Rückfälle...

  • Hallo Leongul,

    Zitat

    Alkoholberatung nur immer auf Tipps und Tricks beruft, lobt, wie lange jemand schon ohne Alkohol ist, aber niemals austauscht, wie es wirklich in einem suchtkranken Menschen ausschaut. Habt Ihr denn niemals nicht nur eine simple Lust zu Trinken, sondern, habt Ihr nie das Gefühl, der Sucht zeitweilig_ trocken-ausgesetzt zu sein

    Den Austausch darüber, wie es wirklich in einem suchtkranken Menschen ausschaut finde ich in SHG's, hier im Forum oder mit meinem ebenfalls suchtkranken Partner. Das geht auch gar nicht anders, denn nur Suchtkranke können es wirklich verstehen.

    Ich habe nicht das Gefühl, der Sucht ausgesetzt zu sein. Oft kann ich sie spüren, wenn z.B. doch in bestimmten Situationen hin und wieder Alkoholgedanken auftauchen. Denen fühle ich mich aber nicht ausgeliefert. Sehr gut kann ich damit umgehen, habe sie als Bestandteil meiner Erkrankung akzeptiert. Sie tauchen nur noch ganz kurz auf und die dann ist die Sache für mich erledigt.

    Mal einfach so Lust zu trinken? Weiß ich jetzt gar nicht so genau. Passiert wohl schon mal, doch auch nur ganz kurz. Ich finde das nüchterne Leben viel zu schön, um meine Sinne und Gefühle wieder betäuben oder verzerren zu lassen.

    Fällt mir gerade jetzt bei dieser Hitze so auf. Nicht die geringste Lust habe ich darauf, ein kühles Bier oder ein kühles Glas Wein zu trinken. Der Alkohol würde mir sofort in den Kopf steigen und meine sowieso kaum noch vorhandene Energie bei diesen Temperaturen wäre restlos dahin.
    Abgesehen davon, weiß ich genau, dass ich mit Alkohol nicht umgehen kann, also sind alle Gedanken daran sowas von überflüssig, dass ich sie sofort wieder verwerfe. Es ist mir einfach zu wichtig, meine Erkrankung in den Griff zu bekommen und damit zu stoppen.

    Da sind wir wieder bei der entscheidende Frage, die sich jeder selbst beantworten muß: Wie wichtig ist mir meine Nüchternheit und bin ich bereit alles dafür zu tun? Ich habe mir mein Leben so eingerichtet, dass ich den Alkohol nicht mehr brauche. Kompromißlos.

    lg
    Teufelchen

  • Hallo Leongul,

    Zitat

    Habt Ihr denn niemals nicht nur eine simple Lust zu Trinken, sondern, habt Ihr nie das Gefühl, der Sucht zeitweilig_ trocken-ausgesetzt zu sein

    doch, ich hatte das immer bei meinen letzten Versuchen.
    Der Gedanke nie mehr etwas trinken zu dürfen, machte mir schwer zu schaffen. Ich hatte das Gefühl, zu warten bis ich wieder zuschlagen konnte, ich war in einer Lauerstellung.

    Und auch diese tipps und tricks, Du Du ansprichst rauschten an mir vorbei, ich nahm sie zwar auf, doch ganz tief drinnen, hechelte ich schon wieder nach einem glas wein.

    Jetzt ist es anders. Ich kann das,w as Du schreibst sehr gut nachvollziehen, doch ich fühle jetzt anders. Ich vermisse den Alkohol nicht mehr, doch ich denke ab und zu an ihn.
    es läuft jetzt viel mehr über den Verstand, ich denke genau nach, kann ich ja jetzt auch besser - ohne Alk -
    Ich habe in meinem Kopf "aufgeräumt". Kein Hintertürchengedanken kann sich mehr breit machen. Irgendwie hat es diesmal geklappt. doch ich setze mich jeden Tag damit auseinander. Allein das Lesen hier ist eine wichtige Hilfe.

    Etwas Neues, was ich bei meinen ganzen Vesuchen nicht eingebaut hatte, war der Besuch einer SHG.
    Dort habe ich erfahren, wie es anderen wirklich geht, sie reden von der Leber weg und ich erkenne mich wieder. Die "Tipps und Tricks", die ich dort bekomme, sind real, ich kann sie annehmen.

    Sophia

  • Zitat

    sucht man Ausreden, warum dies ja bei sich selbst ganz anders ist.

    Ja Karsten, das ist genau dieser springende Punkt für mich. Alle Tipps und Ratschläge prallen dadurch einfach ab. Habe ich doch selbst jahrelang erlebt. Bei mir ist alles ganz anders! Ich weiß es schließlich viel besser, kenne mich und mein Umfeld schließlich ganz genau. Ihr habt ja recht, doch trifft für mich einfach nicht zu.

    Daran habe ich geglaubt, weil ich in Wirklichkeit trinken wollte und noch lange nicht soweit war, ernsthaft aufzuhören. Eine Ahnung hatte ich schon, dass ich einiges ändern müßte in meinem Leben, um tatsächlich die Bedingungen zu schaffen, nicht mehr trinken zu müssen. Dafür war ich aber nicht bereit und habe noch viele weitere Jahre meines Lebens versoffen und das sogar, obwohl mir mein Leben so schon gar nicht mehr gefiel. Im Gegenteil, ich fand es fürchterlich.

    Die Erkenntnis, dass ich in Wirklichkeit überhaupt nichts wußte, mich überhaupt nicht mehr kannte, ja jedes Gefühl für mich selbst verloren hatte, dass ich die Menschen um mich herum auch nicht mehr richtig wahrnahm, kam erst mit der Erkenntnis, ich bin alkoholkrank. Nicht nur ein wenig, sondern mit allen Konsequenzen. Als ich das nicht mehr in frage gestellt habe, ging es rückwirkend betrachtet, eigentlich ganz leicht. Die momentane Wahrnehmung war schon anders und ist es manchmal noch.

    Es fällt mir hier im Forum an manchen Tagen so unendlich schwer, den Rat- und Hilfesuchenden mit meinen Erfahrungen zu helfen. Egal, wer und wie er hier schreibt, in jedem Beitrag erkenne ich mich wieder. Zu irgendeinem Zeitpunkt in meinem Leben, war ich auch mal dort wo er mal war und ich kann es noch immer richtig mitfühlen. Das ist gut für mich, damit ich es nicht vergesse.

    Man kann zufrieden trocken leben, ohne den Alkohol zu brauchen. Aber es gehört sehr viel dazu, sich das Leben so zu gestalten, dass man den Alkohol nicht vermisst.

    lg
    Teufelchen

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