Beiträge von 9Leben

    Hallo Linde,

    danke für das Mitgefühl.

    ich weiß es nicht mehr genau. In meiner Erinnerung ist das Forum, in dem ich unter einem anderen Nick geschrieben hatte, namentlich als "Forum-Alkoholiker.de" abgespeichert, und das Design des Aufbaus war natürlich auch noch ein anderes. Aber vermutlich bin ich jetzt dahin zurück, wo ich schon einmal eine Zeit lang war. Von damals ist mir die Schilderung einer Frau mit Kindern in Erinnerung, die ihren Trennungsprozess beschrieben hatte. Ich war total beeindruckt und hatte mir damals gedacht, ok, wenn mir der Leidensdruck zu groß wird, dann hangele ich mich an dieser Schilderung entlang, um auch erfolgreich abspringen zu können.

    Nun schlagen aber zwei Seelen in meiner Brust, wenn man so will: einerseits habe ich keine Probleme "Nein" zu sagen bei Dingen, die ich partout nicht will. Andererseits bin ich sehr genügsam.

    Bezüglich der Alkoholkrankheit meines Mannes habe ich auch das Bauchgefühl nie richtig zum Verstand in Übereinstimmung bekommen. Bauch: "Du liebst ihn und er Dich doch auch, er liegt schon so am Boden, da trittst Du doch nicht auch noch drauf!" Verstand: "Setz ihn vor die Tür - Liebe ist nicht Lust an Belastung und Leid."

    So ist es dann gelaufen, wie es gelaufen ist. Zusammengeblieben und dabei unterschiedliche Wege gegangen. Ich träume noch immer manchmal von ihm. Im Traum begegnet er mir immer fröhlich und zufrieden, zugewandt und an meiner Seite gehend oder mir gegenüber stehend.

    Wegen seiner Krankheit hatte er zuletzt Krampfadern in der Speiseröhre. EInmal ist eine zuhause aufgeplatzt. Plötzlich erbrach er schwallartig Blut. Als ich gesagt hatte, ich rufe jetzt 112, sagte er "Warte!" Habe ich natürlich nicht gemacht. Bis die endlich kamen, hatte er noch zwei Schwälle erbrochen, und sie hatten auch Mühe, ihn transportfähig zu bekommen. Einmal war er kurz komplett weg. Sie haben ihn aber zurückgeholt.

    Im Krankenhaus haben sie ihn dann nochmal hinbekommen. Danach hat er dann tatsächlich mal eine stationäre Reha zur Entwöhnung durchlaufen. Die aber nicht lang gehalten hatte. Nach seinem Krankenhausaufenthalt zum Veröden/Verschließen der Varizen hatte er mir erzählt, er habe das Paradies schon gesehen. Ich vermute, dort wollte er wieder hin. Denn im Rückfall nach der Reha ist er steckengeblieben, unterbrochen von noch drei Entgiftungen ohne weitere Anschlussbehandlung. Mir hatte er zuletzt mehrfach gesagt: "Ich liebe mich selber nicht."

    So sehr ich ihn als Mensch, der er vor der vollen Ausprägung seiner Alkoholkrankheit mal war, vermisse, so bin ich andererseits froh, dass seine Qual und die leidvolle Erfahrung für uns als Angehörige vorbei sind.

    Was mich noch sehr beschäftigt, ist die Frage, die niemand wird beantworten können: Hat das fortgesetzte Zusammenleben mit meinem Mann und seiner Krankheit unseren Kindern (Söhnen) mehr geschadet als es eine Scheidung im frühen Kindesalter getan hätte?

    Ich hoffe, dass sie trotz allem in sich einen gesunden Selbstwert bzw. ein gesundes Selbstbewusstsein entwickelt haben. Es scheint zum Glück so, soweit ich das als nahestehendes Familienmitglied überhaupt beurteilen kann.

    Hallo an Euch alle,

    nachdem ich ein paar Tage hier still mitgelesen habe, habe ich mich nun auch zum mitschreiben entschieden.

    Warum habe ich ausgerechnet an diesem Forum Interesse?

    Erstmal erinnert es mich an ein vor x Jahren mal genutztes anderes Forum, das es wohl nicht mehr gibt oder in diesem durch einige Benutzer "weiterlebt"?!

    Ich bin als nicht trinkende Angehörige - wahrscheinlich würde man es als "Co" definieren- betroffen...gewesen. Mein Mann war alkoholabhängig und ist vor gut einem Jahr an seiner Krankheit gestorben.

    Aktiv möchte ich am Forum deswegen teilnehmen, weil ich merke, dass ich für mich einiges zu reflektieren habe, um mich für die Zukunft bzw. den Rest meines Lebens anders aufstellen zu können. Mein Mann und ich haben zwei erwachsene Söhne, die beide schon berufstätig sind, aber aus Kostengründen und aktuellem Wohnraummangel noch bei mir wohnen.

    Mein Mann hat im Lauf seiner Krankheit einige Versuche unternommen, um die Abhängigkeitserkrankung zum Stillstand zu bringen. Aber letztlich alles eher vom Wunsch beseelt, wieder dahin zurückzukommen, die Steuerungsfähigkeit über seinen Alkoholkonsum zurückzugewinnen.

    Mein Handeln war von dem Wunsch beseelt, dass mein Mann sich des Problems bewusst wird und spürt, dass Alkohol mehr schadet als nützt und aus dieser Erkenntnis dann dauerhaft vom Alkohol lässt und wir den Teufel so aus unserer Familie wieder herausbekommen.

    Wir lagen jeder auf seine Weise völlig falsch.

    Meinen Mann habe ich geliebt, die Alkoholkrankheit verflucht. Es ist unbeschreiblich, wie sie nicht nur den Körper, sondern die Psyche des Menschen bis zur Unkenntlichkeit dekonstruiert. Es zeigen sich phasenweise nur noch Reste der Person.

    So schade es um den verlorenen Menschen ist, so erleichternd ist andererseits, dass die furchtbaren Erscheinungsbilder der Alkoholkrankheit damit auch vorbei sind.

    Auf einen guten Austausch!

    Viele Grüße

    9Leben