Der Weg in meine Genesung
Lang und steinig, mit vielen Ängsten und heftigen Herausforderungen aber immer leichter und unbeschwerter werdend, eigenverantwortliches Handeln lässt mich neue Wegstrecken einschlagen und dadurch neues, unbekanntes, ungewohntes GUTES erleben.
Wenn ich heute so zurück schaue begann mein neuer Weg im November 2002, mit sehr vielen immer wieder kehrenden Rückschritten, um mich dahin schauen zu lassen wo es am wichtigsten ist, zu mir.
Anfangs konnt ich nicht verstehen worum es ging, war ich noch in den alten Strukturen gefangen von Liebe geben, halt geben, retten wollen, helfen, besser wissen was für den anderen gut ist, planen, kontrollieren, kümmern, sich sorgen was dem anderen fehlt. Mängel des anderen erkennen, aufdecken und neu füllen. Verdrängen, schön reden, aushalten, verbiegen, Verständnis haben für die Geschichte des anderen, des Handelns und Tuns auch wenn es nicht dem entsprach was ich für richtig empfand, Mitgefühl und Mitleid. Daraus die Kraft zu ziehen doch die Strake die Macherin zu sein.
2002 trieben mich nicht die Schläge oder das Messer an meinem Hals von ihm fort, nein, sondern seine Ignoranz.....sich nicht mehr an den Vorfall der letzten Nacht mit dem Messer zu erinnern sondern zum Alltag überzugehen. „Schatz, was kochen wir heute?“
Ich packte eine Tasche und ein paar Spielsachen von den Kindern, während er sein Wannenbad nahm.
Setze mich ins Auto mit den Kids, damals 1,11 Jahre und 8, 7Jahre und fuhr Richtung Bayern, ohne wirklich ein Ziel zu haben, nur ein paar Gedanken.
Abends, nach ca. 12 Stunden Fahrt kam ich in dem Ort an wo meine Schwägerin wohnte, ich dachte ich könne dort ein paar Tage bleiben und nachdenken....falsch gedacht, sie konnte mich nicht aufnehmen. Sie brachte mich dann ca. 40km weiter in ein Frauenhaus.
Ich wollte nie wieder so leben wie die Jahre zuvor, ich leitete vieles in die Wege. Scheidung, Aufenthaltsbestimmungsrecht für die Kinder uvm. Viele behördliche Wege, Unterstützung bekam ich vom Frauenhaus.
Kontakt zu meinem Mann hatte ich noch über das Handy, Warum? Den genauen Grund wusst ich nicht, heute weiß ich das war meine Erkrankung nicht los zu lassen, abhängig zu sein von ihm und seinen Verhalten.
Ich sagte ihm nicht wo ich bin, Zeit wollte ich um genauer heraus zu finden was ich will und wie es weiter geht.
Diese Zeit bekam ich nicht, mein Mann hat mich gefunden, über einen Kontoauszug unseres gemeinsamen Kontos.
Er rief mich an und teilte mir mit das er im Zug sitze und auf dem Weg zu mir sei. Nüchtern!
Er bat mich ihn vom Zug abzuholen damit wir reden können.
Ich tat es.....wir redeten und er hatte 0 Promille welche ihn im Zug fast ein Delir bescherten.
Er wollte mir zeigen, wie wichtig wir ihm sind und ließ sich von mir in eine Psychiatrie bringen.
Das erste mal das er etwas gegen seine Krankheit unternahm....hab ich mich gefreut.....
Mein Fokus lag wieder auf ihn.....ich hab ihn fast täglich besucht und es im Frauenhaus verheimlicht.
Er war 6 Wochen dort und bemühte sich sehr, ich war stolz auf ihn als er sich auch eine kleine Wohnung nahm in dem Ort wo ich auch eine bekommen sollte.
Ich wollte es langsam angehen lassen, also mit zwei Wohnungen und viel Abstand.
2 Wohnungen wurden es dann auch aber kein Abstand. Sehr schnell waren wir wieder im alten Muster.
Er trank wieder heimlich und dann auch wieder wie gewohnt.
Ich stellte Bedingungen....welche ich aber selber nicht Konsequent einhielt.
Mein Traum gemeinsam in Bayern glücklich zu werden lies mich weiter in dem kranken Muster bleiben. Ich wollte mir nicht eingestehen das es so nicht funktioniert. Er müsse doch nur was ändern und dann wäre alles so wie ich mir erträumte.
Ich begann mir und ihm eine Arbeitsstelle zu besorgen, welches auch wunderbar klappte.
Wir zogen dann im August 2003 wieder zusammen. Es hätte so schööööön sein können.
Aber der Alkohol wurde wieder immer mächtiger.
Die Zeit war zwar nicht mehr so schlimm wie in Niedersachsen aber es war nicht das was ich mir wünschte.
Lange hatte er den Job nicht, Ausreden hatte er genug, diesen Job nicht mehr machen zu können.
Ich arbeitete weiter, im Schichtdienst und er blieb bei den Kindern. Der Alkohol wurde mehr und die Gewalt nahm wieder mehr zu.
Ich war nun aber nicht mehr sooo ruhig wie sonst, sondern gab mehr Widerworte, provozierte. Ich wollte so nicht weiter machen. Hatte aber keine Lösung wie ich dies schaffen sollte. Bis zu einem gewissen Punkt ja, aber irgendetwas hielt mich zurück bzw. zog mich wieder zu ihm. Ich konnte es nicht erklären, es fühlte sich an als habe sich mein Verstand aufgelöst und ich funktionierte wie ein Roboter, es musste nur die richtige Reihenfolge der Knöpfe gedrückt werden.
2004 provozierte ich ihn so das er wieder zuschlug und ich einen Grund zur Trennung hatte.
Meine Kollegen und mein Chef unterstützten mich wo sie konnten....ich habe 6 Wochen mit meinen Kindern auf der Arbeitsstelle gewohnt. Alle Gerichtstermine und anzeigen durchgezogen. Wieder Aufenthaltsbestimmungsrecht, Scheidung, Wohnungszusprechung.
Ich hatte alles was ich wollte....und dann hat meine Erkrankung wieder zugeschlagen......weil ich diese nicht erkannte....ich schaute ja nicht was bei mir falsch lieft....sondern was ER machte.
Vor Gericht gab er an eine Langzeittherapie in 2 Wochen antreten zu können.
Wow, er meint es ernst.....freu......nun wird es gemeinsam klappen können.....aber Vorsicht erst mal abwarten Der Richter fragte mich ob es möglich wäre das mein Mann bei mir in der Wohnung bleiben kann, bis er die LZT antreten könne. Da er nicht wüsste wohin.
Es dürfe aber keine Ehe in dieser Zeit aufgenommen werden, sonst sind alle Urteile dahin.
Ich habe mich breitschlagen lassen, da mich doch ein Richter darum bat und ich keine große Gefahr gesehen habe. Haha.
In den 2 Wochen bis zur LZT wurden wir wieder ein Paar, war ja auch eigentlich nicht anders zu erwarten in meinem Krankheitszustand.
Er ist dann auch zur LZT hin gefahren bzw. hab ich ihn hingebracht.
In dieser Zeit hab ich ihn auch besucht und wir telefonierten viel. Seine Stimmung wurde immer schlechter....die Einrichtung wäre nicht gut, kein heißes Wasser und alles was dort erzählt wurde kannte er schon. Regeln an die er sich halten musste waren so unverschämt usw. Es lag ja nicht an ihm, er wollte ja aber diese schrecklichen unwürdigen äußeren Umstände.
Ich holte ihn nach 2 Wochen auf seinen Wunsch wieder ab. Es dauerte nicht lange und er trank wieder......
Ich war dann erst mal 8 Monate krank geschrieben um das alles zu verarbeiten...bei einem Psychiater war ich auch. Leider war dieser nicht der Richtige, und lies mich weiter im Dunkeln tappen.
Wir verloren unsere Wohnung weil der Vermieter konsequenter war als ich was meinen Mann betraf. Ich hätte bleiben dürfen aber ohne Mann.....wir gingen gemeinsam. Sollte doch nun alles besser werden.
Ich begann mich immer mehr anders zu verhalten, aber ich hatte nicht das richtige Werkzeug und so ging es sehr sehr langsam vorwärts.
Wieder 2 Jahre mit vielen Tiefen die mich aber immer weiter zu mir brachten und trotzdem war mein Tiefpunkt noch weit weg.
Erst als meine Kinder sichtbar betroffen waren von dem Ganzen und ich es zu ließ meine Augen nicht mehr zu verschließen begann ich mich auf den Weg zu machen. Für MICH und meine Kinder und NICHT mehr für SEINE HEILUNG.
Ich begann zu Planen, meine Erfahrungen aus den letzten Trennungen nutzend und den Fokus auf mich gerichtet. Was möchte ich, wie stell ich mir meine Zukunft vor, was kann ich dafür tun usw.
Das Planen dauerte von Mai bis September 07, mit Rückschritten aber das Ziel nicht aus den Augen verlierend.
Trotz aller Schwierigkeiten, großen und kleinen Herausforderungen ist es mir gelungen nun ein zufriedenes, bewusstes Leben zu leben welches von vielen kleinen und großen Glückmomenten begleitet wird. Mein eigenverantwortliches Handeln hat mir dieses Geschenk, welches ich tief in meiner Seele spüren kann, gegeben.
Mein Glaube an mich selbst trägt mich täglich weiter.
Alle Eigenschaften in mir, welche ich auf meinen Partner gelenkt habe, haben mich weiter gebracht als ich sie auf mich lenkte.
Und immer wieder treten Situationen auf die mir zeigen wollen ob ich meine Lektionen auch richtig gelernt habe.
Schön zu erkennen, zu handeln und sich dabei immer näher kommend.
Lieben Gruß
Nicole