Auch meine Mama ...

  • Hallo Lüttn,

    es ist schwer zu schauen zu müssen, wie sich die eigene Mutter Schluck für Schluck umbringt. Ich schaue jetzt schon seit vielen, vielen Jahren zu, stehe hilflos daneben. Langsam beginne ich meine Hilf- und Machtlosigkeit zu akzeptieren und fange nach langen Jahren an, mich um mein Leben zu kümmern. Eine verdammt schwierige Aufgabe und das sollte es bei einer erwachsenen Frau eigentlich nicht mehr sein. Das ist das was ich Dir auch nur ans Herz legen kann. Akzeptiere Deine Hilf- und Machtlosigkeit, akzeptiere, daß Du nichts, absolut nichts tun kannst und kümmere Dich um Dein Leben.

    Lange Zeit habe ich auch gedacht zusammen schaffen wir das schon irgendwie. Genauso wie Du habe ich ihr Dinge des täglichen Lebens abgenommen. Ich habe gedacht wenn alles um sie herum in Ordnung ist, hat sie Zeit und Kraft sich um ihre Krankheit zu kümmern. Doch ich habe ihr damit nur mehr Zeit zum trinken gegeben. Alles war getan, alles war in Ordnung, also warum sollte sie sich ändern, war doch alles schön…… in ihren Augen. Du hilfst ihr nicht wirklich, wenn Du für sie einkaufen gehst. Was ich für „zusammen schaffen“ gehalten habe, war allein gegen Windmühlen kämpfen. Ich habe allein versucht sie trocken zu legen, ohne ihre Mithilfe. Ein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen.

    Ich wollte auch keine SHG besuchen. Das kam für mich einer Kapitulation gleich, schließlich wollte ich es allein schaffen. Über meine Mutter zu reden, hieß zudem für mich sie bloß zu stellen. Davor wollte ich sie "beschützen", dabei hatte ich übersehen, daß sie das schon längst selbst erledigt hatte. Ich habe immer an ihr Wohl gedacht und meines darüber als unwichtig vergessen. Dabei sollte mein Wohl doch wohl bei mir an erster Stelle stehen.

    Ein alkoholkranke Mutter kann man nicht allein „schaffen“, dass ist ein Gewicht das zwei Schultern nicht stemmen können. Du brauchst Hilfe und zwar für Dich, nicht um raus zu finden, wie Du Deiner Mutter helfen kannst, sondern um zu lernen wie Du Dir helfen kannst.

    Deine Mutter hat 7 !!! Entgiftungen hinter sich und eine Therapie. Sie weiß also sehr genau, wo und wie sie Hilfe bekommen kann, wenn sie will. Das sie nach wie vor noch trinkt heißt, dass sie nicht aufhören will. Und solange sie nicht will, wirst Du auch nichts machen können.

    Meine Mutter hat 3 Entgiftungen, eine Langzeittherapie, zwei ambulante Therapien hinter sich und das im Laufe der letzten 3,5 Jahre. Zusätzlich hat sie noch diverse Psychotherapien im Lauf der letzten Jahre gemacht.

    Sie trinkt noch immer und zwar weil sie will und nicht weil ich versagt habe!

    Deine Mutter ist eine erwachsene Frau, die für sich selbst sorgen kann, wenn sie will. Ganz im Gegensatz zu deinem Baby, das ist erst 3 Monate, dieser kleine Mensch braucht dich wirklich. Kümmere Dich um Dich und um Deine kleine Familie, das sollten die obersten Prioritäten in Deinem Leben sein.

    Ich wünsche Dir Mut und Kraft, das Richtige für Dich zu tun.

    Skye

  • Hallo Dil!

    Ich habe letztendlich eine SHG Gruppe besucht und besuche sie immer noch. Anfangs eher mit dem Gedanken, na, wenn’s denn sein muß. Mittlerweile gehe ich gerne, genauer gesagt komme ich gerade von da.

    Ich habe mich lange gewehrt. Nicht aus Scham, ein alkoholkrankes Elternteil oder einen alkoholkranken Partner zu haben ist kein Grund sich schämen zu müssen. Über diesen Punkt, dass mir der steigende Alkoholkonsum meiner Mutter peinlich war, war ich zu diesem Zeitpunkt schon Jahre hinweg. Aber über sie reden stand trotzdem noch auf einem anderen Blatt Papier. Da habe ich auch heute noch Hemmungen laut auszusprechen was ich denke, was manchmal vielleicht auch nicht das Verkehrteste ist.

    Gewehrt habe ich mich, weil ich es allein und ohne Hilfe schaffen wollte. Genauso wie ich mich lange dagegen gewehrt habe nochmals eine Psychotherapie anzufangen. Beides zu tun kam für mich einer Kapitulation gleich, ich war doch stark, also musste das doch auch ohne Hilfe gehen. Irgendwie hatte ich immer alles geschafft, also warum auch nicht das. Ich dachte ich hätte keine Hilfe nötig. Aber vielleicht musste ich erst vor mir kapitulieren, damit ich mir selbst helfen konnte. Nicht vielleicht, sondern ganz bestimmt.

    Ich hatte mir das so vorgestellt, dass man dort in der Runde sitzt und jeder Geschichten von „seinem“ Alkoholiker erzählt. Da hatte ich nun wahrlich keine Lust zu. Ich kannte und kenne bereits genug Horrorgeschichten mit meiner Mutter und mir in den Hauptrollen. Da brauchte ich nicht wirklich noch die von anderen. Außerdem war ich zur der Zeit ohnehin für jeden und alles der Mülleimer, jemand dem jeder seine Sorgen erzählt und der immer brav zuhört und der sich dann endlos lange Gedanken um die Lösung gemacht. Wohlgemerkt um die Probleme von anderen, nicht um meine. Davon wollte ich nicht noch mehr haben, ich war so schon am Ende meiner Kraft. Aber ich wollte mich kooperativ zeigen und dachte mir dann geh ich eben mal.

    Allerdings war es ganz anders. Außer einer kurzen Vorstellung, wer ich bin und warum ich komme, musste ich gar nichts erzählen. Das kann man in zwei Sätzen erledigen, wenn man mag. Ich konnte einfach dabei sitzen und zuhören bis ich selbst soweit war, etwas zu sagen. Die Treffen waren weit davon entfernt, dass jeder nur sein Leid klagt und die anderen bedauernd und weise nickend zu hören. Natürlich kommen auch aktuelle Probleme auf den Tisch, vor allem von denen die noch mit nassen Alkoholikern zu tun haben. Aber das ist nicht das Hauptthema, das sind die Angehörigen und ihre eigenen Probleme. Wir haben nämlich noch eine ganze Menge davon, auch ohne den Alkoholiker. Sonst wären wir nicht da wo wir sind.

    Aber ich stellte beim zuhören fest, ich bin nicht alleine. Nicht alleine mit meinen wirren Gedanken, nicht alleine mit meinem fehlenden Selbstbewusstsein, nicht alleine mit meinen Problemen mit meiner Umwelt, mit meinem Leben, nicht alleine mit meinem falschen Selbstbild, nicht alleine mit meinen Sorgen. Ich habe mich plötzlich ohne große Erklärungen abgeben zu müssen, verstanden gefühlt. Wenn ich sonst mit jemandem gesprochen habe, hatte ich immer noch das Bedürfnis mich lang und breit erklären zu müssen. Meist musste ich es auch, sonst hätte mein Gegenüber mich überhaupt nicht verstanden. Das erste Mal seit vielen Jahren fühlte ich mich einfach aufgehoben und verstanden. Und wenn es mir nicht gut ging oder geht ist immer jemand da, der mich einfach und ohne große Worte in den Arm nimmt.

    Dieses Gefühl nicht alleine zu sein, nicht der einzige Mensch mit diesen wirren bis irren Gedanken und Problemen zu sein, ist ein unbeschreiblich gutes Gefühl und es hat mir sehr geholfen. Es hat mir auch geholfen mich selbst ganz anders und in einem vollkommen neuen Licht zu sehen. Was ich sehe gefällt mir gut, besser als das alte Bild.

    Natürlich ist jede Gruppe anders. Die, die ich besuche, hat eine gute Mischung aus alten Hasen, Neulingen und vielen Stufen dazwischen. Ich hatte Glück, dass mir die erste zugesagt hat. Es kann schon einmal ein wenig dauern, bis man das passende für sich gefunden hat. Aber ich finde es lohnt sich.

    Ich hoffe, ich konnte helfen. Eine gute Nacht wünscht….

    Skye

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