Beiträge von unbezwinglich

    Ich wollte als Kind auch nie reden, da ich mir nicht die Verantwortung (für die Konsequenzen) habe zuschieben lassen wollen. Die Verantwortung liegt einzig und allein beim gesunden Elternteil und von Vorteil ist, dass er/sie die Konsequenzen, die er/sie zieht, selbst gestalten kann. Ist der Schluss erst gefasst, ist man dem Alkoholismus des Betroffenen nicht mehr ausgeliefert.

    Meiner Verantwortung für mich selbst bin ich letztendlich erst nachgekommen, als ich weit weg zog. Da verschob sich dann auch etwas in meinem Denken. Was blieb, ist die Erinnerung an eine akute Ohnmacht, die ich als Kind erfahren habe, die mir aber auch vorgelebt wurde.

    Siris Empfehlung oder zumindest die Internetpräsenz sieht ziemlich vielversprechend aus, einen Versuch ist es wert?

    Was, wenn das exakt das ist, was dein Mann sich sagt, wenn Es darum geht, Gründe zu finden, warum es nicht möglich ist mit dem Trinken aufzuhören? In irgendeinem Profil steht ein Spruch, den ich wirklich sehr schätze: Wer will, findet Wege - wer nicht will Gründe … ich bin sehr sicher, die Kraft kommt zurück, wenn Du nicht mehr mit so schwerem Gepäck unterwegs bist.

    Der ist von Hartmut, ich persönlich hab ihn mir hinter die Ohren geschrieben.

    Ich wage zu behaupten: Die Kraft fehlt dir nicht, du wendest sie nur für falsche Zwecke auf, nicht für dich.

    Hi Steffi,

    Zitat

    Nun da hast du recht , jedoch habe ich aus beruflichen Gründen nicht die Möglichkeit dazu. Weiter kann ich das leider nicht ausführen. Ich kann kein Therapie machen da es mich sonst meinen Job kosten könnte.

    der Psychotherapeut bescheinigt in meinem Umfeld angehenden Lehrern auch auf Bitten eine Anpassungsstörung als Diagnose, damit es da später keine Probleme gibt.

    Ich wäre so gerne wieder glücklich und hätte Freude am Leben. Er hat mir alles genommen. Ich bin nur noch eine Hülle die funktioniert und das Rad am laufen hält. Ich habe keine Freunde (viele haben sich abgewendet). Sonntags unternehme ich oft alleine (eigentlich immer) etwas und sehe diese ganzen happy Familys, während ich alleine dort gehe. Ich frage mich oft warum ich das verdient habe.

    Aus deinem Vorstellungsposting. Er will trinken, du willst glücklich sein, und genau einer von beiden bekommt das, was er will.

    Du willst dich versöhnen? Du bist doch schon allein; im Gegenteil, es wirkt, du wärst ohne ihn weniger allein..

    Liebe Luise,

    ich war auch lange der Gefühlsmülleimer (sehr gutes Wort!) für meinen Vater, ehe ich mich entschied, mir den Schuh nicht mehr anzuziehen und seitdem reden wir nicht mehr miteinander. Der Riss ging schon lange vorher durch die Familie, mit Schwester und Mutter und meinem Vater und mir auf der anderen Seite und er konnte sein "kleines Alkoholproblem" immer wunderbar relativieren, weil meine Schwester krank war.

    Dass du so pflichtbewusst bist, ist dir sehr hoch anzurechnen, aber es scheint auch so, als bietet es Angriffsfläche für emotionale Erpressung und du hast auch eine Verantwortung dir gegenüber, nämlich darauf zu achten, was so eine miese Masche mit dir macht und offensichtlich bist du ohnehin schon verwundbar. Hast du Unterstützung durch Therapie, sofern ich dir mit der Frage nicht zu nahe trete?

    Dass du versuchst ihm zu helfen, ist zutiefst nachvollziehbar aber das kannst du nicht. Das hab ich jahrelang und doch wurde es nicht besser, eher schlimmer mit ihm, weil es ihn in die Enge trieb. Er muss aufhören wollen, von sich aus, und wenn er nicht wahrnehmen will oder kann, wie es dich mitnimmt, dann musst du dich auch schützen.

    Die Entscheidung, dich zurückzuziehen, kann dir keiner abnehmen; aber es kann doch nur zeitweilig sein. Ich weiß, dass es meinen Vater zumindest etwas nachdenklich gestimmt hat, dass ich mich emotional so distanziere.

    Alles Liebe. Du darfst wirklich auch an dich denken und finden, dass dir der Kontakt derzeit nicht gut tut.

    Hallo Cd,

    bin jetzt ungefähr so alt wie du und habe mich von meiner Schwester (nicht wie mein Vater alkohol-, aber auch krank) ganz früh genauso abgegrenzt.

    Als ich 13 war, hatten wir einen riesigen Streit, nach welchem sie weglief und erstmal nicht auffindbar war. In ihrer Wut sagte mir meine Mutter dann, dass ich schuld sei, wenn sie sich jetzt das Leben nähme. Das tat meine Schwester dann viele Jahre später. Und jetzt gibt es einfach zu viele Sachen, die ich ihr noch gerne gesagt hätte, und jedes Wort wäre das Gegenteil von dem, was ich ihr manchmal an den Kopf geworfen hatte, wenn es mir einfach zu viel wurde.

    Aber das ist doch der Punkt, nicht? Der Verlust macht doch all deine alten Gefühle nicht ungeschehen und delegitimiert sie auch nicht - du hast zu jedem Zeitpunkt das Recht gehabt, zu fühlen, vor allem als Kind und Jugendlicher. Die Schuldgefühle sind immer noch da, und wegen meines Vaters werden neue dazukommen - ich glaube, wir können mit ihnen nur leben lernen, wenn wir sie erst einmal akzeptieren.

    Jemanden gegen seinen Willen einweisen zu lassen ist schwierig, die Hürden sind hoch. Oft sind die Leute früh wieder draußen, weil es so wenig Plätze gibt.

    Es muss Schluss sein damit, von dir zu erwarten, auf einem Drahtseil über Lava mit Dynamitstangen zu jonglieren, das musst und kannst du auch gar nicht stemmen. Du gehst dann auch kaputt, und dein Kind gleich mit, und deine Tochter ist abhängig von dir und hat auch keine Wahl. Die hast nur du, und sie wird nicht leichter werden mit der Zeit, nur schwerer. Es tut mir sehr leid für euch.

    Erstmals aufgefallen ist so eine ähnliche Zwickmühle an Krebspatienten, wenn ich meine Mutter zu ihrer Behandlung begleitet hab. Viele sind sehr verschlossen und irgendwo auch eigen, wenn sich die Gelegenheit bietet, Erfahrungen miteinander zu teilen. Meine Mutter versteht das vollkommen, ich wiederum nicht so ganz. Ich glaube, man muss wirklich jeweils drinstecken.

    Hallo Aurora,

    vielen Dank für deine lieben Worte, durch die nun doch ein paar Tränen kommen.

    Meine Mutter ist derzeit noch nicht bereit, sich Hilfe zu suchen, da sie nach vielen Jahren ohne Beruf keinen Ausweg sieht und finanziell abhängig ist (Vater ist Angestellter bei der Stadt). Sie war früher wirklich die unbesiegbare Macherin, bis der Tod meiner Schwester (überspitzt formuliert) sie "gebrochen" hat und sie dann wie auf "Knopfdruck" Krebs bekam. Die Probleme mit meinem Vater waren immer da, sind aber hinter der Krankheit meiner Schwester zurückgetreten. Ich versuche zu verstehen: Ich habe den Eindruck, als könnte mein Vater es meiner Mutter nicht verzeihen, dass sie Krebs bekommen hat. Das ist doch krank!

    Und du hast Recht, ein Zustand ist das nicht. Zum Glück haben meine Eltern ein Haus, sodass wir uns aus dem Weg gehen so gut es geht. Da ich die Behandlungsmöglichkeiten für meine Autoimmunerkrankung an meinem Wohnort schnell ausgeschöpft habe, kann ich hier nicht so schnell weg und hoffe eigentlich nur, dass die Medikamente bald anschlagen oder sie operieren. Ich habe sicher mit meiner Frustration zu dem Unglück beigetragen, früher habe ich doch auch und sehr gut funktioniert.

    Aber wenn wir eines können, ist funktionieren: Weil mein Vater im letzten Herbst betrunken meine Mutter gegen ein Treppengeländer geworfen hat, sind wir vorsichtig und meine Mutter hat wirklich Angst, dass er sie oder mich umbringt. Das war dann der Punkt, an dem meine Mutter und ich "zumachten" und uns dazu entschlossen, mit ihm nicht mehr zu reden. Jetzt trinkt er heimlich aus seinen (schlechten) Verstecken im Keller. Die Caritas und ProFamilia sind mir aus der Zeit mit meiner Schwester noch bekannt; ich mache mich mal daran, da ich derzeit eh nur von Praxis zu Klinik und zurück zuckel.

    Was mich fertigmacht: Ich verstehe einfach nicht, wie egal es meinem Vater ist, wie es meiner Mutter damit geht. Ist das vielleicht auch nur der Alkohol? Ihr erster Mann und Vater meiner Schwester war sicherlich Alkoholiker, da hat sie sich aber sofort in einer Nacht- und Nebelaktion getrennt, als er die Wohnung demoliert hat. Und meine Schwester hat auch in ihren Rückfällen versucht, die Ehe meiner Eltern auseinanderzubringen und meine Mutter bekniet, sie möge ihn verlassen. Wie gern würde ich meiner Schwester jetzt sagen, wie Recht sie hatte, ich war doch echt ein dummes Huhn..

    Da es nun schon wieder so ein Roman geworden ist, würde ich mich gern freischalten lassen, denke ich. Meine Familie ist schon seit ein paar Jahren isoliert und so eine niedrigschwellige Möglichkeit zum Austausch halte ich auf jeden Fall für eine gute Idee, wenn auch nur als ersten Schritt. Vielleicht macht meine Mutter dann auch mal mit, um sie geht es ja. Sie hat was Besseres verdient, wie eigentlich alle in ihrer Situation.

    Euch einen guten Wochenstart und viele Grüße

    unbezwinglich

    Hallo,

    mit meinem Latein mag ich am Ende sein, aber dann fluche ich eben! Nicht über euch, vielmehr über mich, so spät auf diese Idee gekommen zu sein, ein Forum aufzusuchen! Auf den Austausch hier freu ich mich.

    Mein heimlich trinkender Vater, 60 ist im Begriff, stark abzubauen und "austherapiert". Selbst schwerkrank ist meine Mutter kurz davor, alles dranzugeben. Wir als Familie haben mehr schlecht als recht alles überstanden, darunter den Suizid meiner ebenfalls früh krank gewordenen älteren Halbschwester. Ich selbst lebe derzeit bei den Eltern, weil ich in ärztlicher Behandlung bin. Mein Vater frisst und säuft und fängt an zu brüllen, wenn man ihn nur anspricht.

    Handgreiflich ist er selten geworden, aber einmal dann auch in einer handfesten Schlägerei gegen meine Schwester. Ich bin 25 und im Studium (beurlaubt), aber besorgt um meine Mutter. Finanziell kann sie es sich einfach nicht leisten, sich zu trennen, weshalb ich in die Runde fragen möchte, wie sie sich emotional distanzieren kann? Es zerreißt sie schier.

    Euch allen alles Gute und liebe Grüße aus dem hohen Norden,

    unbezwinglich