Beiträge von Topaz

    Das wird bestimmt für dich eine Lebensaufgabe den Knoten aufzudröseln und den Dämonen die Schranken zu weissen.Das geht aber nur mit klaren Verstand.Ich drück dir die Daumen.
    atze
    [/quote]

    Vielen lieben Dank für deine Antwort!

    Ja, es ist und bleibt eine Lebensaufgabe. Naiv, wie ich war, dachte ich 2013 tatsächlich, ein bisschen Therapie reicht und alles ist gut.
    So nach dem Motto: Problem erkannt, Lösung suchen, Haken dahinter!

    lg,

    Topaz

    ...ein kleines Mädchen, das hineingeboren wurde in eine gefühlsarme Familie.
    Sobald es Gefühle spüren und gedanklich verarbeiten konnte, merkte es, das es unerwünscht war.
    Es fing an, seine Umwelt zu beobachten, daraus Rückschlüsse zu ziehen und entsprechend zu agieren.

    Anpassung hatte oberste Priorität. Nur so bekam es ab und zu Aufmerksamkeit. Und das kleine Mädchen lernte schnell!
    Die Verletzungen, die es erlitt, versuchte es, mit sich allein klar zu machen.
    Vieles von dem, was es erlebte, ist so tief vergraben, dass es niemals wieder ausgegraben werden kann.

    Als das kleine Mädchen größer wurde, trat eine junge Frau in den Vordergrund, die entschied, dass das kleine Mädchen geschützt werden muss. Deshalb begann sie, einen Turm zu bauen, den niemand erreichen kann.
    Sie beachtete dabei nicht, dass auch sie selbst unerreichbar für das kleine Mädchen wurde.
    Stattdessen ließ sie zu, das sich andere Anteile ihrer Persönlichkeit in den Vordergrund drängten. Anteile, die ihr nicht gut taten.
    Hinzu kam der Alkohol. Ein weiterer Dämon...
    Und da sie so viel Energie genutzt hatte, um das kleine Mädchen zu schützen, merkte sie nicht, dass die Kraft nicht mehr reichte, um sich selbst auch zu schützen.
    Sie baute vermeintlich Mauern um sich herum auf, die aber kontraproduktiv waren. Aber das sollte sie erst viele, viele Jahre später realisieren.

    Fortan verlief ihr Leben auf einem Weg, der nicht ihrer war und immer in die falsche Richtung führte.
    Es bedurfte viele Jahre Klinikaufenthalte und Therapie, um zumindest im Ansatz zu erkennen, was falsch gelaufen war und wie viel Macht sie inneren Anteilen zugestanden hatte, die eher negativ denn positiv gewirkt hatten.
    Als BDSM in ihr Leben trat, fühlte sie sich zum ersten Mal angekommen und angenommen. Weil es nicht nur psychische, sondern auch physische Auswirkungen hatte.
    Zum ersten Mal in ihrem Leben konnte sich die Frau, die inzwischen keine junge, sondern eine ältere Frau war, einlassen.
    Sie traute sich, sich zu öffnen, ließ Mauern fallen, öffnete Türen.
    Und wurde verletztbar...
    Und wurde verletzt. Immer wieder. Ihr wurde so langsam bewußt, dass auch das Teil des Lebens ist. Der Schmerz war deswegen aber nicht geringer.
    Noch immer fühlt sich das Leben schwer an. Weil immer noch unerkannte Anteile und Dämonen im Hintergrund lauern, die nur darauf warten, das sie Schwächen zeigt, damit sie herausstürmen können, die Kontrolle übernehmen und sie aufs neue in die Verzweifelung treiben.

    Man nennt es auch Depression und Persönlichkeitsstörung.

    Inspiriert durch Idejas Aussage in meinem anderen Thread "Meine Geschichte oder auch: Was war zuerst da? Depressionen oder Alkohol?" habe ich dieses Thema einfach mal ausgegliedert, damit es auch von betroffenen Frauen gelesen wird.

    Ich lernte den Vater meiner Tochter kennen, als ich 20 Jahre alt war. Wir wohnten zusammen in einer WG.
    Ich kam aus einem konservativen, aber alkoholfreiem Elternhaus und wollte alles, bloß nicht so spießig, wie meine Eltern leben.
    Ich war emanzipiert, bei den Grünen aktiv, nahm an Demos gegen Atomkraft teil, Hausbesetzungen usw.
    Er kam ebenfalls aus einem konservativen Elternhaus. Er war der Jüngste von 4 Kindern. Sein Vater war Alkoholiker, was ich erst viel später verstanden habe. Seine Mutter war eine stille, zurückhaltende Person, die alles für ihre Familie tat, obwohl sie, als ich sie kennen lernte, schon vom Krebs gezeichnet war und im Rollstuhl sass.
    ich wurde ungewollt schwanger. Er freute sich, ebenso seine Mutter, die einfach nur froh war, ihren ersten Enkel zu bekommen.
    Die Aussage meiner Mutter: "Wie kann man nur so bescheuert sein! Wenn ich noch einmal entscheiden könnte, hätte ich keine Kinder bekommen!" Mein Vater schwieg. Wie immer.
    Wir zogen aus der WG aus und in eine kleine Wohnung. Nach der Geburt unserer Tochter wurde schnell klar, dass er überfordert ist. Er ging weiterhin am Wochenende auf Party, betrog mich.Ich trennte mich von ihm und nahm mir eine eigene Wohnung.
    Er bequatschte mich und zeigte Reue. Also zog ich wieder mit ihm zusammen. In das Haus einer seiner Schwestern. Unsere Tochter war inzwischen 2 1/2 Jahre alt. Und damit begann mein Martyrium.
    Ich hatte zum gleichen Zeitpunkt eine Ausbildung als Köchin begonnen. Aufgrund der unterschiedlichen Arbeitszeiten hatten wir getrennte Zimmer.
    Mir wurde immer mehr klar, dass er seinem Vater nachfolgt. Ich hatte Job, Betreuung unserer Tochter, Haushalt usw. zu stemmen. Er ging unter der Woche arbeiten und am Wochenende feiern. Als ich ihm irgendwann sagte, dass ich damit überfordert bin, bekam ich zur Antwort, dass ich halt aufhören müsste zu arbeiten, wenn ich das alles nicht schaffe.
    Und dann kam der Tag, als er nachts betrunken in mein Zimmer kam und mich vergewaltigte. Und nein, er zeigte keine Reue, lachte mich aus und meinte, in einer Beziehung wäre das keine Vergewaltigung.
    Fortan hatte ich Angst. Schloss teilweise meine Zimmertür ab, die er einfach aufbrach. Es kam immer wieder zu gewalttätigen Situationen unter Alkoholeinfluss.
    Erst als seine Schwester und sein Schwager ihm androhten, die Polizei zu holen, sollte es zu weiteren nächtlichen Ausfällen seinerseits kommen, wurde er ruhiger.
    Ich trennte mich erneut von ihm und zog 1990 in meine eigene Wohnung.
    Es ging mir sehr gut, hatte eine nette Hausgemeinschaft um mich herum, die mir zur Seite stand. Auch, wenn es um die Betreuung meiner Tochter ging. Denn meine Mutter verurteilte natürlich die Trennung vom Vater meiner Tochter, so ganz nach dem Motto: Das muss man aushalten! Sie weigerte sich, meine Tochter zu nehmen, wenn ich "Spaß haben wollte", nahm sie nur, wenn ich arbeiten ging.
    1994 zog ein Mann bei uns ins Hinterhaus. 12 Jahre älter, als ich, sehr smart, extrovertiert und selbstständig.
    Ich verliebte mic hin ihn und er sich in mich. 2 Welten trafen aufeinander. Er war erfolgreicher Geschäftsmann, spielte Tennis, war bekannt im Ort und umgab sich mit "schönen und erfolgreichen" Menschen. Seine bisherigen Freundinnen waren weiblich, langhaarig und per se geschminkt.
    Und ich? Ungeschminkt, sportlich, auch im Auftreten, weiterhin engagiert in der Politik usw.
    Ich glaube, er genoss das am Anfang sehr. Bis es damit begann, dass seine Freunde begannen, auf ihn einzureden.
    Was er denn mit dieser "grünen Tussi" anfangen würde. Das ich unweiblich wäre usw.
    Aber all das erfuhr ich erst später.
    Meine Tochter war begeistert von ihm! Er hatte all das, was ihr leiblicher Vater ihr versagt hatte. Neben der Tatsache, dass er einen Sohn hatte, der 6 Jahre älter als meine Tochter war (Ein großer Bruder!!!), tat er alles für sie.
    Und er flüsterte ihr auch ein, wie toll es doch wäre, wenn wir alle zusammen leben würden. Ich hatte damals schon leichte Bauchschmerzen, weil mir schon bewusst war, dass er manchmal zu viel trinkt.
    Wie auch immer, wir zogen zusammen. Von da an zeigte er sein wahres Gesicht.
    Am Anfang gingen wir noch gemeinsam aus. Dann ließ er sich von seinen Freunden beeinflussen. Ich war auf einmal nicht mehr gut genug. Und das ließ er mich regelmäßig spüren. Er fing an, mich zu isolieren. Wollte nicht mehr, dass ich mich mit Freunden treffe, die er nicht kennt. Kontrollierte die Telefonliste des Festnetzanschlusses, fing an, mich zu verfolgen. Seine Eifersucht war echt krass! Und es steigerte sich noch!
    Er trank viel. Auch in der Öffentlichkeit. Wurde aber irgendwie übersehen, da er ein sehr einnehmendes Wesen hatte. Schlimm wurde es, wenn er außer Bier auch noch Schnaps trank, dann wurde er aggressiv.
    Ja, und dann kam der Tag, an dem er mir im betrunkenen Zustand die Faust ins Gesicht schlug mit der Aussage, das er mich eher tot schlagen würde, bevor ich ihn verlasse.
    Ich habe alles vollgeblutet und musste mir 2 Wochen einen Krankenschein nehmen, da ich in der Folge 2 blaue Augen hatte.
    Und nein, er hat sich nicht dafür entschuldigt. Im Gegenteil. Anschließend jammerte er mir nächtelang vor, warum ich ihn dazu bringen würde, so zu reagieren.
    Ich war schuld. Und damit hatte er mich! Da griff wieder mein typisches Verhaltensmuster.
    Ich schämte mich unglaublich und wagte es nicht, mich jemandem anzuvertrauen. Ich, die emanzipierte Frau, schaffte es nicht, mich aus dieser Beziehung zu lösen. Und ich begann, zu trinken. Alleine und auch mit ihm, um ihn ruhig zu stellen.
    Er schlug mich nur noch so, dass es man nicht sah. Vergewaltigte mich öfter in unterschiedlichen Formen. Und zwar immer unter Alkoholeinfluß.
    Nach 3 Jahren schaffte ich es, heimlich auszuziehen. Ich nahm nur meine persönlichen Sachen mit.
    Was folgte, waren 1 1/2 Jahre Psychoterror. Er stellte mir nach, klingelte nachts an meiner Tür, steckte Streichhölzer in die Türklingel, besorgte sich Zugang ins Haus und stand nachts vor meiner Wohnungstür usw. Ich habe ihn nicht angezeigt. Warum nicht? Ich hatte einfach nur Angst. Heute würde ich anders reagieren.
    Zu dem Zeitpunkt war mir Alkohol zuwider. Warum ich trotzdem Alkoholikerin geworden bin?
    Das ist eine andere Geschichte bzw. vielleicht auch Teil dieser Geschichte.

    Hallo Rattenschwanz,

    deine Ironie trifft mich gerade nicht, Letztendlich bin ich nur auf das eingegangen, was du geschrieben hast.
    Ich halte mich nicht für etwas Besonderes, eher im Gegenteil. Aber das kannst du nicht beurteilen, denn du kennst mich ja gar nicht.

    Ja, ich hatte einen Rückfall. Und dazu stehe ich, sonst wäre ich nicht hier. Aber das hat nichts mit meinem Aufenthalt in der Reha zu tun, denn ich war
    immerhin 5 1/2 Jahre trocken. Damit sprenge ich schon die Statistik solcher Kliniken.

    Missverstehe mich bitte nicht falsch, Rattenschwanz, aber mein Leben und dein Leben vor der Reha lassen sich, denke ich zumindest, nicht vergleichen.

    Wie gesagt, es war ja nur ein Beispiel und es war ja nicht so, dass wir bewusst zusammengelegt wurden. Bett frei, neuer Patient usw.
    Und nein, da muss ich keine Einsicht empfinden. Ich bin hypersensibel. Ständige Konfrontation mit anderen, Emotionen, Geräusche, Gespräche, Lautstärke usw. bringen mich an persönliche Grenzen.
    Und nein, ich brauchte in der Situation wirklich keine lohnenswerte Aufgabe neben der, trocken zu bleiben und mich wieder zu finden.
    Aber ich denke, es ist müssig, weiter darüber zu diskutieren, denn das war nicht die Intention meines Threads.

    lg,

    Topaz

    Sorry, ich verstehe immer noch nicht, wie ich zitieren kann.

    Ideja, ja du hast Recht. Im Grunde genommen weiß ich es ja auch. Es ist meine Geschichte.
    Und ja, ich werde weiterschreiben, das fiel mir schon immer leichter, als reden.
    Und ich merke, dass es mir gut tut. Gerade jetzt nach meinem Rückfall. Wird zwar nicht chronologisch werden, da ich immer spontan Gedanken im Kopf habe und dann einfach los schreibe, aber das ist für mich ok.

    Rattenschwanz,
    ich verstehe, dass dir diese Regeln und Strukturen gut getan haben.
    Das ist für viele Menschen auch enorm wichtig, genau dies wieder in ihrem Leben zu haben.
    Nur ich hatte das ja alles noch, bevor ich in die Klinik ging!
    Ich hätte mir andere Hilfe gewünscht.
    Ein Beispiel:
    Ich wohnte die ersten 12 Wochen mit einer Frau auf einem Zimmer, die häufig sehr aggressiv war. Dazu kam, dass sie meistens schlechte Laune hatte, sehr unsauber war usw. Wir hatten unser Zimmer selbst sauber zu halten, was meistens an mir hängenblieb, weil ich keinen Bock auf Stress hatte, wenn es Zimmerkontrollen gab.
    Ich ging irgendwann nur noch zum Schlafen aufs Zimmer, weil ich nie wußte, in welcher Stimmung ich sie antraf.
    Als ich darum bat, das Zimmer wechseln zu dürfen, wurde dies abgelehnt mit der Begründung, so etwas sei nicht üblich und müsse lernen, so etwas auszuhalten.
    Ich kam aus einem anstrengenden Job, hatte tagtäglich mit vielen Menschen zu tun, auch mit solchen, die mir nicht sympatisch waren oder die Stress machten! ich musste nicht lernen, so etwas "auszuhalten". Ich wollte einfach nur einen Rückzugsort, an dem ich auch mal Ruhe vor dem Klinikgetümmel hatte.
    Das ist jetzt zwar nichts "Großes", kann über Wochen aber echt zermürben.

    lg,

    Topaz

    Hallo!

    Carl Friedrich, Ideja, atze-5, ich danke euch für euer Feedback!

    Ich habe im Nachgang wieder gemerkt, dass alte Verhaltensmuster immer noch mal wieder greifen. Im Gegensatz zu früher merke ich das heute. Und das ist gut so. Ich musste lernen, dass man über Jahrzehnte antrainierte Muster nicht in 4 Jahren Therapie auflösen kann.
    "Ich bin nicht gut genug" und "Ich bin schuld", diese Aussagen haben mich mein Leben lang verfolgt.
    Und dann passiert es mir eben, dass ich etwas persönlich nehmen, was gar nicht persönlich gemeint ist.
    Als ich begann, hier meine Geschichte nieder zu schreiben und keine Reaktion kam, fühlte ich mich zurückversetzt in meine Zeit in der Suchtreha.

    Ich habe die Zeit dort ja nur kurz beschrieben.
    Fakt ist im Nachgang, dass es die falsche Klinik für mich war. Das wusste ich damals aber nicht. Meine Suchtberaterin, die einen Suchtbericht für die Rentenversicherung erstellen musste, schlug diese Klinik vor und die Rentenversicherung folgte.
    Warum? Weil es dort eine reine Frauengruppe gab, in die ich kam. Zumindest das hatte sie verstanden.
    Meine Therapeutin, die mich anschließend über 4 Jahre begleitete, war entsetzt, als sie erfuhr, in welcher Klinik ich war.
    Aber egal, ich habe dort 19 Wochen gelebt.
    In einer Klinik, wo alle Süchte behandelt wurden.
    Versuchte, nicht aufzufallen, aber fiel natürlich auf. Weil ich anders war. Und weil meine Kleidung qualitativ besser war. Weil ich anders redete, weil ich wenig sprach und mich häufig zurückzog.
    Von den 220 Patienten waren 2/3 Männer. Ich traf auf Menschen, die Therapie statt Knast gewählt hatten, auf Obdachlose, die sich hatten einweisen lassen, um den kalten Winter nicht draussen verbringen zu müssen, auf Menschen, die ihr Leben verloren hatten, die keinen Job, kein soziales Umfeld und keine Freunde mehr hatten. Die ihr Leben nicht mehr im Griff hatten.
    Teil der Therapie war es, das jeder irgendwann seine Lebensgeschichte in der Großgruppe (30-40 Patienten) erzählen muss. Diese Gruppe traf sich 2x in der Woche. Ein Patient erzählte seine Geschichte, ohne unterbrochen zu werden. Im Nachgang durften Anmerkungen gemacht bzw. Fragen gestellt werden.
    Ich schaffte es wochenlang, mich davor zu drücken.
    Problem? Der Großteil der Gruppe bestand aus Männern. Als meine Therapeutin mir klar sagte, dass ich die Klinik verlassen müsste, wenn ich mich weiter weigere, tat ich es.

    Ich sass dort, alle Augen waren auf mich gerichtet. Anders als hier, hatte ich mehr Einzelheiten zu erzählen. Ich schaute die ganze Zeit auf meine Hände.
    Als ich fertig war mit meinem Bericht, folgte dass, was ich befürchtet hatte: Stille! Niemand sagte etwas, niemand fragte nach.
    Und ich dachte nur: Klar, was ist schon meine Geschichte im Vergleich zu anderen? Ich fühlte mich so erniedrigt und hatte nur im Kopf. Klar, die Männer verstehen es nicht, sie haben ja teilweise das Gleiche getan, ohne sich schuldig zu fühlen. Und die Handvoll Frauen? Fragen sich wahrscheinlich, warum ich nicht gegangen bin und das alles zugelassen habe.
    Nachdem keine Reaktion kam, wurde die Sitzung beendet.

    "Ich bin schuld!" Da war es wieder...

    Um den Kreis zu schliessen: So ging es mir auch hier. Ich hatte wieder diese Gedanken und Gefühle!

    Ich konnte das übrigens im Nachgang in der Klinik aufklären. Ich habe ein paar Mitpatienten angesprochen und sie sagte mir, dass sie einfach sprachlos waren und sich auch fremdgeschämt haben, weil sie selbst Männer sind.

    Ups, da war ich zu schnell mit meinen Fingern!

    Knoller, ich finde es gut, wie du es kommunizierst! So bekommst du Reaktionen und wenn sie positiv ausfallen, ermutigt das auch.
    Die Idee, mit deiner Psychiaterin zu sprechen, macht auf jeden Fall Sinn, denn sie kennt dich ja wahrscheinlich schon ganz gut.

    Hallo Carl Friedrich,

    ich kenne dein soziales Umfeld nicht. Wenn du damit gut fährst, ist es doch ok.
    Ich würde mich aber deshalb nicht aus dem Fenster lehnen und deine Einstellung kritisieren.
    Das steht mir nicht zu.

    Hallo Knoller,

    Freut mich, zu lesen, das du weiterhin trocken bist.
    Das mit dem Weglassen des Kaffees ist eine gute Idee, denn auch Koffein ist Gift für den Körper.
    Das du viel schläfst, ist ok. Der Körper holt sich das, was er braucht. Und während der Trinkphasen hat man selten einen erholsamen Schlaf!
    Eine App kann hilfreich sein. Noch wichtiger finde ich den realen Kontakt zu anderen Menschen. Es ist hilfreich, mit vielen Menschen, egal ob Ärzten, Suchtberatern, Bekannten oder Freunden usw. zu kommunizieren, das man Alkoholiker ist.

    Bzgl. der Therapie möchte ich nur anmerken, dass ich auch in der Suchtreha schon wöchentliche Einzelgespräche mit einer Therapeutin hatte.
    Sie hat relativ schnell verstanden, dass meine Sucht die Spitze des Eisberges ist und sie hat mir sehr dabei geholfen, zu erkennen, wo der Weg für mich hingehen sollte.

    lg,

    Topaz

    Hallo Morgenrot,

    wenn du in diesem Bereich arbeitest, hast du ja mehr Erfahrung. Mich würde interessieren, warum dieses halbe Jahr vorgegeben wird.
    Ist es nicht sinnvoll, Menschen, die aufgrund psychischer Erkrankungen in die Sucht gefallen sind, eher zu unterstützen, um die Krankheit Sucht zu verstehen?

    lg,

    Topaz

    hallo Knoller,

    es freut mich, zu lesen, dass du einen schönen und trockenen Geburtstag hattest!
    das abends kurz der Gedanke nach Bier aufkam, ist "normal". Halte dir einfach vor Augen, dass es nicht mehr der körperliche Entzug ist, sondern das Monster in deinem Kopf spricht!
    Ich habe mein Monster visualisiert und ihm einen Namen gegeben. Das hat mir geholfen, weil ich es direkt ansprechen konnte, wenn es mich genervt hat.

    Die Aussage, dass man erst ein halbes Jahr trocken sein muss, um eine Therapie zu bekommen, hat mir gegenüber damals niemand getätigt.
    Ich habe mir von einer sehr netten Dame bei der Krankenkassenärztlichen Vereinigung eine Liste mit ansässigen und anerkannten Therapeuten schicken lassen und abtelefoniert, bevor ich in die Suchtreha ging. Da habe ich noch getrunken.

    In Berlin wird es sicherlich nicht anders sein, als in NRW. Die Wartezeiten sind lang und manche Therapeuten haben auch einen Aufnahmestopp.
    Ich habe mich bei 3 Therapeuten auf die Warteliste schreiben lassen. Das war Ende 2012.
    Nachdem ich aus der Klinik entlassen war, hatte ich 2 Termine bei Therapeuten, mit denen ich gar nicht klar kam.
    Bei der 3. hat es sich gut angefühlt und ich konnte im Juli 2013 einsteigen.
    Sie hat sich um alle gekümmert. Antrag bei der Krankenkasse usw. Bewilligt bekam ich zunächst 50 Stunden und sie hat sich noch 2x darum gekümmert, dass ich Verlängerung bekomme.

    Ich finde den Gedanken von Twizzler, alte Bekanntschaften wieder zu aktivieren auch gut!
    Eine meiner Freundinnen, die ich seit 28 Jahren kenne, habe ich nach 4 Jahren Funkstille angerufen, weil ich mich vorher nicht getraut habe! Es war so befreiend und einfach, ihr alles zu erklären!

    lg,

    Topaz

    Ein neues Leben begann. Endlich fügten sich Puzzleteile zusammen und es ging mir besser.
    Meine Wohnung wurde mein Rückzugsort. Die erste eigene Wohnung ganz für mich allein!

    Vier Jahre lang ging ich zu meiner Therapeutin. Sie hat mir unglaublich dabei geholfen, mich selbst zu finden und mein Leben in den Griff zu bekommen.
    Im Laufe der Zeit war ich zum einen in einer SHG Sucht und in einer SHG Depressionen.
    Aber meine Therapie war immer das Wichtigste.
    Die schönste Bestätigung bekam ich von meiner Therapeutin, als wir nach 4 Jahren unser Abschlußgespräch hatten.
    Sie sagte mir sinngemäß, dass sie am Anfang die Befürchtung hatte, dass ich es nicht schaffe und das ich inzwischen ihre absolute Vorzeigepatientin geworden wäre und das sie noch niemanden wie mich kennengelernt hätte.
    Ja, das hat mich unglaublich stolz gemacht.
    Ich, die normalerweise nie stolz auf eigene Leistungen war, sondern sie als selbstverständlich hingenommen hatte...

    Das war es erst einmal in Kurzform. Vieles habe ich weggelassen oder nur am Rande erwähnt. Ansonsten wäre das hier ein Roman geworden.
    Ich danke meinem Hausarzt, der nicht locker gelassen hat, meinen Mitpatienten in der Suchtreha und später in der psychosomatischen Klinik, in der ich 2015 noch 11 Wochen verbrachte, meiner Therapeutin und ganz besonders meiner geliebten Tochter, die mich nie fallen gelassen hat.

    Weitere Fragen beantworte ich gerne. Vielleicht gibt es auch einmal eine Fortsetzung darüber, wie die letzten Jahre verlaufen sind.

    Ich, dich ich trotz Sucht mein soziales und berufliches Leben im Griff hatte, traf auf einmal auf gescheiterte Existenzen.
    Der Schock war riesengroß. Wochenlang haderte ich mit mir. Fragte mich, ob ich hier richtig bin oder abbrechen soll.
    Hinzu kam erschwerend, dass ich mein Zimmer mit einer Frau teilte, die einfach nur abhing.
    Ich ließ mich auf andere Menschen ein, erfuhr Lebensgeschichten , die mir die Tränen in die Augen schießen ließen.
    Ich sah meinen Lebensweg als harmlos an, was auch ein Fehler war.
    Meine Mitpatienten, die mich über viele Monate begleitet haben, waren mein größter Halt! Ich bin ihnen auch heute noch unglaublich dankbar.

    Nach 19 Wochen Reha ging es zurück nach Hause. Es war befremdlich. Ich kam nicht klar, bekam keine Unterstützung von meinem LP. Im Gegenteil, er meinte, ich hätte eine Gehirnwäsche in der Reha bekommen!

    Konsequenz für mich: Nachdem ich im Mai 2013 aus der Reha entlassen wurde, zog ich im August in meine erste eigene Wohnung. Unterstützt durch die Nachsorgegruppe und durch meine Verhaltenstherapie, die ich begonnen hatte.

    Hallo zusammen,

    ich hoffe, es ist ok, wenn ich meine Geschichte hier poste, obwohl ich nach 5 1/2 Jahren einen Rückfall hatte.
    Es wird wohl ein längerer Beitrag werden auch wenn ich versuchen werde, mich kurz zu halten, damit niemand die Lust am Lesen verliert.
    Aber fast 55 Lebensjahre lassen sich halt nicht in ein paar Sätzen darstellen.

    Alles, was ich schreiben werde, basiert darauf, dass ich durch meine Therapie Worte und Begrifflichkeiten gefunden habe, die mir lange nicht klar waren.

    Erst in der Suchtreha habe ich erfahren, dass Depressionen und Angstzustände häufig eine Folge von Alkoholmissbrauch sind. Bei mir war es anders.
    Aber dazu später mehr.

    Aufgewachsen bin ich als Jüngste von 3 Kindern. Meine älteste Schwester ist 15 Jahre älter, als ich. Sie zog aus, als sie schwanger wurde und heiratete.
    Meine mittlere Schwester ist 2 Jahre älter als ich. Ich glaube bis heute, dass ich nur ein "Alibikind" war.
    Schon früh merkte ich, dass alle Hoffnungen auf mir lagen und hatte immer parallel das Gefühl, dass mein Vater mich nicht mochte, weil er sich einen Sohn gewünscht hatte und ich wieder nur ein Mädchen war.

    Ich lernte schnell, zu erkennen, was von mir erwartet wurde. Unbewusst, aber prägend. Immer schon achtete ich auf Schwingungen. Und tat alles dafür, die Menschen in meinem Umfeld zufrieden zu stellen.
    Ich war ein unauffälliges Kind. Zuhause wurden gute Leistungen von mir nicht honoriert, schlechte Leistungen kritisiert. Bei uns war Alkohol keine Thema. Meine Mutter war vehement dagegen, mein Vater durfte aufgrund gesundheitlicher Probleme nicht trinken.

    Erste Kontakte mit Alkohol hatte ich mit 15 Jahren. Das übliche halt. Ausprobieren, sich mal auf Feten betrinken usw. Für mich blieb es eine Nebenerscheinung. Ich wollte dazugehören, war aber viel zu sehr damit beschäftigt, darauf zu achten, gute Leistungen zu bringen und es allen recht zu machen.

    Ich fing eine Ausbildung beim Fernmeldeamt an, obwohl ich ganz andere Träume hatte. Aber mein Vater war Beamter dort und erwartete das einfach.
    Mit 19 Jahren habe ich alles hingeschmissen und bin nach Griechenland geflüchtet. Zurück kam ich nur, um meine Sachen zu regeln und wieder zurück zu gehen. Und lernte den Vater meiner Tochter kennen.

    Also blieb ich in Deutschland. Und wurde mit 21 Jahren schwanger. Was folgte, war meine erste gewalttätige Beziehung. Inklusive Vergewaltigungen. Aus der konnte ich mich noch relativ schnell befreien.

    1990 begann ich meine erste Therapie bei einer Psychologin. Aber vielleicht war ich einfach noch zu jung, um die Wichtigkeit zu erkennen. Ich brach die Therapie ab.
    Ich war alleinerziehend, kämpfte mich durchs Leben, wollte für meine Tochter da sein und uns ernähren.
    Nach aussen hin schien ich stark, niemand bekam mit, wie es mir ging. Ich wollte alles alleine schaffen, Hilfe anzunehmen erschien mir unmöglich. Denn das hätte ja bedeutet, Schwäche zu zeigen!

    1996 zog ich mit meinem damaligen Partner zusammen und mein Martyrium begann. Ich hatte im Vorfeld die Zeichen missachtet. Er war Alkoholiker und noch dazu sehr aggressiv, wenn er getrunken hatte.
    Er isolierte mich. Freunde durften mich nicht besuchen, er kontrollierte meine Telefonate, verfolgte mich.
    Als er mir zum ersten Mal die Faust ins Gesicht schlug mit den Worten:"Bevor du mich verlässt, schlage ich dich tot!", brach etwas in mir.
    Ich traute mich nicht, mich jemandem anzuvertrauen, weil ich immer den Gedanken im Kopf hatte "Du bist schuld!"
    Also fing ich an, zu trinken. Manchmal, um meinen Schmerz zu betäuben, manchmal, um ihn ruhig zu stellen, wenn er angetrunken nach Hause kam und mit mir reden wollte.

    Nach 3 endlosen Jahren habe ich den Absprung geschafft. Ich wusste, das ich nicht mehr viel Kraft habe. Ich kannte inzwischen seine Mechanismen und Vorgehensweisen. Schaffte es, mir heimlich eine Wohnung zu suchen. Als er mit einem Freund eine Woche auf Mallorca war, habe ich meine persönlichen Sachen gepackt, meine Tochter genommen und bin gegangen.
    Was folgte, waren 1 1/2 Jahre Psychoterror.
    Dazu kam, dass mein Vater 2000 starb. Vorher hatten wir noch ein sehr intensives Gespräch, in dem wir viele Missverständnisse aufgeklärt haben und ich erfahren durfte, das er mich immer geliebt hat.
    Auch das habe ich überstanden, ohne das je Alkohol bei mir zu Hause war.

    2002 bin ich mit einem Mann zusammengezogen, den ich sehr geliebt habe. Meine Tochter war inzwischen 16 Jahre alt und begann, ihren eigenen Weg zu gehen. Für mich also die Chance, endlich im Beruf vorwärts zu kommen und Karriere zu machen.
    Und so begann das "Dilemma". Verfolgt von meine Gedanken, es allen recht zu machen, überschätzte ich mich. Es wurde mir alles zu viel.
    Job, Karriere, unsere Hunde, Garten, Beziehung....
    Ich fing an, abends zu trinken, um runter zu kommen. Zuerst Wein, dann Hochprozentiges. Ich befand mich in einer Abwärtsspirale und war mir dessen total bewusst.
    Meinen Job habe ich nie vernachlässigt. Und niemand hat etwas bemerkt. Ich war perfektionistisch darin geworden, "Masken" zu allen Gelegenheiten zu tragen.
    2009 war ein schlimmes Jahr. Meine Mutter war an einer schweren Form der Demenz erkrankt. Ich rieb mich auf zwischen Job, Betreuung und Zuhause.
    Wenn mich heute jemand fragt, wie ich das geschafft habe, kann ich nicht antworten.
    Ich merkte selbst, was mit mir los war, konnte es aber nicht ändern.
    Weitere Schicksalsschläge und letztendlich der Tod meines Schwiegervaters 2012 ließen meinen Körper um Hilfe schreien.
    Am Tag der Beerdigung meines Schwiegervaters brach ich zusammen, mein Herz spielte verrückt. Ich musste wiederbelebt werden und im Krankenhaus wurde schnell die Diagnose gestellt, dass ich Alkoholikerin bin und deshalb Herzbeschwerden habe.
    Das war das 1.Mal, dass ich den Stempel "Alkoholikerin" aufgedrückt bekam. Ich schämte mich unendlich!

    Ich danke an dieser Stelle meinem resoluten Hausarzt,der gnadenlos mit mir umging! Er schrieb mich krank, stellte einen Antrag auf Suchtreha usw.!

    Januar 2013 begab ich mich in die Reha und hatte keine Vorstellung davon,was mich erwarten würde.
    Schnell merkte ich, dass es mir nicht gut ging.Ich fühlte mich unverstanden.
    Erst später durfte ich erfahren, das es auch daran lag, dass nicht erkannt wurde, dass meine Depressionen keine Folge des Konsums sind und das ich im Gegensatz zu vielen anderen Mitpatienten, noch ein soziales und strukturiertes Leben hatte.
    Wie auch immer, 2013 war der Beginn meines neuen Lebens.

    Fortsetzung folgt.
    Vielen Dank an alle, die bis hierhin gelesen haben!

    lg,

    Topaz