Beiträge von Bebe88

    Guten Morgen,

    Eine sehr spannende Frage, die mich auch schon seit Wochen beschäftigt.

    Ich habe mittlerweile auch gelernt, dass es auf die Beziehung zu dem Alkoholiker ankommt. Meine Mutter als Ehefrau reagiert ganz anders und für sie ist „fallen lassen“ weniger stark ausgeprägt, als bei mir als Tochter. Jeder Weg muss individuell sein und das ist völlig ok! Ich denke jeder muss für sich selbst entscheiden, wie weit die Distanz sein muss, um sich gut zu fühlen. Denn nur so hilft man sich selbst und damit auch ein bisschen dem Alkoholiker.

    Liebe Grüße!

    Hallo zusammen,

    Mein Name ist Elisabeth, ich bin 33 Jahre alt, verheiratet und Mutter von einem kleinen Jungen.

    Ich lebe mit meiner Familie und meinen Eltern in einem Mehrgenerationenhaus und viele Jahre war dies auch eine tolle Zeit - nur leider sieht die Welt nun doch anders aus, als gedacht.

    Aber ich starte lieber einmal von vorne 😉

    Mein Vater ist alkoholkrank und seit dem ich Denken kann, belastet dieses Thema mich und unsere Familie. Mein Vater ist ein sogenannter Spiegeltrinker. Es gab nie extreme Abstürze, außer vielleicht mal auf Familienfeiern, aber eher einen regelmäßigen Konsum am Abend nach der Arbeit oder am Wochenende auch gerne tagsüber. Wein war durch seine schwäbische Herkunft hier das Mittel der Wahl, denn ein gutes Viertele wird hier nie ausgeschlagen.

    Lange habe ich das als Kind nicht wirklich war genommen und als ich 10 Jahre alt wurde, merkte ich immer mehr die Spannungen zwischen meinen Eltern, das komische Verhalten meines Vaters und auch meine Verhaltensmuster dazu.

    Nun viele Jahre später kann ich sagen, dass sich hier bereits eine stark ausgeprägte Co-Abhängigkeit bei mir entwickelt hat.

    Viele Jahre vergingen so, meine Eltern lebten nebeneinander her und die ganze Familie versuchte einen auf heile Welt zu machen.

    Ich zog aus, studierte und lernte meinen jetzigen Mann kennen. In dieser Zeit verlor mein Vater seinen Job mit Mitte 50 und wurde Frührentner. Auf einmal waren die Alkoholprobleme meines Vaters omnipräsent und nicht mehr kleinzureden.

    Meine Mutter und ich wagten den Schritt der Klärung und sprachen einige Dinge an. Uns wurde viel bewusst und wir bekamen durch einen befreundeten Hausarzt gute Unterstützung. Somit zogen wir uns von meinen Vater zurück und er „begriff“, dass es so nicht weiter gehen konnte. Er wolle laut seiner Aussage, seine Familie nicht verlieren und machte damals eigenständig einen kalten Entzug. Natürlich, während wir ihn besuchten, da er uns ja „brauchte“. *Dies sind Dinge, die man als Kind eigentlich nicht erleben möchte*

    Lange Rede kurzer Sinn, er „bekam“ die Probleme recht schnell in den Griff, wirkte wie ausgewechselt und wir alle dachten „ wow, wie toll wir das als Familie geschafft haben“.

    Da nun alles so toll wieder lief in nächsten Monaten, beschlossen wir ein Mehrfamilienhaus zusammen mit meinen Eltern zu bauen. Alles wirkte toll, mein Vater lebte nach außen den trockenen Alkoholiker und alles schien perfekt…

    Dann kam die Corona-Zeit und plötzlich drehte sich alles. Durch einen dummen Zufall, kam heraus, dass mein Vater nie aufgehört hat zu trinken und immer heimlich trank, da laut seiner Aussage „ein Glas Wein am Abend einfach dazu gehörte“.

    Natürlich war der Schock riesig und die Wut unerträglich und was noch schlimmer war, die Co-Abhängigkeit bei meiner Mutter und mir war sofort wieder da. Wir redeten uns ein es sei nicht so schlimm und verdrängten das ganze.

    Vor einem halben Jahr veränderte sich sein Gesundheitszustand und man merkte ihm körperlich immer mehr die Auswirkungen des Alkoholkonsums an. Vor einigen Wochen eskalierte die Situation so, dass Nachbarn uns ansprachen, was denn bei uns los sei, denn mein Vater wurde beim heimlich trinken erwischt, dabei sei er doch ein trockener Alkoholiker.

    Seit dem sind einige unschöne Gespräche mit meinem Vater vorgefallen. Es geht ihm körperlich sehr schlecht, meiner Meinung nach, ist seine Leber bereits stark angeschlagen, jedoch möchte er keine Hilfe, denn ihm gehe es ja gut.

    Wir, bzw. Ich konnte mich nun zwar aus dieser Co-Abhängigkeit ein großes Stück weit lösen, jedoch merke ich, wie sehr ich mein ganzes Leben unter dieser Situation gelitten habe und welche Wunden hier entstanden sind.

    Im Moment habe ich erst einmal eine Distanz zu meinem Vater geschaffen, so gut dies in einem Mehrfamilienhaus geht, und bin dann auf dieses Forum gestoßen.

    In vielen Beiträgen habe ich meine Gefühlswelt und meine Erlebnisse gesehen und wünsche mir sehr einen Austausch, um etwas Klarheit in meine Wut, Trauer und vieles mehr zu bekommen.

    Ich kann auch noch nicht wirklich sagen, welche Art von Hilfe ich mir hier erwarte, denn ich bin im

    Moment noch in einer Findungsphase. Die Wut über all das erlebte ist im Moment noch so groß, dass es alles überlagert. Schlimme Gedanken, die man eigentlich als Tochter nicht haben sollte, sind gerade stetig in meinem Kopf. Mir ist bewusst, dass mein Vater krank ist und es hier wahrscheinlich keine Genesung mehr geben wird, weil er es auch nicht will, aber im Moment hadere ich sehr mit dem warum und wann ist es endlich vorbei….

    Es tut mir leid, dass es nun doch so ein langer Beitrag wurde und ich freue mich sehr über den Austausch hier.