Brauche Eure Meinung bzw. Erfahrung!

  • Hallo Mone,

    herzlich willkommen im Forum. Was Du schreibst hört sich schlimm an, ist aber leider keine Seltenheit. Es ist schwer zu ertragen zu schauen zu müssen, wie sich ein geliebter Mensch Stück für Stück selbst umbringt. Doch genau das ist es was uns Angehörigen übrig bleibt, zu schauen, denn wir können nichts tun. Wenn der Alkoholiker nicht will, können wir machen was wir wollen, es wird nicht funktionieren. Es ist schwer das einzusehen und genauso schwer mit dieser Erkenntnis, dass wir hilflos sind, umzugehen und zu leben.

    Du fragst nach Erfahrung. Ich habe die Erfahrung mit meiner Mutter gemacht, dass sie, genau wie Deine Schwiegermutter, ihre gesundheitlich sehr bedenkliche Situation immer herunter gespielt hat. Es ist ihr mehr als einmal gesagt worden, dass ihr Körper nicht mehr lange mitmacht, aber es war ja alles nicht so schlimm. Aussagen wurden verdreht, so z. B. dass sie noch lange leben könne wenn sie umgehend aufhören würde zu trinken. Daraus wurde gemacht, es ist noch nicht so schlimm. Das mit dem Aufhören wurde einfach mal unter den Tisch fallen gelassen. Sie hat die Aussagen in dieser verdrehten Form als Legitimation zum Weitersaufen genommen.

    Meine Mutter ist mehr als einmal aufgrund der Folgen ihrer Sucht im Krankenhaus gelandet, Stürze, Brüche, Kreislaufzusammenbrüche, Krampfanfälle. Sie hat sich den Ärzten gegenüber auch immer sehr einsichtig gezeigt und im nächsten, spätestens im übernächsten Satz gefragt, wann kann ich nach Hause. Sie hat getan, was sie glaubte, dass man von ihr verlangte um nach Hause zu kommen, um wieder zum Alkohol zu kommen.

    Hätte sie wirklich Einsicht gezeigt und hätte sie Hilfe gewollt, hätte sie die Worte der Ärzte nicht verdreht und wäre im Krankenhaus geblieben, wo man ihr die ersten Schritte in die Trockenheit geholfen hätte. Aber sie wollte wieder nach Hause zum Alkohol. Hat man ihr das gesagt, bekam man zu hören, zu Hause könne sie besser trocken werden, da würde sie sich wohl fühlen, sie würde keine Krankenhäuser mögen. Außerdem wüsste sie ja wie das geht. Geglaubt hat ihr das bald keiner mehr, aber sie hat daran festgehalten.

    Genauso bewerte ich die Situation die Du beschreibst. Deine Schwiegermutter will nach Hause, sie will trinken und nicht aufhören. Würde sie aufhören wollen, würde sie da bleiben und die Hilfe annehmen, die man ihr mit Sicherheit schon angeboten hat. Deine Schwiegermutter trinkt in meinen Augen nicht extrem, sondern ist eine Alkoholikerin.

    Wie geht’s weiter? Wenn sie wirklich zwangseingewiesen wurde, dann kann sie nicht einfach so entlassen werden. In diesem Land kann man nicht einfach jemanden in eine geschlossene Abteilung sperren, da braucht es einen richterlichen Beschluss. Den gibt es auch nicht einfach mal so, sondern der muss schon sehr gut begründet sein. Nur sich selbst gefährden ist kein ausreichender Grund. So ein Beschluss kann auch nur von einem Richter wieder aufgehoben werden. So eine Zwangseinweisung bleibt nicht folgenlos, es wäre erstmal zu klären wie der Stand der Dinge ist.

    Wenn sie entlassen wird, nach Hause kommt und weiter trinkt kann man für sie einen Betreuer einsetzen, wenn sie nicht in der Lage sein sollte sich um sich selbst zu kümmern. Das macht ebenfalls ein Gericht. Das muss kein Angehöriger sein, sondern kann auch ein vom Gericht bestellter Betreuer sein. Ich würde grundsätzlich nicht empfehlen, dass das ein Angehöriger machen sollte und würde mir auch auch nicht einreden lassen, dass das als Angehöriger meine Pflicht ist, ist es nicht. Menschen die so etwas meinen haben keine Ahnung. Die nervliche Belastung ist so schon immens, dann noch die gesetzliche Betreuung zu übernehmen, fordert meist noch die eigene Gesundheit, die oftmals ohnehin schon angegriffen ist. Ein „Fremder“ kann so was mit dem nötigen emotionalen Abstand wesentlich besser. Er kann auch wesentlich besser die ebenso notwendige Konsequenz aufbringen, die im Umgang mit Süchtigen erforderlich ist. Das ist besser für alle Beteiligten.

    Am besten wendest Du Dich mit der Frage wie es weitergeht an den psychosozialen Dienst, den gibt es meines Wissen in jedem Krankenhaus. Verschafft Euch erstmal einen Überblick was jetzt Sache ist, bevor Du Dir Gedanken machst wie es weiter gehen soll. Die können auch eine Menge Fragen beantworten oder sagen wer Euch weiterhelfen kann. Diesbezüglich sind unsere Möglichkeiten hier sehr begrenzt, wir sind keine Anwälte und/oder Ärzte und dürfen daher schon rein rechtlich auch keine Auskünfte geben.

    Nun zu Euch, Dir und Deinem Mann. So schwer es fällt, gerade in solchen Situationen, in denen der Tod näher ist als das Leben, bleibt auf Distanz, beschränkt den Kontakt weiterhin, es ist besser für Euch.

    Ich bin auch immer mit fliegenden Fahnen ans Krankenbett meiner Mutter geeilt, immer mit der Angst sie jetzt endgültig und für immer zu verlieren. Habe meine eigene Angst, Wut und Enttäuschung runter geschluckt aus eben dieser Angst sie zu verlieren. Es hat nur dazu geführt, dass sie sich meiner wieder etwas sicherer gefühlt hat und mit dieser „Sicherheit“ weiter gesoffen hat und versucht hat mich wieder in ihr Leben zu ziehen. Das ich da war hat nie dazu geführt, dass weniger getrunken oder gar aufgehört hätte. Es hat nur dazu geführt, dass es mir noch schlechter ging.

    Man kommt sich schlecht vor wenn man einen kranken Menschen allein lässt. Doch dieses Elend ist selbstverschuldet. Es gibt Hilfe man muss nur wollen und sie annehmen.

    Bei aller Sorge, vergesst Euch nicht dabei.

    Gruß
    Skye

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