Hallo Linde,
danke für das Mitgefühl.
ich weiß es nicht mehr genau. In meiner Erinnerung ist das Forum, in dem ich unter einem anderen Nick geschrieben hatte, namentlich als "Forum-Alkoholiker.de" abgespeichert, und das Design des Aufbaus war natürlich auch noch ein anderes. Aber vermutlich bin ich jetzt dahin zurück, wo ich schon einmal eine Zeit lang war. Von damals ist mir die Schilderung einer Frau mit Kindern in Erinnerung, die ihren Trennungsprozess beschrieben hatte. Ich war total beeindruckt und hatte mir damals gedacht, ok, wenn mir der Leidensdruck zu groß wird, dann hangele ich mich an dieser Schilderung entlang, um auch erfolgreich abspringen zu können.
Nun schlagen aber zwei Seelen in meiner Brust, wenn man so will: einerseits habe ich keine Probleme "Nein" zu sagen bei Dingen, die ich partout nicht will. Andererseits bin ich sehr genügsam.
Bezüglich der Alkoholkrankheit meines Mannes habe ich auch das Bauchgefühl nie richtig zum Verstand in Übereinstimmung bekommen. Bauch: "Du liebst ihn und er Dich doch auch, er liegt schon so am Boden, da trittst Du doch nicht auch noch drauf!" Verstand: "Setz ihn vor die Tür - Liebe ist nicht Lust an Belastung und Leid."
So ist es dann gelaufen, wie es gelaufen ist. Zusammengeblieben und dabei unterschiedliche Wege gegangen. Ich träume noch immer manchmal von ihm. Im Traum begegnet er mir immer fröhlich und zufrieden, zugewandt und an meiner Seite gehend oder mir gegenüber stehend.
Wegen seiner Krankheit hatte er zuletzt Krampfadern in der Speiseröhre. EInmal ist eine zuhause aufgeplatzt. Plötzlich erbrach er schwallartig Blut. Als ich gesagt hatte, ich rufe jetzt 112, sagte er "Warte!" Habe ich natürlich nicht gemacht. Bis die endlich kamen, hatte er noch zwei Schwälle erbrochen, und sie hatten auch Mühe, ihn transportfähig zu bekommen. Einmal war er kurz komplett weg. Sie haben ihn aber zurückgeholt.
Im Krankenhaus haben sie ihn dann nochmal hinbekommen. Danach hat er dann tatsächlich mal eine stationäre Reha zur Entwöhnung durchlaufen. Die aber nicht lang gehalten hatte. Nach seinem Krankenhausaufenthalt zum Veröden/Verschließen der Varizen hatte er mir erzählt, er habe das Paradies schon gesehen. Ich vermute, dort wollte er wieder hin. Denn im Rückfall nach der Reha ist er steckengeblieben, unterbrochen von noch drei Entgiftungen ohne weitere Anschlussbehandlung. Mir hatte er zuletzt mehrfach gesagt: "Ich liebe mich selber nicht."
So sehr ich ihn als Mensch, der er vor der vollen Ausprägung seiner Alkoholkrankheit mal war, vermisse, so bin ich andererseits froh, dass seine Qual und die leidvolle Erfahrung für uns als Angehörige vorbei sind.
Was mich noch sehr beschäftigt, ist die Frage, die niemand wird beantworten können: Hat das fortgesetzte Zusammenleben mit meinem Mann und seiner Krankheit unseren Kindern (Söhnen) mehr geschadet als es eine Scheidung im frühen Kindesalter getan hätte?
Ich hoffe, dass sie trotz allem in sich einen gesunden Selbstwert bzw. ein gesundes Selbstbewusstsein entwickelt haben. Es scheint zum Glück so, soweit ich das als nahestehendes Familienmitglied überhaupt beurteilen kann.