Tag drei der Trockenheit neigt sich dem Ende entgegen und wie viele andere hier habe ich beschlossen, meine aktuellen Erfahrungen, Gefühle und Erlebnisse hier zu veröffentlichen.
Dass dies hier nicht ein geschlossener Bereich ist, stört mich nicht. Zwar gehe ich mit meiner Sucht nicht hausieren, denke aber dass Menschen die sich hier einfinden ein begründetes Interesse an solchen Erfahrungsberichten haben. Auch nicht Alkoholiker können daraus eigentlich nur profitieren. Bis zu meinem 16en Lebensjahr war ich Alkohol gegenüber sogar abgeneigt. Dann begann der Abstieg…
Nachdem ich Anfang August meinen 41en Geburtstag gefeiert habe beschloss ich am 31.08.2006, dass dies der erste Tag meines neuen Lebens sein soll. Heute bin ich also drei Tage alt.
Details zu meiner Person könnt ihr im Vorstellungsbereich nachlesen.
Mir wird es sicherlich helfen meine Gedanken hier zu publizieren. Schreiben ist immer eine gute Hilfe und der Gedanke dass es anderen auf Ihrem Weg helfen könnte motiviert mich umso mehr. Hilfe in aktiver Form kann ich noch nicht bieten. Dafür ist der Weg noch zu Steil und ich zu instabil. Jetzt, mitten in der Entgiftungsphase- ich musste mich für einen kalten Entzug entschließen- geht es mir am dritten Tag durchwachsen. Das Wetter ist wunderschön, es ist warm und ich bin sicher, vor einer Woche hätte ich mich um diese Zeit im Biergarten wieder gefunden. Bei einigen Litern Bier oder Apfelwein, durchaus drei bis 4 Liter… Zumal dieses Wochenende in dem Ort in dem ich Lebe die Kerb stattfindet. Für nicht Hessen, eine Art lizenziertes Massenbesäufnis bei dem besonders die Jugend mit Freibier an den „guten Stoff“ gewöhnt wird. Statt mich also unauffällig zu betrinken sitze ich hier und konzentriere mich auf meine Fingerspitzen damit diese die richtigen Tasten treffen.
Da ich alleine bin und auch leider meiner Großmutter (81), mit der man nicht mehr wirklich gut reden kann, niemanden habe, ist dieses Medium denke ich dass richtige. Ich habe hier schon sehr viel positiven Zuspruch gefunden, der das senken der Decke über mir stark verlangsamt hat.
Körperlich fühle ich mich heute gut. Heute Mittag blubberte der Magen etwas. Im Moment sind die Hände trocken, der Kopf ist frei. Ich habe gekocht und lecker gegessen. Würde mich jemand sehen, er oder sie würde nicht merken in welcher Phase ich mich im Moment befinde.
Wenn ich merke dass die Nervosität während der Entgiftung zunimmt, nehme ich ein pflanzliches Beruhigungsmittel das laut Packungsbeilage nicht abhängig macht. Sollte es das doch tun, ziehe ich dieses der alten Abhängigkeit vor.. War nur ein Scherz, ich hoffe ernsthaft das Passionsblumenkraut nicht süchtig macht.
Vor dem Wochenende habe ich keine Angst, da ich das Haus nicht unbedingt verlassen muss. Am Montag und Dienstag gehe ich wieder meinem geliebten Job nach. Die Feierabendbiere werden aber ab jetzt auf mich verzichten müssen. Und mein armer Wirt wird auch seinen Weihnachturlaub nicht wie üblich auf den Malediven sondern im Schwarzwald verbringen müssen. Ich mochte die Kneipe eh nie.
Ich habe beschlossen die Zeit der ewigen Lügen und Zweifel am Sinn dieses Lebens hinter mir zu lassen. Nicht mein Wirt hat ein gutes Leben verdient sondern ich.
Der Tag neigt sich nun dem Ende zu. Ich werde noch einige Beiträge lesen und in den Chat schauen, in dem ich schon viele, tolle Menschen getroffen habe. Ich konzentriere mich auf die nächsten 24 Stunden und warte ob der kleine Teufel auf meiner Schulter bald zum Schlag ausholt. Ich weiß aus Erfahrung dass seine Schläge immer schwächer werden. Er wird nie verschwinden und mir immer wieder mal eine Ohrfeige geben. Aber wenn ich weiß woher die kommt, nehme ich sie tapfer hin warte, bis er wieder einschläft.
Mein Name ist Michael, ich bin Alkoholiker und heute 3 Tage alt…