Hallo,
ich bin neu hier und hoffe ich werde alle Regeln beachten. Deshalb versuche ich auch so wenig Details wie nötig zu schreiben.
Bei mir ist es so, dass ich bereits meinen Bruder durch eine Abhängigkeit inklusive Therapieaufenthalt (geschlossene und offene Psychatrie) begleitet habe. Er ist alkohol- und drogenabhängig. Während dieser Zeit sind wir uns emotionaler näher gekommen und ich glaubte das war der nötige Schuss vor den Bug den er brauchte. Dem war nicht so, er brach den Kontakt kurz nach dem Aufenthalt ab und ist wieder in seiner Sucht angekommen. Seit 1,5 Jahren haben wir keinen Kontakt mehr.
Ende letzten Jahres habe ich einen Mann kennengelernt, mit dem alles stimmte, der sich sehr um mich bemüht hat. Nach anfänglichen anderem vorgeschobenen Grund offenbarte er mir sein Alkoholproblem. Dieses habe er schon einmal in den Griff bekommen und müsse er erst wieder im Griff haben bevor er sich auf was Neues einlassen kann. Er wollte einen Kontaktabbruch, begründete dies damit, dass er Angst hat mich zu verletzen, dass er weiß wie verletzend und kalt er sein kann.
Wir vereinbarten daraufhin eine Kontaktpause (beide dürfen sich melden, wenn sie wollen und ich würde mich erstmal zurückhalten). Daran habe ich mich gehalten. Zu Weihnachten gab es eine kurze Meldung seinerseits die ich ebenso kurz und freundlich beantwortete.
Vor 1,5 Wochen meldete er sich abends plötzlich, entschuldigte sich für sein Verhalten, "erklärte" sein Suchtverhalten und bat mich um Verständnis. Zu diesem Zeitpunkt hatte er auch getrunken.
Ich antwortete ausführlich und lang und bot ihm wie zuvor an mit ihm gemeinsam eine Beratungsstelle aufzusuchen. Zeigte Verständnis für seine Mechanismen, habe aber auch gesagt, dass ich nur soweit unterstützen kann wie ich es leisten kann und er es zulässt. Ich habe erneut betont, dass ich ihn mag und ihn nicht dafür verurteile.
Diese Nachricht blieb eine Woche unbeantwortet. Ich machte mir große Sorgen als es wieder Wochenende war (unter der Woche trinkt er laut eigenen Angaben nicht) und fuhr unangekündigt hin. Am ersten Abend traf ich ihn auch nach 4 Stunden warten nicht an und war schon erleichtert, weil er nicht trinkt, wenn er fährt.
Am zweiten Abend traf ich ihn nach 3 Stunden des Wartens an. Er war sehr überrumpelt und überrascht, wir fanden aber dennoch schnell in ein vermeintlich konstruktives Gespräch. Er schlug vor, dass er mir über sein Trinkverhalten Bericht erstattet, das sei für ihn ein Ansporn. Ich war nicht begeistert, willigte aber ein als er sagte, dass er sonst bereit wäre mit mir gemeinsam Alternativen bei Beratungsstellen zu suchen.
Er war dankbar, dass ich da war, weil er dadurch nicht trank. Bat mich gerade gekauften Alkohol mitzunehmen und bot immer wieder an ich könne alles durchsuchen. Ich lehnte dies ab mit dem Hinweis, dass wir uns dann nicht auf Augenhöhe befänden, ich nicht kontrollieren will und er es für dich tun soll.
Wir verabredeten ein erneutes Treffen. Ich glaubte alles würde langsam Gestalt annehmen. Er konnte sehr gut logisch darüber reden, sagt auch von sich selbst, dass er Alkoholiker ist.
Ich bekam auch den wöchentlichen Lagebericht, Nachrichten voller Dankbarkeit für meinen Besuch. Es sei der richtige und wichtige Schubs gewesen den er gebraucht hätte.
Nun ist es so, dass er dennoch den Kontakt vorerst abbrechen möchte, weil er sagt, dass er weiß, dass er zu ambivalent ist, mich nicht gut behandeln wird und sich mit seinem jetzigen Verhalten nicht eine mögliche spätere Chance verbauen will.
Auf Nachfragen hat er gesagt er möchte wieder Kontakt zu mir sobald er es im Griff hat und sieht die Perspektive auf eine Beziehung. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre sein kühles und unfaires Verhalten aber Alltag in einer Beziehung mit ihm und das wolle er für mich nicht.
Einen Zeitraum kann er nicht nennen.
Er bedankte sich für alles was ich für ihn getan habe und das es der Auslöser sei, sein Leben in den Griff zu bekommen und das er hofft, dass wir noch mal eine bessere Chance haben und bittet mich unsere Zeit positiv in Erinnerung zu behalten.
Nun fällt es mir sehr schwer. Ich bin die einzige Person die davon weiß, ich habe das Gefühl ihn im Stich zu lassen, obwohl er ja keine Hilfe möchte. Gleichzeitig entsteht für mich wieder ein Schwebezustand dem ich mich irgendwie nicht entziehen kann. Ich schätze seine selbstreflektierte Art und auch die Tatsache, dass er mich schützen will vor seinem Verhalten.
Allerdings weiß ich nicht wie ich weiter machen soll. Nicht zu wissen wie es ihm geht finde ich furchtbar, will aber seinen Wunsch respektieren. Gleichzeitig weiß ich nicht wie lange ich ins Ungewisse warten kann.
Dann doch der Gedanke sich in einigen Wochen mal zu melden und nur zu fragen wie es ihm geht?!
Dieser Text ist wahnsinnig lang, aber ich weiß gerade weder ein noch aus. Ich will ihn nicht bedrängen, will mich aber auch nicht aufgeben.