Beiträge von Amy

    Hallo ihr Lieben,

    heute morgen ist mein Mann zur Entgiftung gefahren. Gestern Abend und heute morgen war es wirklich nochmal so richtig schlimm. Nach all den Anfeindungen und schrecklichen Szenen die letzten Wochen, stand er gestern Abend vor mir und hat einfach nur geheult, hilflos wie ein kleines Kind. Heute Morgen hat er dann das erste Mal in 22 Jahren über seine Alkoholsucht gesprochen. Darüber wie schlecht es ihm körperlich geht und was das Trinken mit ihm macht und wie er sich dabei fühlt. Ich war total überrascht und hatte nur noch Mitleid mit ihm. Ich bin mir nicht sicher, ob es aufgrund der bevorstehenden Entgiftung nun doch "Klick" bei ihm gemacht hat oder, ob er nur auf die Tränendrüse drücken wollte, weil er nach dem Klinikaufenthalt ja wieder ein Auffanglager benötigt. Wie immer steh ich jetzt mal wieder vor dem Problem, dass ich ihm auf der einen Seite soooooooo gerne helfen möchte, auf der anderen Seite kann ich ihn aber einfach nicht mehr ertragen. Das Gefühlschaos nimmt kein Ende. Hätte er diese beiden Szenen nicht einfach lassen können, dann würde mir vieles leichter fallen.

    Jetzt versuche ich erst mal, die kommenden Tage nicht so viel an ihn zu denken und meine "sturmfreie Bude" zu genießen.

    Liebe Yvonne,

    es tut mir wirklich sehr leid, was du erleben musstest. Ich kann mir vorstellen, wie es dir nun geht und wie verletzt du bist. Es zeigt mir aber auch, was von uns "Co" alles abverlangt wird und wie bereitwillig wir erst einmal alles erdulden, bevor wir hoffentlich irgendwann einmal an einen Tiefpunkt kommen, an dem wir etwas ändern. Ich hoffe, ich bin nun an solch einem Punkt und schaffe es.

    Gestern kam mein ältester Sohn zu Besuch. Da er schon vor einigen Jahren ausgezogen ist, konnte ich die letzten 3 Jahre den Rückfall seines Vaters vor ihm verbergen. Er hat in seiner Kindheit so vieles mitgemacht und war die letzten Jahre so intensiv mit seinem Studium und dem Aufbau seines Lebens beschäftigt, dass ich ihn nicht mit den Problemen seines Vaters belasten wollte. Er sollte endlich einmal in Ruhe und unbelastet sein eigenes Leben führen können. Da sich mittlerweile jedoch vieles zugespitzt hat, dachte ich gestern, dass ich es ihm erzählen muss. Er war natürlich enorm geschockt und meinte, er müsste sich jetzt erst einmal klar darüber werden, ob er überhaupt noch Kontakt zu seinem Vater haben möchte. Er hätte für den Rückfall vor 3 Jahren und der Tatsache, was mein Mann seinen Angehörigen damit antut, keinerlei Verständnis. Krankheit hin oder her.

    Er zeigte jedoch enormes Verständnis für mich und der Tatsache, dass ich eigentlich mit meinem Mann nicht länger zusammen leben will. Seiner Meinung nach hätte ich mich eh schon vor 20 Jahren trennen sollen. Er hat mich also in meinen Absichten bestärkt und das tat gut. Wir haben dann lange überlegt, wie so eine Trennung vonstatten gehen könnte. Eins ist klar, mein Mann wird nie ausziehen, was natürlich die einfachste Lösung wäre. Für mich ist das Ausziehen schwieriger, da noch 2 Söhne bei mir leben und ich auch 2 Hunde habe, die ich mitnehmen müsste. Mal davon abgesehen, dass die Miete für eine entsprechend große Wohnung mein Budget überschreitet, müsste ich auch erst einmal eine finden, deren Vermieter 2 große Hunde mit aufnimmt. Ich bin mir sicher, dass es hier bestimmt eine Lösung gibt, aber die findet sich sicherlich nicht von heute auf morgen. Das braucht Zeit. Eine Lösung brauche ich aber gleich. Wenn mein Mann in einer Woche aus der Entgiftung kommt, möchte ich definitiv nicht wieder mit ihm unter einem Dach leben. Ich habe Angst, dass sich sofort die gleichen Gewohnheiten wieder einschleichen und er mich ganz schnell wieder in seinen Bann zieht, so dass ich wieder genauso funktioniere, wie er es möchte. Natürlich werde ich auf ihn einwirken, dass er auszieht. Das wird er aber nicht tun. Rauswerfen kann ich ihn nicht, da unser Haus zur Hälfte ihm gehört und er das auch immer wieder betont. Die einzige "Notösung", die ich mir im Moment vorstellen könnte, wäre eine räumliche Trennung innerhalb unseres Hauses. Wir haben unter dem Dach 2 Zimmer und ein Bad, die nicht benutzt werden. Hier könnte er sofort nach der Entgiftung einziehen und ich wäre wenigstens in "meinen Räumen" nicht mit ihm konfrontiert. Das habe ich zwar in der Vergangenheit auch schon immer mal von ihm gefordert und er hat sich massiv dagegen gewehrt, aber hier habe ich noch die größte Hoffnung, dass ich das nächste Woche durchsetzten könnte.

    Nun meine Frage. Ich bin mir sicher, der eine oder andere von euch hat das schon praktiziert hat. Macht eine solche Lösung überhaupt Sinn? Man hat das "Problem" ja dann immer noch um sich rum und wird irgendwie doch ständig damit konfroniert. Bringt das tatsächlich eine Erleichterung oder ist das nur eine halbherzige Lösung, die das Leiden für mich nur verlängert? Was meinen Mann angeht, habe ich natürlich auch meine Zweifel. Sollte er sich darauf einlassen, hat sich für ihn ja nichts geändert. Er sitzt weiterhin im gemachten Nest, nach Außen hin wirkt alles normal und die Tatsache, dass er dadurch von mir und den Kindern räumlich getrennt ist, ist ihm doch egal. An uns hat er doch eh kein Interesse mehr.

    Ich bin gespannt auf eure Antworten.

    Liebe Grüße
    Amy

    Liebe Aurora,

    du sprichst mir aus der Seele. Auch ich habe es so erlebt, dass mein Mann während seiner 6 jährigen Trockenphase nicht wirklich ein anderes Verhalten mir gegenüber an den Tag gelegt hat. Glücklich war ich dabei nicht, aber er trank nicht mehr und ich habe mir eingeredet, dass auch normale langjährige Ehen oft nur Zweckgemeinschaften sind. Das ist im Moment auch meine große Angst. Natürlich möchte ich ihm helfen und 30 Jahre, die wir nun ingesamt zusammen sind, wirft man auch nicht so einfach weg. Aber ich möchte zukünftig auch nicht wieder in dieser Endlos-Schleife hängen, in der ich nur dafür da bin, sein Leben nach außen hin "normal" wirken zu lassen und es eine Frage der Zeit ist, wann der Alkohol wieder zuschlägt. Ich möchte nicht wieder den Absprung verpassen und mich hinterher ärgern, dass ich weitere wertvolle Jahre vergeudet habe.

    Im Moment bin ich einfach nur froh, wenn Montag ist und er endlich in die Klinik geht. Ich kann seine Anwesenheit einfach nicht mehr ertragen und freue mich so darauf, nächste Woche endlich einmal "sturmfreie Bude" zu haben. Die Zeit möchte ich nutzen, um mal so richtig abzuschalten und mir nicht mehr so viele Gedanken um ihn zu machen. Hoffentlich gelingt mir das auch. Am liebsten würde ich ihn dort auch nicht besuchen. Zum einen, weil ich Angst habe, dass er mich dort mit seiner Mitleids-Tour und seinen Versprechungen wieder mürbe macht und zum anderen, weil ich vor vielen Jahren ein Gespräch mit einem Suchtberater hatte. Dieser meinte damals: "Ich kann verstehen, wenn sie ihren Mann verlassen möchten. Erfahrungsgemäß ist aber die Chance, dass ihr Mann den Absprung schafft, wesentlich höher, wenn er weiß, dass er eine Ehefrau und eine Familie hinter sich stehen hat."
    Sowas macht schon ein schlechtes Gewissen und setzt einen enorm unter Druck. Das möchte ich nächste Woche nicht schon wieder von einem Fachmann oder Arzt gesagt bekommen. Ich weiß doch im Moment selbst nicht, was richtig ist und was falsch. Ich habe nur das Gefühl, ich brauche Zeit, um mir darüber endlich mal klar zu werden.
    Würde ein Arzt nächste Woche überhaupt mit mir reden wollen oder werden da Angehörige eh nicht mit ins Boot genommen?

    Liebe Grüße
    Amy

    Guten Abend an Alle!

    da ich im Moment etwas verzweifelt bin, möchte ich mir so einiges von der Seele schreiben. Mein Mann hat seit 22 Jahren ein Alkoholproblem. Dies hat ihn schon einige Male ins Krankenhaus gebracht und vor 9 Jahren sogar auf eine Intensivstation, auf der er 10 Tage um sein Leben gekämpft hat. Gelernt hat er daraus nicht wirklich etwas. Er war danach zwar erst einmal 6 Jahre trocken, vor 3 Jahren hat er mit dem Trinken jedoch wieder angefangen. Da mich diese Situation mittlerweile selbst gesundheitlich sehr mitgenommen hat und ich so ein Leben auf keinen Fall noch länger weiterführen möchte, habe ich ihn vor 2 Wochen vor die Wahl gestellt, entweder eine Entgiftung zu machen oder eine Trennung wäre unausweichlich. Ich weiß, dass eine Entgiftung ohne anschließende Therapie nicht wirklich etwas bringt, aber da er sich in der Vergangenheit immer gegen jegliche Form von professioneller Hilfe gewehrt hat, war mir jedes Mittel recht, ihn wenigstens irgendwie in die Hände von Fachleuten zu bringen. Wer weiß, was die bewirken können. Nach langer Gegenwehr hat er dann schließlich zugestimmt und den Hausarzt beauftragt, einen Platz für nächste Woche zu finden.

    Eigentlich müsste ich nun richtig happy sein. Bin ich aber nicht. Natürlich freue ich mich für ihn, weil ich denke, dass er damit genau das Richtige für seine Gesundheit tut und ich wünsche ihm von ganzem Herzen, dass diese Entgiftung sein Denken und Handeln verändert wird. Meine Zweifel habe ich jedoch schon, da er nicht aus Eigenantrieb, sondern nur wegen Druck von mir dahin geht. Zudem frage ich mich, was mit uns nach dem Klinikaufenthalt passiert. Das Leben mit meinem Mann war für mich die letzten Wochen und Monate wirklich fast unerträglich. Ich konnte mich kaum mit ihm im gleichen Raum aufhalten, da ich ihn und seine Art mit mir umzugehen einfach nicht mehr ertragen konnte. All diese Verletzungen, Enttäuschungen, das verlorene Vertrauen der letzten Jahre sind doch nach dem Klinikaufenthalt nicht ausradiert, sondern immer noch da.

    Am liebsten wäre mir, er würde nicht nur einige Tage, sondern gleich für mehre Wochen in der Klinik bleiben. Zum einen, damit er endlich eine Einsicht für seine Krankheit erhält und zum anderen, damit auch ich einfach einmal Luft holen und Abstand gewinnen kann. Doch mehr als eine Entgiftung wird er definitiv nicht machen. Das hat er mir schon mehrfach versichert. Alternativ könnte ich mir danach auch eine Trennung auf Zeit vorstellen, aber darauf geht er überhaupt nicht ein, sondern droht mir nur damit, in so einem Fall dann sofort wieder rückfällig zu werden. Das möchte ich natürlich auch nicht riskieren. Ich bin so hin und her gerissen. Auf der einen Seite möchte ich ihn auf seinem Weg nun unterstützen, wo immer ich kann und ihm das Gefühl geben, dass ich hinter ihm stehe. Auf der anderen Seite kann ich mir zumindest im Moment ein weiteres Leben mit ihm eigentlich überhaupt nicht mehr vorstellen. Ist so ein Gefühlschaos normal und wie habt ihr das erlebt?

    Liebe Grüße
    Amy