Austausch mit anderen Co-Abhängigen?

  • Hallo, ich heiße Manuela, bin 37 Jahre alt und co-abhängige Tochter einer (derzeit?) trockenen Mutter. Meine Angst, dass sie wieder rückfällig wird, ist übermächtig, und ich suche Austausch mit anderen erwachsenen Kindern/Co-Abhängigen von Suchtkranken.

    Freue mich über Mails.

    lg - Manuela

  • Liebe Agi, danke für Dein Schreiben. Stelle mit Erleichterung fest, dass ich nicht die einzige bin, die im Umgang mit dem Betroffenen total überdreht ist. Genau wie Du habe ich eine Nase wie ein Trüffelschwein und kriege bei jedem noch so schwachen Hauch von Parfüm gleich Herzrasen, weil ich denke, sie hat wieder getrunken.
    Selbst wenn meine Mutter oben in ihrer Wohnung (wir teilen uns ein Haus, sie lebt in der Etage über uns, mein Mann und ich wohnen unten) einen Schrank aufmacht, frage ich mich unwillkürlich, ob sie wohl Flaschen zwischen den Handtüchern und Bettlaken versteckt hat. Das ist echt schon krank.

    Das ganze ist deswegen doppelt schwer für mich, weil meine Mutter (wie so viele Alkoholiker) eine echte Schauspielerin ist. Ich habe selten meine wirkliche Mutter vor mir. Es ist nicht so, dass sie lügt, aber wenn es darum geht, ihre Ängste und Sorgen zu offenbaren, tut sie immer so, als sei alles in Ordnung. Sie schämt sich so sehr für ihren damaligen Rückfall, dass sie das am liebsten verdrängen möchte. Sie geht nicht mehr in den Freundeskreis (auch eine Selbsthilfegruppe für Suchtkranke aller Art und deren Angehörige) und sie besucht keine Beratungsstelle. Da könnte man sie ja kennen und dann wäre ja öffentlich, dass sie ein Suchtproblem hat. Die anderen Beratungsstellen sind dann wieder eine ganze Ecker weiter weg. Das hat zur Folge, dass sie eben gar keine Beratung besucht.

    Hinzu kommt, dass sie ziemlich viele zwanghafte Persönlichkeitsanteile hat. Sie hat z. B. einen Putzfimmel. Und sie muss immer perfekt sein und perfekt aussehen. Sie unterwirft sich damit einem immensen Druck, dem sie letztlich nicht gewachsen ist. Früher hat sie dann getrunken. Sie hätte es jetzt viel einfacher, wenn sie in ambulante Therapie ginge und versuchen würde, ihr Leben umzustellen. Das tut sie aber auch nicht.

    Du siehst, das erweckt bei mir den Eindruck, dass es sich nur noch um eine Frage der Zeit handelt, bis ein Rückfall droht. Ich hatte gehofft, dass nach einigen Monaten des Nichttrinkens der Suchtdruck nachlässt, aber wann immer ich sie frage, wie es ihr geht, sagt sie, es sei halt sehr schwer. Offenbar also keine Besserung in Sicht.

    Sie tut mir sehr leid und ich würde ihr gerne helfen, aber sie macht mich auch aggressiv, weil sie sich nicht selber hilft und sich z. B. professionelle Hilfe sucht.

    Ich selbst bin mittlerweile in Therapie, weil mich die Angst langsam fertig macht. Seit ihrem damaligen Rückfall habe ich überhaupt kein Vertrauen mehr. Insofern man das überhaupt haben kann. Du hast ja selber geschrieben, dass ein Alkoholiker sein ganzes Leben lang mit dem Problem zu kämpfen hat.
    In der Therapie habe ich jetzt auch gelernt, was mir vorher völlig unbewusst war, dass ich alle klassischen Züge einer Co-Abhängigkeit erfülle. Jetzt versuche ich halt, mich zu ändern, um ein bißchen mehr Abgrenzung zu erlangen und mit der Situation besser zurecht zu kommen.

    In meiner Familie ist Alkohol übrigens allgegenwärtig: Mein Vater hat auch ein Problem, aber man merkt es ihm nicht an. Er trinkt gerne und viel, steckt das aber körperlich wesentlich besser weg als meine Mutter. Ich habe ihn z. B. noch nie lallen hören. Ihm merkt man nicht an, dass er ständig alkoholisiert ist.

    Meine Tante, die Schwester meiner Mutter, hat auch ein Alkoholproblem, was sie auch zugibt. Sie meint aber immer noch, es sei bei ihr noch nicht so schlimm, dass sie eine echte Sucht hätte. Sie gibt zu, dass es ihr nicht leicht fallen würde, wenn sie für immer auf Alkohol verzichten müsste, aber sie sieht sich nicht als suchtkrank an und lebt in der irrigen Vorstellung, sie hätte noch alles unter Kontrolle und würde schon merken, wenn sie in die Sucht steuert. Und dann könne sie ja immer noch handeln.

    Meine Schwester, 2 Jahre älter als ich, hat mir nun schon zum 2. Mal gesagt, sie habe Angst, dass sie so wird wie unsere Mutter. In jeder Hinsicht: persönlichkeitsmäßig und vor allem in puncto Alkohol.

    Mein Vater mütterlicherseits war auch alkoholkrank. Die Cousine meiner Mutter ist auch alkoholabhängig.

    Ich für meinen Teil kann sagen, dass ich nicht suchgefährdet bin. In all den Jahren und mit all den Sorgen bin ich nie auf die Idee gekommen, mich selber wegzudröhnen. Das ist ein Geschenk und ich bin dankbar dafür.

    Übrigens: Willkommen im Club. Schokoriegel sind auch meine große Sünde (ich würde es aber nicht als Sucht bezeichnen). Sie führen bei mir zu immer ein paar Pfunden zu viel auf den Rippen (und natürlich auch anderswo). :wink:
    Aber es hält sich noch in Grenzen ...´

    Es ist nett von Dir, dass Du mich nicht zutexte wolltest, aber ich bitte darum. Du siehst an der langen Mail, dass ich das mit Dir auch tue. Also, freue mich über viel Austausch. Das darf auch andere Themen betreffen.

    Hier ein paar Kurzinfos zu mir: Bin 37 Jahre als, verheiratet, no kids, arbeite als Sekretärin. Hobby: laufen (derzeit aber verletzungsbedingt in Zwangspause). Ich habe eine ältere Schwester. Zu meinem Dad (meine Eltern sind geschieden und beide wieder neu verheiratet) habe ich seit 1,5 Jahren keinen Kontakt mehr.

    Übrigens können wir uns auch "privat" mailen, also nicht über diese offizielle Seite. Mir ist egal, wie. Meine Mailadresse müsste unter meinem Profil zu finden sein. Wenn nicht, teile ich sie gerne noch mal mit.

    lg - Manuela

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