Hallo,
ich habe eine Cousine, mit der ich als Kind sehr oft zusammen war, im Erwachsenenalter war durch Auslandsaufenthalte der Kontakt dann etwas dünner, schließlich lebten wir in der gleichen Stadt und hatten wieder oft und engen Kontakt. Dies liegt aber fast 10 Jahre zurück.
Der Kontakt ist damals erneut eingebrochen, da ich ein persönliches (geschäftliches) Problem mit ihrem Mann hatte, habe aber nie mit ihr darüber gesprochen. Ich habe mich halt einfach zurück gezogen.
Im Gegensatz zu meiner jüngeren Schwester, die mit ihrer Familie unsere Verwandte oft besucht hat. Von ihr habe ich oft die Information bekommen, dass unsere Cousine wohl ein starkes Alkoholproblem hat, was ich übrigens schon vor Jahren vermutet hatte und dies hat meinen Rückzug noch bekräftigt. Doch immer, wenn wir uns bei Familienfeiern begegnet sind, war unser Verhältnis normal und freundlich, wenn auch nicht mehr so innig.
Seit Jahren vermutet die Familie ein Alkohol- oder Medikamentenproblem (vieles spricht für Alkohol). Trotzdem hat niemand sie bisher darauf angesprochen.
Nun ist vor 2 Wochen ihr Mann plötzlich verstorben. Er schien lt. Angabe meines Schwagers noch einen gewissen Einfluss auf sie gehabt zu haben, mehrere Situationen ließen darauf schließen.
Jetzt ist er verstorben, und wir machen und schreckliche Sorgen um sie. Sie lebt allein (auf dem Land, ringsum ist absolut nix!), ihr Schwager fährt sie ins Büro (wie lange wohl noch?) und ihr Tag sieht wohl so aus (Wochenenderfahrung meiner Schwester), dass nach dem Aufstehen ein selbständiges Brötchenstreichen so gut wie nicht mehr möglich ist, da sie unkontrolliert zittert. Erst nach vielen Stunden läßt das Zittern einigermaßen nach. Dass ihre Nerven durch den Tod ihres Mannes nicht die besten sind, ist ja verständlich, aber dieses Zittern hatte sie vor Jahren schon und jetzt ist es nicht mehr zu übersehen oder von ihr zu kontrollieren. Übrigens hat sie sich auch optisch sehr verändert, wirkt z.B. aufgedunsen.
Dieses Wochenende werde ich zu ihr fahren mit der Absicht, sie direkt auf ein Alkoholproblem anzusprechen. Ich fühle mich wieder mehr verantwortlich, da ihr Mann nicht mehr da ist (der ja das Verhältnis damals getrübt hatte). Aber ich habe ehrlich gestanden auch Angst. Ich neige dazu, mir die Probleme anderer Menschen zu meinen eigenen zu machen. Mein Ziel ist es, sie zu einem Arztbesuch zu bewegen und ihr wo nötig und sinnvoll zu helfen - sei es durch Begleitung, Informationssuche und Suche nach einem Therapieplatz, denn den braucht sie m.E. ganz dringend!
Nur: wie weit soll ich mich/meine Familie verantwortlich fühlen? Allein die Tatsache, dass sie bald selbst wieder Auto fährt und damit auch andere Leben gefährdet, verpflichtet mich/uns doch, etwas zu unternehmen. Wir fürchten auch um den Verlust ihres Arbeitsplatzes. Auch eine Selbsttötung halten wir für möglich. Sie hat keinerlei Halt mehr (von Mutter und Bruder kommt leider keine Unterstützung, der Vater war selbst Alkoholiker, mit ihm ist sie jedoch nicht aufgewachsen).
Wie weit kann ich gehen, wie offen mit ihr sprechen, wie sie wirklich sinnvoll unterstützen, ohne auf Dauer selbst darunter zu leiden (oder meine Familie, denn wir haben genug um die Ohren).
Mein Mann übrigens ist ebenfalls der Ansicht, dass wir etwas unternehmen müssen. So weit gibt es zumindest jetzt noch keinen Konflikt. Aber wo sollte ich eine Grenze setzen?
Viele Grüße
Claudia