Beiträge von Gerd

    Zunächst Mal glaube ich, dass der offene Umgang auch ganz individuell davon abhängt, welche Erfahrungen jemand mit Stigmatisierung und Diskriminierung gemacht hat. Dazu gibt es übrigens interessante Suchergebnisse mit "Stigmatisierung Alkoholismus". Wer Interesse hat.

    Ich selbst habe nur zwei Menschen ins Boot geholt die mir besonders nahe stehen. Alle anderen geht es nichts an. Soweit mir Alkohol angeboten wird, lehne ich, wenn aufgrund des Penetranzgrades meines Gegenübers nicht anders möglich, mit Hinweis auf meine chronische Erkrankung ab. Das wird dann immer akzeptiert und nicht weiter hinterfragt.

    Ich mache mir ansonsten darüber auch keine Gedanken. Ich fühle mich gut, und habe für mich einen guten Weg eingeschlagen.

    Bei mir war es ganz eindeutig das "Hilfe annehmen" können und wollen und mir selbst einzugestehen, dass ich Alkoholiker bin. Beides ging Hand in Hand. Nach der LZT habe ich mir mit einer Vielzahl von Dingen geholfen. Die wichtigsten: meine Wohnung komplett umgeräumt und umdekoriert. Meinen Kram - Akten, Kleidung, Einrichtung, Erinnerungsstücke, Fotos...- sortiert, ausgemistet, mich darum gekümmert. Ich habe mir bewusst gemacht, was starken Einfluss auf meine Alkoholikerkarriere genommen hatte. Das waren insbesondere ein paar chronische Erkrankungen. Darum kümmere ich mich jetzt so intensiv und aktiv (!), wie ich es vorher nicht tat. Zusammenfassend: Ich habe für mich wieder ein Gefühl entwickelt, was für mich gut und richtig ist. Daraus ist eine Selbstachtung und ein neues Selbstwertgefühl entstanden. Ich bin mir selbst wieder bewusst geworden. Und immer noch auf dem Weg. Ich glaube der ist auch lang :) Das zu erhalten und zu stärken ist für mich, so glaube ich, die wichtigste Hilfe zur Selbsthilfe.

    Ich glaube, das alles wird ein bisschen viel Gewicht für deinen Rücken... Ununterbrochenes Trinken, ggf. kalter Entzug mit unabsehbaren Folgen, Selbstmordgedanken bzw. - ankündigungen. Klingt für mich nach 112 + Erwähnung Selbstmordgedanken. Zusammen mit RTW kommt dann i.d.R. auch Polizei. Das könnte dann auch mit der Einweisung funktionieren. Auf keinen Fall solltest du es dir völlig alleine aufbürden, was hier gerade alles passiert. Drücke die Daumen!

    Bei mir war es so, dass plötzlich der Leidensdruck dem Saufdruck gleichwertig entsprach. Das war mein Tiefpunkt. Ab da brauchte und wollte ich wirklich Hilfe und konnte sie auch aufrichtig mit einem Ziel vor Augen in Anspruch nehmen. Und trockener Alkoholiker aus Überzeugung wurde ich dadurch, dass ich mein persönlich erlebtes Leid, im positiven Sinn, jetzt über den Alkohol stelle. Kopfsache und extrem individuell.