hallo zusammen,
nun schreibe ich wieder mitten in der nacht, aber ich kann mal wieder nicht schlafen. heute war ein sehr schlimmer tag. schon am frühen morgen traf mich eine hiobsbotschaft bis ins mark. ein alter schuldfreund von mir rief mich an und wollte die telefonnummer meiner ma haben. auf die von mir etwas verwundert gestellte frage warum, sagte er, dass seine mutter vor ein paar stunden gestorben sei. die mutter ist eine gute freundin meiner mutter und ich war sehr schockiert. sie ist knapp 50 jahre alt geworden und an einem blutgerinsel im kopf verstorben. vielleicht fragt ihr euch jetzt warum ich das erzähle und fragt euch ebenfalls, ob das hier was zu suchen hat, aber ich finde schon, denn es kamen gedanken auf, die im grunde nicht mehr schön waren...
wieso musste diese frau sterben und nicht g. , die ihr leben wie ein stück dreck wegwirft. ich finde es irgendwie ungerecht und habe gleichzeitig auch schreckliche gewissensbisse weil ich so denke. ich bin kein schlechter mensch und wünsche wirklich niemanden den tod, das auf gar keinen fall, aber ich frage mich das trotzdem.
nachdem g. heute mittag verschwunden war, hat sich die tochter erneut zur polizei begeben und wollte, dass diese g. suchen. da es sich aber "nur" (laut polizei) um einen alkoholiker handelte, wollte die polizei nichts unternehmen, also sagte die tochter g. sei extrem geistig verwirrt und schon wurde nachgeforscht.
es kam heraus, dass sie aus einer klinik entlassen wurde, in der sich unter anderem räume befinden, die nur aus kacheln, einem silo in der mitte des raumes und einer matratze bestehen. dort steckt man ganz schwierige fälle rein, die sich selbst anpischern oder vollkoten, sodass man zur reinigung des raumes nur noch mit einem großen schlauch schnell alles wegspülen kann. dort war sie und wurde dann entlassen.
laut polizei hat sie sich dann ein taxi richtung wohnung genommen. die tochter fuhr bei ihr rum, aber g. war nicht in ihrer wohnung vorzufinden. es kann aber gut sein, dass sie gerade wieder auf alkfang war.
das nächtliche auftreten g.'s vor nun vier tagen, hat meinen vater völlig aus der bahn geworfen. ich habe das schon bemerkt wie er wieder vor gedankenmacherei ganz verrückt wurde und heute ist der zusammenbruch erfolgt. ich saß oben bei mir im zimmer, las ein wenig, er kam rein und fragte mich, ob ihr im forum einen tipp habt wie man loslassen kann. (ich habe meinem dad erzählt, dass ich angefangen habe hier alles zu schildern) daraufhin fing er schrecklich an zu weinen und meinte, dass er nicht mehr könne. er muss immer an g. denken, wie sie da in ihrer wohnung liegt und krepiert. er findet das so schrecklich, hatte ja auch gute zeiten mit ihr und er habe absolut keine kraft mehr. er verspürt eine leere in sich wie noch nie, ist mutlos geworden. er sackte zusammen und lag gekrümmt auf meinem schoß, wie ein kleines baby und hat auch ebenso stark geweint. ich kann euch nicht sagen wie es ist, wenn man ein elternteil so verzweifelt sieht. ich fing dann auch noch zu heulen an und sagte ihm erstmal wie stark er doch sei, dass er g. ein paar tage zuvor nicht reingelassen habe. ich habe versucht ihm mut zu machen und auch versucht ihn aufzubauen, aber ich bin da ja im grunde gar nicht so fähig zu. ich machte den vorschlag ihn nächste woche zu einer shg zu schleppen und egal was passiert wir dahin gehen, denn ich habe keinen bock, dass er wegen g. drauf geht. mein vater hat die totale angst zu ner shg für co-abhängige zu gehen. angst vor nem seelenstriptease, aber ich sagte ihm, dass die ihm dort ja nichts böses wollen und es anfangs vielleicht nicht so leicht, dann aber immer besser werden würde.
"ich will unbedingt von ihr weg", das sagte er mir heute mehrmals und mir ist egal, was er nächste woche sagt, ich gehe da auf jeden fall mit ihm hin.
mein vater braucht auch immer einen tritt in den hintern weil er einfach unfähig ist in dieser sache zu handeln.
ich weiß nicht wie ich meine gefühle beschreiben soll. ich verspüre wut auf g. dass sie so viele menschen mit ins verderben zieht und ihr leben so wegwirft. wirkliche wut. mich kotzt das einfach nur noch an, denn alle welt macht sich gedanken um einen menschen, der überhaupt nicht gewillt ist mit dem saufen aufzuhören. ich bin emotional auch sehr betroffen, nur habe ich irgendwie (fragt mich nicht wie) eine gewisse distanz zu g. gefunden und das gott sei dank. nur sehe ich halt wie sehr mein vater leidet, sich selbst dann abends wein reinschüttet um schlafen zu können und das bringt mich einfach schon wieder zum heulen. ich möchte einfach nur noch, dass alles aufhört, denn das ist ein leid, das unvorstellbar ist.
ich denke immer, dass ich noch ganz gut reagiere und relativ standhaft bin, aber heute zum beispiel habe ich bemerkt, dass ich oft stark sein muss-gerade für meinen vater- und ich schaffe das irgendwie nicht. ich weiß, ich bin diejenige, die jetzt auch einen gewissen einfluß auf meinen dad hat und ich weiß auch, dass er mit mir zu ner shg gehen wird und gerade deswegen bleibe ich auch stark.
ich habe den ganzen alkmist von g. erst 1 1/2 jahre miterlebt, mein vater und ihre tochter jahrelang. aber was ich erlebt habe, habe ich euch schon berichtet und das langt mir. ich bin ja auch quasi im endstadium dazu gestoßen, in die krasseste phase g.'s überhaupt. es geht um leben und tod.
ich möchte einfach nur, dass mein vater wieder lebensfreude verspürt und sich endgültig geistig von g. lösen kann. er geht sonst ebenso drauf und kaputt, er ist jetzt einfach nur noch fertig. meine ma ist dazu auch fertig weil ja ihre freundin gestorben ist und ich frage mich echt in was ich da nur reingeraten bin, aber sowas kann man ja leider nicht beeinflussen.
ich hoffe so sehr, dass mein vater ein anderes bewußtsein in der shg bekommt. aber wie geschieht das? wie macht man ihm dort klar, dass er loslassen muss und vor allem so, dass er es auch tut? ich kann ihm da keine antworten geben weil ich noch in keiner shg war. ich gehe aber auf jeden fall ein paar mal mit damit er die termine auch wirklich einhält. ich verkrafte g.'s geschichte auf jeden fall besser und kann noch klar durchblicken. ich bin auch echt froh, dass ich nie gemacht habe, was g. wollte, sprich ihr alk zu besorgen. ich habe auch nie nach flaschen gesucht oder den inhalt derer weggekippt. auch wenn g. mal völlig besoffen auf mich zukam und fragte, ob ich sie zur tanke begleite oder auch alleine gehe, um ne buddel zu kaufen, ich das verneinte und sie dann mit einem fiesen unterton sagte:"ich habe dir schon so oft geholfen!" bin ich nie auf sie eingegangen. meine antwort war ganz klipp und klar:"nein, ich besorge dir keinen alk, ich habe keine lust an deinem untergang beteiligt zu sein. wenn du alk willst, hol ihn dir selbst, aber frag mich nie wieder, da beißte dir die zähne aus!" das mag sich jetzt vielleicht cool anhören, aber innerlich war mir ganz schlecht, mein herz raste, weil sie manchmal einen blick drauf hat, der durch mark und knochen geht. als wenn sie dir gleich an die gurgel springt.
im grunde habe und hatte ich auch angst vor ihr. das ist ganz schwer zu beschreiben. ich hatte keinen schiß weil sie besonders aggro war oder so, nee, das ist was anderes und ich überlege gerade, was genau das ist.
ich habe auch keine angst vor ihren forderungen, denn die schmettere ich ohne probleme ab. ich glaube mir macht diese heftige wesensänderung so ne angst. von einer agilen frau zu einem zombie. dieses rumgeschleiche nachts im haus, die damit verbundenen ekelhaften geräusche, das poltern tag und nacht...ich bin zum beispiel nachts, wenn sie dann auf war und komasaufen veranstaltet hat, nicht mehr auf toilette gegangen weil ich schiß hatte ihr zu begegnen weil sie auch so gruselig aussah. hämatome überall, aufgeschlagene nase usw..
manchmal, meist nach 8-10 tagen komasaufen, also schon im sehr, sehr kritischem zustand, stand auch ihre schlafzimmertür auf (sonst hatte sie die immer geschlossen) da sich die schlafzimmer hier alle im oberen stockwerk befinden und ich an dem ihren vorbei muss, um in meins zu gelangen, habe ich dann öfter mal gesehen, wie sie völlig fertig auf dem bett hockte, den kopf immer so zwischen den beinen und ganz merkwürdige geräusche von sich gab. das waren eigentlich mehr laute, die keiner identifizieren konnte. auf die frage meines vaters, ob sie denn stimmen höre, sagte sie ja. deswegen hatte ich wahrscheinlich angst weil der alk aus ihr auch ne psychisch völlig kranke frau gemacht hat.
ich hatte ja schon erwähnt, dass sie auch delirien hatte und eins habe ich mal mitbekommen. da kam sie alle zwei minuten in mein zimmer und fragte mich, warum es denn überall im haus so laut ticke, ob ich die bohrer hören würde, warum es draußen schneit etc..alles war natürlich nur einbildung. sie hat dann aufgrund des von ihr wahrgenommenen tickens eine uhr im ganzen haus gesucht... sie hat aber auch schon ihren bruder im haus gesehen, der da angeblich rumlief (natürlich war er gar nicht da) oder ne fee, die übers bett schwebt, einen bissigen hund unter der bettdecke etc.. einfach nur ganz schlimm.
und weil das ja lebensgefährlich ist, wollten wir sie unbedingt ins krankenhaus bringen, aber das war praktisch ein ding der unmöglichkeit. ich weiß auch gar nicht mehr wie wir das geschafft haben, es ist auch einfach zuviel passiert.
jetzt gerade hat sie schon seit einer woche nichts mehr gegessen, ist ja nur draußen und keine ahnung wo und sieht aus wie ne kloake. man kann es leider nicht anders sagen. eine woche die unterwäsche und klamotten nicht gewechselt. die hose im schritt voll mit urin und durchfall. das ist einfach nur furchtbar und wenn ich mir vorstelle, das wäre meine lebensgefährtin über jahre gewesen, dann würde ich durchdrehen.
wißt ihr zufällig, ob es sowas wie trockene alkoholiker wg's oder sowas gibt? die tochter würde das sehr begrüßen, wenn es so etwas gäbe, denn g. hat große probleme mit dem allein sein und kann einfach auch nicht alleine wohnen. auch sprach die tochter von so ner einrichtung, in der die betroffenen regelrecht den ganzen tag vorgeschrieben bekommen, was sie zu tun haben. das ganze ist ne art bauernhof und da muss man sich einbringen. alles mit betreuung. sie wollte das g. nochmal in einem ihrer klaren momente vorschlagen, aber wenn ihr mich fragt bringt das sowieso nichts. ich sehe kein gutes ende mehr und bin da absolut realistisch. sie will nicht. aber wie paolo hier schon schrieb, die hoffnung stirbt zuletzt und das gerade bei der tochter, es ist ja schließlich ihre mama. für mich ist g. leider hoffungslos. vielleicht ist das auch falsch von mir, aber ich will mir nichts vormachen und das tue ich auch nicht. mir tut es einfach nur unendlich weh wie aus einer so intelligenten und lieben frau so ein wrack werden konnte. es ist so unfassbar, ganz schlimm. ich werde jetzt mal versuchen zu schlafen, morgen wird bestimmt wieder ein anstrengender tag. in diesem sinne gute nacht euch und danke,
astoria