Hallo zusammen,
nach längerer Zeit melde ich mich nochmal. Kontakt zu meinem Vater besteht weiterhin nicht, ich hatte ihn vor drei Jahren überall blockiert, mir geht es aber nicht immer gut damit. Sorgen und die Ungewissheit plagen mich mal mehr mal weniger. Einzig meine Oma kümmert sich mit ihren 80 Jahren noch immer um ihn - bis auch sie immer wieder vor den Kopf gestoßen oder beschimpft wird. Leider gestaltet sich dadurch auch mein Kontakt zur Oma schwierig, eine Zeitlang wurden mir wie eingangs schon geschrieben Schuldgefühle eingetrichtert. Ich rufe selten an, um dies zu vermeiden und auch Informationen und "Neuigkeiten" zum Wohlergehen meines Vaters auf ein Minimum zu reduzieren.
Vor einigen Wochen wurde mir in einem dieser Telefonate berichtet, dass Wasser im Bauch meines Vaters abgepumpt wurde. Wundern tut es mich nicht nach dem jahrelang anhaltenden Alkoholkonsum. Weitere Nachfragen meinerseits gab es hierzu nicht, weil es mich jedes Mal psychisch so enorm mitnimmt und ich mich einfach nicht weiter in dieses Thema hineinbegeben möchte. Natürlich kochen dabei aber immer wieder Schuldgefühle, schlechtes Gewissen und auch Sorgen hoch. Aber auch dieses "hart sein müssen" und nach außen hin wirkende Emotionslosigkeit machen mir immer wieder zu schaffen - obwohl ich weiß, dass ich für mich selbst so hart bleiben muss um mich zu schützen und es mich innerlich emotional eigentlich sehr mitnimmt.
Jetzt im neuesten Telefonat habe ich erfahren, dass mein Vater im Krankenhaus liegt und Zitat "man nicht sagen kann wie lange er noch lebt". Bei mir sind natürlich sofort alle Panik und Angstgefühle von früher wieder hochgeschossen. Dass er durch den Alkohol irgendwann stirbt ist mir rational bewusst, dass es jetzt aber Wirklichkeit wird nimmt mich aber trotzdem mit und seitdem geht es mir gar nicht mehr gut. Mehr weiß ich zu seinen Zustand nicht, ich kann und möchte nicht nachfragen. Meine Tante hat mich nur versucht zu beruhigen, dass es etwas weniger dramatisch sei als das o.g. Zitat er vermute lässt (z.B. war es jetzt kein Notfall, sondern er wurde von meiner Oma ins Krankenhaus "gezwungen").
Hinzu kommt, dass ich in knapp einer Woche heiraten werde. Mein Vater war nie eingeladen, er kennt nicht mal den Mann den ich heiraten werde. Leider wird aber so der Tag, auf den ich schon so lange warte und dem ich eigentlich mit Vorfreude begegnen sollte gerade von den Entwicklungen überschattet. Ein Horrorszenario (von den vielen in meinen Gedanken) wird gerade wahr. Die gesamte Situation zerreißt mich innerlich und ich habe kaum noch Appetit und kann nicht schlafen. Ich fühle mich so egoistisch, wie kann es mir gut gehen, während es ihm so richtig schlecht geht? Was ist wenn er stirbt, wovor ich mich immer gefürchtet hatte, und dann noch ausgerechnet jetzt? Mich zerreißt auch einerseits die Ungewissheit, aber andererseits kann und will ich auch nicht mehr wissen, weil ich es (gefühlt) einfach nicht ertragen könnte.
Danke an jeden, der sich das bis hierhin durchließt.
Melli