmerksamkeit angesagt; da muß ich in Zukunft noch etwas besser aufpassen.
Das Forum ist für mich in der Tat eine große Stütze und die ideale Ergänzung zu meiner realen SHG. Nicht nur die vielen Erfahrungen und Tips von langjährigen Alkoholikern sondern auch die Threads der Neulinge (wie ich) sind im Gesamtpaket sehr hilfreich. Ach noch etwas: Klingt vielleicht ein bischen komisch. Aber um mir meine Krankheit immer wieder zu vergegenwärtigen hilft es mir ungemein meinen eigenen Vorstellungstext zu lesen. Unglaublich (schön), was sich bereits schon jetzt zum Positiven verändert hat . Ich bin ja selber gespannt darauf, wie ich mich weiterentwickeln werde. Ich habe das Gefühl, daß ich da immer noch ganz am Anfang stehe und noch viele weitere positive Dinge folgen werden .
@ Dr. Gerner
Zitat
Ich habe mir jetzt überlegt, dass ich mir einen Zettel mache, wo ich aufschreibe, was ich durch den Alkohol verloren habe ( da reichen 2 Frauennamen ) und den in mein Portmonaie stecke...dann wenn ich mal irgendwann Suchtdruck bekomme, hole ich den Zettel raus und erinnere mich nochmal, dass der Alkohol mir die schlimmste Zeit meines bisherigen Lebens bescherrt hat... Verlegen
Auch eine sehr schöne persönliche Idee für den Notfallkoffer . Sozusagen eine Art "Schocktherapie" was der Alkohol alles anrichten kann.
Apropos Schocktherapie: Ich möchte ergänzend noch etwas hinzufügen worüber wir heute in unserer SHG gesprochen haben. Es ging hier quasi im übertragenen Sinn auch um das Thema Notfallkoffer. Mir als Neuling in unserer Gruppe wurde sozusagen als "Hausaufgabe" aufgegeben sich einmal durchzurechnen wie viel ich denn zu nassen Zeiten übers ganze Jahr getrunken habe. Bis dato habe ich mir immer nur meinen täglichen Alkoholkonsum vor Augen gehalten - und der war schon deprimierend.
Ich bin also einmal so frei und stelle hier meine "Jahresbilanz" für 2013 ein:
Mo - Fr: 1.25 ltr Wein täglich, also insgesamt 6 Liter
Sa und So nochmals 6 Liter
Macht also 12 Liter Wein pro Woche
12 Liter x 52 Wochen = 624 Liter
Hinzu kommen noch die Urlaube wo grundsätzlich niemals weniger als 3 Liter pro Tag getrunken wurde.
Insgesamt waren das also pro Jahr in etwa 700(!) Liter Wein. Also ungefähr 10 Badewannen voll oder 0.7 Kubikliter. Oder umgerechnet in Bier etwa 1.5 Kubikliter bzw 150 Kästen!
Ich bin beim Nachrechnen gelinde gesagt über mich selbst erschrocken, auch wenn es nur simple Mathematik ist. Wie konnte das passieren? Es wird ja kein Mensch gezwungen Alkohol zu trinken. Es ist doch sehr merkwürdig, daß man sich erst mit klarem Kopf solche Gedanken macht. Zu nassen Zeiten war dieser Konsum für mich ganz "normal".
Das schlimmste für mich persönlich an der Sauferei war aber die vergeudete Lebenszeit. Sechs wertvolle Jahre habe ich verschwendet. Ich finde daß das sogar der wichtigste Aspekt ist den man sich stets vor Augen halten sollte, wenn es mal brenzlig wird .
@ Forum
Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch einmal ein großes Dankeschön an das komplette Forum und den Betreibern und Moderatoren hier loswerden. Ich finde so etwas ist nicht selbstverständlich. Wie ihr ja aus meinem Vorstellungstext entnehmen könnt bin ich in meinem größten Suff nur durch Zufall auf euch gestoßen. Wäre das nicht passiert, dann würde ich mit Sicherheit heute noch trinken und eben hier nicht lesen und schreiben. Ihr seid mir hier alle wirklich eine sehr große Hilfe .
Liebe Grüße an euch alle und eine gute trockene Zeit wünscht euch
Alex